Pauschalbesteuerung: Werben um millionenschwere Steuerflüchtlinge

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Die Bibel lehrt uns, dass alle Menschen gleich zu behandeln sind: Wir sollen den Reichen nicht besser behandeln als den Armen (Jak. 2.2.). Wenn wir profitieren können, sieht das aber in der Realität schnell anders aus. Jetzt könnte die Schweiz den Tanz ums goldene Kalb aber beenden. Am 3. Oktober wird der Nationalrat eine Parlamentarische Initiative zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung behandeln.

Die Pauschalbesteuerung

Die Schweiz (aber nicht sie alleine) kennt ein Gesetz, das den Kantonen und Gemeinden erlaubt, reichen Ausländern, die nicht hier arbeiten, den Wohnsitz anzubieten, ohne dass sie die gleichen Steuern wie die Schweizer bezahlen müssten. Der Kanton schliesst mit ihnen ein Pauschalsteuer-Abkommen, wo nicht das reale Einkommen und Vermögen als Steuerbasis zählt, sondern nur der ?Lebensaufwand?. Damit zahlen sie einen Bruchteil dessen, was sie im Ausland bezahlen würden oder was ein gleich reicher Schweizer bezahlen würde. Deshalb leben im Moment über 3000 ?Pauschalbesteuerte? in der Schweiz. Und es werden ständig mehr. Verschiedene Kantone locken aktiv schwerreiche Ausländer an und haben entsprechende Strategien entwickelt. Teils werden sie in ihren Ferien in der Schweiz angesprochen (besonders aktiv ist das Wallis), teils werben gar Informationsbüros im Ausland um Steuerflüchtlinge.

Im Herbst 2004 hat die Zeitschrift ?Der Beobachter? einen Test gemacht: Ein fiktiver schwerreicher Ausländer richtete an gut 30 schweizer Gemeinden die schriftliche Anfrage, ob sie ihm eine Wohnsitznahme mit Pauschalbesteuerung, Helikopterlandeplatz und Mithilfe bei der Grundstücksuche gewähren würden. Etwa die Hälfte der Gemeinden warben in der Antwort mit diesem Steuerschlupfloch für sich und boten auch sonst grosszügige Hilfe an. Welcher arme Schlucker würde so behandelt?

Schumacher & Co.

Berühmtestes Beispiel ist hier natürlich der Autorennfahrer Michael Schumacher. Er hat ein jährliches Einkommen von 100 Millionen Franken und ein Vermögen von nahezu einer Milliarde. Trotzdem zahlt er in Vufflens-le-Château (VD) nur lächerliche 2 Millionen Franken Steuern pro Jahr. Er sagte offen: ? An der Schweiz hat mich gereizt, dass ich ein vernünftiges Steuerabkommen aushandeln konnte. In Deutschland sind sie ja selber dumm, wenn sie mir kein Angebot machen und dafür gänzlich auf meine Steuergelder verzichten.? Die Gleichheit vor dem Gesetz wurde hier durch die Macht des Geldes ausser Kraft gesetzt. Michael Schumacher findet es offensichtlich ?unvernünftig?, wenn er statt 98 Millionen Franken pro Jahr nur noch 60 Millionen zur Verfügung hätte… Gier kennt offensichtlich keine Relationen mehr. Gewisse Politiker meinen ja, durch zu hohe Steuern würde ?Leistungsbereitschaft? behindert. Da müssen wir ernsthaft fragen, ob wir denn nie genug haben können und zweitens müssen wir feststellen, dass solche Löhne nichts mehr mit Leistung, sondern nur noch mit Marktwert zu tun haben. Klar soll Leistung belohnt werden, aber wir gehen ebenfalls davon aus, dass Steuern danach bemessen werden müssen, wie viel jemand bezahlen KANN. Und bei solchen Löhnen bleibt den Steuerzahlern noch längst genug.

Jetzt abschaffen!

