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Ein erfolgreiches Gelingen der angestrebten Energiewende beruht gemäss der Schweizerischen Energie Stiftung (SES) auf drei Säulen: Erneuerbare Energien, Energie-Effizienz und Energie-Suffizienz.

Während erneuerbare Energien seit 40 Jahren im Gespräch und seit 20 Jahren als Teil der Lösung breit anerkannt sind und eingesetzt werden, gewinnt eine Verbesserung der Energie-Effizienz primär im Zusammenhang mit den neuerlichen Energiepreissteigerungen an Bedeutung, ist also kostengetrieben. Demgegenüber hat die Energie-Suffizienz in der öffentlichen Diskussion immer noch einen schweren Stand.

Offenbar wirkt das Wort «Suffizienz» abstossend. Gemäss Duden heisst es «ausreichend, genügend», es riecht aber nach Einschränkung oder Verlust. Und dies ist anscheinend mit der immer noch verbreiteten wirtschaftlichen Forderung eines notwendigen steten Wachstums unvereinbar. Auch in der Bevölkerung löst dieses Wort Ängste aus: Man befürchtet Einschränkungen beim Konsumieren oder fürchtet sich vor einer ungewissen Zukunft.

Das ist für den Bundesrat Grund genug, eine Politik zu verfolgen, die Energie zu jeder Zeit und in jeder Menge uneingeschränkt verfügbar halten will. Deshalb will er auch das bestehende Bauverbot für neue Kernkraftwerke aufheben. Und dies unter Beifall weiter Kreise der Bevölkerung!

Warum wir nicht mit weniger auskommen

Der unbedingte Wille, Energie uneingeschränkt verfügbar zu haben, zeichnet meines Erachtens ein bedenkliches Bild vom Zustand unserer Gesellschaft. Es scheint verbreitet akzeptiert zu sein, dass wir in der Schweiz weit über unsere Verhältnisse leben und bedenkenlos von Energie-Importen aller Art abhängen.

Dank unserer Kaufkraft beschaffen wir uns rund um den Erdball, was wir zu benötigen glauben. Das kommt uns billiger, als unsere eigenen natürlichen Ressourcen zu nutzen und entsprechende Infrastrukturen zu errichten. Wir betreiben damit aber modernen Kolonialismus und entziehen den wirtschaftlich schwächeren Ländern ihre Ressourcen – und das zu Spottpreisen. Das Ergebnis ist klar: Die Reichen werden reicher – die Armen werden ärmer! Solches Wirtschaften widerspricht zutiefst dem christlichen Verständnis von der Teilhabe aller am Wohlstand! Ein aktuelles Beispiel dafür sind die Diskussionen um den Lithium-Abbau in Serbien.

Der Energieverbrauch einer Gesellschaft hängt direkt mit der allgemeinen und persönlichen Lebens- und Wirtschaftsgestaltung ab. In diesem Bereich sind wir permanent einer intensiven Werbe-Berieselung ausgesetzt. Dank unserem verbreiteten Wohlstand vermögen wir es, den mannigfaltigen Verlockungen genüsslich zu erliegen. Sich diesen Versuchungen zu widersetzen, erfordert Kraft und ein Mindestmass an Bewusstsein für die Problematik, was nicht sehr verbreitet zu sein scheint.

Suffizienz-orientiertes Verhalten ist sowohl im privaten wie auch im geschäftlichen Bereich bislang weitgehend freiwillig. Es wird durch die derzeitigen ökonomischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht gefördert. Im Gegenteil, es gibt viele Anreize, die in eine andere Richtung führen. Diese entspringen dem dominierenden Gedanken der Wirtschaftsfreiheit und versprechen kurzfristigen Gewinn – und Genuss.

Was ist zu tun, um das zu ändern?

Eine nachhaltige Energiewirtschaft kann aber nicht ohne Energie-Suffizienz erlangt werden. Und diese wiederum ist ohne Verhaltensänderung im privaten wie im geschäftlichen Bereich nicht zu erreichen. Da Freiwilligkeit offensichtlich nicht ausreicht, wird die Politik für griffige Massnahmen sorgen müssen. Dies verbunden mit dem Ziel, den Energieverbrauch bei gegebenem Komfortstandard zu begrenzen.

Eine SES-Studie von 20231 skizziert einen Katalog von Vorschlägen für mögliche Massnahmen und beschreibt diese im Detail mit ihrer Wirksamkeit bzw. dem erwarteten Einsparpotenzial. Sie umfassen die Politikbereiche Energieversorgung, Mobilität, Konsum, Gebäude sowie Information/Sensibilisierung und betreffen die Energieformen Strom, Wärme, Treibstoffe und Graue Energie2 . Angesprochen sind Bund, Kantone, Städte, Gemeinden, Unternehmen und Private.

Zusammengefasst schlägt die SES-Studie folgende Massnahmen vor: Im Bereich Energieversorgung geht es um die Entkoppelung der Energieabsatzmenge vom Gewinn, progressive Energiepreise (das Gegenteil von Mengenrabatt), Verzichtsauktionen (Minderverbrauch gegenüber eines im Voraus vereinbarten Verbrauchsziels kann an andere Unternehmer, welche Mehrverbrauch hatten, weiterverkauft werden), Lenkungsabgaben, Stromsparbonus bzw. -malus sowie Effizienzvorgaben an Energieversorgungsunternehmen.

Bei der Mobilität ist Mobility-Pricing beim öffentlichen und beim Individualverkehr nötig, eine Raum- und Stadtplanung der kurzen Wege – die berühmte 15-Minuten-Stadt, in der man alle wichtigen Ziele in 15 Minuten erreicht –, vermehrte Telearbeit (Home Office) und Coworking Spaces – gemeinsam nutzbare Büros; beim Flugverkehr müssen Fehlanreize wie Befreiung von Mehrwert- und Kerosinsteuer beseitigt und Alternativen, z.B. Nachtzüge, vergünstigt werden. Schliesslich ist der Pendlerabzug in der Steuererklärung zu hinterfragen.

Beim Konsum müsste die Lebens- und Nutzungsdauer von Produkten verlängertwerden, sie sollten repariert statt ersetzt werden. Energieaufwendige Werbemittel sind einzuschränken.

