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Jugendkonferenz Bienenberg 2015

Am 31. Januar und 1. Februar 2015 waren die beiden Chouf-nüt-Veteranen Tom Wieland, Erfinder des Gmüesesel mit Fitness-Maschinen, die Mehl mahlen und Öl pressen, und Samuel Ninck-Lehmann, Koordinator von ChristNet, als Referenten zur Jugendkonferenz der Mennoniten auf den Bienenberg eingeladen. Vor 120 Jugendlichen sprachen wir zum Thema «Radikal einfach».

Wir kamen dreimal zum Einsatz: 1. Theoretisches Referat mit biblischen Grundlagen zu Geld und Besitz, Hintergrundinformationen zur Konsumgesellschaft und konkreten Ansätzen für ein einfaches Leben; 2. liturgische Feier mit Sprechchören, Taizé-Liedern und einer Besinnung zu Philipper 2 (Jesus verlässt seine Herrlichkeit und erniedrigt sich selbst); 3. Interview mit Tom und Samuel, während dem die TeilnehmerInnen per SMS Fragen stellen konnten.

An den vielen tiefschürfenden, kritischen und weitreichenden SMS-Fragen zeigte sich, dass die Jungen wirklich bei der Sache waren und sich auf das Thema eingelassen haben.

Wir haben auch das Blatt Was steht auf meinem Shopping-Zettel verteilt, das kritische Fragen zu unseren Kaufentscheiden stellt.

«Am meisten vom Wochende profitiert»

«Ich habe am meisten von diesem Wochenende profitiert», schrieb Samuel den Organisatoren. Er habe wieder einmal sein Lieblingsthema vertiefen und durchdenken können.

Auch habe er ganz neu erfasst, dass das «einfache Leben» ein Weg ist, dessen Ziel zwar das Jesus-Wort ist: «Verkaufe alles und gib den Erlös den Armen» –, auf dem wir aber alle an einem anderen Punkt stehen. Es gebe also keinen Grund, sich gegenseitig aufgrund unseres Lebensstils zu verurteilen.

Und schliesslich habe Samuel neu realisiert, dass auch das Thema einfacher Lebensstil auf die Menschen bezogen sein soll: «Wenn ich einfacher lebe, ohne dass meine Beziehungen davon profitieren, gehe ich am Wichtigsten des christlichen Glaubens vorbei: der Nächstenliebe.»

Interessiert an Referat?

Wenn du in deiner Gemeinde, Jugendgruppe das Thema des einfachen Lebens aufnehmen möchtest, melde dich bei uns.


Was steht auf meinem Shopping-Zettel

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Rezension von Anne-Sylvie

Nach dem Kurs „Gerechte Menschen !? „Kurses, den wir in der ersten Hälfte des Jahres 2012 organisiert haben, beschloss unsere Gruppe, eine Aktion durchzuführen, die darin besteht, 2 Wochen lang weniger zu essen, um das eingesparte Geld einem Entwicklungsprojekt (ADENN) zukommen zu lassen. Zwei von uns beschlossen, nur eine Schüssel Reis pro Tag zu essen, aus Solidarität mit all den Menschen, die mit dieser Menge an Lebensmitteln leben.

Diese Erfahrung war in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Zunächst einmal machte es uns den Überfluss bewusst, in dem wir leben, und lehrte uns, für die Nahrung, die Gott uns in Menge gibt, dankbarer zu sein.

Dann konnten wir feststellen, dass wir mit wenig Nahrung in unserem täglichen Leben weniger effizient wurden, müde und ohne Energie. Dieses Gefühl, in unserem Fleisch zu leben, was so viele Menschen im Süden erleben, ließ uns erkennen, wie sehr der Hunger die armen Länder Ressourcen verlieren lässt.

Schließlich trafen wir uns mehrmals um die Mittagszeit zu einer Zeit der Meditation. Wir waren bewegt von verschiedenen Nachrichten, die in diesen Tagen herauskamen, und insbesondere von der Tatsache, dass jeder Schweizer Haushalt täglich den Gegenwert von einer Mahlzeit in den Müll wirft und dass die Zahl der Menschen auf der Welt, die nicht genug zu essen haben, 870 Millionen beträgt.

Darüber hinaus entdeckten wir einige Mahnungen für mehr Solidarität, von denen die Bibel voll ist. So fordert Paulus uns heraus, unsere Überflüssigen zu gebrauchen, um den Bedürftigen zu dienen (2. Korinther 8,13).

Freuen wir uns also über das, was wir haben, und scheuen wir uns nicht, großzügig zu teilen! Mit dieser „Reisschüssel“-Aktion konnten wir einen kleinen Schritt in diese Richtung machen.

Zeugnis von Alexander

Weniger essen, mehr leben: eine Woche mit einer Schüssel Reis pro Tag

Ein paar verschiedene Tage in meiner Ernährung zu erleben, hat mir viel gebracht. Ich spürte den Mangel, aber ich erkannte auch den Überfluss, in dem ich lebe. Mich selbst für einige Tage zu berauben, erlaubte mir, alles zu sehen, was ich mir nicht täglich vorenthalte, alles, was mir so natürlich erscheint, zu erwerben, zu konsumieren und wegzuwerfen. Es war mir möglich, konkreter über all die Menschen auf dieser Erde nachzudenken, die ohne so viel Reichtum leben und deren Alltag nicht aus Überfluss, sondern aus Armut besteht.

Die Erfahrung war um so stärker, als sie von mehreren Menschen gleichzeitig geteilt wurde, als eine Gemeinschaft in Askese. Ich kann diese Diät (!) nur empfehlen, um durch die Gnade Gottes einen Geist der Gerechtigkeit in unserem Leben und in der Welt zu entwickeln. In der Überzeugung, dass das christliche Leben von besonderen Zeiten geprägt sein sollte, die dem Lauf der Zeit einen Sinn geben, wäre ich bereit, dies jedes Jahr aufs Neue zu erleben!

 

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Gedanken zu einem christlichen Umgang mit Geld

Was ist besser: Reich sein oder arm sein? Viel haben oder wenig haben?

Die einen werden sich bei dieser Frage vor allem an sich selbst orientieren und zum Beispiel sagen, dass mehr Geld ja trivialerweise mehr Freiheit bedeute – wenn sie zuviel davon hätten, könnten sie das Geld ja notfalls immer noch verbrennen. Oder sie sagen, dass sie nicht reich sein wollen, weil sie ja dadurch gar nicht glücklich würden.

Andere orientieren sich bei dieser Frage nicht an sich selbst, sondern an den Mitmenschen und argumentieren: Wenn ich reich bin, dann kann man daraus ja einfach schliessen, dass ich noch nicht soviel geteilt habe wie ich gekonnt hätte. Also ist reich sein schlecht. Oder wie mal einer gesagt hat: Reich werden ist keine Sünde, reich sterben schon.

Die Ausgangsfrage stellt uns jedoch vor eine falsche Zweiteilung. Weder gilt: je reicher desto besser, noch gilt: je ärmer desto besser. Auf die Frage „wie reich soll ich sein?“ gibt es nämlich als Antwort einen Orientierungspunkt – ein Geländer, an dem wir uns festhalten können. Wir sollen weder reich noch arm sein, sondern wir sollen mit genug leben.

