Ringen um den Sonntag – ein Gebetsaufruf

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Am 16. März hat der Nationalrat eine weitere Scheibe des Sonntags abgeschnitten.

Wenn der Ständerat im Juni auch zustimmt, so sind Sonntags-Einkaufszentren an den Bahnhöfen bald Realität. Beten wir für die Ständeräte, dass sie sich dieser Gesetzesänderung widersetzen!

 

Der Sonntag, ein Geschenk Gottes

Der Sonntag ist ein Geschenk Gottes an uns Menschen, zunächst in Form des Sabbat, im christlichen Gebrauch als Sonntag. Bereits in den zehn Geboten wird uns nahegelegt, den Sabbat zu heiligen: ?Denke an den Sabbattag, um ihn heilig zu halten. Sechs Tage sollst du arbeiten und all deine Arbeit tun, aber der siebte Tag ist Sabbat für den Herrn, deinen Gott. Du sollst an ihm keinerlei Arbeit tun, du und dein Sohn und deine Tochter, dein Knecht und deine Magd und dein Vieh und der Fremde bei dir, der innerhalb deiner Tore wohnt.?(2. Mose 20, 8-10).

 

Wie die anderen Gebote ist das Gebot des Sabbats nicht einfach eine mühsame Regel, sondern es ist für uns lebenserhaltend. Dies zeigt sich gerade heute: Arbeitsstress, Aktivismus und Konsumdruck nehmen vor allem in den Industriestaaten immer mehr zu. Wenn wir uns nicht aktiv Zeit nehmen, unsere Beziehung zu Gott und zu unseren Bekannten und Verwandten zu pflegen, so zerbrechen diese Beziehungen und damit auch die Gesellschaft. Die Vereinsamung und ihre Folgen hat vor allem in den Grosstädten in den letzten Jahrzehnten immer mehr zugenommen.

 

Der Sonntag nimmt deshalb eine zentrale Stellung ein: dies ist der einzige Tag, wo die Mehrheit der Bevölkerung gleichzeitig freie Zeit zur Verfügung hat und wo Kirchgang, Besuche und Familienleben möglich sind. Ohne diesen gemeinsam planbaren Tag sind Familien und Vereine, und damit der gesellschaftliche Zusammenhalt in Gefahr. Dies umso mehr, als sich die Berufsarbeit (vor allem in der Industrie und den Dienstleistungen) unter der Woche immer öfter auch bis in den Abend hinein erstreckt. Die StimmbürgerInnen haben deshalb 1996 eine Revision des Arbeitsgesetzes mit einer Zweidrittelmehrheit abgelehnt, da die Vorlage sechs Sonntage im Jahr bewilligungsfrei für Sonntagsarbeit freigeben wollte. Die SchweizerInnen halten also am grundsätzlichen Arbeitsverbot am Sonntag fest.

 

Der Sonntag, politisch ausgehöhlt

Das Ringen um den Sonntag hat sich in den letzten zwei Jahren intensiviert. Das Seco (Staatssekretariat für Wirtschaft) und viele Kantone weigern sich seit zwei Jahren, Bundesgerichtsentscheide zur Schliessung von Geschäften am Sonntag umzusetzen.

 

Gleichzeitig schauen die Behörden zu, dass Tankstellenshops den Sonntag zum Einkaufstag machen. Und nun hat die Wirtschafts- und Abgabenkommission im Eilverfahren einen Antrag auf Änderung des Arbeitsgesetzes ans Parlament gerichtet, damit Läden an Bahnhöfen nicht nur für den Reisebedarf, sondern auch generell am Sonntag geöffnet werden können. Die Bahnhöfe sollen zu Sonntags-Einkaufszentren werden! Am 16. März wird der Nationalrat darüber beraten. Und die Konkurrenz wird darauf hin ?gleich lange Spiesse? beanspruchen.

 

Doch offene Läden sind der sichtbarste Ausdruck, dass der Sonntag ein Tag wie jeder Andere geworden ist. Es wird normal, am Sonntag auch zu arbeiten. Viele andere Arbeitsbereiche (Frisch-Produktion Lager-Arbeiten, Transport und schliesslich Call Centers) werden zudem in direkter Folge der Sonntags-Öffnung nachziehen.

 

Der Sonntag, unsere Verantwortung

Es ist sicher richtig, dass wir notwendige Dienste wie Polizei, Krankenpflege und öffentliche Verkehrsmittel auch am Sonntag aufrechterhalten. Und Dienstleistungen, die der Beziehungspflege und der Erholung dienen, sind bis zu einem gewissen Grad auch zu rechtfertigen. Doch wo ist die Grenze? Müssen wir immer alles sofort einkaufen können? Können wir nicht bis am Montag warten, wenn mal ein Computer streikt? Als Kunden bestimmen wir, wie viel Andere am Sonntag arbeiten müssen.

 

Viele argumentieren, dass mit der Öffnung an Bahnhöfen Arbeitsplätze geschaffen werden können. Aber wenn wir genauer hinsehen, handelt es sich nur um die Verschiebung von Einkäufen aus der Woche, also einzig um eine Verlagerung. Und sind wir wirklich gezwungen, den Sonntag zu opfern, damit wir ein Auskommen für alle schaffen können?


Photo by Brooke Lark on Unsplash

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