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Am 29. November stimmen die Schweizer über das Waffenexportverbot ab. ChristNet setzt sich für diese Initiative ein. Hier sind einige Argumente (entwickelt mit Hilfe von StopArmut):

1. Bewaffnete Konflikte betreffen weltweit und vorrangig die ärmsten Menschen.

2. Jahrelange Entwicklungsbemühungen werden durch einen Krieg zerstört.

3. Viele arme Länder verschwenden ihre Ressourcen, indem sie in Rüstung statt in Entwicklung investieren.

4. Die Glaubwürdigkeit der Schweiz leidet, wenn sie Waffen und Entwicklungshilfe in dasselbe Land schickt.

5. Die Schweiz ist im Verhältnis zur Bevölkerung der zweitgrösste Kriegsmaterialexporteur der Welt, was ihre Verpflichtung zum humanitären Völkerrecht (Genfer Konventionen etc.) untergraben kann.

6. Das Kriegsmaterialgesetz wird nicht konsequent angewendet.

7. Der Export von Waffen in Länder, die die Menschenrechte nicht achten, steht im Widerspruch zum Schutz des Lebens, einem christlichen Grundwert.

8. Die Liste der problematischen Empfänger von Schweizer Kriegsmaterial ist lang: Libyen, Simbabwe, Sudan usw. Die Liste ist nicht abschliessend.

9. Trotz der Rüstungsexportbestimmungen landet weiterhin Schweizer Kriegsmaterial in Krisenregionen (PC-9 im Tschad etc.).

10. Die Rettung von Arbeitsplätzen um den hohen Preis von zerstörten Menschenleben widerspricht der christlichen Ethik.

11. Sicherheitspolitisch kann sich die Schweiz nicht mehr alleine verteidigen und ist auch bei der Beschaffung von Kriegsmaterial auf multilaterale Lösungen angewiesen.

 

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1. Rüstung und Kriege in der heutigen Welt

Das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung (HIIK) liefert uns erschreckende Zahlen: Die Anzahl von bewaffneten lokalen oder regionalen Konflikten haben seit dem zweiten Weltkrieg stetig zugenommen, und zwar von 90 auf knapp 350 (offene und schwelende Konflikte zusammengezählt). Nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Staaten sind zwar einige Stellvertreterkriege ebenfalls beigelegt worden. In den letzten zehn Jahren hat die Anzahl bewaffneter Konflikte jedoch wieder um 60 zugenommen.

Die Friedensdividende nach dem Ende des kalten Krieges hat nicht lange hingehalten. Statt längerfristige Abrüstung hat die Welt wieder hochgerüstet: In den letzten zehn Jahren haben die weltweiten Rüstungskäufe laut dem Sipri (Stockholm International Peace Research Institute) um 45 % auf 1464 Milliarden Dollar zugenommen.

Rüstung ist damit auch ein riesiges Geschäft geworden, und Lobbyorganisationen der Rüstungsindustrie sind nicht unbedingt am Frieden interessiert. Zahlreiche Berater von Präsident Bush, angefangen bei Vizepräsident Cheney, hatten starke Beziehungen zur amerikanischen Rüstungsindustrie und drängten zur Invasion des Irak.

Wir stellen heute fest, dass die noch herrschende Doktrin der Abschreckung durch Rüstung nur beschränkt gilt, nämlich in Bezug auf die grossen Blöcke und auf Atomwaffen. Das Internationale Konversionszentrum in Bonn (BICC) sagt, dass die Grösse des Militärapparates auch auf die Häufigkeit von Gewaltanwendungen, sowie auf interne und externe gewalttätige Konflikte ihren Einfluss hat. Rüstungstransfers wirken auf Konflikte wie Brandbeschleuniger. Ein ungebrochener Zustrom von ausländischen Waffen schürt die Gewalt und verzögert friedliche Lösungen.

Kleinwaffen wie Pistolen und Gewehre wirken besonders verheerend: Laut Amnesty International werden jeden Tag 1000 Menschen durch Handfeuerwaffen getötet, im Jahr also rund 365’000. Die Kontrolle der Weiterverbreitung der Kleinwaffen ist noch sehr schwach. Viele Länder, auch die Schweiz, weigern sich noch, das UNO-Firearms Protocol zu unterzeichnen, das den Handel mit Kleinwaffen wie auch den illegalen Weiterverkauf kontrollieren würde. So kommt es, dass nach Konflikten massenhaft Waffen unkontrolliert weiterverkauft oder weiterverwendet werden. Dies ist mit ein Grund, warum die Mordrate und die «zivile» Gewalt in Ländern mit postkonfliktuellen Phasen weltweit am höchsten ist, so zum Beispiel in El Salvador oder in Südafrika.