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Der Bundesrat definiert als erstes Legislaturziel Wirtschaftswachstum und Wohlstandsmehrung. Die Bibel sagt uns: „Geben ist seliger denn nehmen!“ (Apg. 20,35) Als Christen wollen wir uns für eine „Wirtschaft des Teilens“ einsetzen, um
der Armut wirksam entgegen zu treten.
Dieses Forum steht unter dem ChristNetJahresthema 2006 „Geld in der Schweiz“. In diesem Rahmen gehen wir der Frage nach: Warum ist uns das Wirtschaftswachstum so wichtig? Ist es, weil wir das Teilen verlernt haben?

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Eric Divernois ist seit mehreren Jahren Mitglied von ChristNet und engagiert sich in der Umweltgruppe. In diesem Rahmen hat er einen Artikel über einfachen Lebensstil geschrieben. Während einigen Jahren hat er in der Glaubens- und Lebensgemeinschaft  Fontaine Dieu im Val de Travers gelebt.

Unzufriedenheit, eine zeitgenössische Krankheit

Die Devise der Olympischen Spiele heisst: ?Schneller, höher, stärker!? Dieser Leitspruch wird auch von Unternehmen benutzt, um ihre Motiviertheit zu zeigen. Die Unzufriedenheit, die damit zum Ausdruck kommt, ist dem Westen eigen. Sie drückt sich in den hohen Selbstmordraten und dem Konsum von Antidepressiva unserer Länder aus. Einerseits fördert Unzufriedenheit zwar den Fortschritt, doch Ungenügsamkeit ist auf die Dauer tödlich.

Die Symptome

Ein Symptom der Unzufriedenheit ist das ?Immer-mehr?. An der Arbeit und in zahlreichen anderen Bereichen werden wir dazu getrieben, immer mehr zu wollen. Das ist an sich nicht falsch; das Problem ist subtiler. Die Idee des Fortschritts beruht auf diesem legitimen und gleichzeitig illegitimen Bedürfnis. Je mehr Leistung gefordert wird, desto grössere Bedürfnisse und Umweltschäden werden geschaffen. Dadurch wird ein negativer Prozess beschleunigt: Müdigkeit, Burnout, Depression. Wir haben immer mehr Verantwortung, mehr Kontakte, um sich selbst und seine Möglichkeiten immer besser zu entfalten. Unsere Agenda ist überladen. Ist dies für uns Menschen wirklich gut?

Ein weiteres Symptom liegt in unserem Drogenkonsum im weiteren Sinn: Die Leute konsumieren Kaffee, Tabak, Alkohol im Übermass, um leistungsfähig zu sein.

Es gibt auch eine Tendenz, die geistliche Erfahrungen sucht. Dieses Phänomen finden wir auch im christlichen Umfeld wieder. In unseren freikirchlichen Kreisen richtet die Theologie des Überflusses verheerenden Schaden an. Wir begehren immer mehr unter dem Vorwand, dass Gott uns segnen wird, und glauben damit, dass Gott uns materiell segnen wird. Kurz, es besteht eine liberale, konsumistische Sicht von Gott, die ich nicht mehr Theologie sondern ?Egologie? nennen möchte.

 

Die Wurzeln

Unzufriedenheit ist eine Herzenshaltung und somit eine geistliche Angelegenheit. Kurz gesagt, der Mensch wird mit drei grösseren Problemen konfrontiert: Vereinsamung, Sinnlosigkeit und Angst. Diese drei Aspekte sind eng miteinander verflochten und führen zu Gier, Unwissenheit und Hass.

·        Vereinsamung: Dabei handelt es sich um eine tiefe innere Einsamkeit. In unserer modernen Welt sondern sich die Menschen immer mehr voneinander ab. Der Fortschritt hebt die gegenseitige Abhängigkeit der Generationen, sowie die zwischenmenschlichen Beziehungen auf. Wir sind zum Leben nicht mehr aufeinander angewiesen. Dies zeigt sich auf verschiedene Arten: Einige verbringen ihren Tag vor dem Computer, andere bestellen ihre Einkäufe per Internet, etc.

·        Sinnlosigkeit: In unserer westlichen Welt ist in der Vergangenheit alles hinterfragt worden: Unsere Weltanschauung ist völlig durcheinander. Die grossen Ideologien sind überholt. Einige Denker sprechen von einer Desillusionierung der Welt, die zu einem tief greifenden Sinnverlust führt. Was bleibt übrig? Man kann nur noch konsumieren. Gewisse Geschäfte werden jetzt als Konsumtempel gebaut und als paradiesische Welten angepriesen.

·        Angst: Hier geht es um Existenzängste. Wolfgang hat diese Wirklichkeit unseres Lebens und unserer Welt gut beschrieben. Die Angst kommt von einer grundlegenden Sorge angesichts einer Welt, die man nicht versteht, der man ausgeliefert ist und in die man ?geworfen? ist, wie es Heidegger ausgedrückt hatte. Die Geschichte des Westens ist von Angst geprägt. Im Mittelalter hatte man Angst vor dem jüngsten Gericht, vor Katastrophen und dem Ende der Welt. So war die Angst beim Übergang ins Jahr 1000 gross. Das weniger weit zurückliegende 20. Jahrhundert wurde von der Angst vor einem Atomkrieg, vor Terrordrohungen, der Finanz- und Umweltkrise geprägt. Wir müssen zugeben, dass wir auch als Christen der Angst, nicht genug zu haben, ausgeliefert sind. Diese Angst versteckt sich in kleineren Sorgen: Arbeitslosigkeit, Geld etc. Oft ist es zwar eine unbewusste Angst, aber je weniger sie uns bewusst ist, desto mehr beeinflusst sie uns.

 

Die Folgen

Unzufriedenheit wirkt sich auf der persönlichen, sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Ebene aus.

·        Persönliche Folgen: Durch ein Leben in Unzufriedenheit verstärken wir unsere Gier. Wir sind gierig nach allem, immer, jederzeit, schneller und intensiver. Dies führt zu verschiedenen Formen von räuberischem Verhalten, Erschöpfung und Übersättigung. Ein Schriftsteller hat einmal gesagt: ?Der Überfluss an Gütern erzeugt eine Knappheit an Zeit.?. Tatsächlich haben wir alle zuwenig Zeit.

·        Soziale Folgen: Die Unzufriedenheit drängt uns dazu, mehr von den anderen zu verlangen. Wenn ich beispielsweise zehn Tassen Kaffee zu einem geringen Preis verlange anstelle einer einzigen aber teureren, erhöhe ich meine Erwartungen an die Produktion und den Preis, was wiederum den Druck auf Löhne und Arbeitsbedingungen erhöht.

·        Wirtschaftliche Folgen: Die Begierde treibt uns dazu an, mehr zu verdienen, den Ertrag unserer Aktien zu steigern und mit hochrentablen Finanzprodukten zu spekulieren, um unsere Bankkonten, unsere Interessen und jene unserer Nachkommen zu gewährleisten. Dies führt aber auch zu Wirtschaftsrausch und zu Finanzdebakeln.

·        Ökologische Folgen: Der Druck auf die Umwelt, der durch die Gier hervorgerufen wird, ist gewaltig, da er mit der Bewohnerzahl der Erde multipliziert und von unserem System vervielfacht wird. Wenn jeder den gleichen Komfort fordert, zeigt sich schnell, dass unsere Begierden in einer endlichen Welt nicht unendlich gestillt werden können. Leider ist die Begierde das Grundprinzip unserer Wirtschaft, die uns mit Arbeit und Lohn versorgt.

 

Gottes Heil(s)mittel

Die Heil(s)mittel Gottes sind unter anderem: Bekehrung, Verzicht, Dankbarkeit und Lobpreis sowie die ?Tritherapie Gottes?: Liebe, Glaube und Hoffnung.

