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Es ist neuerdings Mode geworden, Leute die pflichtgemäss Steuern zahlen als Trottel zu belächeln. Steuerflucht und Steuerhinterziehung gelten heutzutage als Kavaliersdelikt, wenn nicht sogar als Menschenrecht1 .

Traurig ist, dass sogar Christen in diesen Chorus miteinstimmen. So hörte ich letzthin das Bankgeheimnis mit der Begründung verteidigt, dass die andern Länder u.a. selbst an der Steuerhinterziehung ihrer Bürger schuld seien – schliesslich müssten sie ja nicht so hohe Steuern verlangen! (Bemerkung: Das Bankgeheimnis in der Schweiz ermöglicht den Bürgern eines anderen Lands Steuerhinterziehung, indem diesem Land bei Verdacht auf Steuerhinterziehung keine Amts- und Rechtshilfe geleistet werden kann). Ist es nicht anmassend und unfair, an den Steuerhinterziehern anderer Länder zu verdienen, wenn diese Länder ihre Steuersätze demokratisch bestimmt haben?

Auch ein christlicher Nationalrat äusserte sich vor kurzem auf schockierende Weise. Er wurde gefragt, was er an der Schweiz besonders schützenswert finde. Als Antwort pries er das Schweizer Steuersystem, das den Bürger nicht einfach zum Steuernzahlen zwinge, sondern ihm erlaube soviel zu zahlen, wie er gerne möchte2 . Gänzlich verantwortungslos ist es, wenn sogar Bundesräte und andere Führungspersönlichkeiten ins selbe Horn blasen und Steuern als etwas darstellen, das man nur zahlt, wenn es einem gerade entspricht. So sagte z.B. Kaspar Villiger: „Wenn der Preis für die Dienstleistungen eines Staates fair ist, dann sind die Leute willig, Steuern zu bezahlen“. Und wenn der Staat mal nicht exakt nach meinem Fairness-Verständnis handelt – bin ich dann gerechtfertigt, meine Steuern zu verweigern? Mit allen Mitteln versuchen bürgerliche Politiker heute, es einfacher zu machen, den Steuern auszuweichen. Zu diesen Mitteln gehören:

  • Das Anheizen des Steuerwettbewerbs (zwischen Gemeinden, Kantonen und Nationen).
  • Das Gewähren von Steuererleichterungen, um Multimillionäre und Firmen anzuziehen. Dies ist oft eine sehr intransparente Angelegenheit3.  und verletzt elementare Grundsätze der Gleichheit vor dem Gesetz4 .
  • Die Weigerung, stossende Steuerschlupflöcher zu stopfen.
  • Das Bankgeheimnis: Es stellt eine besondere Ungerechtigkeit dar, weil wir damit den Bürgern anderer Länder die Steuerhinterziehung ermöglichen.

Was steckt für eine Einstellung hinter diesem Herumhacken auf einer minimal anständigen Steuermoral? Zuerst einmal ist das, dass es allen – Armen wie Wohlhabenden – schwer fällt, Steuern zu zahlen. Das ist verständlich und darf nicht kritisiert werden. Aber es spielt auch noch ganz anderes mit. Da ist zuerst einmal ein krampfhaftes Streben nach Geld – eine Sucht, die keine Lockerheit und Grosszügigkeit kennt.

Eine grundsätzliche Ursache für die gegenwärtige Steuerverachtung ist, dass die Bürger sich nicht mehr als Teil einer Gemeinschaft empfinden: Sie spüren nicht mehr, dass sie zu ihrem Land gehören und dass ihr Reichtum ohne das Zusammenspiel vieler Menschen nicht zustande gekommen wäre und dass sie enorm von den Dienstleistungen des Staates profitieren. Hier kommt das ganze Staatsverständnis hinein, das sich verändert hat. Also müssen wir einmal ganz von vorne anfangen…

