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Einleitung

In der Bibel sind die Stellen zahlreich, da Gott seinem Volk ein wunderbares Land verheisst. Die erste Stelle betrifft Abraham, der einen Nachkommen bekommen und in das Land ziehen soll, das Gott ihm zeigen wird1, 2 . Diese Verheissung wurde mehrmals wiederholt. Schliesslich konnte Israel das Land Kanaan einnehmen3 .

Später entzog Gott seinem Volk das Land wieder. Der letzte Rest wurde ihm genommen, als der zweite Tempel von den Römern im Jahr 70 n. Chr. zerstört wurde. Aber in den Propheten sind die Verheissungen zahlreich, dass Gott sein Volk ins Land zurückführen werde4 .

1948 wurde der moderne Staat Israel ausgerufen als Heimstätte für die von allen Seiten bedrängten Juden. Für viele Juden und Christen hatte damit die endgültige Erfüllung der Landverheissungen angefangen.

Im Neuen Testament wird die Landverheissung auf eine ganz besondere Art behandelt. Einerseits wird sie von Jesus und den Aposteln auf die ganze Erde ausgeweitet5 . Andererseits wird gezeigt, dass „in Christus“ erfüllt ist, was die Väter erwartet hatten: die persönliche Gegenwart Gottes in seinem Christus6 . Paulus unterscheidet zwischen dem irdischen und dem himmlischen Jerusalem7 . Die Heimat derer, die in Christus sind, ist das Jerusalem im Himmel. Dorthin sind sie unterwegs.

Welche Stellung sollen wir Jesus-Gläubigen mit heidnischem Hintergrund heute zu der Land-Verheissung einnehmen? Sollen wir uns denen anschliessen, die mit politischem und persönlichem Engagement das Land Israel, dessen biblische Dimensionen sie betonen, um jeden Preis verteidigen wollen? Oder denen, die behaupten, das Land Israel habe keine Bedeutung für unsern Glauben an Jesus Christus? Oder gibt es einen dritten Weg?

Für die folgenden Erwägungen haben mich drei Aufsätze angeregt, die ich sehr zur Lektüre empfehle8 .

1. Das Land Israel heute

Wir müssen unterscheiden zwischen dem „Land der Verheissung“ und dem Stück Land, das seit 1948 Israel heisst, weil darauf der moderne Staat Israel errichtet worden ist.

Verheissung bedeutet: Gott hat dem Volk das Land versprochen, und es ist auf dem Weg, in diesem Land zu wohnen. Für Israel gehören Erwählung des Volkes und Verheissung des Landes untrennbar zusammen. Weil Gott bestimmte Orte erwählt hat, ist das Land zwischen Ägypten und dem Zweistromland der Raum, der Israel zugeteilt ist.

 

Verwirrend ist es, dass Palästina seit Jahrhunderten mehrheitlich von ganz anderen Menschen bewohnt wurde; im Altertum hiessen sie Philister, heute Palästinenser, die dauernd von ihren Herren (arabischen, türkischen, europäischen) unterdrückt und ausgenutzt wurden. Seit 1967 leben sie unter israelischer Besatzung. Das hat ihnen aber nicht die ersehnte Befreiung gebracht, sondern sie haben neue Herren bekommen, die sagen, wie sie zu leben haben. Damit erleben sie eine erneute Unterdrückung, die der ähnlich ist, die ihre Vorfahren früher erlitten hatten.

Also leben in diesem Raum zwei Menschengruppen, die ihr Geschick selber zu gestalten wünschen, d.h. die den Ton angeben wollen, welche Lebensart hier gelten soll und wie die Ressourcen an Land, Wasser und Menschen verwendet werden sollen. Die Israelis berufen sich für ihren Anspruch auf ihre Bibel, in der verschiedene Modelle von Gestaltung des Landes vorliegen, d.h. verschiedene Vorstellungen von der Grösse des Gebietes, dem Einflussbereich der Regierung und der traditionsgemäss entscheidenden Gesetze.

Die Palästinenser berufen sich auf ihre Jahrhunderte alte Präsenz, auf die islamische Vorstellung, dass dieses Land, das einmal für Allah erobert worden ist, nicht aufgegeben werden und unter nichtislamische Herrschaft kommen darf, auf die Gesetze, die nach ihrer Tradition Geltung beanspruchen und auf das völkerrechtliche Prinzip der Selbstbestimmung der Völker.

Jede Seite fordert mit grösst möglicher Kraft ihr Rechte ein und kämpft mit allen möglichen Mitteln, sie zu erhalten bzw. zu behalten. Jede Seite setzt die andere unter Druck in der Hoffnung, dass sie von ihren Ansprüchen ablässt. Jedes der beiden Völker möchte das andere dominieren oder, wenn das nicht geht, auf die Seite schaffen.

Die Weltgemeinschaft schaut zu und nimmt für die eine oder die andere Seite Stellung. Das geschieht im Bereich der Medien, der Wirtschaft und der Politik. Sie unterstützen ihre Lieblinge und stellen ihre Gegner in ein schiefes Licht. So nimmt die Weltgemeinschaft auf der Ebene psychologischer Kampfführung am Konflikt teil .

Wie sollen wir uns darin so verhalten, dass wir es vor unserem Herrn, Jesus Christus, Jeschua HaMaschiach, verantworten können?

2. Das Land Israel im Licht des Glaubens an Jesus Christus

Ich gehe mit Paulus davon aus, dass „ein neues Geschöpf ist, wer in Christus Jesus ist“ (2.Kor.5,17): „Das Alte ist vergangen, siehe, ganz Neues ist am Werden“. Von da aus werden Fragen um Land, Besitz und Sicherheit in einem besonderen Sinn behandelt. In Christus gehen wir auf das ewige Leben zu, auf das himmlische Jerusalem: das Neue. Darum sind in Ihm politische Ansprüche keine letzten Fragen; sie gehören zum Alten. Sie sind nur vorläufig wirksam.

Christus sagte: „Ich bin das Licht für die Welt“9 , und zu seinen Nachfolgern: „Ihr seid das Licht, das die Welt erhellt“10 . Das bedeutet für uns: Lasst das Licht, das ihr in mir seid, für die Menschen leuchten, und zwar für alle Menschen; die „Welt“ bedeutet in diesem Zusammenhang die ganze Menschheit. In seinem Buch „Lass dein Licht leuchten“11  ermutigt uns Jim Montgomery, unser Haus als „lighthouse“, d.h. als Leuchtturm bzw. „Lichthaus“ zu sehen, sodass unsere Nachbarn, über die guten Beziehungen, die wir pflegen, an dem Licht Teil bekommen, das von Jesus Christus ausgeht. Ich verstehe das so, dass Jesus seiner Gemeinde diesen Auftrag gibt.

 

Er gilt aber auch Israel. Gott richtete folgendes Wort an sein Volk: „Gott, der Herr, hat den Himmel geschaffen und ihn wie ein Zeltdach ausgespannt. Die Erde in ihrer ganzen Weite hat er gebildet, die Pflanzen liess er hervorspriessen, und den Menschen hat er Leben und Atem gegeben. Und nun sagt er zu seinem Boten: «Ich, der Herr, habe dich berufen, meine gerechten Pläne auszuführen. Ich fasse dich an der Hand und helfe dir, ich beschütze dich. Du wirst den Völkern zeigen, was ich von ihnen will, ja, für alle Völker mache ich dich zu einem Licht, das ihnen den Weg zu mir zeigt»12 . Danach hat das Gottesvolk Israel von seinem Gott den Auftrag, für alle Nationen Licht zu sein “ ein Leuchtturm für alle Menschen „, damit sie den Weg zu ihrem Schöpfer finden.

Diesen Auftrag können wir auch auf unsere Nation beziehen: Schweizer, werdet zu einem Leuchtturm für alle Menschen, d.h. für alle Völker. „An euren Taten sollen sie euren Vater im Himmel erkennen und ihn auch ehren“. Damit sagen wir aus: Werdet ein Ort der Orientierung in dunkler, stürmischer Zeit, weil über euch Gottes Herrlichkeit aufstrahlt13 .

Wenn nun in unsern Kreisen zu Recht die Forderung besteht, das Land Israel in höchster Ehre zu halten, so kann ich es folgendermassen verstehen: Israel ist berufen, in seinem Land der Leuchtturm zu sein, von dem der Segen Abrahams an alle Völker ausgeht14 , d.h. die Wahrheit Gottes wird unter die Völker hinausgetragen15 . Das ist ein messianisches Wort, das durch Jesus aktualisiert worden ist, als er vor dem Richter des römischen Weltreiches sagte: «Ja, du hast recht. Ich bin ein König. Ich bin geboren und in diese Welt gekommen, um ihr die Wahrheit zu bezeugen. Wer bereit ist, auf die Wahrheit zu hören, der hört auf mich.»16 . So wird Gottes Volk seinen Auftrag, Leuchtturm für die Völker zu sein, einlösen.

Dieser Auftrag steht in einer auffälligen Spannung zu dem, wie Israel heute seine Existenz auffasst. Dazu Frank Grothe: „Wegen der allgegenwärtigen Bedrohung durch den Antisemitismus fühlen sich jüdische Menschen, die in der Diaspora leben, im Gegensatz zu israelischen Juden, in ihren wie auch immer gearteten Lebensumständen häufig nicht völlig dort zu Hause, wo sie leben. Ausserhalb Israels wird das Praktizieren des jüdischen Glaubens zur Bestätigung der eigenen Identität immer wichtiger und das Land Israel wird zur Zufluchtsmöglichkeit, die in einer feindseligen Welt das äusserst nötige Gefühl der Sicherheit verleiht“17 . Danach ist Israel vor allem um seine Sicherheit besorgt, während es seinen Auftrag, ein „Leuchtturm für alle Völker zu sein“, darüber vergisst oder doch sehr in den Hintergrund treten lässt.

Jesus hat diesen Auftrag aufgegriffen und aktualisiert. In ihm wird Israel zum Licht für alle Menschen. Werden die heutigen Israeliten diesen Auftrag durch Jesus annehmen, oder werden sie sich davon distanzieren? Werden wir Christen aus den Heiden unsern jüdischen Geschwistern diesen Auftrag in Erinnerung rufen oder werden wir an diesem unserem Auftrag vorbeigehen, d.h. ihnen das Licht Jesu schuldig bleiben und sie so in der Finsternis belassen?

