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Das folgende Mail haben wir als Reaktion auf den Text «Der politische Gegner: Feind oder Mitmensch?» erhalten. Maya ist ChristNetSympathisantin und engagiert sich seit mehreren Jahren im Rahmen des Solidaritätsnetzes Ostschweiz für Flüchtlinge und Asylsuchende.

Siehe dazu auch die Meldung vom 20.9.2010 der Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht

Mels, im Oktober 2011

Lieber Markus,

Seit 14 Monaten kämpfe ich für einen menschenwürdigen Umgang der Behörden von Mels SG mit den ihrem Dorf zugeteilten Nothilfebezügern. Ohne jeglichen Erfolg.

Die Asylsuchenden müssen zu siebt in einem 20 Quadratmeter kleinen Container wohnen. Mobiliar: Vier Stockbetten, ein kleiner Tisch, zwei Stühle.

Keine Steckdose im Wohncontainer, keine Privatsphäre, kein Schrank erlaubt, keine Garderobe, im Sommer zu heiss, im Winter zu kalt, in der Dusche nicht genügend Warmwasser, …

Elektrische Geräte, die an der Rasiersteckdose des Sanitärcontainers hingen, wurden je nach Grösse entweder zerstört (z.B. ein kleiner geschenkter Fernseher) oder heimlich entfernt (z.B. Handylade­geräte). Der Sozialamtsleiter begründet sein Vorgehen damit, das komme die Gemeinde zu teuer zu stehen!

Das Schlimmste ist, dass den Asylsuchenden verboten wird, im oder vor dem Container zu kochen. Hingebrachte Rechauds wurden vom Sozialamtsleiter konfisziert.

Einer picknickt seit mehr als einem Jahr! Andere haben angefangen, kleine Mengen Drogen umzusetzen, um sich so das Geld für warme Mahlzeiten zu beschaffen.

Ich habe gestern den Gemeindepräsidenten nochmals im Namen der Betroffenen um die Erlaubnis gebeten, wenigstens vor dem Container kochen zu dürfen. Er bleibt stur und deckt den Entscheid des Sozialamtleiters. Das sei keine Unterkunft, sondern eine Notschlafstelle. Zu mehr seien sie nicht verpflichtet. Im gleichen Gespräch schimpfte er aber über den Drogenhandel gewisser Container­Bewohner.

Ein Afrikaner, dessen Familie ich seit drei Jahren betreue, hätte im Juli 2010 auch in diesen Container ziehen sollen. (Seine Frau schickte ihn von der Familie weg, weil sie ihn mit seiner Depression nicht mehr ertragen konnte). Er glaubt, in diesen Verhältnissen nicht überleben zu können und ist seither Nomade, immer darauf angewiesen, dass ihn jemand bei sich schlafen lässt. Er schämt sich, dass er seine drei Töchter an den Besuchstagen nie in ein Zuhause einladen kann. Er hat seit mehr als einem Jahr nicht einmal die 8 Fr. pro Tag, weil er nicht im Container wohnt. Er hatte in dieser Zeit mehr­heitlich kein Bett zum Schlafen und darum seit einigen Monaten massive Rückenprobleme.

Und da soll ich nicht wütend werden? Ich möchte nur noch schreien vor Wut, dass in einem Land mit so viel Wohlstand, solche Zustände herrschen dürfen und diese von der Chefin des Justizdeparte­mentes verteidigt werden. Gibt es denn in diesem Land kein Recht darauf, hin und wieder eine warme Mahlzeit essen zu dürfen? Ein Brief an die Vorsteherin des Gesundheitsdepartements (SP!) nützte auch nichts. Sie wolle ihrer Kollegin Karin Keller-Sutter nicht dreinreden.

Was können wir denn gegen eine solche Menschenverachtung tun?

Ich würde gerne einen Zeitungsartikel schreiben, aber ich bin so wütend, dass der wohl nicht gut herauskommen würde.

Lieber Markus, ich bin Dir für jeden konkreten Tipp dankbar.

Liebe Grüsse

Maya

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Genf, 29.09.06 ? Am Wochenende hat das Schweizer Stimmvolk die neuen Ausländer- und Asylgesetze mit einer Zweidrittelsmehrheit angenommen. Auf die Frage, was wichtiger sei: dass ja niemand von uns profitiert oder dass ja niemand Verfolgtes abgewiesen wird, hat die Schweizer Bevölkerung eine allzu klare Antwort gegeben. Das lässt auf einen bedenklichen Zustand der Schweizer Gesellschaft schliessen.

Unter dem Argument, Missbräuche müssten wirkungsvoll bekämpft werden, wird in Kauf genommen, dass künftig verfolgte Menschen, die über keine Identitätspapiere verfügen (mehr als 40% der Weltbevölkerung), in der Schweiz keine Aufnahme mehr finden. Ausserdem erhalten nun mehrere Tausend abgewiesene Asylbewerber keine Sozialhilfe mehr und werden möglicherweise auf der Strasse enden.

Auch viele Christen haben in Unkenntnis der Realität und unter dem Eindruck oft diffuser Ängste für diese diskriminierenden und unmenschlichen Gesetze gestimmt. Hier besteht weiterhin grosser Aufklärungsbedarf.