Steuern – gemeinsame Lösungen ermöglichen

  • Wir sind nicht einfach unabhängige Individuen, sondern alle Anderen sind unsere Nächsten, auf die wir Rücksicht nehmen müssen, die genau die gleichen Rechte haben und vor Gott gleich viel wert sind. Alle unsere Handlungen haben Auswirkungen auf die Nächsten.
  • Deshalb braucht es Gesetze und Regeln, um das Zusammenleben zu regeln.
  • Damit wir zusammenleben können, müssen wir vieles Grundsätzliche gemeinsam festlegen: wieviel sollen wir gemeinsam machen, wieviel jeder einzeln, welches Wirtschaftssystem sollen wir haben, etc. So braucht es eine gemeinsame Organisation, wo jeder Einzelne gleich viel zu sagen hat: der Staat. Der Staat, das ist also nicht ein böses fernes Gebilde, sondern dazu gehören wir alle!
  • Da wir diese Regeln gemeinsam festgelegt haben, gelten sie auch für alle gleich, und wir dürfen uns nicht einfach zu unserem Vorteil hinausschleichen. Den Stärksten wäre dies vielleicht recht, aber die christliche Nächstenliebe weist uns an, auch die Rechte der Schwächsten zu respektieren.
  • Zur gemeinsamen Organisation gehört auch eine gemeinsame Finanzierung des Beschlossenen, und eine Regel, wer wieviel beitragen soll. Da Reichtum nur zu einem kleinen Teil auf Leistung beruht, ist es normal, dass Reiche mehr beitragen müssen als Arme, und dass eine Steuerprogression die vom Markt extrem ungleich vorgenommene Verteilung wieder ein klein wenig abmildert.
  • Insofern müssen Steuersätze so gestaltet sein, dass jeder beiträgt, was er beitragen kann, und gleichzeitig auch einen Teil der Frucht seiner Anstrengungen behalten kann. Das muss gut austariert sein. Es ist jedoch absurd, wenn sich jemand beklagt, dass er nur 60 von seinen 100 Millionen Franken Einkommen pro Jahr behalten kann. Das hat nichts mehr mit Leistung zu tun und er kann deshalb auch nicht von „Ungerechtigkeit“ reden.
  • Es kann also niemand reklamieren, er müsse für Andere arbeiten: denn er profitiert genauso von den gemeinsamen Leistungen und er profitiert von einem gemeinsam festgelegten System, das es ihm erst möglich macht, so viel zu verdienen. Also muss er auch für durch das System verursachte Schäden aufkommen und andere unterstützen, die vom System benachteiligt werden oder die vom heutigen Wirtschaftssystem schlicht rausgeworfen werden, weil sie nicht genügend leistungsfähig sind.
  • Wenn jemand sagt, es lohne sich bei höheren Steuern nicht mehr zu arbeiten, dann muss die Arbeitsmoral doch in Zweifel gezogen werden… Arbeiten wir nur noch um noch reicher zu werden?
  • Gewisse meinen, Umverteilung sei unbiblisch. Ganz klar falsch: siehe dazu den Text „Biblische Steuerpolitik“ auf der Website von ChristNet. Andere sagen, die Steuerprogression sei unbiblisch, in der Bibel habe es nur die Flat Tax gegeben. Auch das ist falsch. Erstens: die Flat Tax der Bibel muss im Zusammenhang mit anderen Umverteilungen gesehen werden. Alle sieben Jahre wurden die Schulden erlassen und alle 50 Jahre gab es das Halljahr, wo aller Grundbesitz (also das Haupt-Kapital aller) wieder an den ursprünglichen Besitzer zurückging. Akkumulation von Ungleichheiten wie heute war also nicht möglich. Heute wird die (minimale) Erbschaftssteuer im Gegenteil aber abgeschafft. So kann nicht gleichzeitig eine „christliche“ Flat Tax eingeführt werden… Zweitens: in der biblischen Zeit waren die möglichen Einkommensunterschiede zwischen den mehrheitlich als Bauern oder Handwerker tätigen Menschen viel kleiner. Deshalb war eine ausgleichende Progression gar nicht nötig. Es steht uns also frei, dies heute anders zu machen, wenn die Umstände dies erfordern, um dem ursprünglichen biblischen Sinn genüge zu tun.
  • Und schliesslich gibt es auch noch solche, die finden, dass es heute der Situation gleiche, als die Propheten darüber geklagt haben, dass die Machthaber die Untertanen mit hohen Steuern drückten. Darauf können wir nur antworten, dass der Vergleich schlicht grotesk ist: damals ging es um Menschen in Existenznot, heute kommt diese Klage vor Allem von Menschen mit Haus, Auto und Fernreise-Ferien…

Als Christen wollen wir denjenigen, die das Steuerzahlen lächerlich machen, eine andere Einstellung gegenüberstellen. Wir freuen uns, zur Schweiz zu gehören und sind bereit, unsern Teil beizutragen – sprich: wir sind bereit Steuern zu zahlen. Wir wissen, dass der Staat eine notwendige Institution ist. Der Staat – das sind wir! Nicht zuletzt hat uns Jesus gelehrt, dass Steuernzahlen eine Selbstverständlichkeit ist. Als die Pharisäer ihn danach fragten, verlangte er eine Münze, zeigte auf den darauf abgebildeten Kaiser und meinte: „Gebt des Kaisers, was des Kaisers ist!“ (Matth. 22,21)

In letzter Zeit ist besonders der Steuerwettbewerb zum Königsweg geworden, den Steuern auszuweichen. Deshalb noch einige Worte dazu.

Steuerwettbewerb in der Schweiz

In den vergangenen Monaten wird immer wieder bekannt, dass Wirtschaftsführer in einen „steuergünstigeren Kanton oder Gemeinde“ umziehen. Steuern sollten dort bezahlt werden, wo der „Lebensmittelpunkt“ liegt. Dies ist beim neuen Wohnort kaum der Fall. Es handelt sich also eigentlich um Betrug. Dies ist umso verwerflicher, als die betreffenden Menschen genau wissen, dass sie nicht sagen können, ihre 20 Millionen pro Jahr seien alles Eigenleistung und somit sei es ungerecht, wenn „zu viel“ Steuern verlangt würden…

Sie spielen damit die Kantone und Gemeinden gegeneinander aus, die gezwungen werden, vor Allem die Steuersätze der Reichen zu senken und Erbschaftssteuern etc. abzuschaffen, um nicht viel Geld zu verlieren. Die Reichen werden damit übermässig politisch bestimmend, es gilt nicht mehr „eine Stimme pro Person“.