Wir können unsern Auftrag in zwei Richtungen verpassen: 1. Wenn wir uns mit der Selbstbehauptung konservativer israelischer Gruppen identifizieren. 2. Wenn wir gleichgültig über die Nöte des Volkes und des Staates Israel hinweggehen.

Zu 1. zitiere ich Frank Grothe: „Wenn Israel Gefahr läuft sein Land zu verlieren, ist dies ein klares Zeichen dafür, dass Gott sein Volk auffordert umzukehren. Wenn Israel in Rebellion, Ungehorsam und Sünde verharrt, ist der Verlust des Landes eine sehr reale Bedrohung.“

Diese (oben beschriebenen) Anschauungen motivieren religiös-jüdische Zionisten. Die Mehrheit der jüdischen Siedler, die sich im Westjordanland und in Gaza niedergelassen haben, glauben an ein israelisches Commonwealth, das in dem Land errichtet wird, das den hebräischen Patriarchen versprochen wurde. Sie sind der Überzeugung, das politische und religiöse jüdische Recht müsse überall in Kraft gesetzt werden. Dies sei der Beginn der lange erwarteten Erlösung und werde das Kommen des Messias beschleunigen.

 

Eine bestimmte Gruppe dieser religiösen Nationalisten wird „die Getreuen vom Tempelberg“ genannt. Diese Gruppe arbeitet auf den Aufbau eines neuen jüdischen Tempels hin, der auf dem historischen Platz des salomonischen und des herodianischen Tempels aufgebaut werden soll. Für sie sind die moslemischen Heiligtümer, die jetzt dort stehen, eine Schändung, die verschwinden muss, selbst wenn dies Krieg mit der gesamten islamischen Welt bedeutet. Diese Leute sind der Meinung, das gesamte Gebiet des biblischen Israel müsse unter jüdische Herrschaft gebracht werden. Mit den Palästinensern dürfe hinsichtlich Jerusalems oder hinsichtlich der Siedlungen keinerlei Kompromiss eingegangen werden, weil Gott ausdrücklich geboten habe, mit einem Feind niemals einen Kompromiss in Bezug auf das Land zu schliessen. Diese Leute nehmen für sich in Anspruch, wirklich an den Gott des Tenach (des Alten Testamentes) zu glauben, und sie sind bereit, den Preis für ihre Überzeugungen zu bezahlen. Übrigens werden jüdische Gruppen wie diese häufig moralisch und finanziell von bestimmten evangelikalen Christen unterstützt, die Anhänger einer ähnlichen Eschatologie sind.?

Zu 2. Wenn wir dieser Tendenz nachgeben, werden wir uns auch von den jüdischen Menschen distanzieren, d.h. wir verzichten auf den persönlichen Zugang zu ihnen. Wir kommen nicht darum herum, uns, wenn immer sinnvoll, in der Gemeinde, im Bekanntenkreis und in der Öffentlichkeit auf die Seite des Gottesvolkes Israel zu stellen. Die Menschen um uns herum sollen wahrnehmen, dass wir zu den jüngeren Geschwistern dieses Volkes gehören, weil wir „im Wurzelstock Israel eingepfropft“18  sind.

3. Folgerungen

Wir werden unsere politische Sicht davon bestimmen lassen, dass wir in Christus (dem Messias der Juden) an der Erlösung, d.h. am „verheissenen Land“ im Sinn des ewigen Lebens Anteil haben.

Das Land Israel ist selber ein sichtbares Zeichen für Gottes Treue, nämlich dass er bereit ist, seine Friedens-Verheissung für die ganze Erde wahr zu machen. Es ist der Weg für die Juden, Gottes Wort neu zu vertrauen. Gottes Wort sagt zu Israel: „Du sollst in dem Land, das ich dir gegeben habe, ein Licht für die Heiden, ein Leuchtturm für alle Völker sein.“

Meine Frage an das jetzige Staatssystem und die jetzige Regierung Israels lautet: „Seid ihr bereit, diesen Auftrag wahrzunehmen, wie er durch den Messias offenbart wird? Seid ihr bereit, dieses Zerbrechen des Messias anzunehmen, das die Ausführung des Auftrags erst ermöglicht?“ Das ist es, was Gott in Jesus offenbart hat.

Der jetzige Regierungschef ist ein General gewesen, und er regiert wie ein General. Als solcher tut er seine Pflicht, indem er kämpft, bis er den Sieg über seine Feinde errungen hat. Das entspricht der militärischen Sicht Davids. Dieser militärischen Sicht des jüdischen Königtums hat Jesus in seinem Leiden bis zum Tod am Kreuz eine andere Sicht entgegengesetzt. Sein Ziel war ebenfalls der Sieg, jedoch der Sieg über alle Schuld, alle Gewalt und alles Verderben auf der Erde. Ist Israel und sind wir Christen bereit, diese Sicht anzunehmen und die Konsequenzen daraus zu ziehen, auch in unserem Verhältnis zum Land Israel?

Im kommenden Friedensreich, in dem der Geist des Messias den Ton angibt19 , werden die Fremden und selbst die Feinde beieinander wohnen. Dieses Wort ermutigt jeden möglichen Versuch, die verfeindeten Menschen zum Austausch zusammen zu bringen. Sich kennen lernen, einander schätzen lernen, einander gegenseitig bereichern, die Absichten Gottes für einander erfassen lernen, solches Verhalten verweist auf das von Jesaja verheissene Friedensreich. Deshalb begrüsse ich den Versuch der „Genfer Initiative“, dass Vertreter der Israeli und der Palästinenser mit einander eine Auslege-Ordnung vorgenommen haben über die gegenseitigen Vorstellungen und Forderungen im Blick auf das Land Israel. Das sind Vorschläge, deren allfällige Verwirklichung viel Weisheit von Gott, politisches Geschick und viele weitere Begegnungen erfordert.

Danach kann das Land Israel für die Juden der Ort werden, von dem aus sie Jeschua, ihren Messias, allen Menschen der Erde verkünden, sodass sie Licht und Segensträger für alle Menschen werden. Sie sind berufen, ein „Leuchtturm“ für die ganze Menschheit zu sein.

Das gleiche gilt für die Palästinenser (und für alle andern Nationen): „Ihre Heimat soll zu einem Leuchtturm für die Völker der Welt werden “ durch den ersehnten Erlöser Jesus Christus. Hier finden sich beide Gruppen im gleichen Auftrag.

 

Schlussbemerkungen

Heute schaut die ganze Welt auf Israel/Palästina, d.h. es ist schon jetzt ein „Leuchtturm“. Aber es ist die Frage, ob es Gottes Licht weitergibt, wie es uns in Jesus Christus offenbart worden ist, oder ob es ein traditionelles, gesetzliches, verdunkeltes, bedrohliches Halblicht ist, das eher Gefangenschaft wiedergibt, statt den Weg der Befreiung, wie er von Jesus verkündigt worden ist. Wie kommt es, dass heute in unserer Welt Israel als Zeichen des Fluches wahrgenommen wird, statt als Zeichen für Gottes Segen, der allen Völkern gilt?

Wie unterstützen wir Christen aus den Völkern der Welt das Gottesvolk, dass es wirklich in seine Bestimmung kommt, das Licht unter die Völker zu tragen? Von Paulus aus ist unser Auftrag klar: Wir sollen die Juden zur Nacheiferung reizen, wie er es selber gelebt hat, damit sie an Gottes Gnade teilnehmen20 . Und die Palästinenser? Sie haben nur eine Zukunft, wenn sie Jesus als ihren Erlöser kennen lernen und annehmen.

Beten wir um neue Wege, wie wir „den Juden ein Jude und den Palästinensern ein Palästinenser“ werden können21 . Das kann ja nur geschehen in der Kraft des heiligen Geistes, der von Jesus Christus, Jeschua HaMaschiach ausgeht. Achten wir darauf, wo solche Begegnungen bereits geschehen, damit wir sie unterstützen und allenfalls neu eingehen.

Bern, 22. Februar 2005, Werner Ninck

 


1. Die meisten Zitate stammen aus der Übersetzung „Hoffnung für alle“

2. 1.Mose 12,1-2, Der Herr sagte zu Abram: «Geh fort aus deinem Land, verlass deine Heimat und deine Verwandtschaft, und zieh in das Land, das ich dir zeigen werde! Deine Nachkommen sollen zu einem großen Volk werden; ich werde dir viel Gutes tun; deinen Namen wird jeder kennen und mit Achtung aussprechen. Durch dich werden auch andere Menschen am Segen teilhaben soll.

3.  Josua 24,13: Ich gab euch ein Land, das ihr nicht mehr urbar machen musstet, und Städte, die ihr nicht erbaut habt. Ihr esst die Früchte von Weinbergen und Ölbäumen, die ihr nicht gepflanzt habt.

4. z.B. Hes. 36,24: Ich hole euch zurück aus fernen Ländern und fremden Völkern und bringe euch in euer eigenes Land.

5. z.B. Matth.5,5: Glücklich sind, die auf Gewalt verzichten, denn sie werden die ganze Erde besitzen.

6. z.B. Joh.4,12-24: Jesus antwortete: «Glaube mir, die Zeit wird kommen, in der es unwichtig ist, ob ihr Gott auf diesem Berg oder in Jerusalem anbetet. Ihr wisst ja nicht einmal, wen ihr anbetet. Wir aber wissen, zu wem wir beten. Denn das Heil der Welt kommt von den Juden. Doch es kommt die Zeit, ja sie ist schon da, in der die Menschen Gott überall anbeten können; wichtig ist allein, dass sie von Gottes Geist und seiner Wahrheit erfüllt sind. Von diesen Menschen will Gott angebetet werden. Denn Gott ist Geist. Und wer Gott anbeten will, muss seinen Geist haben und in seiner Wahrheit leben.»