In Sachen Gebäudepark geht es darum, den Verbrauch grauer Energie zu minimieren, ganz nach dem Motto: mehr sanieren als abreissen, Bauteile wiederverwenden und den Wohnflächenbedarf pro Person reduzieren.

Im Bereich Information/Sensibilisierung sind Sensibilisierungskampagnen gefragt und für die Verbraucher nachvollziehbare Feedbacks zu ihrem Energieverbrauch.

Weniger kann mehr sein

Die hier aufgeführte Studie beruht auf europäischen Datenbanken, die seit 2021 aktualisiert werden. Sie wurden für die Schweiz analysiert, es wurde eine Selektion nach ihrer potenziellen Wirkung sowie der politischen und gesellschaftlichen Umsetzbarkeit vorgenommen.

Seither laufen in verschiedenen Fachkreisen fruchtbare Diskussionen, die zeigen, dass es noch viele andere einfache Möglichkeiten zum Einsparen von Energie gibt, die teilweise sogar gleichzeitig zu einer erhöhten Lebensqualität führen können.

Es bleibt zu hoffen, dass von der Politik bald zielgerichtete Rahmenbedingungen vorgegeben werden. So kann eine gesellschaftliche Verhaltensänderung und eine allmähliche Anpassung der Lebensgestaltung erreicht werden, bei der wir mit weniger Energie besser auskommen.

1. https://energiestiftung.ch/studie/studie-zu-wirksamen-energiesuffizienzmassnahmen

2. Graue Energie ist die Summe jener Energien, die in Produkten und Gütern stecken – von der Herstellung und dem Transport bis hin zur Entsorgung; sie steht für eine ganzheitliche Betrachtung des Energieaufwandes über den ganzen Lebenszyklus hinweg.


Dieser Artikel erschien erstmals am 1. November 2024 auf Forum Integriertes Christsein

Foto von John Cameron auf Unsplash

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In der Wintersession im Bundeshaus wurde bei der Armee aufgestockt und bei der Umsetzung des Klimaschutz-Gesetzes massiv gekürzt. Klimalösungen sind aber trotz bremsender Mehrheiten weiterhin gefragt. Wenn sogar kleine Schritte blockiert werden, wie sollen dann die grossen Schritte eine Chance haben?

Wenn sogar ein Land wie die Schweiz beim Klimaschutz spart, wer soll dann vorangehen? Wenn sogar kleine Schritte blockiert werden, wie sollen dann die grossen Schritte eine Chance haben?

Ein Gedankenexperiment kann uns mit diesen Fragen helfen. Stellen wir uns vor, wir können mit einer Zeitmaschine ins Jahr 2100 reisen. Dort angekommen, stellen wir überrascht fest, dass die Welt das Klimaproblem doch noch gelöst hat. Wir fragen die Menschen der Zukunft: «Wie ist denn das bloss gegangen?» Wahrscheinlich wären wir von jeder möglichen Antwort überrascht. Die grosse Frage ist aber: Welche Antwort auf diese Frage würde uns am wenigsten überraschen?

Dem Nächsten wirkungsvoll dienen

Diese Frage ist zentral – und zwar ganz besonders, wenn sich die Klima-Politik anderen Prioriäten unterordnen muss. Wir müssen nicht nur voll heiligem Zorn die Bremser in der Klimapolitik anprangern. Sondern: wir müssen mit der gleichen Leidenschaft fragen, was denn unsere Nachfahren auch dann vor Klimagefahren schützen würde, wenn diese Bremser weiterhin in der Mehrheit bleiben.

Das ist letztlich eine sehr christliche Perspektive: wir rechnen fix mit dem Bösen in dieser Welt und richten unsere ganze Energie darauf, wie wir unseren Nächsten auch unter diesen Umständen wirkungsvoll dienen können.

Wenn ich im Jahr 2100 hören würde, dass die Menschheit die Klimakurve doch noch gekriegt hat, würde mich folgende Erklärung am wenigsten überraschen: Es gab ein paar Länder und Individuen, die mit grossem Einsatz saubere Technologien so sehr verbilligt haben, dass alle andern freiwillig auf diese sauberen Technologien umgestellt haben.

Null Emissionen

Die Anforderungen an eine Klimalösung sind ja schliesslich enorm: die Emissionen müssen auf Null. Wie aber sollen sie auf Null sinken, ohne dass sie jedes einzelne Land und jede einzelne Person auf Null senkt? Die Tatsache, dass es genaugenommen Netto-Null ist, lässt zwar ein bisschen Spielraum, aber über den Daumen gepeilt ist das immer noch Null. Wenn aber nicht mal ein Land wie die Schweiz zu kleinen Schritten bereit ist, wie soll dann ein Land wie Rumänien oder gar Indien zu grossen Schritten bereit sein?

Die Tragödie scheint perfekt: alle müssen auf Null – aber eine Lösung, bei der alle mitmachen, werden wir nie finden. Der Beweis dafür ist, dass nicht mal diejenigen mitziehen, die für grosse Schritte prädestiniert wären – wie unser eigenes Land.

Zeichen der Hoffnung

Doch es gibt Hoffnung. Es müssen zwar tatsächlich alle das gleiche Null-Ziel erreichen. Das heisst aber nicht, dass alle den gleichen Effort machen müssen. Emissionsreduktionen ≠ Effort. Willige Länder und Individuen können den Effort anstelle von andern übernehmen – sogar, wenn sie in der Minderheit sind.

Wie geht das konkret, dass im globalen Klimaschutz «einer des andern Last trägt»? Der erste – und weniger wichtige – Weg besteht darin, Emissionsreduktionen im Ausland zu finanzieren. Der zweite – und viel wichtigere – Weg besteht darin, enorm viel Geld, Zeit, Energie und politisches Kapital in die Verbilligung von emissionsfreien Technologien zu stecken, damit diese so attraktiv werden, dass sie alle andern freiwillig einsetzen. In einigen Bereichen sind saubere Technologien zwar einsatzbereit, aber noch so teuer, so dass sie wieder von Menschen, die in Armut leben, noch von jenen, die in Geiz leben, in grossem Ausmass verwendet werden. In anderen Bereichen sind unverzichtbare Technologien noch kaum einsatzbereit, so zum Beispiel im Bereich Stahl, Zement, Flugverkehr, kultiviertes Fleisch oder negative Emissionen.