Gleichzeitig werden dabei die Ungleichheiten zwischen den Kantonen immer grösser, denn durch Zuzüge reicher gewordene Kantone können die Steuersätze weiter senken und locken damit weitere Reiche an. Dasselbe in die andere Richtung passiert mit den ärmeren Kantonen. Diese können nicht ohne Härte gegenüber den Bedürftigen die Steuern senken. Damit geraten die Kantone in einen Teufelskreis: Die Reicheren werden automatisch reicher – die Ärmeren automatisch ärmer. Die Steuerunterschiede haben ursprünglich aber vor Allem mit ungleichen Bedingungen zu tun:

  • Bergkantone haben höhere Ausgaben (weite Wege etc.) und kleinere Einkommen (weit weg von wirtschaftlichen Zentren, niedrigere Standortattraktivität)
  • Städtische Zentren haben höhrere Ausgaben wegen vermehrter Konzentration von sozialen Problemen und weniger Einnahmen wegen „schlechterer“ Bevölkerungsstruktur (viele Arme, Alte, Ausländer, Studierende, etc.). Familien ziehen weg wegen des Verkehrs, der Krankenkassenprämien und der Lebensqualität. Gleichzeitig haben Städte weitere Zentrumsleistungen zu erbringen für eine ganze Region, vor Allem im Bereich Kultur, Infrastruktur und Verkehr.
  • Am Besten haben es zentrumsnahe Kantone mit guter Wohnlage: so ist es nicht verwunderlich, dass Baselland, Zug, Schwyz und Nidwalden viele zuziehende Pendler mit vollem Portemonnaie verzeichnen konnten und heute steuergünstig sind. Die Mär, dass es diesen Kantonen vor Allem wegen „guter Amtsführung“ gut gehe, wird leider trotz allem noch gerne verbreitet…

Manche nutzen den Steuerwettbewerb mit gutem Gewissen aus. Sie sagen sich „Wettbewerb ist doch auf dem Markt ein gutes Prinzip, das Effizienz schafft. Wenn Wettbewerb zwischen Firmen gut ist, dann ist er das doch sicher auch zwischen Kantonen und Staaten“. Diese Leute missachten die simple ökonomische Tatsache, dass der Wettbewerb (der Markt) oft versagt. Und genau dort, wo man mit dem Wettbewerb nicht weiterkommt, braucht es den Staat (Justiz, Umwelt, Infrastrukturprojekte, …). Wenn nun das Wettbewerbsprinzip auch auf den Staat angewandt wird, der ja genau dazu da ist die Mängel des Wettbewerbs zu beheben, so beisst sich die Katze in den Schwanz. Der Staat ist das Ergängzungsstück zum Wettbewerb. Wir dürfen nicht auch ihn noch dem Wettbewerb opfern.

Was heisst das für den Einzelnen? Will ich wegen tieferer Steuern in den Nachbarkanton umziehen oder gar den „offiziellen Wohnsitz“ nach Zug verlegen? Wir schlagen vor, aus Solidarität zu bleiben, wo man ist, auch wenn es etwas kostet, und nicht zu dieser elenden Spirale beizutragen. Es braucht heute Leute, die gegen den Strom schwimmen.


1. z.B. Phil Gramm, stellvertrender Vorsitzender der UBS Warburg: „Schweizer Bankiers sind grosse Wohltäter der Menschheit (…). Sie haben nicht nur das Vermögen der Menschen geschützt, sondern auch ihre Freiheit. Die Möglichkeit der Menschen, ihr Geld zu verschieben, um es zu schützen (…), ist eine der Grundfreiheiten der Menschen auf diesem Planeten.“ (siehe „Wegleitung zur Steuerhinterziehung“, erhältlich bei www.evb.ch). (Bemerkung dazu: Der republikanische Senator Phil Gramm stellt sich mit diesen Aussagen deutlich gegen die Bibel. Im Gesetz, das Mose gegeben wird, wird das Eigentumsrecht nämlich alles andere als absolut geschützt).

2. Auf die Frage „Was ist das Besondere unseres Schweizer Staates, das Sie erhalten wollen?“: „Wir haben eine Heimat, die zu erhalten sich lohnt. Wir haben hier immer noch weltweit einmalige Regelungen. Dies zeigt sich auch im Steuerrecht: In der Schweiz traut der Staat dem Bürger zu, dass er in seiner Steuererklärung selbst angibt, was er verdient und an Vermögen hat. Aufgrund dieser Daten wird er nachträglich besteuert, gemäss Steuersätzen, die er auch selbst beschliesst. Kurz: Der Staat lässt dem Bürger das Einkommen, und dieser sagt: Soviel will ich an Steuern zahlen. In anderen Ländern nimmt der Staat dem Bürger von seinem Einkommen weg, was er meint brauchen zu müssen, und die Steuersätze werden nicht direktdemokratisch vom Volk bestimmt.“ (siehe http://www.jesus.ch/index.php/D/article/151-

Schweiz/26051-30_Jahre_-_und_kein_bisschen_heiser:_Die_EDU_ersehnt_eine_bessere_Demokratie/)

3.  Im Kanton Bern sorgte im Herbst 2005 für einiges Aufsehen, dass selbst die Kantonsparlamentarier Mühe hatten, in Erfahrung zu bringen, welche Firmen unterstützt werden. Als sie dann an die Liste herankamen, staunten selbst bürgerliche Politiker über die grosse Zahl an gewährten Steuererleichterungen (siehe „Der Bund“ vom 8.9.2005).

4. Siehe dazu auf www.christnet.ch den Text „Pauschalbesteuerung superreicher Ausländer“ und den entsprechenden Brief an ausgewählte NationalrätInnen.

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ChristNet stellt sieben sich logisch folgende Thesen zur Problematik des Geldes in der Schweiz auf. Analyse der heutigen gesellschaftlichen Strömungen, Folgen daraus und Alternativen zu einer nicht mehr vom Geld beherrschten Schweiz!