7. Gal.4, 22-24.26: Dort heißt es, dass Abraham zwei Söhne hatte: einen von der Sklavin Hagar und einen von seiner Frau Sara, die als Freie geboren war. Der Sohn der Sklavin wurde geboren, weil Abraham endlich einen Sohn haben wollte, der Sohn der Freien dagegen, weil Gott ihn verheißen hatte. Am Beispiel dieser beiden Frauen will uns Gott zeigen, wie verschieden die beiden Bündnisse sind, die er mit den Menschen geschlossen hat. Den einen Bund schloss Gott auf dem Berge Sinai mit dem Volk Israel, als er ihm durch Mose das Gesetz gab. Dieses Gesetz aber knechtet uns und bringt nur Sklaven hervor wie Hagar…. Die andere Frau aber, von der wir abstammen, ist frei. Sie weist auf das neue Jerusalem im Himmel hin, auf den neuen Bund, den Gott mit uns durch Jesus Christus geschlossen hat.

8. Frank Grothe, Jüdischer Glaube und heiliges Land. (www.grothe.ch). P. Walker, Die Auslegung der Landverheissung im neuen Testament (unterrichtet Neues Testament an der Wycliffe Hall, Oxford University in England), O. Palmer Robertson, Die Landverheissung im Licht des neuen Testaments (Robertson unterrichtet am Knox Theological Seminary in Fort Lauderdale, Florida, USA und am African Bible College in Lolongwe, Malawi)

9. Joh.8,12

10.  Matth.5,14

11. Jim Montgomery, Lass dein Licht leuchten. Wie Jesus zu unseren Nachbarn kommt. Gloryworld Medien, 2002.

12. Jes.42,5.6

13. Jes. 60,1.2

14. 1.Mose 12,3

15. Jes.42,1

16. Joh18,37

17. s. Anm. 7

18. Röm.11,17

19. Jes.11,1-9 Was von Davids Königshaus noch übrigbleibt, gleicht einem alten Baumstumpf. Doch er wird zu neuem Leben erwachen: Ein junger Trieb sprießt aus seinen Wurzeln hervor. Der Geist des Herrn wird auf ihm ruhen, ein Geist der Weisheit und der Einsicht, ein Geist des Rates und der Kraft, ein Geist der Erkenntnis und der Ehrfurcht vor dem Herrn. Er wird den Herrn von ganzem Herzen achten und ehren. Er richtet nicht nach dem Augenschein und fällt seine Urteile nicht nach dem Hörensagen. Unbestechlich verhilft er den Armen zu ihrem Recht und setzt sich für die Rechtlosen im Land ein. Sein Urteilsspruch wird die Erde treffen; ein Wort von ihm genügt, um die Gottlosen zu töten. Gerechtigkeit und Treue werden sein ganzes Handeln bestimmen. Dann werden Wolf und Lamm friedlich beieinander wohnen, der Leopard wird beim Ziegenböckchen liegen. Kälber, Rinder und junge Löwen weiden zusammen, ein kleiner Junge kann sie hüten. Kuh und Bärin teilen die gleiche Weide, und ihre Jungen liegen beieinander. Der Löwe frisst Heu wie ein Rind. Ein Säugling spielt beim Schlupfloch der Viper, ein Kind greift in die Höhle der Otter. Auf dem ganzen heiligen Berg wird niemand etwas Böses tun und Schaden anrichten. Alle Menschen kennen den Herrn, das Wissen um ihn erfüllt das Land wie Wasser das Meer.

20. Röm.11,14.15: Denn kam es schon zur Versöhnung der Völker mit Gott, als er sich von Israel abwandte, wie herrlich muss es werden, wenn Gott sich seinem Volk wieder zuwendet. Dann werden Tote zum Leben auferstehen.

21. 1.Kor.9,19ff.


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Für viele genügt die Tatsache, dass ein Mensch jüdischer Abstammung ist, um etwas Besonderes aus ihm zu machen. Wenn einer dazu noch aus Jerusalem kommt, dann lassen sich damit Kirchen und Hallen füllen. Ais Jude kann man ein Objekt religiöser Bewunderung werden. So wie einige den Staat Israel und das Land schon fast religiös verehren.

Jeff Spivak, Pastor einer messianischen Gemeinde in Israel, sagte einmal: ?In der gegenwärtigen Landsituation müssen bibelgläubige Christen einen prophetischen Standpunkt einnehmen und endlich die Anbetung Israels aufgeben.?

Mir sind drei Problemfelder aufgefallen, bei denen ich den Eindruck habe, dass hinter der Israelliebe die biblische Nüchternheit fehlt. Nach den fatalen Folgen des Antisemitismus und dem Schrecken des Holocaust sollten wir bedenken, dass es in der Geschichte oft nur ein kleiner Pendelschlag vom Philosemitismus (Judenfreundschaft) zum Antisemitismus (Judenhass) war, wie das auch bei dem Reformator Martin Luther zu erkennen ist.

 

Zurück zum Judentum

Kürzlich war in einer christlichen Zeitung zu lesen, dass Israel als Bundesvolk Gottes unabhängig von seiner Beziehung zu seinem Messias Jesus von Nazareth gerettet werde. Als Beweis dafür diente Offb. 21 ,12, wo es heißt, dass die Namen der zwölf Stämme der Söhne Israels im himmlischen Jerusalem neben den Namen der zwölf Apostel des Lammes eingeschrieben sind. Es herrscht die Vorstellung, dass Gott zwei Wege des Heils anbiete: Einmal den Weg für die Juden über das orthodoxe Judentum und zum anderen den Weg für die Völker über den Glauben an Jesus ais Heiland. Dabei wird alles, was jüdisch ist, besonders verehrt. Doch das unmittelbare Heil für Juden in Jesus Christus wird verschwiegen. Petrus sagte damals zu den jüdischen Rabbinern (Apg. 4, 12): ?Es ist in keinem anderen das Heil, ? durch den wir gerettet werden?. Manch ein Christ ist inzwischen zum Judentum übergetreten, weil er denkt, dadurch Gott näher zu sein.

 

Mittel zum Zweck

Die zweite Form einer Überbetonung Israels liegt in einer egoistischen Heilserwartung, in der die Juden nur ein Mittel zum Zweck sind. Aufgrund der Rückkehr der zerstreuten Juden in das Land der Väter und der beginnenden Erfüllung von Hesekiel 37 wächst die Erwartung, dass die Wiederkunft des Herrn unmittelbar bevorsteht. Lasst uns die Ärmel hochkrempeln und Israel segnen, damit der Herr wiederkommt und WIR gesegnet werden. Der Einsatz für die Juden ist bewundernswert, doch es besteht die Gefahr, dass die Juden ein Mittel zum Zweck werden. Paulus und Mose traten mit einer selbstlosen Haltung für Israel ein.

 

Persönliche Schuldgefühle

Die dritte Form einer problematischen Israelliebe entsteht aufgrund persönlicher Schuld an Juden. Oftmals habe ich Momente erlebt, in denen deutlich wurde, dass sich vor allem ältere Menschen aufgrund enormer Schuldgefühle für Juden und für Israel einsetzen, ohne die eigene Vergangenheit aufgearbeitet zu ha ben. Nur durch die Vergebung in Jesus werden innere Wunden geheilt, nicht durch Aktivitäten und Verdrängung.

 

Wir brauchen eine biblische Nüchternheit

Es ist schwierig, wenn Juden übernatürlich im Mittelpunkt stehen. Wenn sie dann nicht wie gewünscht reagieren, ist die Gefahr gross, dass sie abgelehnt werden. Daher sind Juden oft skeptisch gegenüber all der Israelliebe. In der Geschichte des Judentums gab es immer wieder Epochen der Begeisterung, dann der Bedrängung und später der Bedrückung, und am Ende stand die Vernichtung. Eine übertriebene Israelliebe ist oft von einem nationalistischen Israel-Denken geprägt. Man ist pauschal für Israel und kontra Araber. Man sieht nur das Kollektiv und nicht das Individuum. Oft werden pauschale Aussagen gemacht.

 

Wir brauchen eine biblische Nüchternheit, die Folgendes festhält:

1.     Rettung geschieht allein aus Glauben (Apg. 4,12). Allein im Namen Jesu liegt die Rettung für Juden (Rom. 10,12-13).

2.     Es gibt in der Orthodoxie keine persönlich erfahrbare Vergebung von Schuld, egal wie streng religiös jemand lebt. Vergebung geschieht allein aus Glauben (1.Joh.1,7-9).

3.     Der Auferstandene hat uns beauftragt, allen Menschen Zeugnis von ihm abzulegen (Rom.10,14).

4.     Wir leben aus der Gnade des Neuen Bundes. Gott schenkt uns durch sein Opfer Gerechtigkeit (Hes. 36,2627; Jes. 61,10; Jer. 31,31).

5.     Die Bedeutung Israels liegt in seiner Beziehung zum Messias. Daher ist alles Engagement an Unterstützung und Begleitung von Israel und den Juden nur dann sinnvoll, wenn es zum Ziel hat, dass Israel wieder zu seinem Gott der Väter und seinem Messias zurückkehrt.

 

Jurek Schulz

Aus: Messianisches Zeugnis. AMZI ? Arbeitsgemeinschaft für das messianische Zeugnis an Israel. Reinach: Juli/August 2003. www.amzi.org

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Hinter den Schlagzeilen aus dem Nahen Osten stehen Menschen. Doch neben denen, die mit ihrem Hass Schlagzeilen machen, gibt es auch die Suchenden. Christliche Palästinenser und messianische, an Christus gläubige Juden finden sich im Bestreben, ihren Landsleuten durch das Evangelium neue Perspektiven zu eröffnen. Das Missionswerk amzi (Arbeitsgemeinschaft für das messianische Zeugnis an Israel, mit Sitz in Reinach bei Basel) unterstützt Kurse für suchende Menschen, eingeschlossen Moslems. Hier ein Bericht aus der neusten amzi-Zeitschrift über einen Kurs von Lech Lecha (=Brot für dich), bei dem es um die Einübung des Lebens mit Christus ging.

Der vierte dreimonatige Jüngerschaftskurs von Lech Lecha ist vor kurzem zu Ende gegangen. Wir sind dem Herrn sehr dankbar für seine Segnungen, die wir auf allen Ebenen erfahren durften. So hatten wir diesmal sieben Teilnehmer im Alter von 20 bis 24 Jahren. Die meisten von ihnen kamen direkt nach ihrem obligatorischen Armeedienst zu uns.

Drei Teilnehmer hatten erst kürzlich eine Beziehung mit Jeschua (Jesus) begonnen und es war ein besonderer Segen, an den Veränderungen teilzuhaben, die diese jungen Leute am Anfang ihres Glaubenslebens durchmachten. Das Wort Gottes hat Kraft, Herzen zu verändern!