·        Die Bekehrung: Ein Prozess, der aus der Umkehr unserer Denkweise besteht: Wir müssen unsere Vorstellungsweisen ändern, was sich auch auf der Gefühlsebene auswirkt. Die Bibel spricht von einer ?Beschneidung des Herzens?. Indem eine überflüssige Schicht weggenommen wird, um unser Herz weicher zu machen, wird unser Herz vereinfacht.

·        Verzicht: Die Bekehrung veranlasst uns zum Verzicht. Dabei handelt es sich nicht in erster Linie um den äusseren Verzicht auf unseren Besitz. Luther spricht vom unbekehrten Menschen als jemandem, der in sich verkrümmt ist. Auf unseren zugrunde liegenden Egoismus müssen wir verzichten, und das ist schwierig!

·        Dankbarkeit und Lobpreis: Oft haben wir die Neigung, Lobpreislieder zu singen, um uns besser zu fühlen. So gleiten wir nach und nach in eine Konsumhaltung. Im Gegensatz dazu ist das Wesentliche des Lobpreises ein dankbares Herz. Das ist ein Lobpreis mit Qualität.

·        Liebe, Glaube, Hoffnung: Ein ganzes Programm. Es handelt sich dabei um sehr biblische Ansätze. Damit wir verändert werden können, ist das Vertrauen auf Gott grundlegend. Wir glauben mit unserem Verstand, merken aber in der Praxis, dass wir nicht wirklich glauben. Erst wenn unsere Sicherheiten zerbrechen, sehen wir, wo wir wirklich stehen. Liebe, Glaube, Hoffnung sind in gewissem Sinn Gegenstücke zu Vereinsamung, Sinnverlust und Verzweiflung/Angst.

 

Schlussfolgerung: Genug zum Leben

Wenn wir das ?Immer-mehr-System? angreifen, kann der Eindruck entstehen, dass wir ein Loblied auf Mittelmass und Faulheit singen und die Idee des Fortschritts hinterfragen wird. Es ist nicht die Absicht, sich in einer einfachen Genügsamkeit zu gefallen. Die Genügsamkeit ist kein Chalet mit der Aufschrift ?Das ist alles, was ich brauche?1 . Es geht nicht darum, von ?zuviel? auf ?zu wenig? umzustellen, sondern eher von ?zuviel? auf ?genug?. Zum Beispiel genug arbeiten, um zu leben und nicht leben, um zu arbeiten. Genug essen, ohne sich zu überessen, und seinen wirklichen Bedürfnissen entsprechend konsumieren. Neben dem ?Immer-mehr?, gibt es das ?Genug?: Genug zum Leben, genug zum Teilen und vor allem genug zum Dankbarsein mit Wohlwollen, Vertrauen und Hoffnung.

Fragen

Wie kann die Genügsamkeit mit Gottes Auftrag, dass unsere Gaben Frucht bringen, vereinbart werden?

Es gibt eine legitime Unzufriedenheit, die zum Beispiel von Paulus veranschaulicht, wenn er sagt: ?Ich jage nach dem vorgesteckten Ziel.?2 . Er geht also vorwärts. Das Evangelium mahnt uns, Frucht zu bringen. Die Schöpfungsgeschichte gibt dem Gedanken des Fortschritts und der Entwicklung Ausdruck. Das ist das Gesetz des Lebens. Das Problem ist nur, dass Satan dasselbe tut, aber auf eine schlechte Art: Es gibt auch ein Gesetz des Fortschritts, das tödliche Auswirkungen auf den Einzelnen und auf die Umwelt hat.

Dann lautet die Frage eher, woher meine Motivation kommt, um weiterzugehen, welche Einstellung ich habe, und weniger nicht mehr weiterzugehen?

Genau, es ist eine Frage des Herzens.

Meine Frau und ich haben in der Schweiz oft Dämonen mit einem finanziellen Hintergrund ausgetrieben. Die Leute wurden dazu getrieben, mehr zu konsumieren; sie waren Sklaven dieser Dämonen. Das war keine Frage der Einstellung, sondern eine dämonische Besessenheit. Wo kann die Grenze gesetzt werden?

Ja, hinter den Motivationen ist ein dämonischer Aspekt versteckt. Das Psychische hat seinen Ursprung im Geistlichen und wird davon beeinflusst. Darüber hinaus bin ich nicht kompetent.

Ein Vers sagt: ?Da wo euer Schatz ist, da wird auch euer Herz sein?3  Beruft uns Gott, alles zu geben, oder müssen wir diese Stelle eher als Auftrag verstehen, unser Geld gut einzusetzen?

Das Evangelium ist sehr radikal. Meiner Meinung nach gibt es beide Einstellungen: Franz von Assisi beispielsweise hat alles gegeben. Andererseits gibt es Leute, die Reichtümer haben, offen sind für Gott und ihm in ihren Ausgaben gehorchen.

Transkription: Anne-Sylvie Giolo, Samuel Ninck

Übersetzung: Bettina Hostettler

 


1. Im französischen Original: ?Samsuffit? (ça me suffit), typische Chalet-Aufschrift (A.d.Ü.).

2. Philipper 3.14

3.  Lukas 12.34.

Photo by Muhammadtaha Ibrahim Ma’aji on Unsplash

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Bescheidenheit, Barmherzigkeit, Gottvertrauen: 3 Werte für eine veränderte Gesellschaft

Samstag, 26. April 2008, 13.45 Uhr

Evangelisches Gemeinschaftswerk (EGW), Nägeligasse 9, Bern

Mit:

> Wolfgang Simson, Autor und Theologe

> Eric Divernois, Existenz-Coach, Umweltgruppe ChristNet

> Und andere

Eintritt frei, Kollekte

Inhalt

Gesellschaft und Politik sind heute geprägt von Unsicherheit und Angst: Börsen- und Banken-Crash, Terrorismus, Missbauchsangst im Sozial- und Ausländerwesen usw. Doch Angst lässt unsere Liebe zum Nächsten erkalten.

Lukas 12,22-36 fordert uns da heraus: ?Fürchte dich nicht, du kleine Herde!? ermutigt uns Jesus im Blick auf unsere Grundbedürfnisse: ?Euer Vater weiss, dass ihr dessen bedürft.? (V. 32.30)

Erst aus Gottesvertrauen werden wir fähig, durch einfaches Leben und Grosszügigkeit den Schwächsten beizustehen und so einen fundamentalen Wandel herbeizuführen: persönlich, gesellschaftlich und politisch.

In Kurzreferaten wollen wir die Chancen und Schwierigkeiten dieser Werte und ihrer Umsetzung beleuchtet werden. In der anschliessenden Podiums-Publikums-Diskussion gehen wir dann folgenden Fragen nach:

> Wie sinnvoll sind diese Werte für unsere Gesellschaft?

> Wie können wir sie fördern und umsetzen?

> Wo wird schon etwas getan?

Den TeilnehmerInnen wird empfohlen, als Vorbereitung Lukas 12,22-36 zu lesen und zu meditieren.

Programm

13.45     Empfang, Einleitung

14.00     Gottvertrauen: Gemeinsam gegen Angst! (Wolfgang Simson)

14.30     Bescheidenheit: Genug zum Leben. (Eric Divernois)

15.00     Barmherzigkeit: Genug zum Teilen.

15.30     Pause

16.00     Podiums-Publikums-Diskussion

16.45     Gebet in Gruppen

17.00     Schluss

Um 12.30 gemeinsames Mittagessen im Restaurant ?Hotel Bern?, Zeughausgasse (bitte bis 24.4. bei uns anmelden).