 

These 1: Sowohl Christen wie Nichtchristen lassen sich mehr und mehr von der Angstkultur anstecken

Wir stellen vor allem in der westlichen Welt einen Wandel hin zu einer Angst- und Misstrauenskultur fest: Angst vor dem Verlust der eigenen Güter und der materiellen Sicherheit, sowie Angst vor dem unbekannten Nächsten. Wachsender Wohlstand hat die Angst vor dem Verlust unserer Güter verstärkt. Das wirtschaftliche Wettbewerbsdenken nimmt Überhand in den privaten Bereichen und sorgt dafür, dass der Nächste mehr und mehr als Konkurrent gesehen wird. Und der zunehmende Individualismus hat uns aus sozialen Zusammenhängen herausgerissen, wo wir früher Geborgenheit erfahren konnten. Die Angst um das eigene Wohl haben die Sorge um das Wohl des Nächsten gedämpft. Wir bringen dies mit der Aussage Jesu zusammen, die Liebe werde bei vielen erkalten (Mat. 24,12). Gerade in der Schweiz sind wir stark von der Angstkultur geprägt, wie wir an der besonders hohen Anzahl Versicherungsabschlüsse pro Einwohner sehen.

These 2: Desolidarisierung: Wir haben ein Problem mit dem Teilen, weil wir Angst um das eigene Wohl haben und weil wir mit immer höhere Folgekosten aus unserer Art des Wirtschaftens konfrontiert sind.

Aus Angst um das eigene Wohl und aus dem Misstrauen gegenüber dem Nächsten erwächst eine Desolidarisierung. „Freiheit“ steht als Konzept hoch im Kurs, da wir nach Freiheit vor aller Art Verpflichtung gegenüber dem Nächsten suchen.

Wir sind nicht bereit, die wachsenden Schäden aus unserer Art des Wirtschaftens zu bezahlen: Obwohl für schwächere Menschen keine Arbeitsplätze mehr angeboten werden, und sie zu Sozialfällen werden, haben wir die Tendenz, ihnen die alleinige Schuld für ihre Situation zuzuschreiben oder wir nennen sie „Profiteure des Sozialsystems“. Wir schenken deshalb den Theorien, die besagen, dass „jeder selber alles erreichen kann, wenn er sich nur anstrengt“, gerne Glauben. Christen sind gegen diese kulturellen Strömungen nicht immun, weshalb das Wohlstandsevangelium und der Compassionate Conservativism uns attraktiv erscheinen.

These 3: Weil wir nicht teilen können, sind wir zum Wachstum verdammt

Die Schweiz ist eines der reichsten Länder der Welt, es ist eigentlich genug für alle da, wir haben alles, was wir brauchen. Trotzdem streben wir hartnäckig stärkeres Wachstum des BIP, also des Reichtums an (und opfern zahlreiche christliche Werte dafür), obwohl die Bibel sagt, wir sollen uns keine Reichtümer anhäufen (Jakobus 5). Dies gilt nicht nur für das persönliche Leben, sondern auch für ganze Nationen, denn wir sehen in der Folge, wohin das führt.

Wofür also Wachstum? Wir sagen, es brauche es Wachstum, um genügend Arbeitsplätze zu schaffen. Haben wir uns ein System geschaffen, wo nur dann jeder Arbeit hat, wenn das BIP wächst? Sind wir ansonsten unfähig, jedem Menschen eine sinnvolle Arbeit zu verschaffen? Wir sagen auch, es brauche Wachstum, um unsere Altersvorsorge zu finanzieren. Aber könnten wir dies mit einem verbesserten Teilen nicht auch anders organisieren? Drittens, sagt der Bundesrat, brauche es Wachstum, damit es weniger Verteilkämpfe gäbe. Sind wir nur fähig, vom Überfluss zu verteilen? Bringen wir es nicht fertig, dass jeder vom Erschaffenen genug für seine Anstrengungen erhält? Diese Probleme wären unseres Erachtens mit Gemeinsinn und einen Sinn fürs Teilen anders lösbar. Da wir hierzu noch nicht bereit sind, ist auch die Schweiz „zum Wachstum verdammt“. Zudem glauben wir auch im persönlichen Leben immer noch daran, dass mehr Reichtum glücklicher macht.

Immer-mehr-Konsum ist wirtschaftspolitisch deshalb sehr willkommen und wird gefördert. Der Konsumismus wird zum ideologischen Zwang für die Gesellschaft, obwohl wir eigentlich schon alles haben. Wie kann die Volkswirtschaft trotz gesellschaftlichem Überfluss noch wachsen? Der Suche nach Wachstumsmöglichkeiten werden zwangsläufig auch Werte und Ideale geopfert.

These 4: Wir klammern uns selbst an unrechte Güter

Die Schweiz war nur unter massivem Druck des Auslandes dazu bereit, die nachrichtenlosen Vermögen von Juden zurückzugeben. Heute klammern wir uns an das Bankgeheimnis, auch wenn wir wissen, dass der grösste Teil der ca. 2,5 Billionen Franken Vermögen aus dem Ausland auf Schweizer Konten den Steuern hinterzogen wurden. Wir behelfen uns immer noch mit Rechtfertigungen und Ablehung unserer Verantwortung, obwohl das Bankgeheimnis 1934 gerade zum Anziehen von Steuerfluchtgeldern gesetzlich verankert wurde.