Diese Veränderung und Liebe Jesu unter uns wurde auch sichtbar für unsere Umgebung. So sagte uns zum Beispiel Eiman, ein arabischer Moslem, dass es gerade die Liebe der Teilnehmer des Kurses war, die ihn dazu bewegte, sein Leben zu ändern.

Wir trafen ihn in Latrun während der Anfangsphase unseres Kurses, als er dort gerade mit Hilfe von Christen eine Drogen-Entzugskur durchmachte. Eiman ist 25 Jahre alt. Er war drogensüchtig und in kriminellen Bahnen. Heute, gut drei Monate später, ist er frei von Drogen und sein Herz sprudelt nur so, wenn er anderen von Jesus erzählt!

Da die Teilnehmer aus den unterschiedlichsten Familien stammten, suchten wir während der Zeit des Kurses den Kontakt zu ihren Verwandten. An einem Grill-Abend baten wir Nagib, einen befreundeten arabischen Christen, den geladenen Eltern und Freunden der Teilnehmer zu erzählen, wie er zum Glauben an Christus kam und was sich dadurch veränderte.

Eine Mutter hatte anschliessend Tränen in den Augen und sagte, sie wolle mit Nagib und seiner Frau in Kontakt bleiben. Die Liebe Gottes überbrückt alle kulturellen und politischen Unterschiede!

 

Quelle: amzi

Webseite der Arbeitsgemeinschaft für das messianische Zeugnis an Israel: www.amzi.org

 

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Im 19. Kapitel des Propheten Jesaja hat Gott verheissen, den Nahen Osten zu einem Zentrum des Segens zu machen. Welcher Strategie er sich dazu bedient, ist das Thema dieses Lehrteils, der dritten Folge von „Der Islam und seine Beziehung zu Israel und der Gemeinde“.

 

Die Situation im Nahen Osten und die Beziehung zwischen Juden und Arabern ist heute durch den israelisch-palästinensischen Konflikt zum Inbegriff von Unversöhnlichkeit, Hass und Gewalt geworden. Weltweit fliesst in Hunderten von Konflikten und gewalttätigen Auseinandersetzungen oft viel mehr Blut. Aber der Nahost-Konflikt ist für die Welt zu dem Konflikt geworden, der alle Gemüter bewegt; und jeder, gefragt oder ungefragt, fühlt sich zu einer Stellungnahme gemüssigt. Dieser Konflikt hat schon viele israelische, arabische und internationale Friedensbewegte, Regierungschefs, Politiker und sonstige Vermittler an den Rand ihrer Kräfte, Fähigkeiten und Möglichkeiten gebracht; leider ohne bleibende Erfolge. Der einzige, der durch einen unglaublich mutigen Schritt eine Art von Erfolg verbuchen konnte, hat dies mit seinem Leben bezahlt: Der frühere ägyptische Präsident Sadat schloss 1979 mit Israel Frieden und wurde durch seine eigenen Leute umgebracht. Sein Erfolg ist durch die Jahre schleichend wieder rückgängig gemacht worden.

 

Laut einer Umfrage in Frankreich gilt zur Zeit der Irak als die grösste und Israel als die zweitgrösste Bedrohung für den Weltfrieden. Es wird gesagt, der Nahost-Konflikt habe das Potential, die ganze Welt zum Explodieren zu bringen. Das liegt kaum daran, dass Israel und der Irak Atom- bzw. chemische Waffen besitzen, denn das tun Länder wie Indien und Pakistan auch. Und deren Hass aufeinander ist nicht kiemer als der zwischen Juden und Arabern. Der Umgang mit dem Nahost-Konflikt in Bezug auf das persönliche und emotionelle Engagement des Einzelnen wie der Weltgemeinschaft ist einzigartig. West- und Osteuropäer, Amerikaner, Asiaten und Afrikaner tanzen auf den verschiedensten politischen Bühnen um diesen Konflikt herum und versuchen, sich mit Lösungsvorschlägen zu überbieten, ohne dass bisher ein Lösungsvorschlag gegriffen hätte.

 

Stolperstein Jerusalem

Jede Versöhnung, jede Friedensinitiative zerschellt an der Tatsache, dass sowohl das jüdische Volk als auch der Islam ihre Identität, ihr Zuhause und ihr Erbe mit Jerusalem verbinden, konkret mit dem Tempelberg als Ort der Gottesoffenbarung. Für Juden und Moslems ist es unmöglich, diesen Platz an den ändern abzutreten, ohne sich selbst aufzugeben. Jerusalem ist für die Moslems nicht etwa nur, wie viele im Westen denken, die drittheiligste Stadt. Dazu seien im Folgenden nur einige wenige Gründe genannt.

 

Etwa 18 Jahre nach der Etablierung des Islams in Medina wurde Jerusalem unter dem Kalifen Omar, dem Nachfolger Mohammeds, eingenommen. Der damalige Bischof von Jerusalem, Patriarch Sophoronius, übergab Omar den Tempelberg als Ort für den Bau einer moslemischen Gebetsstätte (Moschee). Zu jener Zeit war der Tempelberg von den Christen zu einem Abfallberg gemacht worden, um die weitverbreitete Lehre der Verwerfung des jüdischen Volkes durch eine bewusste Entweihung seiner heiligen Stätten darzustellen. Omar liess den Tempelberg reinigen und baute die AI Aksa Moschee in Anlehnung an Sure 17, die besagt, dass Mohammed in einer Nacht auf seinem geflügelten Pferd (AI Burak) zu der „entfernten Gebetsstätte“ (AI Aksa) ritt und von da in den Himmel entrückt wurde, um von allen Propheten zu ihrem Haupt eingesetzt zu werden. Das konnte nicht in Medina oder Mekka geschehen; denn nur Jerusalem war die Stadt der Propheten. Daher neigten sich die ersten Moslems beim Gebet nach Jerusalem, nicht nach Mekka. Die spätere Ausrichtung nach Mekka musste im Koran durch eine spezielle Offenbarung bewilligt und gerechtfertigt werden; es handelte sich dabei eigentlich um ein politisches Manöver, um Mekka, das schon vorislamisch die Zentrale der Macht in Arabien war, unter die Herrschaft des Islams zu bringen.

 

Die Bedeutung Jerusalems für den Islam und das Judentum

Jerusalem nimmt aber für das islamische Endzeitgeschehen eine zentrale Rolle ein. Jerusalem ist für den Islam die Stadt der Propheten und der Offenbarung Gottes. Sie ist nicht zufällig als einzige Stadt in der islamischen Welt „Al Quds“, die Heilige, genannt. Wer sie besitzt, gehört zu den Nachfolgern des Propheten, zu den Erwählten Gottes, zu den Rechtgläubigen, zu den Menschen, welchen Gott seine Herrschaft über diese Welt anvertraut hat. Für das jüdische Volk bedeutet Jerusalem schlicht die Mitte, den Ursprung und die Erfüllung seiner Identität und seiner Bestimmung als Volk und Nation. Darum wird seit zweitausend Jahren immer wieder am Ende von Pessach von allen Juden ihre Sehnsucht zum Ausdruck gebracht im Wunsch und Gebet: „Nächstes Jahr in Jerusalem.“ Wenn von Jerusalem die Rede ist, spreche ich vom Tempelberg; dem Ort, auf welchem der Tempel Salomos stand, bei dessen Einweihung der Gott Israels in seiner Heiligkeit herniederkam und den Ort für alle Zeiten heiligte, indem er erklärte: „Mein Herz soll für alle Zeiten an diesem Ort wohnen“ (1. Kön. 8, 10-11, und 9, 3). Israel ist berufen, in der Gegenwart seines Gottes zu leben und ihm ein Volk von Priestern und ein Licht für die Nationen zu sein. Es kann nicht anders zur Ruhe, zum Frieden und zur Erfüllung seiner Bestimmung kommen ausser durch die Rückkehr in die Gegenwart Gottes, durch „Aliya“ (=Hinaufziehen; im modernen Hebräisch das Wort für Einwanderung der Juden nach Israel), d.h. das Hinaufziehen zum Tempel, auf den Tempelberg, in die Gegenwart Gottes. Gott hat die Berufung und das Erbe Israels an dieses Land und speziell an diesen Ort gebunden.

 

Die Berufung Israels

Die Berufung Israels ist es, in und durch die Offenbarung Gottes zu leben, um diese der Welt zu bezeugen; aus der Gegenwart dessen, der das Licht der Welt ist, den Völkern das Licht zu bringen: „Mache dich auf, werde licht! Denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn strahlt auf über dir. Denn siehe, Finsternis bedeckt die Erde und Dunkel die Völker; doch über dir strahlt auf der Herr, und seine Herrlichkeit erscheint über dir, und Völker strömen zu deinem Lichte, und Könige zu dem Glanz, der über dir aufstrahlt“ (Jes. 60,1-3). Auch wenn ein Grossteil des jüdischen Volkes und des Staates Israel heute noch nicht zu diesem Licht durchgedrungen ist, noch nicht in die ihnen verheissene Gegenwart Gottes eingetreten ist, so ist doch Gott am Werk, Israel als Volk und Nation wiederherzustellen, um es in sein Erbe einzuführen, damit an ihm und durch es seine Herrlichkeit offenbart und sein Name unter den Völkern geheiligt werde.

 

Es geht aber nicht um Israel an sich, sondern um Israel in Bezug auf die Ehre Gottes und das Heil für die Völker (Ez. 36,31-38). Doch Israel kann nur in seine Berufung hineinkommen an dem Ort und in dem Land, das Gott dafür bestimmt hat. Land und Volk gehören nach dem Wort Gottes so sehr zusammen, dass der Zustand der Zerstreuung, des Lebens ausserhalb des Landes Israel für das Volk Israel einen Zustand des Gerichts und der Gottesferne darstellt. Wenn das jüdische Volk seine Identität und Bestimmung als Volk nicht verlieren und aufgeben will, – und Volk ist es nur als Volk Gottes muss es zurückkehren nach Israel, nach Zion, nach Jerusalem. Denn nur da wird Gott seinem Volk als Volk begegnen: „… .und sie werden auf den schauen, den sie durchbohrt haben“ (Sach.12,10).