Eine christliche Antwort auf diese Verhärtung könnte darin bestehen, den Ausländern und Flüchtlingen ganz praktisch Gottes Liebe zu erweisen: Die Flüchtlingspfarrämter in jeder grösseren Stadt, christliche Ausländerorganisationen wie die Heilsarmee und MEOS, sowie säkulare Organisationen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Solidarité sans frontières) sind immer auf freiwillige Mitarbeiter angewiesen. Ausserdem können Gemeinden Ausländergottesdienste durchführen, den Kontakt zum örtlichen Asylbewerberheim suchen und gemeinsame Anlässe organisieren.

Sind wir Schweizer Christinnen und Christen bereit, heute in den vom Stimmvolk geöffneten Riss zu treten, um uns in Gebet, Wort und Tat für die Migrantinnen und Migranten in unserem Land einzusetzen? So kann deren Aufenthalt in der Schweiz zu einem echten Segen für sie und für unser Land werden.

 

ChristNet hat sich im Abstimmungskampf mit einem Internetdossier, dem Verteilblatt ChristNetInput und RegioForen in verschiedenen Schweizer Städten gegen die beiden Gesetze eingesetzt.

ChristNet ist ein Forum von ChristInnen, das sich mit sozialen, wirtschaftlichen, ökologischen, kulturellen und entwicklungspolitischen Fragen auseinandersetzt und sich für ihre praktische Umsetzung einsetzt.

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Ein Anti-Asyl-Gesetz

Angesichts der Bestimmngen dieses neuen Gesetzes kann man sich fragen, was von der humaniätren Tradition der Schweiz noch übrig bleibt. Schaut man die Bedingungen an, die an die Genehmigung eines Asylgesuchs gebunden sind, gleicht dieses Gesetz eher einem Anti-Asyl-Gesetz.

Unsere Politiker freuen sich über den Rückgang der neuen Gesuche1 und verschweigen geflissentlich, dass tagtäglich Menschen in ihrem Heimatland in Gefahr sind und keine andere Wahl haben, als zu fliehen. Damit entzieht sich die Schweiz der Verantwortung, die sie sich gegeben hat, als sie die Genfer Konventionen unterzeichnet und sich damit verpflichtet hat, Menschen in Not aufzunehmen.

Anne-Sylvie Giolo, Januar 2006

Asylkrise: Mach? mal Pause!

?Die Stärke des Volkes [?] misst [sich] am Wohl der Schwachen.? (Bundesverfassung) Heute scheint das Schweizer Volk nicht sehr stark zu sein. Die Schweiz befindet sich mitten in einer Asylkrise: Die Asylbewerber ? in unserer Gesellschaft gibt es kaum Schwächere als sie ? werden im schlechter behandelt; immer weniger Menschen wagen es noch, bei uns Schutz zu suchen; gleichzeitig fühlt sich die Bevölkerung verunsichert, sie befürchtet Missbräuche; die Politiker haben nur ?einfache? und harte Rezepte zu bieten.

Es ist an der Zeit, dass die Schweiz mal eine Pause einlegt und sich vertieft mit den Fragen unserer Identität, unserer Gastfreundschaft und der Aufnahme und Integration beschäftigt, die wir fremden Menschen bieten können und wollen. Diese Änderung des Asylgesetzes beantwortet keine dieser dringenden Fragen und überstürzt Entscheidungen, die hart sind und für viele Menschen schwer weigende Folgen haben wird.

Das heute vorgelegte Gesetz ist zwar etwas ?softer? als die ursprüngliche Vorlage im Frühling 2005, doch die Richtung ist immer noch die Selbe und die Falsche: Die repressiven Bestimmungen, die uns eigenartig an die im Herbst 2002 knapp abgelehnte SVP-Initiative erinnern, sind in der Mehrzahl.

Einmal mehr wird eine Asylreform durch Angst und Missbrauchsgefühl geprägt. Eigenartigerweise sind diese Gefühle trotz jahrelanger Asylverschärfung noch nicht kleiner gwerden. Es besteht kein Zweifel: Auch die weitere Kriminalisierung der Asylbewerber wird die Unsicherheit der Bevölkerung nicht kleiner machen. Im Gegenteil: Wenn die ?Asylanten? so hart angegangen werden müssen, heisst das doch gerade, dass sie gefährlich sind und profitieren wollen, oder?

Doch was meinen wir eigentlich mit ?Missbrauch?? Ist das, wenn jemand aus den ?falschen?, z.B. aus wirtschaftlichen Gründen Asyl beantragt? Oder weil er findet, dass die Situation in seinem Land noch unerträglicher ist als das Misstrauen, die Demütigungen und die Kälte (des Klimas und der Menschen), denen er in der Schweiz ausgesetzt ist?

Seien wir ehrlich: Was uns Mühe macht ist, dass die Asylbewerber das Elend der Welt bis vor unsere Tür tragen. Diese Realität ist für uns oft unvorstellbar und unerträglich, sie überfordert uns. Als Christen sind wir herausgefordert, den Fremden aufzunehmen, denn so dienen wir Christus2 . Es ist ja Christus selber, der als ?verachtet ? und verlassen von Menschen? beschrieben wird, als ?einer, vor dem man das Antlitz verhüllt?3 . Wenn wir den anderen aufnehmen imitieren wir unser Vorbild Jesus, der immer auf die Begegnung und das Zuhören aus war. Er hat uns nicht versprochen, dass dies einfach wird, aber er hat uns versprochen, dass er uns unterstützen und seinen Beistand geben wird, den Heiligen Geist.