Hierzu fällt uns Micha 6.9-11 auf: „Höret Ihr Stämme und ihr Ratsleute! Noch immer bleibt unrecht Gut in des gottlosen Haus und das verfluchte falsche Mass. Oder sollte ich unrechte Waage und falsche Gewichte im Beutel billigen?“

These 5: „Mammon“ hat Macht in der Schweiz und beherrscht unser Denken und unsere Politik

 

„Niemand kann gleichzeitig zwei Herren dienen. Wer dem einen richtig dienen will, wird sich um die Wünsche des andern nicht kümmern können. Genauso wenig könnt ihr zur selben Zeit für Gott und das Geld leben.“ (Matth.6,24) Uns scheint, dass das Wirtschaftlichkeitsdenken und die Sorge um unsere Güter zu stark gewichtet werden gegenüber Gott und der Nächstentenliebe. Unsere Werte werden deshalb mehr und mehr vom „Mammon“ bestimmt. Hierfür scheint die Schweiz auch zahlreiche christliche Werte wie Familien, Sonntag, Barmherzigkeit gegenüber den Schwachen, Gerechtigkeit und Moral zu opfern. Wir müssen uns tatsächlich entscheiden. Kehren wir als ganzes Land um, reinigen wir unsere Leben, unsere Politik, unsere Wirtschaft und unsere Banken. „Denn eine Wurzel allen Übels ist die Geldliebe“, (1. Timotheus 6.10), und es scheint, als ob wir die Folgen davon heute zu spüren bekommen. Hingegen verspricht uns Gott, für uns zu sorgen, wenn wir in Gerechtigkeit wandeln und ihn anbeten (und nicht den Mammon). Wir brauchen also keine Angst vor Verlust von Reichtum oder Arbeitsplätzen zu haben, wenn wir die nötigen Schritte gehen und uns vor ungerechtem Mammon trennen. Gottes Vorsorge und Friede wird uns tragen.

These 6: De Alternative: Vertrauen in Gott und eine Politik der Barmherzigkeit mit den Schwächsten

Jesus hat uns neben der Errettung durch den Glauben radikale Nächstenliebe gepredigt und uns angewiesen, in unserem ganzen Handeln das Wohl des Nächsten (und damit das Allgemeinwohl) ins Zentrum zu stellen. Wir wollen diese Nächstenliebe, diese Agape, wieder neu erwecken, d.h. dazu aufrufen und beitragen, dass die Welt von der Liebe Jesu geprägt wird. Dadurch soll Gott in unserer Gesellschaft sichtbar werden. Dies beginnt mit der Christenheit, die neu für das Wohl des Nächsten sensibilisiert wird und dadurch ein kraftvoller Multiplikator von Gottes Liebe wird. Oft wird vergessen, dass die Nächstenliebe nicht nur den persönlichen Bereich prägen soll, sondern dass wir genauso auf der gesellschaftlichen und politischen Ebene Nächstenliebe üben müssen. Insbesondere die schwächsten Glieder der Gesellschaft scheinen uns heute gefährdet, da sie keine Macht und kaum eine Lobby haben. Doch schon Jesus predigt uns den Schutz der Schwächsten, indem er sich ganz mit ihnen identifiziert: „Denn ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben; […] ich war fremd, und ihr habt mich beherbergt; […] ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen.“ (Matt. 25,35-36)

Hierzu brauchen wir aber die Pflege eines Gottvertrauens, das in unserem eigenen Leben anfängt, dass Er uns versorgen wird, wenn wir gerecht handeln.

These 7: Wir brauchen eine neue biblische Barmherzigkeit

Das Thema Solidarität nimmt in der Bibel einen breiten Raum ein. Zentral ist der Begriff der Armen, der einerseits für die materielle Armut und Unterdrückung (auch „Elende, Geringe“, etc.) gebraucht wird, aber auch für geistlich Arme, das heisst Demütige. Die Stellen, wo Armut mit Selbstverschulden in Verbindung gebracht wird, sind rar. Sie finden sich nur im Buch der Sprüche und in der Aussage im Neuen Testament, wer nicht arbeiten WOLLE, auch nicht essen solle. Ansonsten wird Armut als gesellschaftliches Übel, oft in Verbindung mit sozialer Benachteiligung beschrieben. Natürlich kann man deshalb noch nicht behaupten, die Armen seien heute generell unschuldig an ihrer Situation, aber wir müssen bereit sein, genauer hinzuschauen. Deshalb ist das Alte wie das Neue Testament voll von Aufrufen, die Armen zu schützen (physisch und rechtlich), mit ihnen zu teilen und Gerechtigkeit herzustellen. Wir sollten auch nicht im Glauben hängen bleiben, dass wir unseren Wohlstand ja selber erschaffen hätten und wir deshalb nichts zu teilen bräuchten. Denn erstens ist unsere Leistungsfähigkeit auch Gottes Gnade, und alles was wir haben, kommt von Gott. So sind wir gehalten, nach seinem Willen mit dem Erhaltenen umzugehen. Zweitens hat jeder Mensch unterschiedliche Gaben, die auch unterschiedlich in Lohn umsetzbar sind. Deshalb sollten wir allen Menschen ein würdiges Leben ermöglichen. Gewisse Umverteilung ist deshalb bereits im alten Testament vorgesehen. Der Nächste, das ist spätestens heute auch der Arme in anderen Teilen der Welt. Wir sind gehalten, uns auch ihnen zu widmen.

Wir sind überzeugt, dass die Schweiz geistlich gesehen Gott und seinem Segen den Rücken kehrt, wenn sie ihren Wohlstand nicht mit den Armen teilt.

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Das Bankgeheimnis, darin insbesondere die helvetische Unterscheidung zwischen Steuerflucht und Steuerhinterziehung (siehe Text „Die Problematik des Bankgeheimnisses“ hat schwere Folgen für die armen Länder der Welt.