 

Die Wurzeln des Nahost-Konflikts

Hier liegen die unlösbaren Wurzeln des Nahost-Konflikts. Die Nationen und oft ein Teil der israelischen Führung selbst betrachten den Konflikt als ein politisches, ethnisches, menschliches und kulturelles Problem, das mit vernünftigen Lösungen und Kompromissen zu lösen wäre. Dabei erfahren sie aber den Sisiphus-Charakter ihrer Bemühungen, ohne zu erkennen, dass es um mehr geht als um das Ringen zweier Völker um den gleichen Lebensraum, um historische Rechte und Unabhängigkeit. Es ist der Kampf um Identität und Bestimmung, der Kampf um die Erwählung und das Erbe. So zentral Jerusalem für das jüdische Volk und die Erfüllung der biblischen Verheissung ist, so zentral ist es für den Islam, der unmissverständlich bekennt und festhält, dass Gott die islamische Gemeinschaft mit der letzten und endgültigen Offenbarung der Wahrheit gewürdigt und berufen hat, die Welt unter die Herrschaft des Islams zu bringen. Jerusalem, die Stadt der Propheten, ist ein unaufgebbares Symbol der islamischen Herrschaft. Für den Islam gibt es keine grössere Infragestellung seiner Identität und seiner Herrschaft, als diese Stadt in den Händen von Juden zu wissen, die doch nach dem Koran und islamischer Überlieferung als ein verworfenes Volk | gelten, welches unter dem Fluch Gottes steht. Die Herrschaft über den Tempelberg ist Symbol und Legitimation, sich als Gottes Volk erwählt zu wissen und seine von ihm berufenen Zeugen zu sein. Nach dem Koran gibt es keine Zweifel, dass diese Erwählung durch Abraham und Ismael den Moslems, allen voran dem arabischen Volk allein gilt. Versöhnung mit Nicht- , Moslems gibt es nicht.

 

Die Sicht der Bibel

Die Sicht der Bibel ist anders. Nach Jes. ‚ 19, 24-25 verheisst Gott durch seine Propheten, dass der Tag kommen wird, an dem er Ägypten, Assur (Assur umfasste damals die heutige arabische Welt des Nahen Ostens) und Israel durch sein Gericht reinigt, ihren Stolz bricht, sie miteinander versöhnt und zusammen verbindet, um sie gemeinsam zu einem Segen auf Erden zu machen. Gott hat das Unvorstellbare in Aussicht gestellt, nämlich dass Länder wie Syrien, Irak, Saudi-Arabien und Ägypten dereinst mit Israel einen Bund schliessen werden, der nicht nur für sie selbst, sondern für die ganze Welt zum gen wird. Und Gott macht keine leeren Worte! In 4. Mose 23,19 heisst es: „Gott ist nicht ein Mensch, dass erlüge, nicht Menschenkind, dass es ihn reue. Sollte er wohl reden und es nicht tun, sollte er etwas künden und nicht erfüllen?“ Die Verheissung Gottes, den Nahen Osten zum Segenszentrum zu machen, hat mit der Treue Gottes gegenüber Abraham zu tun. Den arabischen Völkern als Nachkommen Ismaels, des Sohnes Abrahams nach dem Fleisch, ist um Abrahams willen Segen verheisseb (1.Mose 21,13-20). Segen heisst immer Lebensfülle, Fruchtbarkeit in allen Lebensbereichen, Friede, Freiheit, Heil. Ägypten war nicht nur das Sklavenhaus Israels, wofür sie Gericht erfahren haben, sondern auch ein Ort der Zuflucht für Abraham, Joseph, Jakob und nicht zuletzt für den Messias selbst. Nicht zu vergessen, dass sich der Pharao zur Zeit Josephs von Jakob segnen liess; eine Demutshaltung, um derentwillen Gott trotz aller Gerichte Ägypten mit hineinnimmt in die besondere Berufung der Nachkommen Abrahams. Nicht zuletzt ist das ein Grund, warum neben Israel Ägypten als Volk und Nation eines der ganz wenigen Völker ist, das aus alter Zeit existiert: eben weil Gott in seiner Heilsgeschichte noch Verwendung für Ägypten hat. Ist es nicht erstaunlich und im wahrsten Sinne des Wortes merkwürdig, dass genau diese Völker, die bestimmt sind, zusammen ein Zentrum des Segens zu sein, heute nicht nur allen bekannt, sondern – wenn auch im Moment in negativer Weise “ in aller Leute Mund sind“!

 

Auflehnung gegen Gott

Gott trifft Vorbereitungen, um seine Verheissungen und Pläne umzusetzen. Eine Folge der Auflehnung gegen den Gott der Bibel ist der Hass, die Gewalt und Finsternis, die die Beziehung dieser Völker heute prägen und die aus Jerusalem, der Stadt des Friedens und des Heils (der Stadt des grossen Königs, d.h. des Messias, wie sie Jesus nennt), eine Stadt des Grauens, des Terrors, der unversöhnlichen Gegensätze und des Hasses machen. Die Auflehnung gründet in einem tiefen Misstrauen Gott gegenüber, weil man ihn nicht versteht und ihm nicht glaubt, dass er sich die Erlösung und das Heil aller Völker zum Ziel gesetzt hat. Jes. 2, 2-5: „Auf, lasst uns hinaufziehen zum Berge des Herrn, zum Hause des Gottes Jakobs! Er lehre uns seine Wege, und wir wollen in seinen Pfaden wandeln, denn von Zion wird ausgehen das Gesetz und das Wort des Herrn von Jerusalem, und er wird richten zwischen den Völkern und vielen Nationen Schiedsrichter sein. Sie werden umschmieden ihre Schwerter zu Pflugscharen … nimmermehr wird Volk gegen Volk zum Schwerte greifen…“

 

Gottes Strategie

Gott hat eine Strategie gewählt, welche allein Heil und Erlösung zu schaffen vermag; eine Strategie, an der jeder Stolz zerbrechen muss, weil sie für Gott selber eine unglaubliche Erniedrigung und Demütigung bedeutet. Er hat sich ein halsstarriges, stolzes, undankbares Volk erwählt und seinen Namen für alle Zeiten mit ihm verbunden als der „Gott Israels“. Er hat sich und seinen Namen in ihre Hände gegeben, sich ihnen offenbart, seine Herrlichkeit gezeigt und sein Wohnzelt unter ihnen aufgeschlagen. Er hat ertragen, dass sie in unzähliger Weise seinen Namen missbraucht und in den Dreck gezogen haben. Wohl hat er sie mit harten Gerichten gezüchtigt und unter alle Völker zerstreut; doch hat er sich nie von ihnen gelöst, sie nie verworfen, seine Pläne, sie zum Licht der Nationen, zu seinen Zeugen zu machen, nie zurückgenommen (Jes. 43,10; 44,8). Er wurde in der Fleischwerdung des Messias, des einzigen Sohnes des Vaters, sogar ein Teil dieses Volkes. Jes. 9,6: „Denn ein Sohn ist uns gegeben, ein Kind ist uns geschenkt, und er wird heissen Wunderrat, Friedefürst, starker Gott, ewig Vater, und die Herrschaft liegt auf seinen Schultern…“ Joh. 3, 18: „Gott hat niemand jemals gesehen. Der eingeborene Sohn, der an der Brust des Vaters ruht, der hat Kunde gebracht.“ Er wurde zum Fluch, um alle Finsternis der Schöpfung aufsich zu nehmen, um sie am Kreuz zu vernichten, damit durch die Auferstehung, durch die Überwindung des Todes Licht, Gnade und Wahrheit durchbrechen und von diesem berufenen Volk hinausgetragen werden konnten zu den Völkern. So erfüllt sich die Verheissung durch den Propheten Jeremia: „Zu dir werden die Heiden kommen und sprechen: Das Erbe unserer Väter war lauter Lüge…“ (16, 19). Auch das Wort des Propheten Jesaja wird so in Erfüllung gehen: „Gott, der Herr, Jahwe Zebaoth, wird allen Völkern ein fettes Mahl bereiten auf diesem Berg… Auf diesem Berg nimmt er die Hülle weg, die auf allen Völkern liegt, und die Decke, die über allen Heiden ausgebreitet ist. Er vernichtet den Tod auf immer. Und der Herr wischt ab die Tränen von jedem Angesicht und nimmt seines Volkes (Israel) Schmach hinweg vor der ganzen Welt“ (25,6-9). Es wird sich erfüllen, was der Prophet Sacharia sagt: „In jenen Tagen wird es geschehen, dass zehn Männer aus allen Sprachen und Völkern einen Judäer bei seinem Rockzipfel ergreifen und sagen: Wir wollen mit euch gehen, weil wir gehört haben, dass Gott mit euch ist“ (8,23).

 

Zerbruch des Islams

Gottes Strategie wird den Stolz des Islams und der arabischen Völker brechen, welche auf Macht und die Gewalt des Schwertes bauen, um sich Herrschaft, Ansehen und den ersten Platz anzueignen. Das Wort Gottes des Alten und Neuen Testaments bezeichnen sie als Fälschung und Lüge und setzen an seine Stelle ihr eigenes, ihrem Stolz und ihrer Ehre dienendes religiöses Bekenntnis. Der Stolz und die Macht des Islams und der arabischen Nationen müssen gebrochen werden, damit die arabischen Völker die Verheissung von Jeremia 16 erfahren können: „Das Erbe unserer Väter ist lauter Lüge.“ Befreit von der Lüge des Islams werden sie freigesetzt, an der Seite Israels in den versprochenen Segen hineinzukommen und dadurch zum Segen für die Welt zu werden. Das Hineinkommen in den verheissenen Segen ist für die arabischen Völker und Ägypten nur möglich an der Seite Israels. Sie müssen sich unter die gewaltige Hand des Gottes Israels beugen und demütig anerkennen, dass Gott das jüdische Volk nie verworfen hat. Im Gegenteil: Er hat ihnen Hunderte von Malen durch seine Propheten verheissen, sie nach einer Zeit des Gerichts und der Zerstreuung aus allen Völkern wieder zu sammeln in dem Land, das ihnen seit Abraham als Eigentum versprochen wurde. Um in ihre Berufung hineinzukommen, müssen das arabische und das ägyptische Volk akzeptieren, dass Gott die Juden als Nation nach zweitausend Jahren im Land Israel wiederherstellt, um sie in seiner Endzeit-Heilsgeschichte als ein Gefäss und als Botschafter zu brauchen.