Saubere Technologien attraktiv machen

Wer auf eine Klimalösung brennt, sollte nicht lange um die Frage kreisen, ob man seinen fairen Anteil auch dann beitragen sollte, wenn die anderen nicht mitziehen. Die zentrale Frage lautet vielmehr: Wie kann ich über meinen fairen Anteil hinaus dazu beitragen, die Mitmenschen in Armut vor Klimakatastrophen zu schützen? Die eigenen Emissionen immer tiefer unter Null zu drücken, führt nicht ans Ziel – damit können die Verzichtsbereiten die Emissionen der Unwilligen niemals wettmachen. Der indirekte Weg hingegen könnte funktionieren: die sauberen Technologien so attraktiv machen, dass sich diese Technologien von selbst in reichen und armen Ländern verbreiten. Bei reichen Ländern ist das Hindernis zur Verwendung der jetzt schon vorhandenen sauberen Technologien ein materialistischer Egoismus, bei armen Ländern ist es hingegen der berechtigte Willen dank den billigstmöglichen Technologien der Armut schneller zu entkommen. In beiden Fällen können wir das Hindernis zu überwinden helfen.

Bei den Armen und Geizigen ansetzen

Das wäre zwar in vieler Hinsicht unfair für die Verzichtsbereiten, die den ganzen technologischen Fortschritt finanzieren. Aber es ist eine der wenigen Strategien, die letztlich auch ohne Mehrheiten Resultate liefern könnte. Wir müssen aufhören, Klimaschutz primär als die Verringerung des eigenen Fussabdrucks zu sehen. Unsere Hauptaufgabe besteht darin, dort anzusetzen, wo wir Hebelwirkung haben: nämlich andern – den Menschen in Armut und den Geizigen – die Verringerung ihres Fussabdrucks zu vereinfachen.

Dieser Artikel erschien erstmals in den oeku-Nachrichten 2/2021 und wurde von ChristNet aktualisiert, da das Thema an sich nichts an Aktualität eingebüsst hat.

Foto von Marcin Jozwiak auf Unsplash

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Das Referat von Debora Alder-Gasser kann man hier herunterladen.


In der «1h Eco-Runde» vom 26. November 2024, einem Online-Format von Eco Church Network, sprachen David Hachfeld von Public Eye und Debora Alder-Gasser von TEIL über die zahlreichen Missstände in der Textilindustrie. Während Hachfeld betonte, es herrsche in der Branche ein «System der organisierten Verantwortungslosigkeit», lud Alder-Gasser die Teilnehmenden dazu ein, die eigenen Gewohnheiten bezüglich Kleiderkauf zu reflektieren.

In der Schweiz kauft jede und jeder im Durchschnitt 50–70 Kleidungsstücke und sechs Paar Schuhe pro Jahr. Viele davon werden kaum getragen, sondern landen im Müll oder in der Kleidersammlung. Die gespendete Ware ist meist von schlechter Qualität, was zu zahlreichen, oft illegalen Müllhalden im globalen Süden beiträgt. «Wir steuern auf eine Riesenkatastrophe zu«, meint Hachfeld. Viele Textilien werden aus Plastik und fossilen Rohstoffen hergestellt, was die Klimakrise verschärft. Hinzu kommt die grosse Menge an Pestiziden, die namentlich auf Baumwollplantagen eingesetzt wird. Diese sind nicht nur für die Umwelt, sondern auch für die Arbeiterinnen auf den Plantagen extrem schädlich.

«Der Kampf der Arbeiterinnen läuft immer wieder vor eine Mauer»

In der Textilindustrie herrschen bekanntlich sehr schlechte Arbeitsbedingungen, führt Hachfeld weiter aus. In Ländern wie China, Bangladesch, Türkei und Indonesien verdienen die Arbeiterinnen und Arbeiter nur ca. 400 Dollar pro Monat. Die betroffenen Menschen protestieren und vereinen sich in Gewerkschaften, da der Lohn mindestens dreimal so hoch sein müsste, um ein Leben in Würde zu leben. Doch die mächtigen Grosskonzerne nutzen die begrenzten Möglichkeiten der Zivilgesellschaft gnadenlos aus. Hachfeld nennt es ungeschönt ein «System der organisierten Verantwortungslosigkeit». Genau da setzt die Organisation Public Eye mit ihren Aktionen an: durch die Sensibilisierung der Öffentlichkeit soll das perfide Profitsystem der Konzerne offengelegt werden, damit diese gerechte und nachhaltige Praktiken umzusetzen beginnen.

Die wirkliche Ursache des Problems

10 % des CO2-Ausstosses geht auf Kosten der Textilindustrie und jede Sekunde wird eine Ladung von Textilien auf eine Müllhalde geworfen. Doch was sind die Ursachen dafür, fragt sich Alder-Gasser: der Überkonsum? die schlechte Qualität der Kleider? die fehlenden gesetzlichen Rahmenbedingungen? oder alles davon ein bisschen? In den Augen der Berner Stadträtin gibt es eine tieferliegende Ursache, und zwar in den Gewohnheiten, wie wir Kleider konsumieren. Denn viele wissen zwar, dass dieser Konsum nicht nachhaltig ist, doch kaufen sie wie immer weiter ein. «Darum sollten wir mehr über unsere Gewohnheiten ins Gespräch kommen», meint Alder-Gasser.

TEIL

Mit dem Projekt TEIL, das sie mitbegründet hat, möchte Alder-Gasser ein Teil der Lösung sein und das kreislaufwirtschaftliche Denken fördern. Das Geschäft in der Berner Innenstadt ist wie eine «Bibliothek», aber für Kleider: Mit einem Abo kann man sich Kleider ausleihen. Das ist eine von vielen Möglichkeiten, konkret und persönlich etwas Gutes in Richtung Nachhaltigkeit zu tun. In der Praxis ist es jedoch oft schwieriger, wie Alder-Gasser aus ihrer Projekterfahrung berichtet. Es mangelt nicht an Zustimmung für das Projekt, doch die grösste Hürde liegt in der konkreten Veränderung des Konsumverhaltens. Rhetorisch schliesst sie ihren Impulsvortrag mit der Frage, was wir ändern können, und schlägt Ideen vor, wie das Abbestellen von Newslettern, die uns Schnäppchen zu einem hohen Preis für Mitmenschen und Umwelt bieten.

