~ 2 min

Das Behindern von Rettungsarbeiten steht nach dem Schweizer Gesetz unter Strafe (Art. 128 Abs. 2 StGB). Der Bundesratsentscheid, dass das Rettungsschiff Aquarius auch nicht unter Schweizer Flagge fahren dürfe, hat bei dessen Stilllegung eine entscheidende Rolle gespielt. Damit wird die Rettung von tausenden von Menschen verhindert. Aquarius hat bisher 29’000 Menschen gerettet. Der Bundesrat macht sich so für den Tod von zahlreichen Menschen mitverantwortlich.

Vordergründig wird davon gesprochen, dass es eine gesamteuropäische Lösung brauche. Richtig, aber dies ist noch in weiter Ferne, und bis dann werden noch viele Menschen ertrinken. In vielen Kreisen wird auch die Illusion gepflegt, es würden weniger Menschen das Mittelmeer überqueren, wenn es bekannt sei, dass viele dabei umkommen. Doch dürfen wir vor Gott tausende von seinen Geschöpfen opfern, damit weniger Fremde zu uns kommen? Sicher darf man Zweifel am Migrationsvertrag von Marrakesch haben, der den Ländern verbieten will, wirtschaftliche Migration zu begrenzen. Wir haben das Recht zu entscheiden, dass z.B. nur Verfolgte oder Kriegsflüchtlinge Aufnahme finden dürfen. Aber dazu gehört eine korrekte Abklärung der Herkunft. Und nicht, sie ertrinken zu lassen. Ist der Tod als Strafe für die Suche nach Wohlstand tolerierbar? Und als «Kollateralschaden» für Verfolgte, weil es «halt auch viele Wirtschaftsflüchtlinge darunter hat»?

In Matthäus 25 sagt uns Jesus, wonach gerichtet wird: Nicht nach dem, was wir Schlechtes getan haben, sondern nach dem, was wir den Geringsten unserer Brüder Gutes nicht getan haben. Ja, und es sind auch viele Christen unter den Ertrunkenen. Sami, mein Eritreischer Nachbar ist dem Ertrinkungstod dank eines Rettungsschiffes knapp entkommen, nachdem er bereits bewusstlos im Wasser lag. Die meisten anderen auf seinem Schlepperboot sind umgekommen.

Wir fordern deshalb den Bundesrat auf, seinen Entscheid Rückgängig zu machen und darauf hinzuwirken, dass nicht noch mehr Menschen im Mittelmeer umkommen.

~ 3 min

Bei gesellschaftlichen Fragen lerne ich gerne aus der Vergangenheit, übernehme bewusst in der Gegenwart Verantwortung und überlege mir ernsthaft, welche heute gefällten Entscheide positive nachhaltige Wirkung haben. Ich lasse mich gerne von Menschen beeinflussen, die auf beeindruckende Weise wirkten. Vor gut 50 Jahren, am 4. März 1967, starb Fritz Blanke, Professor für Kirchen- und Dogmengeschichte an der Universität Zürich, wenige Tage vor meiner ersten Chance, ihn predigen hören zu können. Im Jahr 1900 geboren, wurde er bereits mit 29 Jahren Theologieprofessor. Trotz seines frühen Todes prägte er 38 Jahre lang Studentinnen und Studenten auf eindrückliche Weise. Er war, wie sein Biograph und Schwiegersohn, Christoph Möhl, als Buchtitel festhielt, ein «Querdenker mit Herz». Er beschäftigte sich mit Martin Luther, Huldrych Zwingli und weiteren Reformatoren. Ein besonderes Anliegen war ihm das Verständnis für die Täufer als radikale Reformatoren.

Mich beeindrucken an Fritz Blanke seine Aussagen zur gesellschaftlichen Verantwortung der Christen. Er gab eine kleine Broschüre mit dem Titel «Wir Christen und das politische Leben» heraus. In der Einleitung hielt er fest: «Wenn wir die Geschichte des Christentums von den Anfängen bis zum heutigen Tag überblicken, so zeigt es sich, dass sich die Christen sehr verschiedenartig zum Staate und zum politischen Leben eingestellt haben.» Aus seiner Sicht als Kirchenhistoriker erkannte er acht verschiedene Verhaltensweisen.

Knapp zusammengefasst, handelt es sich laut Fritz Blanke um folgende Verhaltensweisen:

Christen, die den Staat verteufeln (Bsp. Jehovas Zeugen). Christen, die den Staat verchristlichen (z.B. der russische Dichter Leo Tolstoi). Christen, die der Dämonisierung des Staates nicht widerstehen (Drittes Reich in Deutschland). Die Staatsfrommen oder Obrigkeitsgläubigen. Christen, welche den Staat der Kirche unterstellen wollen (z.B katholische Kirche im Mittelalter). Die kirchlichen Wächter über den Staat (Huldrych Zwingli). Die «streikenden Christen», die dem Staat gegenüber gleichgültig sind.

Entscheidend war für Fritz Blanke die achte Gruppe: «Christen, die aus Dankbarkeit und aus Nächstenliebe heraus, verantwortlich am Aufbau des Staatslebens mitgestalten.»

Fritz Blanke zog für sich die Konsequenzen aus seinen Ueberlegungen. Obwohl erst 1939 als Deutscher in der Schweiz eingebürgert, wurde er zuerst als EVP-Vertreter Gemeinderat in der Stadt Zürich und dann Kantonsrat. Als Christ war ihm die Umweltproblematik ein ganz entscheidendes Anliegen. So reichte er Ende der fünfziger Jahre im Kantonsrat einen Vorstoss zur Problematik des Bleibenzins und einen betreffend Problematik des Atommülls ein. Mich beeindruckt, wie er ganz selbstverständlich die biblische Botschaft in politische Aktion umsetzte. Ihm wurde dies aufgrund seiner Glaubwürdigkeit abgenommen.

«Dankbarkeit und Nächstenliebe» waren für Fritz Blanke die Motivation, sich in der Gesellschaft einzubringen und ganz besonders Christen zu ermutigen, dies ebenfalls dort zu tun, wo sich ihnen in unserem demokratischen Staatwesen eine Möglichkeit gibt.

In seinem Brief an die Gemeinde in Ephesus schreibt der Apostel Paulus, nachdem er vom Glauben an den Herrn Jesus Christus und von der Liebe der Epheser gehört habe, er nicht aufhöre, für sie zu danken und an sie in seinen Gebeten zu denken. Paulus schreibt weiter, dass «… der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit, euch gebe den Geist der Weisheit und Offenbarung in der Erkenntnis seiner selbst. Er erleuchte die Augen eures Herzens…» Ich bin überzeugt, dass die Gemeindeglieder von Ephesus durch die Worte des Paulus ermutigt wurden.

Dankbarkeit und Nächstenliebe sind eigentlich klare Begriffe, die wir in unserem persönlichen Leben, aber auch in unserer Mitverantwortung in der Gesellschaft umsetzen können und sollen. Gott danken darf am Morgen nach dem Aufstehen beginnen und in den Herausforderungen des Tages begleiten.

Homepage von Heiner Studer: www.heinerstuder.ch