Für Rückfragen

Samuel Ninck | 022 733 50 83 | samuel.ninck@christnet.ch

Anreise

5 Minuten zu Fuss vom Hauptbahnhof Bern:

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Loslösung vom Reichtum (1. und 2. Jahrhundert)

Die Idee des „einfachen Lebens“ ist für die ersten Christen eine Selbstverständlichkeit. Es wird als normal erachtet, seine Güter zu verkaufen und sie mit den Anderen zu teilen. Durch die Bekehrung wird man gleichsam als Kind des einen Vaters zu Geschwistern. Doch Armut wird hier nicht als Selbstzweck gesucht: Vielmehr steht die Aufgabe des Reichtums im Vordergrund zugunsten derjenigen, die weniger besitzen.

Die Geschichte des reichen Jünglings (Mat. 19,16-222) hat die Christen während der gesamten Kirchengeschichte ganz unterschiedlich beschäftigt. Im 1. und 2. Jahrhundert wurde sie wie folgt interpretiert: Der Reichtum ist nicht an und für sich schlecht, aber die Liebe des Reichtums ist ein Hindernis zum Heil. Für die ersten Christen geht es dabei in erster Linie um die Frage der Solidarität und der Geschwisterhilfe. Doch kommt der reiche Jüngling in den Diskussionen oft vor und die Frage stellt sich, ob die Reichen überhaupt gerettet werden können. Die Kirche stellt dazu fest, dass der Reichtum nützlich ist, dass es aber notwendig ist, sich von aller fleischlichen Gier, sprich: der unbezähmten Liebe zum Geld, zu lösen.

Luxus als Anmassung (3. bis 5. Jahrhundert)

In der Folge entwickelten sich radikalere Strömungen, die bis zur Suche nach dem Märtyrium durch den Verzicht auf Güter und auf die Ehe gehen. Sie sehen den Güterbesitz als etwas Dämonisches an. Diese Strömungen, die zwar von der Kirche verurteilt werden, tauchen dennoch im Laufe der Kirchengeschichte in verschiedenen Formen wieder auf.

Im 4. und 5. Jahrhundert kommt Basilius von Cäsarea zur Auslegung, dass der reiche Jüngling nicht alle Gebote gehalten habe, wie er vorgibt, da er trotz seines Reichtums seine armen Brüder verhungern liess. Es sei praktisch unmöglich, so viel Reichtum anzuhäufen, ohne einzelne Gebote zu verletzen. Basilius kommt zum Schluss, dass Luxus eine Anmassung ist. Seine Kritik trifft demnach nicht den Reichtum an und für sich, sondern die Grösse des Vermögens. Andere folgern, dass die Anhäufung grosser Vermögen gezwungenermassen zu Ungerechtigkeiten führt.

Ein weiterer Leitgedanke wird zu dieser Zeit entwickelt: Wir sind nicht die Besitzer der irdischen Ressourcen, sondern Verwalter dessen, was Gott uns anvertraut; die irdischen Güter dienen zum Nutzen Aller.

Die Armut als materielle Tatsache

Mit dem Aufstieg des Christentums zur offiziellen Religion des römischen Reiches verliert der Märtyrergedanke an Boden und wird durch die Weltflucht ersetzt. Die ersten Klöster werden gegründet. Hier kann „der Welt“ und ihrem Reichtum, die in der Meinung dieser monastischen Strömungen die evangelische Vollkommenheit verunmöglichen, entflohen werden. Gleichzeitig nimmt die Armut in der Gesellschaft wegen wiederholten Hungersnöten und Epidemien zu. Die Bewegung zur Hilfe der Schwächsten und Armen Gewinnt an Boden. Den Reichen wird ihr Reichtum vorgeworfen, der auf Kosten der Armen erworben wird.

Zu dieser Zeit kommt die Kirche zum ersten Mal in den Genuss von Erbschaften, die sie dazu verwendet, die Leiden der Armen zu lindern. In der Folge wird die karitative Hilfe der Kirchen institutionalisiert, und die ersten Kranken- und Armenhäuser werden eröffnet. Die Armut wird zu dieser Zeit in erster Linie unter ihrem materiellen Gesichtspunkt betrachtet, und nicht als geistliche Frage behandelt.

Das einfache Leben (11. und 12. Jahrhundert)

Im 11. und 12. Jahrhundert entstehen neue Orden, die eine Rückkehr zur Armut predigen. Das Ziel ist, im gemeinschaftlichen Rahmen einen einfachen Lebensstil zu leben. Dabei bestehen auffälligerweise zwei Theorien nebeneinander: Die Kirchenhierarchie predigt einerseits die Armut als Gottes Wille, andererseits macht die Zunahme der Armen der Kirche Angst. Die Einsiedler, die von der Welt abgeschieden leben, kritisieren den Klerus vermehrt, weil dieser Armut predigt, ohne sie vorzuleben. Oppositionelle und konfliktträchtige Bewegungen entstehen. In dieser Kontroverse sind zwei Männer besonders wichtig: Franz von Assisi und der Heilige Dominik. Beide vertreten eine Zwischenmeinung: Sie bleiben der institutionellen Kirche zwar treu, schaffen es aber, den Armen wieder ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken. Beide Männer haben die Gründung zahlreicher Krankendienste inspiriert.

Die Angst vor dem Armen (14. Jahrhundert)

Im 14. Jahrhundert stellt sich erneut die Frage nach der Armut Christi. Hat er wirklich bis zuletzt in Armut gelebt? Waren seine Jünger tatsächlich besitzlos? Papst Johannes XII erklärt die Lehre als Häresie, wonach Jesus in absoluter Armut gelebt habe. In der Folge wird der Arme suspekt. Die Ablasspraxis, bei der die Reichen vor ihrem Tod einen Teil ihres Vermögens den Armen vermachen, um sich so den Weg ins Paradies frei zu machen, macht die Armut als einziger Faktor akzeptabel. Doch wird der Arme und die Armut immer mehr als Gefahr wahrgenommen, und der Entscheid zu einem armen Lebensstil wird je länger je weniger toleriert. Der Arme wird nicht mehr als Ebenbild Christi gesehen. Auch wenn sich einzelne Stimmen für die Armen einsetzen, wie etwa Erasmus von Rotterdam, nimmt die Angst schliesslich dermassen zu, dass die Armen vermehrt eingesperrt werden.

Zwischen Armut als Seligkeit und sozialer Kritik (17. bis 20. Jahrhundert)

Im 17. Jahrhundert wird die Armenhilfe weiter ausgebaut. Der Staat übernimmt dabei eine immer aktivere Rolle und fördert die Hauspflege, die zu einer grossen Bewegung wird. Nach der Suche des einfachen Lebensstils steht jetzt der Armendienst auf dem Programm. Mit einbrechender Aufklärung erscheint der Entscheid zu einem einfachen Lebensstil als Provokation. Klöster werden geschlossen, die Armut der Mönche und ihr Märtyrergedanken wird offen kritisiert. Die Kirche zieht sich mehr und mehr aus dem öffentlichen Armendienst zurück.

Im 18. Jahrhundert verliert die Armut definitiv ihren Vorbildcharakter und wird durch einen Mittelweg abgelöst. Dabei wird weder nach Armut noch nach Reichtum gestrebt, sondern nach einem bescheidenen Lebensstil. Zur gleichen Zeit entwickelt sich der Markt, dessen Existenz auf dem Grundsatz der Vielfalt beruht. Die ungleiche Verteilung des Reichtums festigt die Gesellschaft, da sie nur existiert, weil es Arme gibt, die zum Leben auf ihre Arbeit angewiesen sind. Die Armut wird vermehrt als etwas Natürliches wahrgenommen. Die Kirche betont denn auch nicht mehr die Armut Christi, sondern diejenige des Menschen allgemein, die den Bedürfnissen der Gesellschaft dient.