Die «1h ECO-RUNDE» ist ein regelmässiges stattfindendes Online-Format von Eco Church Network, ein Projekt von StopArmut. Ziel ist es, einen kurzen Impuls zu jeweils einem ökologischen Aspekt zu erhalten, Ideen auszutauschen und sich gegenseitig zu inspirieren, damit es nicht nur beim Wissen bleibt.

Mehr Informationen

www.publiceye.ch/de/themen/mode
www.teil.style
Zum Referat von Debora Alder-Gasser

Dieser Artikel erschien erstmals auf www.stoparmut.ch und wurde von ChristNet leicht bearbeitet.

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~ 3 minDas Schweizer Volk stimmt am Sonntag, 24. November 2024 über den Ausbau der Nationalstrassen zur Verkehrsentlastung und Stauvermeidung ab. Doch sind mehr Strassen die beste Option gegen die Verkehrsüberlastung in den Ballungsräumen? Braucht es nicht viel eher eine Wende hin zu kombinierter Mobilität, um das Problem längerfristig in den Griff zu bekommen?

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Das Hauptargument der Biodiversitätsinitiative, über die das Schweizer Volk am 22. September 2024 abstimmt, beschäftigt sich mit der Vielfalt der Arten und Lebensräume als Lebensgrundlage des Menschen. Dieser Satz klingt zuerst etwas übertrieben. Doch in den ersten Versen der Bibel finden wir eine Geschichte, welche diese Aussage bestätigt.

In der Schöpfungsgeschichte in Genesis 1, 1–31 lesen wir, wie Gott Tag für Tag die Grundlagen für menschliches Leben legte. Zuerst erschuf er das Licht. Dann trennte er Wasser und Land. Danach folgten die Bepflanzung des Landes und die Bildung der Gestirne am Himmel. Anschliessend belebten Vögel, Fische und Landtiere die noch junge Erde. Als der Mensch als Höhepunkt der Schöpfung dazu stiess, fand er einen perfekten Lebensraum vor. Es mangelte weder an Nahrung noch an sauberem Trinkwasser. Der Boden war fruchtbar und die Luft war rein. Es wimmelte von einer unglaublichen Vielfalt an Tieren und Pflanzen. Für Naturschützende heute wäre dieser Zustand wohl das absolute Ideal.

Abhängigkeit von der Natur
Selbstverständlich gibt es kein Zurück zu diesem Garten Eden-Zustand der Schöpfung und auch die Biodiversitätsinitiative spricht von keinem Ideal, das unbedingt erreicht werden muss. Die Initiative und Schöpfungsgeschichte erinnern uns aber daran, dass der Mensch direkt von der Natur und deren Zustand abhängig ist. Je artenreicher die Lebensräume sind, in denen sich der Mensch bewegt, desto einfacher gestaltet sich zum Beispiel die Ernährung. Über Jahrtausende hinweg hat der Mensch kulturelle Praktiken entwickelt, die den Anbau und die Vermehrung von Pflanzen sowie die Haltung von Tieren vereinfachen. Die gesamte Landwirtschaft, Imkerei, Fischerei und Forstwirtschaft beruhen auf diesem sogenannten technologisch-ökologischen oder biokulturellem Wissen, dass über Generationen weitergegeben wird. Der Verlust von Biodiversität hat somit auch den Verlust von uraltem Wissen über die Zusammenarbeit mit der Natur zur Folge. Dieses Wissen brauchen wir jedoch zwingend, zum Beispiel um gute Anpassungsstrategien an den Klimawandel zu entwickeln.

Gottes Auftrag missachtet

«Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch, und füllt die Erde, und macht sie ⟨euch⟩ untertan; und herrscht über die Fische des Meeres und über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf der Erde regen!» (EBF, Genesis 1, 28).

Der Mensch hat also den unmissverständlichen Auftrag erhalten, sich die Erde untertan zu machen und über die Pflanzen und Tiere zu herrschen. Ein guter Herrscher sorgt sich aber um seine Untertanen und beutet sie nicht für selbstgefällige Zwecke aus. Die Schweiz weist dank ihrer Topografie 160 Lebensraumtypen und 56‘ 009 einheimische Arten vor. Leider misst das Alpenland diesem Arten- und Lebensraumreichtum zu wenig Wert bei. Gemäss Bundesamt für Umwelt sind von 10‘844 einheimischen Arten, deren Gefährdung bewertet wurde, 35 Prozent gefährdet oder bereits ausgestorben. Von den 160 Lebensraumtypen sind 48 Prozent bedroht und die wenigstens stehen unter Schutz. Die Schweiz bildet somit das Schlusslicht bei den Schutzgebieten im Vergleich zu unseren Nachbarländern und weist eine deutlich höhere Gefährdung der Tier- und Pflanzenarten vor. Der Verlust an Biodiversität in der Schweiz zeigt auf, dass die Bevölkerung dem Auftrag Gottes zum sorgsamen Herrschen nicht nachkommt.

Sorgsame Herrscher werden
Mit der Annahme der Biodiversitätsinitiative am 22. September 2024 würde die Schweizer Bevölkerung der Biodiversität den Wert zurückgeben, der ihr seit Anbeginn der Zeit zusteht. Denn jedes Lebewesen besitzt einen inhärenten Wert, der respektiert werden muss. Das Volk würde mit einem JA an der Urne seine Lebensgrundlage schützen, biokulturelles Wissen bewahren und die Rolle des sorgsamen Herrschers über die Schöpfung endlich wahrnehmen. Als Christen haben wir zudem die Verantwortung, unsere Mitmenschen stets an diesen Auftrag zu erinnern. Die Initiative ist für alle eine Ermutigung, im Alltag konkrete Massnahmen für den Biodiversitätsschutz umzusetzen und den Lebensstil nachhaltiger zu gestalten, um die Erde in ihrer Vielfalt und Fülle für kommende Generationen zu bewahren.