 

Die Nachkommen Ismaels werden in Jes. 60,1-7 als erste unter den Völkern aufgezählt, die nach Jerusalem hinaufziehen, um dem Messias zu huldigen: Kedar, Nebaioth, Midian… Der Messias, dem sie huldigen werden, ist ein jüdischer Messias und König. Er wurde geboren als jüdischer Messias und König, starb als jüdischer Messias und König und wird wieder kommen als jüdischer Messias und König, um über ein Jerusalem zu herrschen, das die Hauptstadt des jüdischen Volkes ist; denn er ist das Licht, das das jüdische Volk erleuchten wird und das sie hinaustragen werden „zu den Enden der Erde“.

 

Israel muss sich demütigen

Gott widersteht dem Stolzen, dem Demütigen aber gibt er Gnade. Jede Form von Stolz wird an der Demut des Gottes Israels zerschellen müssen. Aber auch der Stolz des jüdischen Volkes muss an der Strategie Gottes zerschellen. Es wird erkennen müssen, dass es sich das verheissene Land, das Land der Väter, nicht kraft seiner eigenen Fähigkeiten, seiner Stärke oder seiner religiösen Errungenschaften aneignen kann. Israel hat weder das Recht, das Land an sich zu reissen, noch das Recht, das Land wegzugeben, denn es ist Gottes Land, ein Land, auf dem das Auge Gottes ruht (5. Mose 11,10-14). Es wird Israel von Gott gegeben als Geschenk, als Brautgabe, als Ort der Begegnung mit ihm. Nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch den Geist Gottes werden Land und Volk wiederhergestellt (Sach. 5, 6). Der jüdische Humanismus, die jüdische Religiosität, die Jüdische Vernunft, die israelische Armee müssen sich beugen und bekennen: „Wenn der Herr nicht die Stadt baut, so arbeiten die Arbeiter umsonst“ (ps. 127). Israel wird erkennen, dass weder sie noch ihre mächtigen Verbündeten in diesem Land Friede und Sicherheit schaffen und garantieren können, sondern nur die Hinwendung und der Hilferuf zu dem Einzigen, der imstande ist, diesem Land Frieden zu bringen, weil es SEIN Land ist. Wenn er eingreift, wird er weder Partei ergreifen noch sich um historische Rechte und um Nationalstolz kümmern. Er wird für alle Lebensraum, Frieden und Freiheit schaffen, aber eben zu seinen Bedingungen.

 

Der Stolz der Nationen

An der Strategie Gottes wird aber auch der Stolz der Nationen gebrochen werden. In Psalm 2 heisst es, dass die Mächtigen der Welt sich gegen den Gott Israels und seinen Gesalbten auflehnen. Diesen Mächtigen streckt Gott seine Hand entgegen, gerade durch das Volk, das sie durch die Jahrtausende hindurch gehasst, verachtet, verstossen, verfolgt und umgebracht haben. Das Volk Israel, das zum Inbegriff der Verfluchten geworden war und als Aussatz und Kehricht der Welt bezeichnet wurde, wird zum Bringer der frohen Botschaft, des Lebens, als Diener des Allmächtigen. Dieses Volk zu empfangen und zu ehren als jene, die den Weg zu dem hin zeigen, der das Licht der Welt ist, wird den Stolz der Nationen brechen. Die Nationen werden bekennen müssen: „Lasst uns mit euch gehen, denn Gott ist mit euch“ ‚(Sach. 8, 23). So wie Israel Jesus, den es gehasst, verachtet und verfolgt hat, lieben und ehren lernt, wenn es ihn als den Durchbohrten erkennt, so werden die Nationen Israel lieben und ehren ernen.

 

Die Kirche

Aber auch der Stolz der Kirche wird an der Strategie Gottes zerschellen müssen. Wie oft hat die Kirche das Wesen Gottes verkannt und das jüdische Volk als von Gott fallengelassen, enterbt und zur Bedeutungslosigkeit, wenn nicht gar zum Gericht bestimmt geglaubt! Wie wenn Gott wankelmütig und unberechenbar wäre in seinen Verheissungen   und   Berufungen! „Denn die Berufungen Gottes können ihn nicht gereuen!“ (Rom 11,29) Ohne die Berufung Israels gäbe es die Kirche nicht, und ohne die Wiederherstellung Israels und seine Freisetzung in seine Berufung wird die grosse Ernte für das Reich Gottes nicht eingebracht (Sach. 8, 23; Jes. 25). Die Kirche ist berufen, an der Berufung des jüdischen Volkes teilzuhaben; aber sie kann das Volk Israel nicht ersetzen. Sie ist nach Eph. 2,19 Mitgenossin und Teilhaberin und nicht alleinige Besitzerin des Heils und der Berufung. Die Fruchtbarkeit der Kirche hängt von ihrer Einheit und ihrer Verbundenheit und Gemeinsamkeit mit dem älteren, zuerst berufenen und erstgeborenen Bruder ab. Vor der Welt muss die Kirche neu bekennen: „Mein Herr und Messias Jesus ist der König der Juden, und die Juden sind mein Volk. Wir gehören als Kirche zu ihnen, und ihr Leben und ihre Geschichte betrifft uns ganz direkt.“ Wie die Ruth der Bibel wird die Kirche bekennen müssen: „Dein Gott ist mein Gott, und dein Volk ist mein Volk. Wo du hingehst, will ich auch hingehen; wo du bleibst, will ich auch bleiben“ (Ruth 1,16). Wenn die Kirche nicht bereit ist, die Schmähungen, die Verfolgungen und den Hass, die immer noch das jüdische Volk treffen, zu teilen und sich zu ihm zu stellen, wird sie auch Fruchtbarkeit, Vollmacht und Autorität, die Gott Israel verheissen hat, nicht teilen können. Mit Paulus könnte man sagen: „Was die Kirche bisher erlebt hat an Vollmacht und Autorität, ist kaum der Rede wert, verglichen mit dem, was sein wird, wenn Gott Israel in seiner Berufung freisetzen wird“ (Röm. 11, 15). Die Kirche muss sich unter die gewaltige Hand Gottes beugen, damit er sie zu seiner Zeit und zu seinen Bedingungen erhöhen kann. Die Kirche wird zur Aussenseiterin werden, selber verachtetet, verfolgt und gehasst, wenn sie bekennt, dass ihr Messias Jesus der Judenkönig und das jüdische Volk sein Volk ist. Aber das ist der Weg, in die Fülle ihres Erbes hineinzukommen.

 

Die ganze Welt ist betroffen

Der Nahost-Konflikt betrifft nicht nur Araber und Juden, sondern die ganze Welt, weil die Wiederherstellung Israels nicht das Resultat menschlichen, sondern göttlichen Handelns ist – dies auch, wenn Gott sich Menschen und Institutionen bedient, wie zum Beispiel im Jahr 1948 der UNO. Die Tatsache, dass seinem Handeln, welches das Heil der Welt im Blick hat, sowohl vom jüdischen Volkes wie von der nichtjüdischen Welt und der Kirche so viel Widerstand entgegengebracht wird, ist der Grund für viel Leid und Not. An seinem Handeln mit und an Israel macht Gott die Herzenshaltung sowohl des jüdischen Volkes wie der nicht-jüdischen Welt ihm und seinem Wort gegenüber offenbar. Jeder wird früher oder später gezwungen, Stellung zu beziehen, was für ihn normativ und damit Autorität ist: das biblische Wort oder die eigene, menschliche oder religiöse Sichtweise. Der Gott des alten und des neuen Bundes bietet dem jüdischen Volk und der ganzen Welt Leben, Frieden und Heil in Jesus an. Dieses Angebot auszuschlagen oder gar zu bekämpfen hat seine Konsequenzen. Wenn der Gott der Bibel allein das Leben und die Liebe ist – und das ist er! – kann ein Leben ohne ihn nur in der Not, im Elend und im Tod enden.

 

Marcel Rebiai

© 2002 COR-GDV, Gossau ZH.

 


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Gebet in Liebe und Erkenntnis

Für jemand beten heisst nicht, mit seinem Handeln einverstanden zu sein. Gott ist der Erste, wenn es darum geht, Fehler schonungslos aufzudecken und doch ganz zu seinen Geliebten zu stehen. So können wir vorbehaltlos für Israel und für die Palästinenser beten.

 

·      Wir beten für die Juden; durch eine tausendjährige Geschichte des Leidens und der Verfolgung fühlen sich die Juden oft verunsichert und verletzbar. Terroranschläge und das Gefühl, als Minderheit einer Übermacht von 150 Millionen Arabern gegenüber zu stehen, fördern diesen Eindruck. Betet für Sicherheit, Vertrauen und Gelassenheit. Wir beten, dass nicht die Angst sie dazu treibt, ihre Geschwister, die Palästinenser, ungerecht zu behandeln.

·      Wir beten für die PalästinenserInnen; sie fühlen sich oft von der Welt verlassen und ihrem Elend überlassen. Gott möchte ihnen Frieden geben. Wir beten, dass ihre Führer wirklich das Wohl des Volkes suchen und nicht ideologische Eigeninteressen vertreten.

·      Wir beten, dass der Geist oder die Logik von Gewalt und Tod einem Geist/einer Logik der Vergebung und des Lebens weichen kann.

·      Wir beten für den Frieden von Jerusalem (Ps. 122,6) und aller seiner Einwohner, für die Juden, Moslems und Christen, dass sie zur Versöhnung mit Gott finden können.

·      Wir beten für Frieden im Nahen Osten (vgl Jes. 19,24-25; Ps. 122,6); Gott sehnt sich nach Frieden für seine Menschenkinder, warum nicht auch im politischen Bereich?

·      Wir beten für den Erfolg politischer Initiativen; Gott hat sich immer wieder auf Menschen (auch Ungläubige) gestützt, um seine Heilspläne umzusetzen.

·      Wir beten für christliche und nicht-christliche Versöhnungs- und Friedensarbeiten vor Ort (z.B. MusalahaWahat as-SalamMar Elias Educational Institutions von Elias Chacour und andere). Und überhaupt für die Menschen, die es immer wieder wagen, die ethnischen Schranken zu überwinden und sich für den Frieden einzusetzen.

