Deutschland: Die Krise und die Werte

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Die Krise

Seit einiger Zeit befindet sich Deutschland in der Wirtschaftskrise. Gleichzeitig drohen immer mehr Grossunternehmen, ihre Arbeitsplätze ins Ausland zu verlegen, wenn nicht die Arbeitskosten gesenkt werden. Wie immer gibt es verschiedene Erklärungsmodelle für die Krise:

– Die einen sagen, die Arbeiter arbeiten zu wenig und bekämen zu viel. Und es sei viel zu leicht, gar nicht zu arbeiten, was die Ursache für die immer höheren Kosten der Sozialversicherungen sei.

– Die anderen weisen darauf hin, dass die Wirtschaft gar nicht mehr zum Ziel hat, Arbeitsplätze zu schaffen, sondern dass die Aktionäre ihre Unternehmen nur noch zu möglichst tiefen Kosten und hohen Gewinnen pushen. So fallen immer mehr Menschen aus dem Arbeitsleben raus.

Je nach Informationsmacht der Vertreter steht die eine oder die andere Theorie stärker in der Öffentlichkeit.

Die Werte

Die bei den bevorstehenden Wahlen favorisierte CDU spricht seit längerer Zeit davon, wieder nach „Werten“ politisieren zu wollen. Hier kommen die Bruchlinien in den Weltbildern zum Vorschein. Die Rechte (und auch viele konservative Christen) suggeriert, die Linke habe (ausgehend von den „68ern“) keine Werte mehr. Sie ignoriert, dass es einfach andere Werte sind, und zum Teil gar nicht schlechtere und wohl auch weniger materialistischere. Die Werte, die von der CDU in den Vordergrund gestellt werden, sind „Arbeit“ und „Verlässlichkeit“. Damit meint sie, sie sei näher bei den „christlichen Werten“.

An Letzterem habe ich meine Zweifel. Natürlich hält die Rechte gewisse moralische Werte wie Ehe höher, aber leider tut sie wenig zur Ermöglichung. Natürlich steht sie der Abtreibung kritischer gegenüber. Aber die generelle Berufung auf „christliche Werte“ scheint mir eher ein Abwehr- und Rückzugs-Reflex gegen die „Islamische Bedrohung“ zu sein als wirklicher Inhalt. Zum Inhalt der christlichen Lehre gehört nämlich auch die Solidarität und soziale Gerechtigkeit. Diese wird im Wahlprogramm der CDU mit Füssen getreten. Natürlich hat ihre berechtigte Sorge um Schaffung von Arbeitsplätzen mit Solidarität zu tun. Aber es werden zu viele desolidarisierende „Massnahmen“ zu einfach mit dem Label „Wirtschaftswachstum“ und hierfür „Entlastung der verschuldeten Sozialversicherungen“ etikettiert.

– Bei der Krankenversicherung soll statt der Einkommensabhängigen Prämie eine Kopfprämie eingeführt werden. Ob arm oder reich, alle zahlen gleich viel. Die Armen werden happige Aufschläge zu bezahlen haben.

– Die Allgemeinverbindlichkeit von Gesamtarbeitsverträgen soll aufgeweicht werden. Damit werden Arbeitskräfte „billiger“, es sollen damit mehr Arbeitsplätze geschaffen werden. Die entstehenden Arbeitsplätze werden aber kaum zum Leben reichen und oft von Polen besetzt sein, die noch weniger verlangen…

– Der designierte Finanzminister Paul Kirchhof hat auch schon die Einführung einer Flat Tax vorgeschlagen, also gleich viel Prozent Steuern ob arm oder reich.

Es wird suggeriert, dass diese Massnahmen nun halt nötig seien, um mehr Arbeitsplätze und Wachstum zu generieren, aber dass es dann später allen besser gehe. In den USA und England, die diese Politik seit 25 Jahren praktizieren, haben wir gesehen, dass das nicht funktioniert: die Armen sind ärmer geworden, der mittlere Arbeiterlohn ist in den USA seit 30 Jahren gleich geblieben, und die staatlichen Leistungen wurden gleichzeitig abgebaut. Die Arbeitslosenquoten sind zwar offziell gesunken, aber die Löhne der Armen reichen kaum zum Leben.

Diese Politik hat sich also als sinnlos erwiesen, denn Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik muss vor allem denjenigen dienen, die es am Meisten nötig haben. Offenbar geht aber die Politik der CDU nicht von dieser Maxime aus. Sie hat die Armen, die Solidarität und Gerechtigkeit kaum im Blickfeld. Ihre Maxime scheint einzig das Wachstum, also die Akkumulation von Reichtümern zu sein. Da dies biblisch falsch ist, ist es logisch, dass diese Werte ins Nichts führen. Sie wollen Arbeitsplätze nur über Wachstum generieren, statt über ein bewusstes Schaffen von Arbeitsplätzen durch Verzicht und Teilen. Was wir brauchen ist eine echte Veränderung der Herzen. Das betrifft auch die Aktionäre, die bereit werden müssen, Arbeitsplätze zu schaffen, auch wenn sie nicht einen maximalen Gewinn erzielen können. Die Politik der CDU zielt aber im Gegenteil darauf ab, die Gewinnmöglichkeiten zu entfesseln, indem die Kosten gesenkt werden. Egoismus wird legitimiert, Menschen sind nur noch Kostenfaktoren, ob sie dann genug zum Leben haben ist nicht wichtig.

Wir sind natürlich nicht der Meinung, dass die SPD-Regierung nun im Gegensatz zur CDU „die christlichen Werte“ vertritt. Wenn aber von christlichen Werten gesprochen wird, dann müssen auch die fundamentalsten Werte wie Nächstenliebe und Solidarität angesprochen werden. Wir müssen definieren, was eigentlich das Ziel der Politik ist. Reden von Werten wird sonst zum Etikettenschwindel. ChristNet hat bereits einige Texte dazu publiziert (siehe Website) und wird sich ab kommenden Winter vermehrt dem Thema der Werte und Ziele der Politik zuwenden.

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