Mit dem Aufstieg des Sozialismus’ im 20. Jahrhundert beginnt die Kirche, die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeiter zu kritisieren. Die Kirchenhierarchie kritisiert die Ausbeutung des Menschen. Doch wird diese soziale Kritik oft durch den traditionellen Flügel der Kirche unterdrückt. Dies kann bis heute beobachtet werden, „unterdrückt“ doch die Kirche mit mehr oder weniger Heftigkeit die Befreiungstheologie.

Zum Schluss

Zum Schluss kann festgehalten werden, dass sich der Blick der Kirche auf die Armen, sowie ihre Reaktion auf Armut und Ungerechtigkeit im Laufe der Zeit ständig verändert hat. Wie sehen wir die Armen und die Armut heute? Wie können wir uns für sie einsetzen? Vielleicht sind wir berufen, einen ausgewogenen Mittelweg zwischen Mittellosigkeit und Reichtum zu finden. Könnte es hier um die Genügsamkeit gehen? Vielleicht sind wir gleichermassen berufen, uns das Prinzip der Verwalterschaft von Basilius von Cäsarea wieder zu eigen zu machen; jeder ist demnach berufen, einen Teil des weltweiten Vermögens Gottes zum Nutzen der gesamten Menschheit zu verwalten.

Empfohlene Lektüre

CHRISTOPHE Paul, Les pauvres et la pauvreté. Des origines au XVe siècle. 1ère partie, Desclée, Paris, 1985.

CHRISTOPHE Paul, Les pauvres et la pauvreté. Du XVIe siècle à nos jours. 2ère partie, Desclée, Paris, 1987.

DOMMEN Edouard, Laisser des grappilles. Contre la convoitise, la fête !, Repères, Pain Pour le Prochain, 2000.

RAHNEMA Majid, Quand la misère chasse la pauvreté, Paris, Fayard; Acte Sud, 2003.

 

Béatrice Steiner, April 2006

Transkription: Silvia Hyka/sn, übersetzt von Samuel Ninck.

Dieses Referat wurde weitgehend durch folgende Bücher inspiriert: CHRISTOPHE Paul, Les pauvres et la pauvreté. Des origines au XVe siècle. 1ère partie, Desclée, Paris, 1985. CHRISTOPHE Paul, Les pauvres et la pauvreté. Du XVIe siècle à nos jours. 2e partie, Desclée, Paris, 1987.

„Und siehe, einer trat herbei und sprach zu ihm: ‚Lehrer, was soll ich Gutes tun, damit ich ewiges Leben habe?’ Er aber sprach zu ihm: ‚Was fragst du mich über das Gute? Einer ist der Gute. Wenn du aber ins Leben eingehen willst, so halte die Gebote.’ Er spricht zu ihm: ‚Welche?’ Jesus aber sprach: ‚Diese: Du sollst nicht töten; du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht falsches Zeugnis geben; ehre den Vater und die Mutter; und: du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.’ Der Jüngling spricht zu ihm: ‚Alles dies habe ich befolgt. Was fehlt mir noch?’ Jesus sprach zu ihm: ‚Wenn du vollkommen sein willst, so geh hin, verkaufe deine Habe und gib den Armen, und du wirst einen Schatz im Himmel haben. Und komm, folge mir nach!’ Als aber der Jüngling das Wort hörte, ging er betrübt weg, denn er hatte viele Güter.“ (Matthäus 19,16-22)

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Wirtschaftswachstum – ein relativer Begriff

Mit Wirtschaftswachstum wird die der Fortschritt der Produktion und des Konsums von Gütern bezeichnet. Das Wirtschaftswachstum ist die Zu- oder eben Abnahme dieses „Sozialprodukts“.

Man hat es also nur mit Zahlen zu tun, die aber nicht so präzise sind, wie sie scheinen. Sie messen etwas zwar super-exakt, aber nur stückhaft; nur was auch tatsächlich bezahlt wird, kommt in die Statistik. So wird z.B. Freiwilligenarbeit in Familie, Haus und Vereinen nicht erfasst. Ebenso werden Umweltschäden oder auch die Schattenwirtschaft nicht gemessen. Das Wirtschaftswachstum sagt auch nichts darüber aus, wie sicher man lebt, noch über Freiheit, Zufriedenheit, Stabilität usw.

Dieses „Sozialprodukt“ wird dann zum internationalen Vergleich durch die Einwohnerzahl geteilt, was aber noch lange nichts über dessen Verteilung unter der Bevölkerung aussagt. Dies zeigen heute die Zahlen über das Wirtschaftswachstum in China eindrücklich, wo ein kleiner Teil der Leute sehr viel Geld macht, aber die grosse Masse leer ausgeht.

Das Wirtschaftswachstum hat oft etwas Suspektes: Was ist das und woher kommt es? Ich bin nicht Ökonomin, aber es scheint mir klar, dass das Wirtschaftswachstum nicht einfach so passiert. Es beruht auf der Arbeit von Menschen. Ganz grundsätzlich liegt es in der Natur des Menschen, immer noch weiterzugehen und Neues auszutüfteln. Dies steigert denn auch die Produktivität der Wirtschaft. Hinter dem Wirtschaftswachstum steckt also das Vorwärtsstreben der Menschen; es liegt in der Natur des Menschen.

Wirtschaftswachstum dient der Umverteilung

Zum Wirtschaftswachstum steht in der Bibel nichts ausdrücklich. Aber man sieht z.B., dass es Israel unter Salomo sehr gut geht, d.h. es herrschte Wirtschaftswachstum. Das geschah unter Gottes Schutz und Segen. In den modernen Volkswirtschaften wissen wir, dass wir verschiedene Elemente fördern können; Bildung, Steuern, Geldpolitik, Forschung. Dabei ist uns die Frage nach der Teilhabe am Wohlstand wichtig.

In einer Welt mit einer steigenden Bevölkerungszahl braucht es ganz grundsätzlich Wirtschaftswachstum. Und ganz realistisch: bei wachsender Wirtschaft, das heisst wenn der Kuchen grösser wird, bekommen alle immer ein bisschen mehr und sind zufrieden, ohne dass sich die Frage nach der Verteilung und der Gerechtigkeit stellt. Wird das Wirtschaftswachstum aber kleiner, dann klappt dieser Trick nicht mehr; die Löhne bleiben tief, die Arbeitslosigkeit steigt, und es kommt zu Verteilungskämpfen.

Als Gewerkschaftssekretärin sehe ich tagtäglich, dass die AHV auf Wirtschaftswachstum angewiesen ist. Die letzte Prämienerhöhung liegt 30 Jahre zurück. Dies ist nur dank Wirtschaftswachstum möglich.

Grenzen des Wachstums

Gibt es Grenzen des Wirtschaftswachstums? Ja, natürlich. Wir brauchen und verbrauchen Ressourcen, die nicht erneuerbar sind. Wir verbrauchen ungeheuer viele Ressourcen und schädigen damit unsere Umwelt. Es gibt nachhaltiges Wachstum, aber das ist auch heute noch leider nur ein kleiner Teil des Wirtschaftswachstums. Die Feststellung, dass die Weltwirtschaft wird nicht unbegrenzt wachsen kann, ist zum Gemeinplatz geworden. Haben wir den ‚Peak Oil’ schon erreicht? Diese Frage beschäftigt heut alle Zeitungen.

