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Was müssen wir aus unserem Leben weglassen, damit wir wirklich leben? In einem Brainstorming der Arbeitsgruppe «Einfaches Leben» lernen wir kennen, wie jeder von uns auf unterschiedliche Weise auf diese Frage antwortet. Aber in der Vision, die Sehnsucht, die uns antreibt, finden wir uns recht schnell zusammen. Wir möchten sehr gerne Menschen sein, die großzügig Ressourcen teilen. Eigentlich. Wir möchten in dem Wahn nach immer mehr es irgendwann genug sein lassen. Eigentlich. Wir suchen nach Sinn und Fügung in allem was wir tun. Eigentlich. Der Selbst- und Fremdausbeutung radikal ein Ende setzen. Eigentlich.

Ehrlich werden und nach Haltungen suchen

Entlang persönlicher Sensibliliäten und Zugänge zum Thema fasst jeder von uns ein Mandat, an Grundlagen zur Kernfrage zu arbeiten. Abstand bekommen zu toxischem Konsumverhalten etwa. Interviews mit Menschen zu führen, die schon länger mit einfachem Leben unterwegs sind. Konkret darstellen, was es heißen könnte, in Christus genug und die Fülle zu haben. Den Zusammenhang zwischen Aktion und Kontemplation zu klären oder theologische Begründungen zu suchen, warum ein einfaches Leben dem Geist des Evangeliums entspricht.

Erst dann sind sorgfältige Grundlagen gelegt, zu einem schriftlichen Manifest zu kommen, das unserer ChristNet Vision entspricht. Erst dann können wir Gefässe des einfachen Lebens, Modelle einer konkreten Umsetzung vorschlagen.

Wer bei einem nächsten Treffen dabei sein möchte, kann gerne bei der Projektleitung nachfragen: silviagerber@hispeed.ch oder auf info@christnet.ch

Die Arbeitsgruppe sagt DANKE für die gute Moderation durch Silvia Gerber und Gastfreundschaft der Meiers im schönen Haus in Gasel.

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Interview mit Florian Glaser, Kirche für Konzernverantwortung
Das Interview wurde geführt von Susanne Meier-Fuchs

CN: Seit wann engagiert sich die Kirche für die Konzernverantwortungsinitiative?

FG: Die Initiative wurde aus kirchlichen Kreisen mitlanciert und diese sind auch heute noch tragend. So wurden beispielsweise in der Ökumenischen Kampagne 2016 von Fastenopfer, Brot für alle und Partner sein das Anliegen und die Initiative schon zum Thema gemacht und Unterschriften gesammelt – aber auch Methodisten, Adventisten und viele Kirchgemeinden waren damals schon aktiv. 2019 haben die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz, die Schweizer Bischofskonferenz, die Schweizerische Evangelische Allianz sowie der Verband Freikirchen Schweiz alle die Unterstützung der Initiative beschlossen.

CN: Warum ist die Konzerninitiative ein grosses Anliegen der Kirche?

Susanne Meier-Fuchs hat Florian Glaser für ChristNet befragt.

FG: Diese grosse Unterstützung macht deutlich, die Initiative gründet auf zentralen Anliegen der biblischen Botschaft und des christlichen Glaubens: Gerechtigkeit, Nächstenliebe und Bewahrung der Schöpfung. Die Kirche ist mit ihren Hilfswerken vor Ort in den Ländern der Dritten Welt, wo Schweizer Konzerne mit ausbeuterischen Tätigkeiten leider auch für Not sorgen. Es ist logisch, dass sie nicht nur das Leid mindern, sondern auch dafür sorgen wollen, dass Schweizer Konzerne ihre Verantwortung wahrnehmen.

Die Kirche engagiert sich in zahlreichen Projekten im Süden. Welche positiven Veränderungen erwartet ihr, wenn die Initiative umgesetzt ist?
Durch die Initiative können die Konzerne nicht weiter ihre Augen verschliessen vor den Auswirkungen ihrer Auslandtätigkeiten auf Mensch und Natur. Und wenn Konzerne wie Glencore Menschen von ihrem Land vertreiben oder Flüsse vergiften, müssen sie in Zukunft dafür geradestehen. Somit wirkt die Initiative präventiv und zur Wiedergutmachung im Schadensfall.

CN: Seit letzter Woche ist es klar, dass die Initiative nicht zurückgezogen wird und es im Herbst 2020/Frühjahr 2021 zur Abstimmung kommt. Hat Kirche für Konzernverantwortung dies erwartet?

