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In den letzten Monaten wurde in den Medien stolz verkündet, dass die Zahl der Asylbewerber stark zurückgegangen sei. Gleichzeitig wird nun aber auch mehr und mehr klar, mit welchen Methoden solche Zahlen erreicht werden und welche Vorstellungen über den Wert der Menschen unsere Behörden beherrschen. Hier zwei Fälle und ein Aufruf zum Handeln.

Fallbeispiel 1: Tod als Teil der Problemlösung

Das Bundesgericht hat Ende März bestimmt, dass auch abgewiesene Asylbewerber Anrecht auf Nothilfe haben, wenn sie sonst an Leib und Leben gefährdet sind, denn die Verfassung schütze das Recht auf Leben. Der Vorsteher des Justizdepartements Christoph Blocher meinte darauf, dann müsse man eben die Verfassung ändern: ?Wenn die Streichung der Nothilfe für die Lösung eines tatsächlichen Problems etwas bringt, dann sollten wir uns eine Änderung des Gesetzes und allenfalls der Verfassung vorbehalten.?

Auch wenn Christoph Blocher mittlerweilen zurückgekrebst ist, zeigt diese Anekdote, dass der Tod von Menschen als Teil der Lösung des Flüchtlingsproblems in Kauf genommen wird. Ich glaube, die Schweizer müssen jetzt die Notbremse ziehen und sich klar werden, wohin ihre Herzen gehen. Kann dies noch der Weg Gottes sein? Dies umso mehr, als ein Teil der abgewiesenen Asylbewerber im Verfahren gar keine Chance hatten, denn wenn sie bei der Flucht tatsächlich keine Papiere auf sich tragen durften, dann wird dies in der Schweiz automatisch als Verheimlichung der Identität ausgelegt und auf den Fall gar nicht erst eingetreten?

Fallbeispiel 2: Todesgefahr als Grund zur Abweisung

Didim Teka ist Leiter von ChristNet Kongo und wollte im März am Alternativen Weltwasserforum in Genf reden. Das Visum für die Schweiz wurde ihm in erster Instanz durch die Schweizer Behörden aber verweigert. Sie begründeten dies offen mit der sich zuspitzenden politischen Situation im Kongo, wodurch die Gefahr zu gross wäre, dass Didim Teka schliesslich in der Schweiz bleiben würde. Er wird kein Einzelfall sein?

Was drückt diese Haltung über die Schweizer Asylpolitik aus? Nichts anderes als dass wir Leute gerade deshalb zurückweisen, WEIL sie gefährdet sind und deshalb um Asyl nachfragen würden. Wer die periodischen Verfolgungen mit Tausenden von Toten im Kongo kennt (und das weiss niemand besser als die dort zuständige Schweizer Botschaft), der weiss, dass das Abweisen von gefährdeten Menschen den Tod bedeuten kann. Wir machen unsere Tore also gerade dann zu, wenn Menschen vor dem Tod flüchten. Haben wir denn immer noch nichts aus dem Zurückschicken der Juden im Zweiten Weltkrieg gelernt? Damals hatten die Schweizer Angst vor den Deutschen, deren Gunst man nicht verspielen wollte. Heute haben wir nicht einmal mehr diesen Grund fürs Zurückschicken in den Tod.

Stopp der Asylverhinderung!

Welche Heuchelei: Gewisse Politiker werden nicht müde zu rufen, sie wollen die „unechten“ Flüchtlinge loswerden, damit die „echten“ Flüchtlinge bei uns genügend Platz sei. Die oben erfahrene Praxis der Behörden zeigt, dass es gar nicht um Unterscheidung zwischen den „Echten“ und „Unechten“ geht, sondern nur darum, dass möglichst niemand zu uns kommt! Dafür nehmen wir bewusst den Tod dieser Menschen in Kauf. Auch das Argument der entsprechenden Politiker, wenn jemand echter Flüchtling sei, erhalte er auch ein Visum (papierlose Menschen seien deshalb keine Flüchtlinge) wird durch diese Beispiele Lügen gestraft. Wir selber verweigern ja gerade den echten Flüchtlingen das Visum. So bleibt ihnen oft keine andere Möglichkeit als die illegale Einreise, die für das Justizdepartement ein Grund für Nichteintreten auf das Asylgesuch ist…

Es ist Zeit, dass wir gegen diese Perversionen aufstehen. Es ist klar, dass es vor Gott ein Gräuel ist, Menschen in die Todesgefahr zurückzuschicken. Wir dürfen es nicht zulassen, dass die Menschenverachtung in der Schweiz noch mehr zunimmt. Wir müssen die Stimme erheben und diese skandalösen Vorgänge publik machen. Es darf nicht schon wieder so weit kommen wie mit den Juden. Wir müssen dieser zum Teil von Christen unterstützten Praxis die Biblischen Werte und die Liebe Jesu entgegensetzten. Jetzt ist die Zeit!

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?Sozialmissbrauch, Scheinasylanten, IV-Schummler?? In gewissen Kreisen werden Themen wie Asyl, Arbeitslosigkeit und IV hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt des möglichen Missbrauchs behandelt. Natürlich ist Missbrauch nicht gut und sollte bei der Formulierung der Sozialpolitik berücksichtigt werden. Aber viele Politiker brauchen die Missbrauchsangst als Begründung für die ständige Verschärfung der Bezugsbedingungen für diese sozialen Leistungen. Das führt dazu, dass immer mehr Bedürftige durch die Maschen unseres sozialen und humanitären Netzes fallen.