Das neue Asylgesetz grenzt aus, festigt Misstrauen und vergrössert so die Not. Als Christen sind wir gefordert, hier unsere Stimme zu erheben. Darum wollen wir kämpfen und beten: Gott möge uns helfen!

Samuel Ninck, Januar 2006



1.  Diesen ?Erfolg? feierte Christoph Blocher in seinem Zweijahresrapport letzten Dezember. Interessant dabei: Er freut sich nicht mehr eine Abnahme der Asylbmissbräuche, sondern schlicht und einfach der Asylgesuche.

2. Matthäus 25,35.

3. Jesaja 53,3

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„Du sollst den Fremden nicht misshandeln und ihn nicht unterdrücken. “ (Exodus 22:21)

Mehr als 100 Mal befiehlt das Alte Testament, Fremde zu schützen. Die wiederkehrende Formel „der Fremde, die Witwe und die Waise“ zeigt, dass für Gott die Fremden zu den Schutzbedürftigen gehören. Der Grund für diesen Schutz wird nach der oben erwähnten Stelle deutlich erklärt: „Denn ihr wart Fremdlinge im Land Ägypten. „Jakob war mit seinen Söhnen als Wirtschaftsmigrant in Ägypten, da im Land Kanaan eine Hungersnot herrschte (vgl. Genesis 42ff.).

Der alttestamentliche Grund für die Aufnahme des Fremden ist also die Identifikation mit dem Leiden der Israeliten.

Was sagt Jesus und das NT?

Wir sehen, dass sich Gottes Haltung gegenüber dem Fremden im Neuen Testament noch deutlicher widerspiegelt: Nachdem der Mensch sich von Gott entfernt hat, ist es Gott, der als Fremder in Jesus inkarniert zu seiner Schöpfung kommt: „[Er] kam zu den Seinen, und die Seinen nahmen ihn nicht auf“. “ (Johannes 1:11)

Das ganze Leben Jesu zeigt, dass er ein Fremder ist; nicht nur, dass er das Haus seines himmlischen Vaters verlässt und in einem stinkenden Schafstall geboren wird, sondern er muss gleich nach seiner Geburt nach Ägypten fliehen; er wird als uneheliches Kind betrachtet; in seinem Dienst wird er ständig als Ketzer behandelt; seine engsten Freunde verstehen ihn nicht und verlassen ihn; und schließlich wird er getötet. All dies drückt aus, wie fremd er in diesem Land war.

Der Ruf der Christen

Jesus ruft seine Jünger auf, Fremde zu sein wie er: Wie er sind sie in der Welt, aber nicht von der Welt (vgl. Joh 17,11.14).  (Johannes 17:11.14) Der Hebräerbrief veranschaulicht diese Realität sehr deutlich: „[Die Helden des Glaubens erkannten], dass sie Fremde und Reisende auf der Erde waren. “ (Hebräer 11,13) Deshalb sind wir Schweizer Christen Fremde in der Schweiz. Sollte uns das nicht für die Not der Ausländer sensibilisieren, eine Art Komplizenschaft?

Das bedeutet nicht, dass Ausländer Heilige sind. Sie sind Menschen wie wir, weder besser noch schlechter. Leider neigen wir dazu, sie als Feinde zu sehen und nicht als Menschen, die wie wir sind. Doch wir vergessen, dass wir nur dann Erben des Reiches des Vaters sein werden, wenn wir Jesus „aufnehmen“, wenn er ein Fremder ist. (Matthäus 25:35)

Im Angesicht unserer Angst

Unsere Reaktion auf Ausländer basiert oft auf Angst: die Angst vor „Überfremdung“, die Angst, dass die Ausländer uns die Arbeitsplätze wegnehmen, dass die Qualität der Bildung unserer Kinder sinkt, dass christliche Werte aufgegeben werden.

Jesus ist sehr klar: Wenn wir Gott gehorchen wollen, müssen wir ihn und unseren Nächsten lieben (vgl. Matthäus 22,37-39). Es ist die Liebe, die es uns ermöglicht, die Angst vor dem Fremden zu überwinden, denn „die Angst ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe vertreibt die Angst“. (1Joh 4:18)


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Betrifft: Abänderung des Bundesgesetzes über das Asylwesen ? Debatte des Nationalrates im Verlauf der Sommersession 2005

 

Sehr geehrte Damen und Herren Nationalräte

 

Ich gelange als Schweizer Bürger/in an Sie mit der Bitte, das Ansehen unseres Landes im Bereich des Respektes der Menschenrechte sowie des Begriffes Rechtsstaat zu retten.

 

Das Asylgesetz muss den verfolgten Personen Schutz garantieren und es ihnen ermöglichen, in unserem Land ein würdiges Leben zu führen, solange sie in ihrem Herkunftsland bedroht sind. Die Personen, welche nicht aufgenommen werden können, müssen die Schweiz in Würde und in Respektierung ihrer Rechte verlassen können.