·      Wir beten für die arabischen Christen, die Konvertiten aus dem Islam und die messianischen Juden, die sich immer wieder zwischen den Fronten finden und oft an Leib und Leben bedroht sind.

·      Wir beten besonders dafür, dass die Gläubigen ihren Volksgenossen Vorbilder der Versöhnung und der Friedensförderung sein können und dass sich immer mehr Gemeinden für die Versöhnung engagieren und so zu Licht und Salz für die Welt werden.

·      Wir beten, dass die Gläubigen auf beiden Seiten nicht der Versuchung des Nationalismus? und Zynismus? erliegen, sondern ihre Hoffnung auf Jesus setzen.

·      Wir beten dafür, dass immer mehr Menschen bereit werden, sich dem Leiden des anderen Volkes zu stellen und es mitzutragen.

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GENF, 27.2.2004 : ChristNet ist ein Forum von evangelischen ChristInnen, das sich mit sozialen, wirtschaftlichen, ökologischen, kulturellen und Entwicklungsfragen kritisch auseinandersetzt. Wir wollen eine Politik der Nächstenliebe entwickeln, die von den Bedürfnissen der Schwächsten ausgeht, und durch Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit die Debatte zu gesellschaftlichen Themen in den Schweizer Freikirchen anregen.

 

Viele Christen fühlen sich dem Nahost-Konflikt gegenüber ohnmächtig. Sie glauben an die biblischen Prophetien, wonach Israel in diesem Land wiedererstehen muss, stossen damit aber bei nichtchristlichen Freunden auf Unverständnis und Ablehnung. Zudem geraten sie in einen inneren Zwiespalt, wenn sie an das Leiden der beiden Völker denken, das sich aus der aktuellen Situation ergibt. ChristNet ist überzeugt davon, dass die göttliche Antwort auf diesen Konflikt Versöhnung heisst, die sich dadurch äussert, dass beide Völker sich dem Leiden der ?Anderen? stellen.

 

Wenn Gottes Propheten von Gericht und Krieg sprechen, so ist das meist ein Aufruf zu Busse und Umkehr (z.B. bei Jona1 ). Jesaja spricht aber auch vom kommenden Frieden zwischen Irak, Syrien, Libanon, Jordanien, Ägypten, den palästinensischen Gebieten und Israel.2  ChristNet ruft darum zum Gebet auf, nicht nur für Israel und die Juden, sondern auch für die Araber (Moslems und Christen), denn das Schicksal dieser zwei Völker ist durch die Geschichte unwiederbringlich miteinander verkettet.

 

In freikirchlichen Kreisen konnte in den letzten Jahren eine Sensibilisierung zum Thema Israel festgestellt werden. In vielen Gemeinden werden die jüdischen Wurzeln des Christentums und die Liebe zum Volk Israel neu betont. Damit wird die evangelikale Theologie gewiss bereichert und vertieft.

 

Leider geht diese Entwicklung oft mit einer bedingungslosen Unterstützung des ?jüdischen Staates? Israel und seiner Politik einher. Geistliche Erkenntnisse (Prophetien) werden schematisch in politische Schlussfolgerungen umgemünzt, ohne dabei die Lage der Menschen vor Ort zu berücksichtigen. Gleichzeitig lassen sich andere Christen, die für die katastrophale Lage in den Palästinensergebieten sensibel sind, zu anti-israelischen Aussagen hinreissen, die schnell einen anti-jüdischen Ton erhalten können.

 

Durch solche Parteinahmen wird der Nahost-Konflikt in unsere Gemeinden hineingetragen. ChristNet ist davon überzeugt, dass es nicht darum gehen kann, für oder gegen ein Volk Partei zu ergreifen.3  Es geht vielmehr darum, Gottes Willen zu suchen, der sich in Jesus offenbart hat: aus Liebe zu allen Menschen Frieden zu stiften und damit zu Busse und Gerechtigkeit beizutragen.4

 

Um solche Parteinahmen zu vermeiden, ist es wichtig, sich der Situation und dem Leiden der beiden Völker zu stellen. Die Juden leben mit der traumatischen Erfahrung einer Jahrtausende alten Geschichte der Verfolgung und Ausgrenzung, des Holocaust und heute der Verunsicherung durch den Terror. Die Araber wiederum erleben die Gründung des Staates Israel als Nakba (arab.: Katastrophe) da er für sie Entwurzelung, Militärterror und Verlust der Existenzgrundlage bedeutet.

 

Besonders exponiert sind dabei die arabischen Christen, die als Minderheit oft zwischen Hammer und Amboss geraten, indem sie von den eigenen Leuten als Kollaborateure, von den Juden als Feinde angesehen und von den westlichen Geschwistern nur wenig beachtet werden. Ähnliches gilt für die messianischen Juden, die von ihren Volksgenossen misstrauisch als ?verkappte Christen? betrachtet werden.

 

Die Haltung der Parteilosigkeit findet ihren konkreten Ausdruck in zahlreichen Versöhnungsarbeiten, von denen eine an der ChristNetKonferenz vorgestellt werden soll. So wollen wir Verständnis für die Lage beider Völker schaffen.

 

In einer ganzheitlichen Sicht ist Versöhnung nicht nur eine Frage des persönlichen Engagements, sondern äussert sich auch in politischen Bestrebungen. Eine friedensfördernde und versöhnliche Politik kann unter Umständen den Rahmen schaffen, in dem ein Näherkommen der zwei Völker möglich wird. Gott will im Nahen Osten Frieden schaffen. Es gibt keinen Grund, dass wir uns nicht auf allen Ebenen um diesen Frieden bemühen. Darum kommt an der ChristNetKonferenz auch ein Spezialist für Friedensbestrebungen in Nahost zu Wort.

 

ChristNet ist sich bewusst, dass dies kein einfacher Ansatz ist, heisst es doch, von vertrauten Denkschemen wegzukommen, um sich dem Leiden der Menschen zu stellen, ungeachtet ihrer Herkunft und ihres Glaubens. Es bedeutet, ein Stück des Leidens mitzutragen, das Gott im Angesicht dieses Konflikts empfinden muss, und Hoffnung zu schöpfen, dass durch Ihn Frieden im Nahen Osten tatsächlich möglich ist. Das kann unser bescheidener Beitrag zum Frieden im Nahen Osten sein.



1. Jonas Predigt ist eine reine Gerichtsankündigung ohne offensichtliche Möglichkeit der Busse: ?Noch vierzig Tage und Ninive ist zerstört!? (3,4). Aber Gott lässt sich dennoch durch die Busse der Bevölkerung bewegen: ?Und Gott sah ihre Taten, daß sie von ihrem bösen Weg umkehrten. Und Gott ließ sich das Unheil gereuen, das er ihnen zu tun angesagt hatte, und er tat es nicht.? (3,10)

2.  Jesaja 19,23-25: ?An jenem Tag wird es eine Straße von Ägypten nach Assur geben. Assur wird nach Ägypten und die Ägypter nach Assur kommen, und die Ägypter werden mit Assur [dem HERRN] dienen. An jenem Tag wird Israel der Dritte sein mit Ägypten und mit Assur, ein Segen inmitten der Erde. Denn der HERR der Heerscharen segnet es und spricht: Gesegnet sei Ägypten, mein Volk, und Assur, meiner Hände Werk, und Israel, mein Erbteil!?

3. vgl. Josua 5,13-14: ?Und es geschah, als Josua bei Jericho war, da erhob er seine Augen und sah: und siehe, ein Mann stand ihm gegenüber, und sein Schwert war gezückt in seiner Hand. Josua ging auf ihn zu und sagte zu ihm: Gehörst du zu uns oder zu unseren Feinden? Da erwiderte er: Nein, sondern ich bin der Oberste des Heeres des HERRN; [gerade] jetzt bin ich gekommen.?

4. vgl. Jakobus 3,17-18: ?Die Weisheit von oben aber ist aufs erste rein, sodann friedsam, gütig, folgsam, voll Barmherzigkeit und guter Früchte, unparteiisch, ungeheuchelt. Die Frucht der Gerechtigkeit aber wird in Frieden denen gesät, die Frieden stiften.?

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In der Bibel ist oft von „Sünden“ die Rede. Nicht, um uns Probleme und Prüfungen zu bereiten, sondern um auf Fallstricke hinzuweisen. Gott möchte uns zu davor bewahren, zu sündigen, damit unsere wertvolle Beziehung zu Ihm nicht leidet und damit wir uns selber und unseren Mitmenschen keinen Schaden zufügen. Der Irakkrieg hat unseres Erachtens seine Wurzel in einer Kombination von Sünden.

Geldgier

1. Timotheus 6.10 sagt, „….eine Wurzel allen Übels ist die Geldliebe, (…)“. Der Griff nach dem Öl ist für die Bush-Administration eine wichtige Treibfeder: Bush selber kommt aus einer Ölfamilie, Vize Cheney war Chef der grössten Ölbohr-Ausrüsterfirma der Welt (Halliburton), und Bush selber verdankt seine Wahl unter anderem Exxon, die für die republikanischen Kandidaten im Wahlkampf 2000 riesige Summen locker gemacht hat. Im Mai 2001, nach der US-Energiekrise, erklärte Cheney „den verbesserten Zugang zu den Ölreserven im persischen Golf“ zu einer Priorität der nationalen Energiesicherheit. Die Öffnung der irakischen Energiereserven könnte laut dem ehemaligen Saudi-Arabischen Energieminister Jamani die Halbierung des heutigen Ölpreises bedeuten. Ein Segen für ein Land, das 2,5 Mal so viel Öl pro Kopf verbraucht wie die anderen Industrieländer, aber gleichwohl keine Lust hat, an diesem Überkonsum etwas zu ändern…

Auch Medienmagnaten wie Rupert Murdoch haben ein riesiges Interesse am Krieg, der die Einschaltquoten und damit die Gewinne explodieren lässt. Die amerikanische Öffentlichkeit wird deshalb von den Medien zum Krieg getrieben. Und schliesslich hat die Waffenindustrie (die USA haben einen Anteil von 40 % aller Rüstungsbudgets der Welt) ein Interesse am Krieg.