Quellen
Argumente, Faktenblatt Biodiversität: www.biodiversitaetsinitiative.ch (Stand: 18. August 2024)
Fragen und Antworten: www.biodiversitaetsinitiative.ch (Stand: 18. August 2024)
Elberfelder Bibel, Genesis 1, 1–31
Positionspapier der AKU: Ein Ja zur Biodiversität ist ein Ja zu Gottes Schöpfung | Each
Stellungnahme der Christ:innen für Klimaschutz

Foto: Knut Burmeister

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Am 9. Juni 2024 stehen zwei richtungsweisende Volksentscheide zu den Gesundheitskosten an. Dabei stellen sich folgende Fragen: Wie soll der Anstieg der Gesundheitskosten gebremst werden? Welcher Anteil der Gesundheitskosten soll den Einzelnen, vor allem den ärmeren Familien, aufgebürdet werden?

Das ChristNet-Forum vom 9. März 2024 hat aufgezeigt, dass die Ursachen der Steigerung der Gesundheitskosten (und damit der Krankenkassenprämien) sehr vielfältig sind: Von der Alterung der Gesellschaft über die höhere Anspruchshaltung und die ungesundere Ernährung bis hin zu den Profitinteressen vieler Beteiligter tragen zahlreiche Aspekte dazu bei und könnten (teilweise) verändert werden. Die Kostenbremse-Initiative der Mitte stört sich zu Recht an der ungenügenden Aktivität der Politik, die Kosten einzudämmen. Sie schlägt vor, ab einer Steigerung der Gesundheitskosten von über 20 % des Lohnwachstums den Bund – das Parlament also — zu verpflichten, die Kosten entsprechend zu senken. Sie zählt dabei viele Beispiele auf, wie nach einem Bericht des Bundes die Kosten bis zu 20 % gesenkt werden könnten.

Die Kostenbremsen-Initiative: Bei den aktuellen Machtverhältnissen trifft sie die Falschen

Nur: Dasselbe Parlament, in dem die Mitte meist das Zünglein an der Waage und damit die Mehrheitsbeschafferin ist, lehnt regelmässig die Vorlagen zur Kostensenkung ab. Insbesondere die von der Initiative genannten Medikamenten- und Generikapreise sind von der Mitte bisher kaum angetastet worden, da ihr Parteiprogramm sehr wirtschaftsfreundlich ist. Es ist also schwierig zu glauben, dass das Parlament genau in den von der Initiative genannten Bereichen die Kosten tatsächlich reduzieren wird. Bei den aktuellen Machtverhältnissen im Parlament ist davon auszugehen, dass an anderen Orten gespart wird: Druck auf die Kosten der Leistungen heisst meist Druck auf die Angestellten des Gesundheitswesens, vor allem auf das Pflegepersonal, das bereits heute unter extremem Druck steht. Selbstverständlich werden mit der Initiative auch Forderungen zur Erhöhung des Selbstbehalts und zur Reduktion des Leistungskatalogs in den Raum gestellt. Beides trifft vor allem die weniger begüterten und gesundheitlich angeschlagenen Menschen. Bereits heute ist die Schweiz unter den OECD-Ländern auf Rang 9 von 38, was die Bezahlung der Gesundheitskosten (in %) aus dem eigenen Sack angeht.

Ohne eine Veränderung der Perspektive des Parlaments von der Schonung der Wirtschaftakteure hin zu den Bedürfnissen der Benachteiligten ist der Ansatz der Initiative für finanziell und gesundheitlich unter Druck stehende Menschen eine grosse Gefahr. Denn die möglichen Einsparungen, die sie unter dem aktuellen Kopfprämien-System machen können, werden kaum die Nachteile für sie aufwiegen.

Die 10 %-Initiative ist bitter nötig

Einsparungen sind noch in weiter Ferne und werden höchstens den Prämienanstieg bremsen, aber sicher nicht langfristig die Prämien senken können. Es braucht deshalb auch dringend die Plafonierung der Prämien pro Familie auf 10 % des Einkommens, wie es bereits der Kanton Waadt erfolgreich vormacht. Denn die am stärksten betroffenen Familien können nicht warten, bis sich irgendwann das Prämienwachstum verlangsamt. Sie sind bereits heute stark unter Druck. Der Anteil der Kinder, die in Armut leben, lag bereits im Jahr 2021 laut der neusten UNICEF-Studie in der Schweiz bei 18 % und ist im Steigen begriffen, während sie in den nordischen Staaten bei 10 % liegt und in den meisten Ländern sinkt. Laut dem aktuellen Familienbarometer ist der Anteil der Familien, die sehr wenige finanzielle Mittel haben, wegen der allgemeinen Teuerung (in der die Krankenkassenprämien noch nicht einmal eingerechnet sind) vom Jahr 2023 auf 2024 nochmals angestiegen. Wir müssen also dringend handeln und zwar gezielt zu Gunsten der armen Familien. Das bisherige System der Prämienzuschüsse genügt bei weitem nicht, im Gegenteil: der Betrag für die einzelnen Empfänger wurde in 17 von 26 Kantonen während der vergangenen 10 Jahren gekürzt.

«Löst das Problem nicht» ist ein absurdes Argument

Ja, die 10 %-Initiative löst das Problem der steigenden Gesundheitskosten nicht, aber doch die problematischen Auswirkungen und grössten Nöte. Um das geht es doch eigentlich!
Wir müssen in der komplexen Diskussion um das Schweizer Gesundheitswesen wegkommen vom unlogischen Entweder-oder-Denken: Keine Massnahme löst alle Probleme. Wir müssen auf vielen verschiedenen Ebenen ansetzen. Und als Christinnen und Christen muss unser Fokus auf denjenigen Menschen liegen, die finanziell am meisten unter Druck stehen. Es gilt zu analysieren, was diesen am besten hilft. Dies heisst heute konkret:

  1. Plafonierung der Prämien auf 10 % des Einkommens durch Annahme der 10 %-Initiative
  2. Kosten senken, wo es wirklich einschenkt und wo die gesundheitlich oder materiell Benachteiligten nicht noch stärker unter Druck kommen -> das heisst zum Beispiel Mut zur Beschneidung von Gewinninteressen (Pharmaindustrie, Privatspitäler etc., deren Interessenvertretung im Parlament aktuell stark vertreten ist).
  3. Neue Konzepte zur Kostensenkung und für einfachere Pflegemodelle wie z.B. Buurtzorg.
  4. Stärkere Investition in die Prävention, bei der die Schweiz massiv hinterherhinkt und wo gar die Förderung von Rauchen durch Werbung noch erlaubt ist, und in den Breitensport.