 

Mit Betroffenheit habe ich von den im März 2005 im Ständerat bezüglich der Revision des Asylgesetzes gefassten Beschlüssen Kenntnis genommen. In einem Verfahren, welches den gesetzlichen Normen keine Beachtung schenkte, hat der Ständerat in der Revision Bestimmungen eingeführt, welche als verfassungswidrig betrachtet werden müssen und welche auch den internationalen Vereinbarungen, welche die Schweiz unterzeichnet hat, widersprechen.

 

Ich bin überzeugt, dass im Asylwesen, eine gewisse Härte nötig ist und dass allzu viel Nachsicht Gefahren in sich birgt. Dennoch sollten bei aller notwendigen Härte die Menschenrechte und die fundamentalen Prinzipien unseres Rechtsstaates respektiert werden.

 

Leider muss ich feststellen, dass der aus den Beratungen hervorgegangene Entwurf diese Prinzipien in mindestens drei wesentlichen Punkten verletzt:

 

  1. Artikel 32, Absatz 2, lit. a (welche nach Empfehlung des Bundesrates, der der Nationalrat folgte, nicht geändert werden sollte) wurde vom Ständerat trotzdem abgeändert. Diese Änderungen lassen sich nicht mit den internationalen Abkommen vereinbaren, an welche wir gebunden sind, insbesondere solche aus dem Gebiet des Asylwesens. Gemäss diesen Änderungen werden die Schweizer Behörden nicht auf Asylgesuche eingehen, wenn der Antragsteller nicht unmittelbar oder innerhalb von 48 Stunden nach Einreichung des Gesuchs die notwendigen Reisepapiere oder Ausweispapiere vorlegen kann. Alle Asylsuchenden, die nicht über einen Flughafen in die Schweiz einreisen (und folglich einen Pass haben), konnten nach bisherigen Recht entweder Reisepapiere oder andere Dokumente vorweisen, die es erlauben, sie zu identifizieren. In den meisten Fällen wird es Asylbewerbern, die in ihrem Heimatland verfolgt werden, nicht möglich sein, Ausweispapiere im Sinne der neuen Bestimmung zu erhalten oder sich zu beschaffen; damit würde es möglich sein, auf ihr Gesuch gar nicht einzutreten.
  2. Artikel 42 Abs. 2, 44 a und 82, welche die Möglichkeit vorsehen, weg-gewiesenen Personen Fürsorgeleistungen oder Nothilfe zu verweigern, stellen eine Verletzung der in Artikel 12 der Bundesverfassung enthaltenen Bestimmungen dar. Eine solche Bestimmung wird unweigerlich zur Folge haben, dass ein Grossteil von denen, welche die Schweiz verlassen müssen, untertauchen werden. Eine solche Entscheidung ist nicht nur juristisch falsch, sondern stellt auch einen wirtschaftlichen Irrtum dar und widerspricht zudem einer gesunden Sicherheitspolitik.

 

  1. Diese Verletzung des internationalen Rechts und der Verfassung wiegt umso schwerer als Artikel 17 Abs. 4 den Asylbewerbern nicht mehr die Möglichkeit einer Beratung oder rechtlichen Vertretung in den Empfangsstellen oder Flughäfen gewährt, wie es im bisherigen Gesetz der Fall war. Keine zivilisierte Nation der Welt kennt eine solche Verletzung des Rechtes, sich gegen möglichen Rechtsmissbrauch zu wehren

 

 

Zusammenfassend muss ich mit Betroffenheit feststellen, dass der Ständerat in einem unkorrekten und überstürzten rechtlichen Verfahren einer Revision des Asylgesetzes zugestimmt hat, welche die grundlegenden Werte verletzt, die den Ruf unseres Landes ausgemacht haben. Ich möchte daran erinnern, dass die Schweiz Verwahrerin der Konventionen der grundsätzlichen Menschenrechte ist.

 

Ich gelange deshalb mit der Bitte an Sie, die notwendigen Schritte in die Wege zu leiten, damit dieses Vorhaben korrigiert wird und eine Form und Grundsätze annimmt, welche den Vorstellungen der schweizerischen Mehrheit von Demokratie, Respektierung der Menschenrechte und Rechtsstaat entspricht.

 

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und grüsse Sie, sehr geehrte Damen und Herren Nationalräte, freundlich.


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Die Verantwortung der Christinnen und Christen im Zusammenhang mit den jüngsten Asylgesetzrevisionen.

Als das Asylgesetz 1979 geschaffen wurde, spielte die Schweiz eine juristische und humanitäre Vorreiterrolle. Kein anderes Land Europas hatte ein so klar strukturiertes und offenes Asylrecht. Seither haben unzählige Revisionen dieses Vorbild bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Die jüngsten Änderungen, die vom Ständerat in der Frühlingssession beschlossen wurden, machen aus unserem Asylrecht in den Worten des ehemaligen UNO-Hochkommissars für Flüchtlinge das restriktivste Asylrecht Europas. Hier ein paar Müsterlein[1]:

–         Systematische Rückschaffung, wenn ein Asylbewerber aus einem sogenannt ?sicheren? Land stammt. Die Liste der sicheren Länder sieht in der EU ziemlich anders aus als in der Schweiz. Welche Länder sind nun wirklich sicher?