Im Jahr 2003 hat Susanne Leutenegger (SP) deshalb im Nationalrat eine parlamentarische Initiative eingereicht. Sie fordert die Abschaffung dieses Pauschalsteuer-Gesetzes. Dieser Vorstoss wird nun Ende September im Nationalrat behandelt. Wir unterstützen diese Initiative mit einem Brief an eine Anzahl Nationalräte.

Gegen diese parlamentarische Initiative hat sich natürlich auch schon Widerstand formiert: Eine Lobby von Vertretern der besonders viele Steuerflüchtlinge beherbergenden Kantone Waadt, Wallis, Tessin, Genf und Graubünden. Sie wollen den Nationalräten vor allem nahelegen, dass die Schweiz ja von dieser Pauschalsteuerpraxis profitiere und sie viele Reiche verliere, wenn das Gesetz aufgehoben würde.

Wollen wir aber wirklich die Gleichheit vor dem Gesetz preisgeben, um an mehr Geld zu kommen? In anderen Ländern würde dies Korruption genannt. Um Reiche anzulocken, macht sich die Schweiz hier gar der Mithilfe bei Steuerflucht und Steuerbetrug schuldig, ganz offen und unverschämt. Wie lange dürfen wir diesen elenden Tanz um das goldene Kalb tolerieren? Wollen wir diesen Schandfleck vor Gott nicht endlich loswerden? Denn ausser der Anlockung von Steuerflüchtlingen gibt es keinen anderen Grund für dieses Gesetz. Ob wir profitieren oder nicht, darf nicht das Kriterium sein. Denn wir profitieren nur auf Kosten der anderen Länder, wir schaden ihnen gar.

Beten wir also dafür, dass die schweizer PalamentarierInnen hier Gerechtigkeit und nicht den Mammon wählt!

Unser Brief an Nationalräte verschiedener Parteien

Betrifft: Parlamentarische Initiative zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung

Sehr geehrte Frau Nationalrätin, sehr geehrter Herr Nationalrat

In einigen Tagen werden Sie über die Abschaffung der Pauschalsteuer befinden. ChristNet, ein christliches Forum für Gesellschaftsfragen, möchte Ihnen folgende Überlegungen dazu mitgeben:

·        Unserer Ansicht nach sollten sich die Überlegungen in erster Linie davon leiten lassen, ob das Handeln der Schweiz ethisch vertretbar ist oder nicht, und erst in zweiter Linie von materiellen Vorteilen.

·        Die Pauschalsteuer für vermögende Ausländer widerspricht der Gleichbehandlung vor dem Gesetz. Auch wenn ?die Schweiz? kurzfristig davon profitiert, so wird die Steuermoral und das Vertrauen in die Gerechtigkeit langfristig untergraben.

·        Die Schweiz profitiert zwar, aber dies zum umso grösseren Schaden der Herkunftsländer der Pauschalbesteuerten. Dürfen wir diesen Ländern einen solchen Schaden zufügen, damit wir davon profitieren?

·        Grundsätzlich machen wir uns mit dem Pauschalbesteuerungs-gesetz gar der Mithilfe zur bewussten Steuerhinterziehung, was dem Steuerbetrug gleichkommt, schuldig. Wollen wir das wirklich?

·        Selbst ohne Pauschalbesteuerung würden die entsprechenden Personen in der Schweiz in der Regel weniger Steuern bezahlen als im Ausland, aber ein Mehrfaches dessen, was sie heute bezahlen. Selbst wenn also ein kleiner Teil der betroffenen Personen bei Abschaffung der Pauschalbesteuerung die Schweiz verlassen würde, so wären die verbleibenden Steuereinnahmen gar höher als zuvor. Wir sind sicher, dass die Schweiz mit Ehrlichkeit besser fährt!

·        Es scheint uns hier auch nicht gerechtfertigt, von einer ?Leistungshemmung durch höhrere Steuern? zu sprechen, denn bei den betroffenen hohen Einkommen und Vermögen handelt es sich viel mehr um Marktwert der Arbeit als um Leistung.

Wir bitten Sie, diese Überlegungen in Ihre Entscheidung miteinzubeziehen und wünschen Ihnen Gottes Segen.

Mit freundlichen Grüssen

Markus Meury

ChristNet

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