Foto von Phil Scroggs auf Unsplash

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An der StopArmut-Konferenz vom 6. April 2024 wurde die Ge-Na-Studie vorgestellt, die die Einstellungen der Christinnen und Christen zur sozialen Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit untersucht hat. Sechs Persönlichkeiten aus Kirche und Politik kommentierten die Studie. Darunter auch ChristNet-Autor und A-Rocha-Präsident Steve Tanner.

Haben Sie schon Ihren Elektroschock-Moment bezüglich Klima erlebt? Der Moment, in dem Ihnen klar wurde, dass es ernst ist und dass Sie sich engagieren und Ihre Gewohnheiten ändern müssen? Dass die Lebensqualität unserer Kinder davon abhängt? Ich erlebte einen solchen Moment am 2. Juni 2007 anlässlich einer von der Schweizerischen Evangelischen Allianz organisierten Klimakonferenz, bei der ein Professor für Klimatologie einen meisterhaften Vortrag über die Klimawissenschaft hielt und ein Theologe die biblische Grundlage für das Handeln lieferte. Das hat mich beeinflusst.

2007 war bereits alles klar:

  • Die Ursachen der Erwärmung: vom Menschen verursachtes CO2.
  • Die schwerwiegenden Folgen für Ökosysteme und Menschen.
  • Das Verständnis für Gottes Aufruf, sich um das Klima zu kümmern.

Seither ist die Welt aktiv geworden, Christen haben das Thema ernst genommen. Aber wir gehen nicht schnell genug voran, um aus den fossilen Brennstoffen auszusteigen, weil wir unsere Privilegien nicht aufgeben wollen und Angst vor Veränderungen haben.

Mein Ziel hier ist es, für die Christen und die Kirchen drei Fragen zu beantworten:

  1. Wo stehen wir in unserem Einsatz für das Klima?
  2. Welche Hindernisse hindern uns daran, Fortschritte zu machen?
  3. Was motiviert uns, uns mehr zu engagieren?

Die Ge-Na-Studie gibt interessante Einblicke in unser Handeln für das Klima. Zunächst einmal hat sie gezeigt, dass dies für Christinnen und Christen ein mittleres Anliegen ist. Welche Bedeutung hat das? Dass das Problem nicht so ernst ist? Oder auf dem besten Weg zur Lösung?

Bei den vorrangigen nachhaltigen Zielen für eine nachhaltige Entwicklung der UNO (SDG) gab es Unterschiede zwischen schwach praktizierenden Christen, für die das Klima an dritter Stelle steht, und stark praktizierenden Christen, für die es an fünfter Stelle steht.

Es scheint, dass je praktizierender man ist, desto weniger das Klima eine Priorität darstellt. Wir müssen versuchen zu verstehen, warum das so ist.

Die Ge-Na-Studie hat gezeigt, dass bestimmte theologische Haltungen das Klimaschutzhandeln bremsen können. Die erste ist: «Die Idee der Neuschöpfung der Welt hat einen negativen Effekt auf das nachhaltige Verhalten der Befragten.» Das Evangelium, z. B. Lukas 15,11, in dem es um Geld geht, erinnert uns daran, dass Gott daran interessiert ist, wie wir mit irdischen Dingen umgehen, selbst wenn diese Dinge vergehen werden. Wenn wir unfähig sind, uns um diese Erde zu kümmern, wird der Herr uns dann seine neue Schöpfung anvertrauen?

Ein weiteres theologisches Ergebnis der Studie ist interessant: „Christen, die an einen Gott glauben, der die Ereignisse in der Welt kontrolliert, verhalten sich weniger nachhaltig und sind weniger besorgt über den Klimawandel“.

Gott ist allmächtig, aber dennoch befiehlt er uns, in seinem Namen zu handeln, wie Matthäus 28,18 in Erinnerung ruft. Sich hinter der Allmacht Gottes zu verstecken, um nicht zu handeln, ist also kein Zeichen von Frömmigkeit, sondern von Ungehorsam. Dies zeigt, wie wichtig eine Theologie der „Schöpfungsfürsorge“ ist, die in unseren Kirchen gepredigt wird. Während 65% der Protestanten schon einmal eine Predigt zum Thema Nachhaltigkeit gehört haben, haben nur 45% der Evangelikalen eine solche Predigt gehört, berichtet uns die Studie.

Ich möchte mit drei Prinzipien fortfahren, die sich jeder zu eigen machen kann, um etwas für das Klima zu tun. In einem ersten Schritt geht es darum, unsere CO2-Bilanz zu erstellen, um die großen CO2-Verursacher in unserem Leben zu identifizieren. Das hilft uns, die richtigen Prioritäten zu setzen.

Zweitens ist es genauso wichtig, die Gewohnheiten zu ändern wie neue Technologien einzusetzen. Der Umstieg auf ein Elektroauto ist gut, aber wir sollten es auch weniger benutzen und ein kleineres Auto wählen. Schliesslich sollten wir kollektive Massnahmen genauso unterstützen wie individuelle umsetzen, denn beides ist notwendig. Dies ist in evangelikalen Kreisen, die oft die individuelle Freiheit auf Kosten kollektiver Massnahmen verteidigen, nicht selbstverständlich.

Leichter zu lösen als Probleme wie Krieg und Korruption

Seit 2007 hat unsere Familie einen Prozess zur Reduzierung der CO2-Emissionen eingeleitet.