Wir sehen, dass geringes Wirtschaftswachstum zu sozialen Problemen führt und es ist verlockend, auf hohes Wirtschaftswachstum zu setzen. Doch sind dem Grenzen gesetzt, denn vielleicht geht uns die Luft ja noch vor den Ressourcen aus. Der Verteilungskampf führt zu Kriegen und je knapper die Ressourcen, desto schlimmer die Konflikte, die uns bevorstehen.

Doch die Frage der Verteilung stellt sich nicht nur zwischen armen und reichen Ländern heute und jetzt, sondern auch zwischen den Generationen. Was wir heute ausbeuten, steht unseren Kindern nicht mehr zur Verfügung.

Wichtige Ergänzung: Das Teilen

Das Wirtschaftswachstum kann nicht die einzige Antwort auf eine Reihe von Problemen sein. Auch in der Schweiz, einer ziemlich egalitären Gesellschaft, gibt es viele, und immer mehr, ‚laissés pour compte’. Diese Zahlen nehmen natürlich zu, je weniger Wirtschaftswachstum wir haben. Wir sehen aber auch, dass unser Wirtschaftswachstum in den armen und ärmsten Ländern keine Probleme löst. Teilen ist also unbedingt nötig. Wir kommen nicht ums Teilen herum. Dies betrifft die Schweiz und Europa, ist aber auch ein weltweites Problem.

Wir sind hier mit Problemen konfrontiert, bei denen es um viel, sehr viel Geld geht. Die dimension caritative im Beitrag von Jacques Blandenier stellt die Hilfe im Kleinen dar. Es braucht aber auch die dimension social-politique, das organisierte Teilen, das sich in UmverTeilung und Solidarität äussert. Im Allgemeinen stellen wir relativ einfach fest, wo Not herrscht. Wenn es dann aber um organisiertes Teilen geht, braucht es Gesetze, weil sich nicht alle gerne von sich aus daran beteiligen.

Umverteilung, und ‚Teilen’, hat furchtbar schlechte Presse. Geiz ist geil, und Solidarität wird in manchen Kreisen als Schimpfwort verwendet. Der UBS-Präsident Ospel meinte denn auch, die Kritik an hohen Managerlöhnen sei unverantwortlich.

Es wird gern von Eigenverantwortung gesprochen. Den Armen wird die Schuld für ihre Armut in die Schuhe geschoben. Wenn die Armen dann aber eigenverantwortlich stehlen gehen, um zu überleben, werden sie bestraft. Ich werde oft belächelt, wenn ich von Teilen und Umverteilung spreche.

Wenn wir an den Bundesrat schreiben, dann müssen wir konkrete Vorschläge machen, wie geteilt werden soll, denn von selber werden sie sich nicht damit befassen.

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Armut – für die Bibel zentral

Wenn wir in der Bibel lesen, stellen wir fest, dass die Armut einen äusserst wichtigen Platz einnimmt. Sie stellt ein zentrales Thema, eine eigentliche biblische Realität dar. Die Gesetze Israels betonen ganz besonders die Unterstützung der Armen und Schwachen; die Kranken und die Menschen, die unter schwierigen Lebensumständen und politischen Verhältnissen zu leiden haben. Auch die Propheten beschäftigen sich mit diesen Fragen. Sie verurteilen die Missachtung der Armen und die sozialen Ungerechtigkeiten. Dabei steht die Armenhilfe in direktem Zusammenhang mit dem Glauben:

Bist du dadurch König, dass du in Zedernholzbauten wetteiferst? Hat dein Vater nicht auch gegessen und getrunken und trotzdem Recht und Gerechtigkeit geübt? Ging es ihm damals nicht gut? Er hat dem Elenden und dem Armen zum Recht verholfen. Darum ging es ihm gut. Heisst das nicht mich erkennen? spricht der HERR. Doch deine Augen und dein Herz sind auf nichts gerichtet als auf deinen ungerechten Gewinn und auf das Blut des Unschuldigen, es zu vergiessen, und auf Unterdrückung und Erpressung, sie zu verüben. (Jeremia 22,15-17)

Auch die poetischen Bücher thematisieren die Armut, z.B. bei Hiob, aber auch in den Sprüchen und in den Psalmen, deren Autoren Gott ständig in den Ohren liegen. Während seiner ganzen Geschichte war Israel mit Notlagen konfrontiert: von Abraham bis zum babylonischen Exil und darüber hinaus: Hungersnöte, Sklaverei, Mangel in der Wüste, Plünderungen, Kriege usw. Das Volk wurde unentwegt unterdrückt und erlebte doch gleichzeitig den Segen des Herrn.

Armut – ein umfassendes Konzept

Im Alten Testament gibt es 10 verschiedene Worte für Armut. Sie umschreiben alle Aspekte der Armut. Wirtschaftliche Armut: Hungersnot, Krieg, soziale Ungerechtigkeit, Ausgrenzung, Schutzlosigkeit desjenigen, der sich nicht gegen die Stärkeren wehren kann. Psychische Armut: Angst, Einsamkeit. Und besonders wichtig: Geistliche Armut: die Angst, von Gott verlassen zu sein, Todesangst, Orientierungslosigkeit.

In gewissen Lagen kann die Armut eine Folge von unangemessenem Verhalten sein. Die Bibel erwähnt Armut als Folge der Faulheit oder als Strafe Gottes. Doch daraus darf nicht geschlossen werden, Armut sei immer ein Fluch. Die Bibel erwähnt Menschen, die von Gott geliebt sind und den Glauben haben, und die doch in Armut leben. Denken wir an Hiob und den Psalmisten, die ja genau wegen ihrem Glauben leiden (z.B. Psalm 73).

Doch Reichtum kann auch ein Segen sein. Die Bibel verachtet materiellen Besitz nicht, im Gegenteil: oft stellt er ein Zeichen der Liebe Gottes dar. Doch muss uns dabei bewusst bleiben, dass das Urteil gegenüber ungerechtem Reichtum extrem hart ist und dass die Gefahr, wegen dem Wohlstand korrupt zu werden, durchaus real ist (s. z.B. Salomo).

Auch das Neue Testament spricht von Armut. Wir denken an die erste Seligpreisung Jesu: „Glückselig ihr Armen“ (Lukas 6,20) und Matthäus fügt an: „Glückselig die Armen im Geist“ (Mat. 5,3). Diese zwei Versionen zeigen uns deutlich, dass es keine künstliche Trennung zwischen wirtschaftlicher und geistlicher Armut gibt. Aber „Glücklich ihr Armen“, das steht so diametral im Widerspruch zu unserer Denkweise! Dabei sollen hier nicht die Armen idealisiert werden. Der Arme ist glückselig, weil er unfähig ist, sich selber zu retten. Die Lage, in der er sich befindet, ist förderlich dafür, zu entdecken, auf welche Weise und wie sehr Gott auf seine Bedürfnisse eingehen wird.

Gott kämpft für die Schwachen

Die Armut ist ein Leiden, und der Gott der Bibel will nicht, dass Seine Schöpfung leidet. Er bleibt nicht unbeteiligt und distanziert in seinem fernen Himmel. Nein, Gott ist ein Gott, der sich hingibt und die Bedürftigkeit nicht will. Er beteiligt sich am Kampf und bezieht für uns Stellung. Den Gründertext für diese Realität finden wir in der Geschichte vom brennenden Busch (2. Mose 3). Der Herr sagt: „Gesehen habe ich das Elend meines Volkes in Ägypten… ja, ich kenne seine Schmerzen. Darum bin ich herabgekommen…“ (V.7+8).