– Oxfam hat im Jahr 2000 errechnet, dass die Länder des Südens wegen Steuerflucht jährlich 15 Milliarden Dollar an Steuereinnahmen verlieren. Zum Vergleich: das Bruttosozialprodukt von Burkina Faso beträgt ca. 4 Milliarden Dollar. Da ca. ein Drittel aller Gelder der Welt, die auf eine ausländische Bank gebracht werden, in der Schweiz liegen, und 70-90% davon unversteuert sind, kann man davon ausgehen, dass das Bankgeheimnis im Zusammenhang mit der schweizerischen Unterscheidung von Steuerhinterziehung und Steuerbetrug dafür verantwortlich ist, dass der Süden pro Jahr mehrere Milliarden Dollar an Steuereinnahmen verliert.

– Natürlich kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Fluchtgeld bei Wegfall des schweizerischen Bankgeheimnisses nicht in andere „sichere Häfen“ fliessen würde. Doch erstens würde sich dann dank dem Wegfall des Gegendrucks der Schweiz (vor allem innerhalb der OECD) der Druck auf die restlichen Steuerparadiese erhöhen. Und vor Allem zweitens: Wir müssen für uns selber entscheiden, ob unsere Handlungsweise vor Gott richtig ist oder nicht! Wir würden genauso wenig Raubgut kaufen mit der Begründung, sonst würde der Räuber seine Beute ja nur einem anderen Hehler verkaufen… Die Ausrede, „Andere tun es ja auch“ zählt vor Gott nicht.

– Im Vergleich dazu gibt die Schweiz ca. 2,5 Milliarden Franken an öffentlicher und privater Entwicklungshilfe pro Jahr. Wir würden also einen riesigen Dienst an Entwicklungshilfe leisten, wenn das Bankgeheimnis zumindest für Steuerhinterziehung gelockert würde.

– Der Bundesrat sagt, dass die Gelder aus dem Süden nur wegen der Willkür der dortigen Steuerbehörden und wegen der Mängel im dortigen Bankensystem zu uns kommen. Tatsächlich gibt es gewisse Länder, wo ehrlich arbeitende Menschen ungerecht behandelt werden und ein legitimes Schutzbedürfnis haben. Diese sind aber eine verschwindend kleine Minderheit unter all denjenigen, die der korrekten Besteuerung durch demokratisch gewählte Regierungen entgehen wollen. Wessen Schutz ist nun höher zu gewichten? Wir meinen, dass bei der Rechtshilfe an ausländische Behörden im Fall von Steuerhinterziehung ein Unterschied zwischen Rechtsstaaten und Willkür-Regimes gemacht werden kann und dass das Bankgeheimnis (oder zumindest die Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug) zum Schutz nicht nötig ist.

– Im Gegenteil schützt unser Bankgeheimnis bzw. unsere Rechtshilfepraxis gerade vor Allem die korrupten Regimes selber: Die führende Wirtschaftsrevue „Economist“ schrieb 1999, dass schätzungsweise 20 Milliarden Dollar an Potentatengelder (von den Diktatoren durch Korruption oder Abzweigung aus der Staatskasse angeeignete Gelder) in der Schweiz lägen. Der Abacha-Clan habe insgesamt 55 Milliarden Dollar im Ausland liegen. Diese Diktatoren wurden durch unsere Regierungen gar gestützt oder konnten (wie zum Beispiel Mobutu) bei uns ein- und ausgehen…

– Die Rückforderung solcher Gelder ist für nachfolgende Regierungen vor Allem der ärmsten Länder sehr schwierig: die Tatbestände könnten oft erst dann bewiesen werden, wenn die Schweiz Informationen über die Kunden herausgeben würde, was sie aber wegen des Bankgeheimnisses nicht tut. Die Untersuchung verläuft deshalb oft im Sande. Besonders arme Länder haben ohne Einsicht auf die Bankkonten enorm Schwierigkeiten, alle für ein Rechtshilfegesuch nötigen Daten über die von ihren ehemaligen Diktatoren entwendeten Gelder zusammenzuziehen, da sie sich keine extrem teuren Untersuchungen leisten können. Das Rechtshilfegesuch scheitert deshalb oft bereits in diesem Stadium.

– Wir stellen fest, dass das Bankgeheimnis für die Länder des Südens viel mehr Schaden als Nutzen bringt. Für diese Länder wäre es deshalb das Beste, wenn das Bankgeheimnis aufgehoben würde. Gleichzeitig kann als Schutz für von willkürlichen Behörden Verfolgte eine Klausel im Rechtshilfegesetz eingesetzt werden, nach der nur auf rechtsstaatlichen und demokratischen Prinzipien geführten Regierungen Rechtshilfe gewährt wird. Die Kriterien müssten genauer definiert werden.

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Das Resultat der Abstimmung zur Gesundheitsinitiative vom 18. Mai 2003 ist geradezu ein Musterbeispiel, wie die Wirtschaft und die Vermögenden das Stimmvolk dazu bringen können, gegen die eigenen Interessen zu stimmen (und wiederholt das Phänomen der Abstimmung über die Kapitalgewinnsteuer im Herbst 2001). Vor halbem Jahr gaben noch etwa zwei Drittel der StimmbürgerInnen in Umfragen an, für die Gesundheitsinitiative stimmen zu wollen. An der Urne waren’s dann plötzlich noch 27%. Was ist passiert?