Selbstgerechtigkeit

Daneben treibt aber noch andere prominente Sünde zum Krieg: die Selbstgerechtigkeit. „Was aber siehst Du den Splitter, der in Deines Bruders Auge ist, den Balken aber, der in Deinem eigenen Auge ist, nimmst Du nicht wahr?“(Lukas 6.41) Je mehr wir das Gefühl haben, wir seien gut, desto mehr entfernen wir uns von Gott. Denn dann lassen wir unsere Handlungen nicht mehr durch Gott in Frage stellen und die Weisheit des Heiligen Geistes versiegt. Die Pharisäer haben dieses Schicksal erlitten und wurden von Jesus entsprechend beurteilt.

„Denn wer sich selbst erhöht, der soll erniedrigt werden, und wer sich selbst erniedrigt, der soll erhöht werden“ (Lukas 14.11). Die Selbsterhöhung und Selbstgerechtigkeit hat leider in einigen Kreisen des evangelikalen Christentums z.T. ein Mass angenommen, das immer mehr negative Auswirkungen auf die ganze Welt hat. Es geht hier nicht darum, uns Christen schlechter zu machen als Andere, aber es scheint uns wichtig, auf die Gefahr der Selbstgerechtigkeit hinzuweisen, bevor es zu spät ist. Ohne Umkehr in diesem Bereich riskieren wir, in den Augen der Nichtchristen unglaubwürdig zu werden oder gar die Welt in den Abgrund stürzen. Der Irakkrieg ist dabei ein Schritt näher zum Abgrund.

Nationalismus

George Bush, wiedergeborener Christ, hat den „monumentalen Kampf des Guten gegen das Böse“ ausgerufen und wird dabei von grossen Teilen der evangelikalen Kirchen der USA unterstützt. Wer dabei die Guten sind (und das wird im absoluten Sinne verstanden), das ist von vornherein klar: der Westen, insbesondere die USA, „God’s country“, wie manche zu sagen pflegen. Der „Sendungswahn“ der amerikanischen Regierung hat dabei beängstigende Ausmasse angenommen. Hier hat sich in verhängnisvoller Weise Nationalismus mit Religion vermischt und eine nationale Selbstverherrlichung entstehen lassen. Deshalb glaubt sie auch auf niemanden mehr Rücksicht nehmen zu müssen. Demokratische Unterordnung unter multilaterale Kompromisse im internationalen Rahmen wird mehr und mehr ein Fremdwort. Dies wurde in den letzten zehn Jahren klar, als die USA kaum mehr internationale Übereinkommen unterzeichneten, die ihre Interessen tangierten. Im Falle des Iraks war die UNO nur so lange das Verhandlungsgremium, bis klar wurde, dass die UNO den Willen der USA nicht mittragen würden. Die Kriegsgegner wie Deutschland und Frankreich bekamen denn auch die Aggression der USA mit Drohungen, Vertragsauflösungen und Verhöhnungen zu spüren. Diejenigen, die nicht tun, was die USA will, werden bestraft. Ist dies die Freiheit, von der sie reden?

Die treibenden Kräfte des Irak-Feldzuges (Rumsfeld, Wolfowitz, Cheney, aber auch Georges Bush’s Bruder Jeb und der ehemalige Vize Quayle) sind übrigens allesamt Mitunterzeichner der Charta des amerikanischen Thrink Tank „The Project for a New American Century“. Ziel dieses Projektes ist dieamerikanische Weltvorherrschaft („American world leadership“) und dass Amerika globale Verantwortung für Frieden und Sicherheit ausübt durch

  • starke militärische Kräfte (deutliche Erhöhung der Armee-Ausgaben)
  • Stärkung der Verbindung zu demokratischen Allierten und Herausforderung von feindlichenRegime im Sinne unserer Interessen und Werte
  • Förderung von politischer und ökonomischer Freiheit im Ausland
  • Akzeptanz von Amerikas einzigartiger Verantwortung im Erhalten und Ausbauen einer internationalen Ordnung, die freundschaftlich gesinnt ist, gegenüber unserer Sicherheit, unserem Wohlstand und unseren Prinzipien. Alles öffentlich nachzulesen unter www.newamericancentury.org

Im „Kreuzzug gegen das Böse“ wird denn auch schön nach dem Schema des Gleichnisses des „Balkens im eigenen Auge“ und der Selbstgerechtigkeit vorgegangen. Schon in der Interpretation des Attentats vom 11. September wurde kaum die Frage gestellt, mit welchen Anteil der Westen mit seinem Verhalten in den arabischen Ländern zum Terrorismus beigetragen hat. (LINK?). Warum hat es genau in den letzten 20 Jahren einen solchen Aufschwung des Fundamentalismus in den arabischen Ländern gegeben? Die Frage nach der eigenen Schuld wurde nie gestellt. Im Gegenteil, wir bleiben die absolut Guten. Im monumentalen Kampf gegen das Böse wird das Böse „irgendwo da draussen“ geortet statt in uns selber. Die meisten Diktaturen, die die USA im nahen Osten bekämpfen, sind zu Beginn von den USA selber gezüchtet oder unterstützt worden sind, um eigene Interessen durchzusetzen. Selbstgerechtigkeit und Unfähigkeit zur Erkenntnis der eigenen Schuld am Aufkommen von Terror verhindert also eine echte Lösung. In der Folge wird der Irak-Krieg die Spirale der Gewalt weiter antreiben: die Schmach der (zu erwartenden) Niederlage der „arabischen“ Seite und der Stachel der amerikanischen Okkupation sowie der Hass der Bevölkerungen auf die arabischen Herrscher, die mit den USA mitgezogen haben, wird dem islamischen Fundamentalismus massiven Aufschwung bescheren und mittelfristig Umstürze provozieren. Hoffen wir, dass es nicht die Atommacht Pakistan betrifft. Mit dem Irakkrieg wird der Terror nicht vermindert werden, wie Bush glauben machen will, sondern sich verstärken. Damit wird dann die Antiterror-Offensive des Westens seine Rechtfertigung finden…

Endzeitangst

Im Winter 02/03 glauben laut einer amerikanischen Umfrage 72 % der amerikanischen wiedergeborenen Christen, dass „wir derzeit die Anfänge jenes Krieges sehen, der zumAntichristen und zu Armageddon führt.“ Vielleicht wird das Verhalten des Westens selber diese Aussagen zur selbsterfüllenden Prophezeiung werden lassen…. In den letzten zehn Jahren hat im Westen die Auslegung der biblischen Endzeitprophetien einen wahren Boom erleben lassen. Erinnern wir uns auch an die Endzeitromane von Tim La Haye, von denen bereits 50 Millionen Exemplare verkauft worden sind. Dieses Endzeit-Fieber hat die Angst unter den Christen geschürt und lässt bei einer vermeintlichen Bedrohung überreagieren, auch was die Angst um Israel betrifft. Selbsterfüllende Prophezeiung… In seinem alttestamentlichen Sendungswahn hat Bush folglich das Gefühl, die USA müsse Israel vor dem Irak (geographisch am Ort des alten Babylon) retten. Es ist möglich, dass Bush tatsächlich aus Angst um Israel zum Krieg bläst. Seine Berater haben ihm, aus anderen Gründen, wie wir gesehen haben, erfolgreich den Angst-Floh ins Ohr gesetzt… Durch einen westlichen Angriff wird aber vor allem der arabische Hass auf Israel geschürt. Statt Israel zu schützen wird es nur noch mehr in Gefahr gebracht. Einziger Ausweg wird dann die amerikanische Okkupation der gesamten arabischen Welt sein. Die Spirale dreht sich weiter…

In den amerikanischen Reden zum Krieg wird immer wieder betont, es sei eine Pflicht vor Gott, die guten westlichen Werte Freiheit und Demokratie zu verbreiten. Dabei haben dieselben Kreise nicht gemerkt, dass diese Werte z.T. längst durch den Mammon korrumpiert sind:

  • „Freiheit“: Mit der immer grösseren sozialen Ungleichheit und dem immer stärkeren Ausschluss der Mittellosen von Lebens-Grundbedingungen wie Gesundheit und Bildung wird die Freiheit für die Unterschichten immer mehr zur Farce. Nur die Starken haben die Mittel (Geld und Bildung), diese Freiheit auszunutzen. Und diese verschaffen sich mit Liberalisierungen und Privatisierungen auf Kosten der Schwachen auch immer mehr Freiheiten. Parallel wird die Ideologie „Wer will, der kann“ gefördert…
  • „Demokratie“: In den USA sind heute nur noch Reiche oder von der Wirtschaft unterstützte Personen wählbar, die anderen haben in der teuren Wahlwerbeschlacht keine Chance mehr. Im Wahljahr 2000 wurden laut Cash ca. 500 Millionen Dollar für den Wahlkampf aufgewendet, im Wahljahr 2002 bereits eine Milliarde Dollar, zwei Drittel davon als Wahlspenden der Wirtschaft an die Republikaner… Die Meinungsbildung ist ebenfalls durch die Abhängigkeit der Medien von der Wirtschaft massiv verzerrt.

Wie wird es unter diesen Umständen weitergehen? Wir wagen zu behaupten, dass nach dem voraussichtlich raschen amerikanischen Sieg sich die Hybris (in geopolitischen, aber auch in wirtschftlichen Bereichen) noch verstärken wird und sich die Arroganz der Macht weiter entfaltet. Der Irakkrieg wird nicht der letzte Angriffskrieg sein, vor allem, weil wie erwähnt wohl der Terrorismus durch diesen Krieg geschürt wird. Die amerikanische Bevölkerung wird weiter dem „starken Mann“ folgen. Wie werden die anderen Länder reagieren? In einer ersten Zeit werden sich viele, von der Macht beeindruckt, bei den USA anbiedern. Deren Macht wird dann noch mehr zunehmen. Viel wird aber davon abhängen, wer die Medien kontrollieren wird. Je mehr sich die Arroganz der Macht entfaltet, desto mehr werden aber auch Widerstände entstehen. Hoffen wir, dass diese Widerstände nicht in der Gewalt enden, sondern friedlich ausgetragen werden!

Warnung vor Sünde ist also nicht Moralismus, sondern die Sorge um die Folgen der Sünde und um die Liebe, die als erste Schaden nimmt. Lasst uns für George W. Bush und seine Regierung beten. Und möge uns Gott davor bewahren, Kreuzzüge im Namen Gottes auszufechten. Denn wir sind dazu berufen, Gottes Liebe in dieser Welt konkret sichtbar werden zu lassen.


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