–         Starke Reduktion der humanitären Aufnahme für Asylbewerber, die nicht politisch sondern persönlich verfolgt werden. Dieses ?kleine Asylrecht? sollte Menschen Zuflucht schaffen, die in ihrem Land aus sozialen, familiären und nichtstaatlichen politischen Gründen in grosser Gefahr sind. Jetzt wird es auf eine ?unmittelbare Todesgefahr? beschränkt. Was ist da mit Folter und Vergewaltigung?

–         Auf ein Gesuch wird nicht eingetreten, wenn der Asylbewerber keinen Personalausweis vorzeigen kann. Diese Massnahme trifft etwa 80% der Fälle! Natürlich gibt es Fälle, wo Asylbewerber erst nach Eintritt in die Schweiz ihre Papiere vernichten, aber die Schweiz hat offenbar immer noch nicht verstanden, dass viele andere Flüchtlinge sie bereits in ihrer Heimat oder unterwegs aus Sicherheitsgründen vernichten mussten oder (insbesondere in Afrika) zum Teil nie im Leben Papiere besessen haben.

Die Quote der Menschen, die Asyl erhalten, wird somit künstlich tief gehalten, und viele verfolgte Menschen fallen durch die Maschen. Diese sollen nun noch weiteren brutalen Massnahmen ausgesetzt werden:

–         Möglichkeit, einen Asylbewerber bis 2 Jahre ins Gefängnis zu setzen, wenn sein Gesuch abgelehnt wurde. Diese Ausweitung der Zwangsmassnahmen ist darum umso absurder, weil der Bericht der Parlamentarischen Untersuchungskommission gezeigt hat, dass die Ausschaffung unmöglicher ist je länger jemand in Haft bleibt.

–         Asylbewerber, deren Gesuch abgelehnt wurden, sind von der Sozialhilfe ausgeschlossen. Sie werden damit eigentlich auf die Strasse gesetzt in der Hoffnung, dass sie von selber verschwinden. Die Erfahrung mit den Nichteintretensentscheiden (NEE), die bereits von dieser Massnahme betroffen sind, hat gezeigt, dass die Menschen zwar aus den Statistiken und dem Bewusstsein der Öffentlichkeit verschwinden, nicht aber aus der Schweiz!

–         Möglichkeit, die Nothilfe zu kürzen, wenn ein abgewiesener Asylbewerber die Schweiz nicht rechtzeitig verlässt. Damit widersetzt sich der Ständerat der Bundesverfassung, die das Recht auf eine würdige Existenz garantiert (Art. 12); ein Recht, das vom Bundesgericht kürzlich bestätigt wurde.

Es wird immer gesagt, dass die Missbräuche im Asylwesen vermieden werden sollen. An den hier vorgeschlagenen Massnahmen wird aber nur zu deutlich, dass nicht einfach die Missbräuche verhindert werden sollen, sondern das Recht auf Asyl überhaupt. Offenbar ist es das oberste Ziel, die Missbrauchsquote auf Null zu bringen, auch wenn es vielen Menschen die Würde und das Leben kostet. Damit werden Recht und Gerechtigkeit mit Füssen getreten.

Das können wir als Christen und Christinnen nicht zulassen! ?Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr für mich getan?, sagt Jesus (Matthäus 25,40). Der Umgang mit den Ausländern ? und die Flüchtlinge sind nun wirklich die Geringsten, d.h. die Schwächsten unter den Ausländern ? ist einer der deutlichsten Massstäbe für den Platz, den Jesus in unserer Gesellschaft hat.

Es ist an der Zeit, dass die Gemeinde in der Schweiz aufwacht und ihre prophetische Rolle für die Schweiz wahrnimmt. Hier geht es nicht nur um die Zukunft der Flüchtlinge oder unseres Landes. Hier steht die Zukunft der christlichen Gemeinde auf dem Spiel. Wenn ein Gemeinwesen die Schwächsten nicht mehr als Mitmenschen wahrnimmt, wie kann dann die Gemeinde noch von ihm erwarten, dass es den Schwächsten der Schwachen, Jesus, annimmt? Und wie kann die Gemeinde Jesus noch in die Augen blicken, wenn sie sich heute nicht für Seine Geringsten einsetzt?

„Sorgt dafür, dass jeder zu seinem Recht kommt! Recht und Gerechtigkeit sollen das Land erfüllen wie ein Strom, der nie austrocknet.“ (Amos 5,24)


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In den letzten Monaten wurde in den Medien stolz verkündet, dass die Zahl der Asylbewerber stark zurückgegangen sei. Gleichzeitig wird nun aber auch mehr und mehr klar, mit welchen Methoden solche Zahlen erreicht werden und welche Vorstellungen über den Wert der Menschen unsere Behörden beherrschen. Hier zwei Fälle und ein Aufruf zum Handeln.

Fallbeispiel 1: Tod als Teil der Problemlösung

Das Bundesgericht hat Ende März bestimmt, dass auch abgewiesene Asylbewerber Anrecht auf Nothilfe haben, wenn sie sonst an Leib und Leben gefährdet sind, denn die Verfassung schütze das Recht auf Leben. Der Vorsteher des Justizdepartements Christoph Blocher meinte darauf, dann müsse man eben die Verfassung ändern: ?Wenn die Streichung der Nothilfe für die Lösung eines tatsächlichen Problems etwas bringt, dann sollten wir uns eine Änderung des Gesetzes und allenfalls der Verfassung vorbehalten.?