Ein anderes Beispiel ist Abraham, der reich, ruhig und zufrieden in seinem Land lebte und der in die Wüste aufbrechen und seine falsche Sicherheit verlassen musste, um den wahren Reichtum zu kennen, der sich in Gott findet.

Oder auch das Passahfest, das Jesus mit seinen Jüngern feiert. Er, Gott, der auf die Erde gekommen ist, der sich hingegeben hat, der gedemütigt wurde, er ist in Knechtsgestalt gekommen und wurde gehorsam bis zum Tod (Phil. 2,8). Während Gott sich auf die Seite der Schwächsten stellt, kämpft er doch nicht alleine. Er führt den Kampf mit seinem Volk, sei es Israel oder die Gemeinde. Er lehnt die Schicksalsgläubigkeit ab. Jesus sagt dazu, dass wir ja allezeit Arme bei uns haben und dass wir, wenn wir wollen, ihnen Gutes tun können! (Markus 14,7)

Die Armut bekämpfen

Der Kampf gegen die Armut muss gleichzeitig auf zwei Ebenen geführt werden:

Karitative Ebene: Nächstenliebe und Barmherzigkeit widerspiegeln die Person Gottes. Sie geben sich selbst hin und erwarten nichts zurück. Diese Haltung kann in zahlreichen biblischen Geboten gefunden werden. Damit wird die Gewinnmaximierung abgelehnt.

Die soziale und politische Ebene: Hier geht es darum, der Verarmung des Volkes vorzubeugen. Dies kann auf unterschiedliche Weise geschehen: die Korruption bekämpfen, gerechte Gesetze erlassen, die Besitzanhäufung verhindern und dazu z.B. das Sabbatjahr einführen (s. 2. Mose 21,2).

In diesem Zusammenhang lohnt es sich, besonders auf eine biblische Begebenheit hinzuweisen, die oft unbeachtet bleibt. (1. Könige 21) Der König Ahab begehrt den Weinberg des Bürgers Nabot. Dieser will ihn aber nicht abtreten. Auf Anraten seiner Frau Isebel lässt Ahab Nabot aufgrund falscher Zeugenaussagen zum Tode verurteilen und eignet sich den Weinberg an. Diese Ausübung des Rechts des Stärkeren wird von Gott extrem hart verdammt. Das ist wegweisend und wird denn auch von Jesus aufgenommen, wenn er zu seinen Jüngern sagt: „Unter euch wird es nicht so sein; sondern wenn jemand unter euch gross werden will, wird er euer Diener sein.“ (Matt. 20,26)

Unsere Motivation

Gott gibt uns zwei Motive, um unser Verhalten zu ändern:

Die Erinnerung: Während seiner gesamten Geschichte mit den Menschen hat Gott Feste eingeführt, damit sich die Menschen erinnern können, wie z.B. das Passahfest, das an die Leiden in Ägypten erinnert, oder die Sabbatruhe, die an die Sklaverei erinnert. Die Botschaft lautet: „Erinnere dich, dass auch wenn du heute nicht in Armut lebst, du doch zu tiefst arm bist.“ Wir sind berufen, Gott ähnlich zu werden: „Seid heilig, denn ich bin heilig.“ (1. Petrus 1,16) Gott ist barmherzig, darum wollen auch wir barmherzig sein. Jesus hat sich selbst bis zur Armut entäussert, darum wollen auch wir arm sein.

Die Hoffnung: Nach Jahrhunderten der Gesetze und Propheten, muss Israel sein Versagen eingestehen. Dieses Versagen lässt die Erwartung von etwas anderem aufkeimen und schafft Raum für die Hoffnung. In diese Situation hinein erscheint Jesus, der lange erhoffte Messias. Seine ersten Worte in der Synagoge von Nazareth bestätigen diese Hoffnung: „Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat, Armen gute Botschaft zu verkündigen.“ (Lukas 4,18) Von da an wird die Gemeinde zum sichtbaren Zeichen für diese künftige Welt. In der Apostelgeschichte lesen wir, wie sehr sich die Gemeinde um die Armen kümmerte, sodass es schliesslich keine Armen unter ihnen gab. (Apg. 4,34)

Christus, der sich für uns arm gemacht hat, ist die Quelle. Von ihm fliesst der Strom aus der Gemeinde heraus hin zu einer bedürftigen Welt. In den Briefen, und besonders bei Paulus, fällt dem Zehnten und den Gaben zur Unterstützung der Armen besonderes Gewicht zu. Paulus erinnert uns daran, dass es sich dabei um eine Partnerschaft handelt, die sich auf beide Seiten auswirkt.

Die Bibel hat zwei Begriffe, um die Gerechtigkeit zu bezeichnen: einerseits die Gerechtigkeit, die wir vor Gott haben und die uns letztlich von Gott verleiht wird; andererseits das Recht, bei dem zwischen den Menschen eine „rechte“ Beziehung besteht. Die christliche Ethik entspringt letztlich unserem Glauben, und auf dieser Grundlage führt uns unser Gewissen zu Recht und Gerechtigkeit.

 

Literatur

Jacques Blandenier, Les pauvres avec nous – La lutte contre la pauvreté selon la Bible et dans l’histoire de l’Eglise. Dossier Vivre n°26. Je sème. Genève 2006.

~ 6 min

Der Grundsatz

Viele Christen fragen sich, ob es besser ist, reich zu sein oder arm zu sein. Auf diese Frage gibt es eine Antwort, die uns einen klaren Orientierungspunkt in die Hand gibt: Wir sollen weder arm noch reich sein; wir sollen genug haben. Dazu sagt Sprüche 30,7-9:

Mein Gott, ich bitte dich nur um zwei Dinge; gib sie mir, solange ich lebe: Bewahre mich davor, zu lügen, und lass mich weder arm noch reich sein! Gib mir nur, was ich zum Leben brauche! Habe ich zu viel, so sage ich vielleicht: »Wozu brauche ich den Herrn?« Habe ich zu wenig, so fange ich vielleicht an zu stehlen und bringe deinen Namen in Verruf.

Das Motto des „Genug“ kommt auch in der Geschichte über das Manna in der Wüste zum Ausdruck: Wenn die Israeliten mehr Manna als genug für einen Tag sammeln wollten, so verdarb das Überflüssige. Auch heisst es:

Die Leute gingen und sammelten, die einen mehr, die andern weniger. Als sie es aber abmassen, hatten die, die viel gesammelt hatten, nicht zu viel, und die, die wenig gesammelt hatten, nicht zu wenig. Jeder hatte gerade so viel gesammelt, wie er brauchte.(2. Mose 16,17+18).

Dieser Manna-Lebensstil spiegelt sich auch in der materiellen Bitte des Unservaters wider: „Unser tägliches Brot gib uns heute.“

Genug zum Teilen

Wieviel ist genug? Genug ist für alle Menschen ungefähr gleichviel, und zwar soviel, dass sie ein anständiges, rechtes Leben führen können. Wenn wir von der Idee des Genug überzeugt sind, bringt uns das sehr schnell zu einer zweiten wichtigen Idee: zur Idee des Teilens. Als Leitvers für diese simple Tatsache kann z.B. 2. Korinther 8,14 dienen: „Euer Überfluss soll ihrem Mangel abhelfen.“ Darin taucht zwar das Wort „genug“ nicht auf, aber indem nicht von Armut/Reichtum, sondern von Mangel/Überfluss gesprochen wird, wird klar, dass hier eine Messlatte im Spiel ist. Diese Messlatte ist „Genug“.