Auch in freikirchlichen Kreisen ist die Missbrauchsangst gross. Wie können wir mit dieser Angst und mit der Möglichkeit umgehen, dass Menschen unsere Grosszügigkeit ausnützen? Ein Blick auf die Evangelien hilft uns zu sehen, wie unser grösstes Vorbild, Jesus, damit umgegangen ist, wenn Menschen seine Grosszügigkeit und sein Vertrauen missbraucht haben.1

Jesus und die Missbrauchsangst

Jesus steht dem Vertrauensmissbrauch gelassen gegenüber. Das zeigt sich am Eindrücklichsten an der Tatsache, dass er Judas als einer der zwölf Jünger erwählt hat, obwohl er von Anfang an wusste, dass Judas ihn verraten würde.2  Jesu Gelassenheit bezieht sich nicht ?nur? auf sein eigenes Leben, sondern auch auf dasjenige der ganzen Jüngergemeinschaft. Durch Judas? Verrat wurde das Leben der Elf ja auch gefährdet. Die Gelassenheit Jesu erstreckt sich bis in den finanziellen Bereich: Judas veruntreute die ihm anvertraute Gemeinschaftskasse. Darüber war sich Jesus durchaus im Klaren.3

Es ist wichtig festzuhalten, dass Jesus nicht aus Naivität so gehandelt hat. Er hat nicht blind vertraut oder geliebt. Es heisst von ihm, dass er es nicht nötig hatte, ?dass jemand über den Menschen Zeugnis ablegte; denn er erkannte selbst, was im Menschen war?4 . Er vertraute wider besseres Wissen.

Der Weg aus der Missbrauchsangst

Dieses Verhalten war ihm nur dank seinem tiefen Vertrauen zum Vater möglich: Er liess sich von der Überfülle des Vaters beschenken und war nicht auf den Dank und die Achtung seiner Mitmenschen angewiesen. Dieses Verhalten widerspiegelt die Liebe, die Gott zu uns hat: Er liebt uns und lässt es sich etwas kosten, obwohl er weiss, dass viele Menschen diese Grosszügigkeit ablehnen.5

Die Grosszügigkeit Gottes hilft auch uns, nicht mehr Angst zu haben, zu kurz zu kommen. Doch dazu müssen wir Seine Grosszügigkeit annehmen. Sein grösster Wunsch ist es, alle die ihn bitten, die bei ihm suchen und bei ihm anklopfen aus seiner Überfülle heraus zu beschenken.6  Lassen wir uns beschenken? Wenn wir offen werden für seinen bedingungslosen Segen, werden wir auch bereit, selber nach dem Herz unseres himmlischen Vaters zu handeln und seine Grosszügigkeit für alle, die uns bitten, bei uns suchen und anklopfen, d.h. bei Sozialhilfeempfängern, Asylbewerbern und IV-Bezügern, sichtbar werden zu lassen.

Die Frucht der Grosszügigkeit

Wenn wir den falschen Glauben, dass wir Mangel leiden müssen, wenn wir zu grosszügig sind, hinter uns lassen, erfüllen wir damit das Gebot der Nächstenliebe. Und nicht nur das: Gott verheisst uns grossen Segen, denn bei ihm wird unsere Angstlogik ins Gegenteil verkehrt:

Wer kärglich sät, wird auch kärglich ernten; und wer in Segensfülle sät, wird auch in Segensfülle ernten. Jeder gebe, wie er es sich im Herzen vorgenommen hat, nicht aus Missmut heraus oder aus Zwang; denn einen fröhlichen Geber hat Gott lieb. Gott aber vermag jede Gnade im Überfluss über euch zu bringen, damit ihr in allem allezeit alles Genüge habt und zu jedem guten Werk überreich seid, wie geschrieben steht: ?Er hat ausgestreut, er hat den Armen gegeben; seine Gerechtigkeit bleibt in Ewigkeit.? 2. Korinther 9,6ff.

Beten wir dafür, dass Seine Gerechtigkeit in unserem Land auch im Sozial- und Asylbereich wieder sichtbar wird ? und dass dabei wir Schweizer ChristInnen eine Schlüsselrolle spielen.

 


1.  Es geht hier ausschliesslich um den Vertrauensmissbrauch, wie er im Sozialwesen zum Tragen kommt. Andere Missbräuche, und insbesondere der Machtmissbrauch, wurden von Jesus ganz anders angegangen.

2. ?Jesus antwortetet ihnen: Habe nicht ich euch Zwölf erwählt? Und unter euch ist einer ein Teufel. Er meinte aber Judas, den Sohn des Simon Ischarioth; denn dieser sollte ihn verraten, einer von den Zwölfen.? Johannes 6,70f.

3. ?Judas Ischarioth aber, einer von seinen Jüngern, der ihn verraten sollte, sagte: Warum wurde diese Salbe nicht für dreihundert Denare verkauft und der Erlös den Armen gegeben? ER sagte dies aber nicht, weil ihm die Armen am Herzen lagen, sondern weil er ein Dieb war und die Kasse hatte und das Eingelegte beiseite brachte.? Johannes 12,4ff.

4. Johannes 2,25.

5. ?Gott beweist aber seine Liebe gegen uns dadurch, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.? Römer 5,8.

6. Matthäus 7,7ff.

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