FG: Die Initiant/-innen waren bis zuletzt Gesprächsbereit, aber es war klar, dass es ohne Haftungsregel nicht zum Rückzug führen kann. Die Konzernlobby hat sich schliesslich im Parlament in allen Punkten durchgesetzt, so kommt es jetzt zur Abstimmung.

CN: Seid ihr auf die Abstimmung vorbereitet?

FG: Ja. Die Unterstützung in der Bevölkerung ist sehr gross für das Anliegen. Es gibt über 350 Lokalkomitees mit über 13’000 Freiwilligen, Komitees von Wirtschaftsvertretern und bürgerlichen Politikern, die aufzeigen, dass Freiheit mit Verantwortung einhergeht und die Kirchen stehen mit einer sehr breiten Allianz dahinter. Wenn alle Unterstützenden in ihrem Umfeld für das Anliegen sensibilisieren, können wir die Abstimmung gewinnen.

CN: Kann man bereits etwas zu Eurem Engagement sagen?

FG: Kirchen, kirchliche Organisationen und sowie Einzelpersonen stehen aus ihrem christlichen Selbstverständnis heraus aktiv für die Initiative ein. In Kirchen werden Flyer aufgelegt und Plakate aufgehängt, welche die kirchliche Unterstützung ausdrücken und Kirchgemeinden hängen vor der Abstimmung Banner auf, um das Anliegen sichtbar zu machen. Viele Kirchgemeinden und Pfarreien planen auch Gottesdienste, wo sie die Themen Nächstenlieben und Bewahrung der Schöpfung aufgreifen. Daneben machen viele christliche Organisationen auch Newsletter oder Magazinbeiträge zur Information über die Konzern-Initiative.

CN: 8 Millionen stellt das Gegnerkommitee für den Abstimmungskampf zur Verfügung. Hat die Initiative ihrer Ansicht nach überhaupt eine Chance?

FG: Die Abstimmung wird umkämpft. Wie oben beschrieben, haben wir aber eine andere Ressource – die breite Unterstützung. Aber ja, wir brauchen auch Geld, um nicht unter der Vollplakatierung der Schweiz unterzugehen und die Leute informieren zu können.

CN:Wie politisch die Kirche sein darf, war ein grosses Thema im vergangenen Herbst. Viele, auch aktive Mitglieder der Landeskirche sind sehr wirtschaftsfreundlich und deshalb eher gegen die Initiative. Wie meistert ihr den Spagat zwischen eurem Engagement für Konzernverantwortung und dem nicht verärgern wollen dieser Mitglieder?

FG: Politisches Engagement der Kirchen geht aus ihren eigenen Quellen hervor – aus der Bibel und der sozialethischen Tradition. Der Schutz der Armen ist ein zentraler christlicher Auftrag – und dies muss die Kirche auch in der Politik einbringen. Die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz formulierte es in ihrem Statement zur Initiative so: «Die Wirtschaft soll dem Menschen dienen. Deshalb wird der Kirchenbund immer seine Stimme erheben, um die Schweiz an ihre Verantwortung für die Menschen im globalen Süden zu erinnern»

CN: Die Rolle von Christnet ist u.A. das Sensibilisieren für soziale Gerechtigkeit in verschiedenen Freikirchen. Die Konzerninitiative ist eines unserer Schwerpunktethemen bis zur Abstimmung. Können Sie sich eine Vernetzung/Zusammenarbeit mit den Freikirchen in verschiedenen Kantonen vorstellen? Oder gibt es diese bereits?

FG: Ja, das ist sogar sehr erwünscht. Einige sind auch schon aktiv: Die Evangelisch-methodistische Kirche, die Mennoniten oder auch die Heilsarmee sind sehr unterstützend und wie gesagt auch die SEA und Freikirche Schweiz. Ich wünsche mir sehr, dass die Freikirchen noch mehr dazu kommen. Wer in einer Freikirche aktiv werden will, darf sich sehr gerne bei mir/uns melden.