Teilen ist aus zwei völlig unabhängigen Gründen wunderbar. Erstens dient Teilen denjenigen, die mehr als genug haben. Wenn wir nämlich mehr als genug haben, so warnt uns die Bibel, dass wir unser Herz an den Wohlstand hängen werden. Geldliebe aber bringt Unfreiheit. Das Fazit ist: Wenn wir frei von Überfluss sind, so haben wir mehr Kapazität, um Jesus nachzufolgen, uns auf das Glücklichsein zu konzentrieren und uns von Gott abhängig zu machen1 . Seit einigen Jahren haben die Ökonomen endlich begonnen, empirisch und vorurteilslos zu untersuchen, ob Geld wirklich glücklich macht. Das klare Fazit ist: Wirtschaftswachstum, die Anhäufung von Geld, macht nicht glücklicher.2

Teilen ist aber auch aus einem zweiten Grund gut; nicht nur, weil es dem Wohl derjenigen dient, die Besitz abgeben. Es dient natürlich auch denjenigen, die weniger als genug haben und somit zur empfangenden Seite gehören. (Nicht zuletzt verbindet das Teilen und der Ausgleich die zwei Gruppen.) Ein englischer Satz drückt die Aufforderung an diejenigen, die mehr als genug haben, schön aus: „Living simply so that others may simply live“. („Einfach leben, damit andere zumindest leben können.“)

Man kann fast nicht überbetonen, welches Gewicht die Bibel den Armen gibt. Es gleicht einem immer wiederkehrenden Refrain vom mosaischen Gesetz, über Hiob, Psalmen, Sprüche und die Propheten bis hin zu Jesus, der ersten Gemeinde, Paulus und den anderen Briefeschreibern: Gott hat ein Herz für die Armen, und auch wir sollen das haben. Jim Wallis hat einmal sämtliche Stellen über Armut aus einer Bibel herausgeschnitten; die Bibel war danach durch und durch verlöchert.

Gerechtigkeit und Barmherzigkeit

Teilen wollen wir also aus zwei Gründen: sowohl weil es den Gebenden als auch weil es den Empfangenden gut tut. Der zweite Grund kann wiederum auf zwei verschiedenen Fundamenten stehen: Gerechtigkeit und Barmherzigkeit. Wenn wir aus Gerechtigkeit teilen, dann tun wir es, weil wir das Geteilte richtiggehend schulden. Zum Beispiel ist die Macht in den internationalen Wirtschaftsinstitutionen wie WTO oder IWF auf unfaire Weise zu Gunsten der reichen Länder verteilt. Dadurch können diese Länder die Spielregeln so ausgestalten, dass sie ihnen am meisten Vorteile bringen. Wir können nun mit den südlichen Ländern teilen, um damit dieses Unrecht wieder gut zu machen.

Beim Teilen aus Barmherzigkeit hingegen wird davon abgesehen, wer an der Armut schuld ist; es mag der Reiche sein, der Arme selbst oder keiner von beiden. Beim Teilen aus Barmherzigkeit wird einfach festgestellt: Mein Nächster leidet Mangel, also teile ich. Beide Arten von Motiven sind wichtig, und beide sind in der Bibel vielfältig vorhanden. In konzentrierter Form zum Beispiel bei Zachäus, der sagte:

Herr, ich verspreche dir, ich werde die Hälfte meines Besitzes den Armen geben. Und wenn ich jemand zu viel abgenommen habe, will ich es ihm vierfach zurückgeben.(Lukas 19,8)

Er gibt von seinem Vermögen weg, weil er einerseits ungerecht handelte, aber auch weil er die Mittel hat, um mit den Armen zu teilen.

Umsetzung: persönlich und politisch

Wie können wir die Idee des Genug im Persönlichen und Politischen umsetzen? Im Persönlichen können wir beginnen, mit einem geschlossenen Genug-Kreis zu leben:3

Bei einem geschlossenen Genug-Kreis haben wir mit uns selbst und mit Gott abgemacht, wieviel für uns genug ist. Dadurch kann das Einkommen in zwei Töpfe aufgeteilt werden: in den Genug-Topf und in den Überfluss-Topf. Wenn man mit einem offenen Genug-Kreis lebt, in dem nicht definiert ist, wie viel genug ist, passen sich die Wünsche und Bedürfnisse elastisch dem wachsenden Einkommen an.

CUKUP – Genug zum Leben, genug zum Teilen

Für die persönliche Umsetzung ist auch wichtig, dass wir uns zum Teilen mit allen Sinnen auf die Armen einlassen, durch Begegnung, Bibelstudium, Filme etc. Ein paar dieser Aspekte haben wir in einer Gruppe namens „cukup“ aufgegriffen, die wir in Bern gegründet haben (cukup ist Indonesisch und bedeutet „genug“). Während des Zeitraums von einem Jahr versuchen wir als 8-köpfige Gruppe bewusst nach dem Grundsatz des „Genug“ zu leben und das Überflüssige wegzugeben. Miteinander ist das einfacher. Dazu treffen wir uns einmal pro Monat, um gemeinsam Znacht zu essen und auszutauschen. Besonders wichtig ist uns, dass wir uns in Stille, Singen und Input auf das Thema Armut und Wohlstand einlassen. Als Leitmotto haben wir Verse aus Jesaja 58 genommen:

Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut! Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte.

An unseren monatlichen Treffen haben wir auch schon das Jubeljahr und die Seligpreisungen angeschaut oder uns mit biblischen Finanzprinzipien beschäftigt. Höhepunkt war ein „Cukup-Benefiz-Fest“, wo bei Essen, Boule, Flohmarkt und Tanzkurs eingenommenes Geld einem Slum-Projekt in den Philippinen zu Gute kam.

Genug – die politische Umsetzung

Genauso wichtig ist aber auch die politische Umsetzung. Leider hat der Bundesrat Wohlstandsmehrung in seiner Legislaturplanung als erstes Ziel genannt. Demgegenüber setzt die Idee des „Genug“ die Bekämpfung von Armut, und insbesondere der absoluten Armut, an allererste Stelle und sieht eine weitere Wohlstandsmehrung für Menschen, die sowieso schon mit mehr als genug leben, eher als gefährlich und nicht als hilfreich an.

Eine wichtige Art, wie wir Armut bekämpfen können, besteht darin, dass wir das Problem an der Wurzel packen und den südlichen Ländern bei der Bestimmung der Weltwirtschaftsordnung mehr Macht geben. Eine weitere politische Utopie, die mit der Idee des Genug in Verbindung gebracht werden kann, ist die Idee des Grundeinkommens4. Diese Idee, nämlich dass jeder unabhängig von der Lebensführung eine Grundausstattung an Ressourcen haben sollte, kann auch mit dem grossartigen Gebot des Jubeljahres aus 3. Mose 25 in Verbindung gebracht werden.

 

 

1.  Zum Gedankengang dieses Abschnitts: Matthäus 6,24; 1. Timotheus 6,6-10; Markus 10,21; Hebräer 13,5

2. siehe Easterlin, R. (Hrsg.): Happiness in Economics, Cheltenham 2002

3.  Dieses Konzept geht zurück auf Earl Pitts und Craig Hill. Ihr Buch „Mäuse, Motten und Mercedes“ ist bei Campus für Christus (www.cfc.ch) erhältlich.