Für eine gerechtere Gesellschaft? einige Vorschläge

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In den letzten Jahren hat sich die öffentliche Debatte auf die Entwicklung unserer Gesellschaft konzentriert. Welches Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell wollen wir fördern? Das G8-Treffen gibt uns die Gelegenheit, unsere Kritikpunkte kurz zu skizzieren und einige Ideen zu dem Gesellschaftsmodell zu entwickeln, das uns vorschwebt.

Wir stellen fest, dass in unserer Gesellschaft Entscheidungen oft von wirtschaftlichen Interessen auf Kosten des Gemeinwohls diktiert werden. Der Individualismus hat die Solidarität auf fast nichts reduziert, und die aufeinanderfolgenden Liberalisierungswellen verleihen reichen Einzelpersonen, multinationalen Konzernen und internationalen Währungsinstitutionen, die de facto die Herrschaft über die Staaten ausüben, eine unverhältnismäßige Macht.

Fehlende demokratische Kontrolle

Die Verhandlungen innerhalb der G8 und der großen Finanzinstitutionen (WTO, IWF und Weltbank) werden hinter verschlossenen Türen geführt, was die Entscheidungen verschleiert. Es gibt keine öffentliche Konsultation, keine demokratische Kontrolle. Die Verlierer sind die armen Länder und Bürger, deren Bürgerrechte auf diese Weise eingeschränkt werden. Besorgniserregend ist, dass sogar die Schweizer Delegation bei der WTO über das GATS (General Agreement on Trade in [Public] Services) und die Privatisierung von Wasser verhandelt, ohne ein Mandat des Schweizer Volkes zu haben. Die UNO, ein demokratisches Gremium auf supranationaler Ebene, wird ins Abseits gestellt.

Für mehr soziale Gerechtigkeit!

Die uns auferlegten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Systeme fördern den Individualismus und verweigern Solidarität und Chancengleichheit. So schaffen wir Gesellschaften, in denen der Stärkste regiert, um sein persönliches Vermögen zu sichern. Der gleichberechtigte Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung, Errungenschaften, die unter anderem den Reichtum der Schweiz und der westlichen Demokratien ausmachen, sind gefährdet.

Angesichts dieser Missstände setzen wir uns für eine Gesellschaft der Solidarität und sozialen Gerechtigkeit ein. Wir kritisieren scharf diesen Diskurs, der besagt, dass jeder Einzelne durch reine Willenskraft alles erreichen kann. Nicht alles ist eine Frage des Willens, sondern hängt von den Mitteln ab, die einem zur Verfügung stehen. Wir plädieren für Verantwortung auf individueller Ebene, die aber die staatlich organisierte Solidarität nicht ersetzen kann. Wir wollen eine Gesellschaft, in der das Geld wieder seinen rechtmäßigen Platz als Mittel und nicht als Zweck des Wirtschaftens einnimmt und in der die demokratische Kontrolle wirksam ist. Zum Beispiel muss es eine Obergrenze für die zulässige Investition von Geld in demokratische Abstimmungen und Wahlen geben, denn es besteht eine reale Gefahr der Manipulation durch finanziell stark unterstützte Kampagnen. Ebenso beobachten wir mit Sorge die Lobbyarbeit von Wirtschaftskreisen in den Vorzimmern internationaler Institutionen und in Parlamentssälen.

Für eine Wirtschaft im Dienste des Menschen

Wir setzen uns für demokratische, starke und unabhängige Medien ein, da immer mehr Medien durch Werbekunden zensiert werden oder sogar im Besitz von Wirtschaftskonzernen sind. Wir glauben, dass es an der Zeit ist, die Debatte über die Auswüchse unserer Demokratien neu zu beleben und mutige Reformen in Angriff zu nehmen. Durch eine engagierte Zivilgesellschaft müssen wir die Demokratisierung der internationalen Finanzinstitutionen fördern.

Das derzeitige Wirtschaftssystem konzentriert immer mehr Reichtum in einigen wenigen Unternehmen unter dem Druck der Aktionäre, die immer höhere Gewinne verlangen. Dies geschieht auf Kosten der Mitarbeiter, was bei den einen zu Entlassungen und bei den anderen zu mehr Druck und Stress führt. Das Streben nach wirtschaftlichem Wachstum auf Kosten der Gesellschaft und der Grundwerte der Menschenwürde ist nicht länger akzeptabel. Wir fordern daher unsere Regierung auf, eine verantwortungsvolle Wirtschaftspolitik zum Wohle der Mehrheit zu betreiben. Sind wir bereit, Maßnahmen zu akzeptieren, die uns teuer zu stehen kommen können?

Für einen Sinneswandel

Demokratisierung ist eine notwendige Bedingung für eine gerechte Gesellschaft, aber ohne ein Herz für den Nächsten wird die Demokratie nicht ausreichen. Wir müssen von unserer Angst vor Mangel befreit werden, sei es wirtschaftlich oder persönlich. Dies erfordert ein Bewusstsein und Regeln, die ethisches Verhalten auf allen Ebenen fördern.

Markus Meury/Silvia Hyka, Mai 2003

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