Kontakt
Florian Glaser
Kirche für Konzernverantwortung
glaser@kirchefuerkonzernverantwortung.ch
www.kirchefuerkonzernverantwortung.ch

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Am 25. März leitete Frankreichs Präsident Macron eine militärische Operation namens «Résilience» ein, um den Präfekten militärische Unterstützung in den Bereichen Gesundheit, Logistik und Schutz zu gewähren. Der Name dieser Operation ist kein Zufall, diese Vorstellung von resilienten Gesellschaften hat in der sozialwissenschaftlichen Forschung in letzter Zeit an Dynamik gewonnen. Dieser Wahn signalisiert auch die implizite Beobachtung einer zunehmenden Fragilität, die durch die immer komplexer werdende Gesellschaft hervorgerufen wird. Elastizität ist definiert als die Fähigkeit, Stösse zu absorbieren und zurückzuprallen. Diese Fähigkeit ist angesichts der Gefahren und Unsicherheiten des Lebens von grundlegender Bedeutung. Nach Krisen wie der Corona-Pandemie werden wir uns alle unserer Zerbrechlichkeit und der Ungewissheit von morgen voll bewusst. Fast alle Regierungen in der ganzen Welt versuchen, die Widerstandsfähigkeit ihrer Länder zu erhöhen oder zumindest den Anschein einer solchen Widerstandsfähigkeit zu erwecken.

Das Paradoxon der Resilienz

Wenn es einen paradoxen Begriff schlechthin gibt, dann ist es das Resilienz. Der Ökonom Hyman Minsky zeigt, dass finanzielle Stabilität zu einem übermässigen Selbstvertrauen der Wirtschaftsakteure führt. Dieses Übervertrauen führt dazu, dass sie immer unüberlegtere Risiken eingehen, bis hin zur Schaffung der Voraussetzungen für eine neue Phase der Instabilität. Dann führt die Instabilität zu einer Suche nach Stabilität, die sich langfristig verschlechtert, und so weiter. Gesellschaften entwickeln sich mit einer Erinnerung, die mit der Zeit verblasst. Wenn alle glauben, dass sie sicher sind, kommt plötzlich der Schock oder die Krise. Hier ist es nicht nützlich, zu glauben, dass man stark ist – es ist klüger, seine Grenzen und Schwächen zu erkennen, um die Widerstandsfähigkeit zu erhöhen. Wie kann ein dauerhaftes Bewusstsein für Grenzen geschaffen werden? Die Bibel gibt eine präzise Lösung für dieses Paradox der Verwundbarkeit, die sich unter einer falschen Stabilität verbirgt.

Stark in der Schwäche!

In der Bibel heisst es: «Wenn ich schwach bin, so bin ich stark.» (2. Korinther 12,10). In der Schwäche sind wir uns bewusst, wer wir wirklich sind. Kommt es bei der Resilienz auf ein Bewusstsein der Schwäche an, um Stösse besser zu absorbieren und zurückzuspringen? Nicht nur das! Sich seiner Grenzen voll bewusst zu sein, ist nur der erste Schritt zu mehr Widerstandsfähigkeit. Der zweite ist, sich der Hoffnung zu öffnen. Wenn uns bewusst wird, dass es nicht mehr möglich ist, uns nur auf unsere eigenen Fähigkeiten zu verlassen wie der verlorene Sohn, können wir unser Haupt zum Vater erheben. Er ist unsere Hoffnung. Er bietet uns nicht nur ein Leben nach dem Tod an, sondern auch die Möglichkeit, hier auf Erden durch Seine Kraft zu leben, wenn wir glauben, dass Jesus für unsere Sünden gestorben ist, und unser Leben ändern wollen, um Ihm zu folgen, indem wir uns auf Seinen Heiligen Geist verlassen. Unsere Freude kommt dann aus der Tatsache, dass wir uns die Worte aus Psalm 62,6-7 zu eigen machen können: «Ja, meine Seele, vertraue auf Gott, denn von ihm kommt meine Hoffnung. Ja, er ist mein Fels und meine Rettung, meine Festung: Ich lasse mich nicht erschüttern.» Gestärkt durch diese Hoffnung können wir unsere Umwelt und unsere Zeitgenossen beeinflussen. Wir sind Hoffnungsträger über Prüfungen, keine Krise kann uns unsere Freude nehmen, die unprätentiös bleibt, weil wir unsere grosse Schwäche und unsere grosse Stärke allein in Christus kennen. Das ist dauerhafte Resilienz!

Veröffentlicht unter der Überschrift „Grüsse“ in Christ Seul (Monatsmagazin der Evangelisch-Mennonitischen Kirchen Frankreichs), Nr. 1106, Mai-Juni 2020, www.editions-mennonites.fr.