  • Wohnen: Ölheizung durch Solar- und Holzheizung ersetzt und das Haus isoliert.
  • Mobilität: öffentliche Verkehrsmittel, starke Reduzierung von Flugreisen, Elektroauto.
  • Essen: weniger Fleisch, lokaler und saisonaler Konsum.

Unser Familien-CO2 ist stark gesunken, auf weniger als 4 Tonnen pro Person (Schweizer Durchschnitt 10 Tonnen), ohne die Lebensqualität einzuschränken oder unsere Kosten zu erhöhen. Es ist also möglich, unsere Emissionen zu reduzieren. Die Klimakrise ist leichter zu lösen als andere menschliche Probleme wie Kriege oder Korruption. Die erforderlichen Anstrengungen sind überschaubar, aber die positiven Auswirkungen auf unsere Zukunft sind enorm.

Als Christen haben wir drei starke Motoren, die uns voranbringen:

Liebe → Sie zeigt sich in Taten. Jesus sagt: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.
Gehorsam → Verantwortung treibt zum Handeln. Handeln bedeutet nicht, an der Macht Gottes zu zweifeln, sondern treu unseren Teil zu tun, im Glauben, dass er den seinen tun wird.
Hoffnung → Der Glaube an die Zukunft führt zum Handeln. Mit Hoffnung zu leben, lässt uns in den Wandel eintreten. Es gibt keine Opfer mehr, sondern neue Möglichkeiten.

In einer oft hoffnungslosen Welt ist das Handeln für das Klima für uns Christen eine Gelegenheit, zu zeigen, von welchem Gott wir leben: von einem Gott der Hoffnung und der Liebe. Also: Tun wir es!

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~ 5 minMacht der Glaube einen Unterschied? Ja, Christinnen und Christen, die eine Verbindung zwischen Theologie, Spiritualität und Gerechtigkeit sowie Nachhaltigkeit herstellen können, verhalten sich nachhaltiger.

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Jesus-Nachfolge, Mission und Evangelisation werden oft mit dem Ruf „zu allen Völkern gehen“ (Mt 28,19-20) verbunden. Gleichzeitig ist das Thema Ökologie heute en vogue. Steht der Missionsauftrag der Ökologie diagonal gegenüber? Drängt die Ökologie den Hauptauftrag der Christen in den Hintergrund? Ein Blick in die Vergangenheit kann uns helfen, diese Fragen zu klären.


Wer ist Jesus?

Von Anfang an hat die Kirche damit gerungen, wer Jesus genau ist, dem sie nachfolgt und dessen Reich sie verkündet. Eine der ersten Fragen lautete: War dieser Jesus ein – möglicherweise guter – Mensch, oder war er Gott? Nach über 400 Jahre langem, hartem Ringen hat die frühe Kirche – vereinfacht formuliert – über Jesus von Nazareth gesagt: Er ist ganz Gott und ganz Mensch. Vollkommen Mensch zu sein, bedeutet, das Diesseitige ohne Abstriche ganz anzunehmen. Ganz Gott zu sein, bedeutet aber auch, völlig anders zu sein als diese Welt.

Um welche Realität geht es?

Die frühe Kirche war zudem stark leibbezogen, ohne eins mit dem Diesseitigen zu werden. Beispiele wie etwa die Korintherbriefe deuten darauf hin, dass die reale Gemeinschaft zum Christsein gehörte und die ‚eigentliche‘ Realität gerade nicht auf das Zukünftige verlagert wurde. Gleichzeitig zeigt das Thema Hoffnung, das auch in diesen Briefen angesprochen wird (1. Kor 13,13), dass eine völlig gerechte Welt sich nicht im Hier und Jetzt vollenden lässt.

Wie hilft uns das nun in der Frage nach Mission, Ökologie und Nachfolge? Heute sind zwei Tendenzen festzustellen: Manche Kirchen kümmern sich mit viel Engagement um diese Schöpfung und strengen sich ökologisch an. Das ist lobenswert. Wird aber ausschliesslich das Diesseits betont, dann hätte die alte Kirche sie ausgeschlossen. Warum? Weil sie nur die menschliche Natur dieses Jesus betonen: Die Hoffnung bleibt im Menschen begründet.

Die gegenüberliegende Tendenz: Es zählt nur das Jenseits, nämlich die Rettung des Einzelnen. Die Schöpfung hat dabei keinen Wert an sich, obwohl doch Gott Mensch wurde, damit die ganze Schöpfung erlöst wird (Röm 8,22).

Beide Tendenzen haben etwas Richtiges und Anziehendes, aber in ihrer Einseitigkeit verfehlen sie, zumindest gemäss der alten Kirche, das Ziel. Einen Keil zwischen Erlösung und Schöpfung zu treiben, wird dem biblischen Zeugnis nicht gerecht.

Ein Beispiel aus Thun

Wo immer beide Aspekte gleichermassen bejaht werden, da breitet sich die „Fülle des Lebens“ aus. Ein solches Beispiel ist die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde efg Thun, die beide Aspekte betont. Von ihrer Geschichte her ist sie eindeutig dem herkömmlichen Verständnis von Nachfolge und Evangelisation zuzuordnen. Dies hat sie über Jahre hinweg ergänzt, ohne das Bisherige zu verlieren. Sie setzte zum Beispiel bewusst auch andere Akzente, wie etwa einen jährlichen Kurs zu Gerechtigkeit, ein Thema, das eng mit Ökologie verbunden ist. Das Merkmal dieser Kirch­gemeinde liegt gerade in ihrer unspektakulären Aus­gewogenheit. Nachfolge bedeutet für sie, den Nöten dieser Welt mit der Hoffnung auf das Reich Gottes zu begegnen. Diese Ausgewogenheit hat ihr numerisches Wachstum nicht verhindert.