Auch wenn Christoph Blocher mittlerweilen zurückgekrebst ist, zeigt diese Anekdote, dass der Tod von Menschen als Teil der Lösung des Flüchtlingsproblems in Kauf genommen wird. Ich glaube, die Schweizer müssen jetzt die Notbremse ziehen und sich klar werden, wohin ihre Herzen gehen. Kann dies noch der Weg Gottes sein? Dies umso mehr, als ein Teil der abgewiesenen Asylbewerber im Verfahren gar keine Chance hatten, denn wenn sie bei der Flucht tatsächlich keine Papiere auf sich tragen durften, dann wird dies in der Schweiz automatisch als Verheimlichung der Identität ausgelegt und auf den Fall gar nicht erst eingetreten?

Fallbeispiel 2: Todesgefahr als Grund zur Abweisung

Didim Teka ist Leiter von ChristNet Kongo und wollte im März am Alternativen Weltwasserforum in Genf reden. Das Visum für die Schweiz wurde ihm in erster Instanz durch die Schweizer Behörden aber verweigert. Sie begründeten dies offen mit der sich zuspitzenden politischen Situation im Kongo, wodurch die Gefahr zu gross wäre, dass Didim Teka schliesslich in der Schweiz bleiben würde. Er wird kein Einzelfall sein?

Was drückt diese Haltung über die Schweizer Asylpolitik aus? Nichts anderes als dass wir Leute gerade deshalb zurückweisen, WEIL sie gefährdet sind und deshalb um Asyl nachfragen würden. Wer die periodischen Verfolgungen mit Tausenden von Toten im Kongo kennt (und das weiss niemand besser als die dort zuständige Schweizer Botschaft), der weiss, dass das Abweisen von gefährdeten Menschen den Tod bedeuten kann. Wir machen unsere Tore also gerade dann zu, wenn Menschen vor dem Tod flüchten. Haben wir denn immer noch nichts aus dem Zurückschicken der Juden im Zweiten Weltkrieg gelernt? Damals hatten die Schweizer Angst vor den Deutschen, deren Gunst man nicht verspielen wollte. Heute haben wir nicht einmal mehr diesen Grund fürs Zurückschicken in den Tod.

Stopp der Asylverhinderung!

Welche Heuchelei: Gewisse Politiker werden nicht müde zu rufen, sie wollen die „unechten“ Flüchtlinge loswerden, damit die „echten“ Flüchtlinge bei uns genügend Platz sei. Die oben erfahrene Praxis der Behörden zeigt, dass es gar nicht um Unterscheidung zwischen den „Echten“ und „Unechten“ geht, sondern nur darum, dass möglichst niemand zu uns kommt! Dafür nehmen wir bewusst den Tod dieser Menschen in Kauf. Auch das Argument der entsprechenden Politiker, wenn jemand echter Flüchtling sei, erhalte er auch ein Visum (papierlose Menschen seien deshalb keine Flüchtlinge) wird durch diese Beispiele Lügen gestraft. Wir selber verweigern ja gerade den echten Flüchtlingen das Visum. So bleibt ihnen oft keine andere Möglichkeit als die illegale Einreise, die für das Justizdepartement ein Grund für Nichteintreten auf das Asylgesuch ist…

Es ist Zeit, dass wir gegen diese Perversionen aufstehen. Es ist klar, dass es vor Gott ein Gräuel ist, Menschen in die Todesgefahr zurückzuschicken. Wir dürfen es nicht zulassen, dass die Menschenverachtung in der Schweiz noch mehr zunimmt. Wir müssen die Stimme erheben und diese skandalösen Vorgänge publik machen. Es darf nicht schon wieder so weit kommen wie mit den Juden. Wir müssen dieser zum Teil von Christen unterstützten Praxis die Biblischen Werte und die Liebe Jesu entgegensetzten. Jetzt ist die Zeit!

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?Sozialmissbrauch, Scheinasylanten, IV-Schummler?? In gewissen Kreisen werden Themen wie Asyl, Arbeitslosigkeit und IV hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt des möglichen Missbrauchs behandelt. Natürlich ist Missbrauch nicht gut und sollte bei der Formulierung der Sozialpolitik berücksichtigt werden. Aber viele Politiker brauchen die Missbrauchsangst als Begründung für die ständige Verschärfung der Bezugsbedingungen für diese sozialen Leistungen. Das führt dazu, dass immer mehr Bedürftige durch die Maschen unseres sozialen und humanitären Netzes fallen.