Alle Berechnungen haben klar gezeigt, dass die grosse Mehrheit der Bevölkerung nach Annahme der Initiative weniger für die Gesundheit bezahlen müsste, auch bei Einbezug der zusätzlichen Mehrwertsteuer. Mit Millionenkampagnen haben die Gegner aber seit Monaten den Stimmbürgern erfolgreich eingeimpft, sie müssten schlussendlich mehr bezahlen, ohne dies belegen zu können. Vor allem wurde behauptet, der Mittelstand würde massiv mehr belastet, was eigentlich absoluter Nonsens ist, wie alle Berechnungen (die auch die Mehrwertsteuer einschlossen) zeigten. Gerade Mittelstandsfamilien hätten am Meisten profitiert, denn sie erhalten heute keine Prämienvergünstigungen. Aber es stellten sich zwei Phänomene ein:

– Nach soziologischen Untersuchungen zählen sich auch Haushalte mit bis zu 300’000 Franken Jahreseinkommen zum Mittelstand, obwohl sie längst zu den „oberen 10 %“ gehören. Diese meinen dann sich selber, wenn sie verkünden, der Mittelstand müsse mehr bezahlen. Der durchschnittliche Haushalt verdient aber heute zwischen 80 und 90’000 Franken pro Jahr.

– Die Steuerangst: von der SVP in den letzten Jahren geschürt, hat die Steuerphobie massiv zugenommen. Wenn Gegner einer Initiative das Argument Steuererhöhung ins Spiel bringt, dann haben sie gewonnen… Dahinter verbirgt sich die Angst vor Verlust des eigenen Gutes.

Gehen wir falsch, wenn wir folgende Fazite aus der Abstimmung ziehen?

– Wer lauter schreit, der wird gehört. Gehirnwäsche funktioniert auch hierzulande…

– Die Wirtschaft und die Wohlhabenden beherrschen die Demokratie. Sie haben immer ein Mehrfaches der Mittel zur Verfügung, um ihre Standpunkte in der Öffentlichkeit darzustellen, als ihre Gegner. Seit den neunziger Jahren hat die Wirtschaft praktisch keine Abstimmung mehr verloren. Sind wir Schweizer Wirtschaftshörig?

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Ihr macht jemandem ein Geschenk und diese Person nimmt das Geschenk und in kürzester Zeit ist es kaputt, weil sie Dinge damit gemacht hat, für die das Geschenk nicht gedacht war. Wie fühlt ihr? So oder ähnlich wird sich Gott fühlen, wenn er daran denkt, wozu er uns seine Schöpfung anvertraut hat.

Textlesung

„Und Gott segnete sie, und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch, und füllt die Erde, und macht sie [euch] untertan; und herrscht über die Fische des Meeres und über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf der Erde regen!“ 1. Mose 1,28

„Und Gott, der HERR, nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, ihn zu bebauen und ihn zu bewahren.“ 1. Mose 2,15

Einleitung

Gott hat aus dem Nichts, aus dem Chaos eine herrliche Schöpfung bereitet und uns Menschen dadurch einen Lebensraum gegeben, indem wir uns entfalten können. Gleichzeitig hat er uns als Abbild seiner Herrlichkeit in diese Schöpfung gestellt und sie unserer Fürsorge anvertraut. Doch was haben wir daraus gemacht? Es ist inzwischen ein offenes Geheimnis, dass wir am Rande des ökologischen Zusammenbruchs sind. Der Lebensraum, den Gott uns anvertraut hat wird uns zum Todesbereich, und wir Christen können uns davor nicht verschliessen wenn uns wirklich ernst damit ist, dass diese Schöpfung Gottes Werk ist.

In einem ersten Schritt wollen wir einmal ganz offen der Krise unserer Umwelt in die Augen schauen und dann sehen, worin unser Auftrag als Christen besteht.

1. Die Krise

Wir wollen zuerst zusammentragen, wodurch Gottes Schöpfung gegenwärtig bedroht wird:

  • Abgase (Brenn- und Treibstoffe) – Ozonloch
  • Raubbau der Rohstoffe
  • Atom und Atommüll
  • Müllberge
  • Giftstoffe in Wasser, Land und Luft
  • Chemie und ihre Abfälle
  • Abholzung des Regenwaldes
  • Aussterben vieler Tierarten täglich
  • Überfischung der Meere
  • Gemästete Tiere mit Antibiotika machen Bakterien resistent
  • Zunehmende Erkrankungen der Atemwege; Krebs und andere Zivilisationskrankheiten

Der Lebensraum, den Gott uns geschaffen hat ist weltweit aus dem Gleichgewicht gefallen und die grösste Gefahr dieser Krise ist, dass wir immun davor werden und gar nicht mehr auf die Probleme reagieren.

Wenn wir uns einmal überlegen, woher all diese Probleme kommen, dann sind wir ganz schnell bei einem der Hauptprobleme: die Menschen wollten mit begrenzten Möglichkeiten unbegrenzte Ansprüche stillen: immer schneller, immer mehr, immer besser. Zudem haben die Menschen die Erde nach den Wertvorstellungen menschlicher Machtentfaltung verwaltet und nicht nach den Massstäben göttlicher Gerechtigkeit. Da sind wir uns selber ins offene Messer gelaufen; oder anders ausgedrückt: mit unserem Wunsch nach unbegrenzten Möglichkeiten sägen wir den Ast ab, auf dem wir selber sitzen. Anstatt in fürsorglicher Art und Weise dieser Schöpfung zu dienen, haben wir uns die Schöpfung dienlich gemacht, und dadurch ist sie aus dem Gleichgewicht gefallen. Wir wollen nur noch Grenzen sprengen und überwinden anstatt in Grenzen zu leben. Fortschritt ist halt nicht alles – es gibt auch noch das Gleichgewicht.