Ein weiteres Beispiel: Es erstaunt kaum, dass im Netzwerk Eco Church in England, mit über 5000 Kirchgemeinden, aber auch in der französischen Schweiz (EcoEglise) und in der Deutschschweiz (Eco Church Network) sehr unterschiedliche Kirchgemeinden partizipieren. Nach dem Massstab eines biblischen Verständnisses und der alten Kirche ist Eco Church eine Möglichkeit, auf die Fragen unserer Zeit zu antworten ohne Nachfolge zu negieren, sondern sie gerade auch darin ernst zu nehmen. Die dahintersteckende Idee ist: Bewahrung der Schöpfung ist zentral, weil Gott nicht aufgehört hat diese gute Schöpfung gut zu finden und er wie vor 2000 Jahren immer noch in dieser Schöpfung leben will, die Schöpfung aber auch erlösungsbedürftig ist. Eco Church ist eine Form, wie Glaube und Hoffnung mit gelebter Nachfolge Ausdruck finden – und das ist eine sehr gute Nachricht für ganz viele Menschen.

Weiterführende Links:

stoparmut.ch
ecochurch.ch

Dieser Artikel erschien zuerst bei IDEA SCHWEIZ am 09. Juli 2023. [Zum Original-Artikel]
Titelbild von Akira Hojo auf Unsplash

~ 3 min

Am 18. Juni 2023 stimmt das Schweizer Volk über das Klimaschutz-Gesetz ab. Diesem Gesetz zufolge darf die Schweiz bis 2050 keine vermeidbaren Treibhausgase mehr produzieren. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen auch Technologien zum Einsatz kommen, welche diese Emissionen aus der Luft entfernen.

2015 hat die Schweiz das Pariser Abkommen unterzeichnet. Damit hat sich das Alpenland dazu verpflichtet, seine Treibhausgasemissionen – vor allem CO2 – bis 2050 auf Netto-Null zu reduzieren. Ein JA zum Klimaschutz-Gesetz am 18. Juni 2023 würde der Schweizer Wirtschaft und Industrie die nötigen finanziellen Mittel zusprechen, um dieses Ziel zu erreichen. Wer den Gesetzestext an dieser Stelle genau durchliest, erkennt, dass dafür technologische Mittel eingesetzt werden sollen. Mithilfe dieser Technologien kann das CO2 entweder direkt an industriellen Anlagen abgeschieden und gespeichert (Carbon Capture and Storage, CCS) oder dauerhaft aus der Atmosphäre entzogen (Negativemissionstechnologien, NET) werden1. Die Anwendung solcher Technologien wird auch Carbon Dioxid Removal (CDR) genannt2.

Ethische und rechtliche Herausforderungen

Es gibt eine grosse Vielfalt von Techniken zur Entfernung von CO2 aus der Atomsphäre. So zählen nicht nur die im Klimaschutz-Gesetz erwähnten CCS und NET zu diesen Technologien, sondern auch die Aufforstung von Wäldern. All diese Technologien können Einfluss auf das globale Klima nehmen. Schliesslich ist der Klimawandel ein äusserst komplexes und globales Phänomen. Technologische Eingriffe in das Klima können sowohl für die Schweiz als auch fürs Ausland unbekannte Folgen haben. Daher stellt die Anwendung von Carbon Dioxid Removal-Techniken die Wissenschaft und Politik vor einige ethische und rechtliche Fragen. Wie können wir zum Beispiel beurteilen, ob eine Umweltkatastrophe in anderen Ländern auf eine natürliche Ursache oder auf den Einsatz von CDR-Technologien in der Schweiz zurückzuführen ist? Spielen wir Gott, wenn wir mithilfe von technologischen Mitteln das Klima versuchen zu regulieren? Weiter besteht die Gefahr, dass Firmen, Politiker und die Bevölkerung der Illusion erliegen, dass CDR-Technologien das Klima retten können und sie selbst kein CO2 mehr einsparen müssen. Die Wissenschaft ist sich aber einig, dass technologische Eingriffe nur eine Massnahme gegen den Klimawandel darstellen und nicht die Lösung sind.

CDR in der Schweiz und Island

In der Schweiz ist seit 2017 eine CDR-Anlage in Hinwil in Betrieb3. Sie filtert CO2 aus der Luft und begast damit die Pflanzen im nahegelegenen Gewächshaus. Die Pflanzen binden das CO2 und wachsen schneller. Ein weiteres Beispiel ist die ORCA-Anlage auf Island. Das abgesaugte CO2 wird im Basaltgestein der Insel ablagert. Basalt bindet CO2 besonders gut. Dank dieser Anlagen ist es möglich, genaue Beobachtungen und Messungen zu unternehmen und ihre Auswirkungen auf das lokale Klima zu erforschen. Daraus können wiederum Rückschlüsse auf den Einfluss von CDR-Technologien auf das globale Klima gezogen werden.
Der grösste Nachteil der CDR-Anlagen ist ihr hoher Energiebedarf. Die Nähe zu grossen Energiequellen ist deshalb unumgänglich. Somit steht die Anlage in Hinwil nahe des Zweckverbands Kehrrichtverwertung Zürcher Oberland (KEZO). Und in Island ist jede Menge Erdwärme als Energiequelle vorhanden.

Mehr CDR-Forschung

Die beiden CDR-Anlagen sind in Zusammenarbeit der ETH Zürich und der Firma Climeworks entstanden. Die ETH Zürich ist eine der weltweit führenden Forschungseinrichtungen, die gemeinsam mit inländischen und ausländischen Partnern CDR-Projekte umsetzt. Das Klimaschutz-Gesetz sieht vor, solche Forschungsprojekte finanziell zu ermöglichen. Aufgrund der vielen Ungewissheiten in Bezug auf CDR-Technologien scheint es besonders wichtig zu sein, die Erforschung dieser Techniken voranzutreiben. Nur so können aus meiner Sicht ethische und rechtliche Herausforderungen überwunden sowie technologische Massnahmen zum Klimawandel besser diskutiert und für die lokale Anwendung optimiert werden.


1. Bundesamt für Umwelt BAFU (2023): https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/klima/fachinformationen/co2-entnahme-und-speicherung.html (Stand: 26. Mai 2023)

2. Meiske, Martin (2021): Die Geburt des Geoengineerings. Grossbauprojekte in der Frühphase des Anthropozäns

3. Climeworks (2023):
https://climeworks.com/news/climeworks-completes-commercial-operations-in-hinwil (Stand: 26. Mai 2023)