Auch in freikirchlichen Kreisen ist die Missbrauchsangst gross. Wie können wir mit dieser Angst und mit der Möglichkeit umgehen, dass Menschen unsere Grosszügigkeit ausnützen? Ein Blick auf die Evangelien hilft uns zu sehen, wie unser grösstes Vorbild, Jesus, damit umgegangen ist, wenn Menschen seine Grosszügigkeit und sein Vertrauen missbraucht haben.1

Jesus und die Missbrauchsangst

Jesus steht dem Vertrauensmissbrauch gelassen gegenüber. Das zeigt sich am Eindrücklichsten an der Tatsache, dass er Judas als einer der zwölf Jünger erwählt hat, obwohl er von Anfang an wusste, dass Judas ihn verraten würde.2  Jesu Gelassenheit bezieht sich nicht ?nur? auf sein eigenes Leben, sondern auch auf dasjenige der ganzen Jüngergemeinschaft. Durch Judas? Verrat wurde das Leben der Elf ja auch gefährdet. Die Gelassenheit Jesu erstreckt sich bis in den finanziellen Bereich: Judas veruntreute die ihm anvertraute Gemeinschaftskasse. Darüber war sich Jesus durchaus im Klaren.3

Es ist wichtig festzuhalten, dass Jesus nicht aus Naivität so gehandelt hat. Er hat nicht blind vertraut oder geliebt. Es heisst von ihm, dass er es nicht nötig hatte, ?dass jemand über den Menschen Zeugnis ablegte; denn er erkannte selbst, was im Menschen war?4 . Er vertraute wider besseres Wissen.

Der Weg aus der Missbrauchsangst

Dieses Verhalten war ihm nur dank seinem tiefen Vertrauen zum Vater möglich: Er liess sich von der Überfülle des Vaters beschenken und war nicht auf den Dank und die Achtung seiner Mitmenschen angewiesen. Dieses Verhalten widerspiegelt die Liebe, die Gott zu uns hat: Er liebt uns und lässt es sich etwas kosten, obwohl er weiss, dass viele Menschen diese Grosszügigkeit ablehnen.5

Die Grosszügigkeit Gottes hilft auch uns, nicht mehr Angst zu haben, zu kurz zu kommen. Doch dazu müssen wir Seine Grosszügigkeit annehmen. Sein grösster Wunsch ist es, alle die ihn bitten, die bei ihm suchen und bei ihm anklopfen aus seiner Überfülle heraus zu beschenken.6  Lassen wir uns beschenken? Wenn wir offen werden für seinen bedingungslosen Segen, werden wir auch bereit, selber nach dem Herz unseres himmlischen Vaters zu handeln und seine Grosszügigkeit für alle, die uns bitten, bei uns suchen und anklopfen, d.h. bei Sozialhilfeempfängern, Asylbewerbern und IV-Bezügern, sichtbar werden zu lassen.

Die Frucht der Grosszügigkeit

Wenn wir den falschen Glauben, dass wir Mangel leiden müssen, wenn wir zu grosszügig sind, hinter uns lassen, erfüllen wir damit das Gebot der Nächstenliebe. Und nicht nur das: Gott verheisst uns grossen Segen, denn bei ihm wird unsere Angstlogik ins Gegenteil verkehrt:

Wer kärglich sät, wird auch kärglich ernten; und wer in Segensfülle sät, wird auch in Segensfülle ernten. Jeder gebe, wie er es sich im Herzen vorgenommen hat, nicht aus Missmut heraus oder aus Zwang; denn einen fröhlichen Geber hat Gott lieb. Gott aber vermag jede Gnade im Überfluss über euch zu bringen, damit ihr in allem allezeit alles Genüge habt und zu jedem guten Werk überreich seid, wie geschrieben steht: ?Er hat ausgestreut, er hat den Armen gegeben; seine Gerechtigkeit bleibt in Ewigkeit.? 2. Korinther 9,6ff.

Beten wir dafür, dass Seine Gerechtigkeit in unserem Land auch im Sozial- und Asylbereich wieder sichtbar wird ? und dass dabei wir Schweizer ChristInnen eine Schlüsselrolle spielen.

 


1.  Es geht hier ausschliesslich um den Vertrauensmissbrauch, wie er im Sozialwesen zum Tragen kommt. Andere Missbräuche, und insbesondere der Machtmissbrauch, wurden von Jesus ganz anders angegangen.

2. ?Jesus antwortetet ihnen: Habe nicht ich euch Zwölf erwählt? Und unter euch ist einer ein Teufel. Er meinte aber Judas, den Sohn des Simon Ischarioth; denn dieser sollte ihn verraten, einer von den Zwölfen.? Johannes 6,70f.

3. ?Judas Ischarioth aber, einer von seinen Jüngern, der ihn verraten sollte, sagte: Warum wurde diese Salbe nicht für dreihundert Denare verkauft und der Erlös den Armen gegeben? ER sagte dies aber nicht, weil ihm die Armen am Herzen lagen, sondern weil er ein Dieb war und die Kasse hatte und das Eingelegte beiseite brachte.? Johannes 12,4ff.

4. Johannes 2,25.

5. ?Gott beweist aber seine Liebe gegen uns dadurch, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.? Römer 5,8.

6. Matthäus 7,7ff.

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Er sagte aber zu dem Mann, der die erstorbene Hand hatte:

Steh auf und stelle dich in die Mitte!

Und er stand auf und stellte sich dahin.