Die Aussage des Paulus in Röm. 8,19-23 stimmen heute mehr denn je: die ganze Schöpfung ist in Mitleidenschaft gezogen worden und wartet unter Seufzen auf ihre Erlösung.

Als Christen müssen wir lernen, dass wenn wir von der Sünde der Menschen sprechen, wir nicht nur von Scheidung, Abtreibung, Alkohol oder was weiss ich was reden, sondern von der Ausbeutung der Schöpfung Gottes, von Umweltsünden und vom Glauben, dass es für den Fortschritt keine Grenzen gäbe. Umweltsünden sind auch Sünden an Gott und an unseren Mitmenschen, genau wie Abtreibung, Rassissmus, Pornographie und jede Form von Gottlosigkeit. Im Bereiche der Umweltsünden wird das Werk Gottes täglich mit Füssen getreten, und wir können es uns als Gemeinde nicht leisten, uns auf einige Spezialthemen zu begrenzen und diesen Bereich einfach den anderen zu überlassen. Schliesslich ist die Fürsorge der Schöpfung der erste Auftrag des Menschen gewesen und entspricht sozusagen seinem Urauftrag. Natürlich wissen wir, woher diese Probleme kommen, und gerade deshalb haben wir einen wesentlichen Beitrag zu leisten. Wenn für die Gemeinde der Umgang mit der Schöpfung Gottes kein Thema ist, nur weil es von den Grünen besetzt ist, ist das eher ein Armutszeichen als ein Zeichen von Geistlichkeit.

Das führt uns nun zu unserem Auftrag in der Schöpfung

2. Unser Auftrag

Unser Auftrag ist kurz umrissen die Erhaltung und Entfaltung der Schöpfung Gottes, also des Raumes, den er uns gegeben hat. Nun können wir weder Busch noch irgend eine Regierung dazu bewegen, den CO2 Ausstoss zu reduzieren, wir können die Chemiekonzerne nicht dazu anhalten, ihr Umwelt belastendes Material in Wasser, Luft und Erde abzustossen und wir werden Schlachtgrossbetriebe kaum davor abhalten, ihre Tiere mit Antibiotika zu füttern, damit sie in noch kürzerer Zeit noch mehr Fleisch hergeben. Ich weiss auch nicht, ob ich bereit bin auf das Auto zu verzichten, nur noch beim Bauern einzukaufen und den Müllberg zu verringern. Obwohl das alles sehr erstrebenswert wäre und eventuell der einzige Weg ist, uns vor der Katastrophe zu bewahren.

Ich glaube, einer unserer ersten Beiträge den Auftrag an der Schöpfung Gottes wahrzunehmen ist neu zu lernen mit Grenzen zu leben und diese als Schutz und als Hilfe und nicht als Einengung zu sehen. Die Masslosigkeit und die Grenzenlosigkeit unserer Zeit führt buchstäblich zu einer masslosen und grenzenlosen Katastrophe und unsere Bereitschaft Mass zu halten, Grenzen zu akzeptieren rührt an das Grundproblem. In Bezug auf die Schöpfung heisst es in der Bibel immer wieder, dass Gott Grenzen gesetzt hat; dem Wasser, dem Land und allem auf dieser Erde. Grenzen sind nicht einfach eine Herausforderung um einen Weg zu suchen, um diese zu sprengen, sondern eine Linie, die Gott uns gegeben hat, damit sie nicht übertreten wird.

Weiter glaube ich, dass wir als Gemeinde unsere Stimme in Sachen Umwelt genauso erheben müssen wie gegen die Abtreibung oder gegen Rassismus. Gott hat uns die Natur, die seine Schöpfung ist, nicht einfach dazu gegeben, dass einige daraus möglichst viel Gewinn und Kapital schlagen, sondern dass sie in einem Gleichgewicht bestehen kann, so dass alle sich darin entfalten können. Wenn wir zu diesen Themen schweigen haben wir praktisch Gott als dem Schöpfer dieser Welt abgesagt, auch wenn wir noch so vehement dafür eintreten mögen, dass Gott diese Welt in buchstäblichen sieben Tagen geschaffen hat. Wenn wir uns nicht zum Umgang mit der Schöpfung äussern, spielt es auch keine Rolle mehr, wer und in welcher Zeit sie geschaffen wurde.

Und letztlich wird es auch immer eine Frage des Lebensstils sein. Wir werden nicht umhin kommen, uns immer wieder kritisch zu hinterfragen. Vielleicht ist der Preis für teurere, umweltverträglichere Produkte langfristig der kleinere Preis, denn der Preis für umweltschädliche Billigprodukte könnte der Zusammenbruch und der Tod sein. Auch hier sollten wir nicht schlauer als Gott sein wollen.

Schluss

Wie wir das im einzelnen ausleben können, welche Möglichkeiten und Aufgaben wir hier im Konkreten haben, darüber müssen wir uns in den Hauskreisen weiter austauschen. Eines aber ist sicher: Gott hat seine Schöpfung unserer Fürsorge anvertraut; sie gehört auch zu jenen uns anvertrauten Pfunden, mit denen wir schaffen sollen. Dies einfach einigen Spezialisten zu überlassen ist eine sträfliche Vernachlässigung unseres Auftrags.