Lukas 6,8

Jesus stellt die Realität der Bedürftigen ins Zentrum

?NEE? sagen die Deutschen und meinen damit ?NEIN?. Einfach ?NEIN?. Die so bezeichneten Massnahmen, die heute gegen die abgewiesenen Asylbewerber ergriffen werden, lassen sich damit kaum mehr von diesem fundamentalen, und umso schrecklicheren NEIN trennen; dem NEIN zur Realität. Am Anfang steht die Realität einer Welt mit ihren Leiden, ihrer Gewalt und ihrem Exil. Dann die Realität der betroffenen Männer und Frauen, die ihr Glück für die Zukunft suchen. Schliesslich die Realität ihres Mit-uns-Seins, die wir nicht einfach wegleugnen können.

Ein Mann steht im schieren Gegensatz zu dieser blinden Ablehnung. Er trug der vollen Realität der Menschen, die seinen Weg kreuzten, Rechnung: Christus. Von ihm wollen wir lernen, die Würde jedes Menschen zu verteidigen und wiederherzustellen, ohne Ansehen der Person. Von ihm wollen wir den Ruf vernehmen, uns um die volle Realität der Welt zu kümmern, ohne uns von ihrer Komplexität und Flüchtigkeit abschrecken zu lassen. Und wenn heute Menschen unter uns noch der kümmerlichsten Hilfeleistungen beraubt werden, wollen wir unsere Verantwortung wahrnehmen, damit diese Realität von den Behörden unseres Landes ernstgenommen wird.


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Die NEE in der Schweiz

Am 1. April 2004 traten die Bestimmungen in Kraft, mit denen die Asylbewerber, für deren Gesuch das Bundesamt für Flüchtlinge einen Nichteintretensentscheid (NEE) erlassen hat, von jeglicher Sozialhilfe ausgeschlossen werden.

Eine dramatische Situation

Ich habe an 3 überkantonalen Sitzungen mit sehr kompetenten und dynamischen Personen teilgenommen, die fest entschlossen sind, diesem ?Randständigen? unserer Zeit bis auf die Strasse und tief in den Winter zur Seite zu stehen.

Wir haben Informationen zu dieser dramatischen Situation, die jeden Kanton betrifft, ausgetauscht. Und, ehrlich, die darauffolgenden Nächte waren schwer für mich. Trotz meiner humanitären Erfahrungen mit Kriegssituationen, die mich sicher gestärkt haben, zittere ich angesichts der Unmenschlichkeit, die mir hier entgegenkommt.

In Solothurn habe ich Menschen gesehen, die nicht einmal in einer verlassenen Bauhütte Zuflucht und Erholung finden konnten. Und das, obschon der Kanton diese Baracke eigens renoviert hatte, um dort eine Anlaufstelle zu schaffen, und obschon es an Platz nicht mangelte.

Um beim Beispiel Solothurn zu bleiben: Die ?NEE? leben dort auf der Strasse und müssen selber für eine Schlafstelle sorgen. Oft versuchen sie, im Flüchtlingsheim Unterschlupf zu finden, werden aber für die Nacht weggescheucht. Sie finden sich auf der Strasse wieder, wo sie den harten Kontrollen der Polizei ausgesetzt sind. Und natürlich: keinerlei Anrecht auf Gesundheits- oder Körperpflege.

Die Nothilfe von 8 Franken pro Tag und Person für Nahrung, Körperpflege und Kleidung, sowie 13 Franken für Übernachtung entspricht in keiner Hinsicht den Mitteln, die nötig wären, um eine menschenwürdige Existenz zu ermöglichen, wie sie die Bundesverfassung garantiert.

Wie wenn dies nicht genug der Schrecken wäre, sind die Menschen afrikanischer Herkunft regelmässig verbalen und körperlichen Attacken rassistischer Gruppen ausgesetzt.

Natürlich wissen wir, dass es in jeder Volksgruppe Personen gibt, die sich nicht korrekt verhalten. Aber wenn wir den Drogenhandel alleine den Afrikanern in die Schuhe schieben, folgen wir dann der selben Logik und hängen die Pädophilie pauschal den Westlern an? Das ist doch zu bezweifeln.

Handeln für ein möglichst gutes Zusammenleben

Eines weiss ich: Ich will nicht warten ? und ich bin sicher: ihr auch nicht ?, bis Menschen unter unmenschlichen Lebensbedingungen zu leiden haben oder gar daran sterben, um aktiv zu werden und unseren Behörden zuzurufen, dass ich diese unwürdigen Bestimmungen nicht akzeptiere, die überdies bald auf alle abgewiesenen Asylbewerber ausgedehnt werden könnten.

Artikel 12 der schweizerischen Bundesverfassung fordert ja auch, dass jede Person in Not ein Recht auf Hilfe, Unterstützung und die erforderlichen Mittel für eine Existenz in menschlicher Würde hat.

Das ist unsere Kraft, unser Reichtum und unser Stolz. So fordern wir SchweizerInnen und andere MitgenossInnen unseres schönen Landes, dass dieses Land jeder Person Respekt schuldet, sowie das Recht, ein Dach über dem Kopf zu haben und sich anständig ernähren zu können.

Darum fangt schon heute an und lasst die Petitionen auf Solidarité sans frontières unterschreiben, damit der Respekt unter den Mitgliedern dieser Gesellschaft gewahrt bleibt und wir unser Zusammenleben bestmöglich gestalten können.


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