2. Die Auswirkungen von Waffenkäufen und Kriegen auf arme Länder und auf die Entwicklung

Aus der Sicht der internationalen Gerechtigkeit interessieren die Auswirkungen von Waffenkäufen und Kriegen auf arme Länder und auf die Entwicklung ganz besonders.

Zunächst gilt es festzuhalten, dass jeder Dollar, den ein armes Land für Waffenkäufe ausgibt, in den Bereichen Gesundheit und Bildung fehlt. Zahlreiche arme Länder geben noch immer mehr für Waffen aus als für Bildung oder Gesundheit. Rüstungsgüter verursachen zudem hohe Folgekosten für den Unterhalt.

Da die Korruption in vielen Ländern des Südens noch hoch ist, ist es für ausländische Waffenanbieter ein Leichtes, Regierungen für Waffenkäufe zu gewinnen.

Die Fähigkeiten armer Länder, Waffen zu kontrollieren, ist sehr klein. Und manche Länder foutieren sich um Nichtweitergabeklauseln bei Waffenkäufen, denn sie wissen, dass sie gar nicht dafür bestraft werden können. Die Diffusion von Waffen nährt somit lokale und regionale Konflikte. Der Zustrom von libyschen Waffen in die Konflikte von Liberia und Sierra Leone ist gut dokumentiert. Umgekehrt finden Waffen aus Kriegen auch den Weg in die Hände von Kriminellen, wie die Beispiele von Kolumbien und El Salvador zeigen. Die beiden Länder leiden bzw. litten unter Bürgerkriegen und sind heute die beiden Länder mit der höchsten Mordrate der Welt.

Viele Regierungen im Süden sind nicht demokratisch gewählt oder kontrolliert. Im Gegenteil, sie unterhalten einen polizeilichen oder militärischen Machtapparat, mit dem sie ihr Volk unterdrücken. Die Waffen dazu kommen aus dem Norden. Entwicklungsfeindliche Regierungen können sich damit an der Macht halten.

3. Krieg und Frieden in der Bibel

An dieser Stelle kann das Thema Krieg und Frieden in der Bibel kaum umfassend behandelt werden. Deshalb nur einige Anhaltspunkte dazu:

–         Im Alten Testament führt das Volk Israel zahlreiche Kriege. Diese wurden oft von Gott direkt angeordnet. Manche wurden von Königen des Volkes Israel auf eigene Faust unternommen, was aber nicht immer gut herauskam. Insgesamt ging es bei den Kriegen darum, dass das Volk Gottes seinen vorgesehenen Platz einnehmen und Gott als sein Helfer erkannt werden sollte.

–         Im Neuen Testament wird Gewalt durch Jesus abgelehnt. Er kommt nicht als der gewaltbereite, revolutionäre Anführer, als der er vom Volk Israel erwartet wurde. Und er setzt dem Knecht des Hohepriesters das Ohr wieder an, das ihm ein Begleiter Jesu mit dem Schwert abgeschlagen hatte. Danach meint Jesu: «Wer das Schwert nimmt, soll durch das Schwert umkommen.» (Mat. 26,52) Im Neuen Testament werden wir auch aufgefordert, Friedensstifter zu sein.(Mat. 5,9)

–         Krieg an sich kann biblisch nicht neutral angesehen werden. Krieg ist in vielen Fällen die grösste Katastrophe, die ein Land erleben kann. Die Leiden sind unbeschreiblich, und viele Länder und Generationen sind danach traumatisiert, die Beziehungen zu den Nächsten oder zu anderen Ländern von Angst geprägt. Krieg widerspricht damit Gottes Wunsch nach Wohlergehen seiner Geschöpfe. Ausser der Krieg sei von Gott selber gewollt und angeordnet. Dies ist aber selten der Fall. Im ersten Weltkrieg haben alle Seiten behauptet, Gott sei mit ihnen. Ein vermeintlicher «Auftrag Gottes» ist deshalb mit grosser Vorsicht anzusehen. Es ist immer nach anderen, tiefer liegenden Motiven zu fragen, oder ob der «Auftrag Gottes» nur eine Projektion unserer Wünsche ist.

–         Die Selbstverteidigung eines Volkes ist im Grunde legitim. Allerdings ist das Risiko gross, dass dieser Begriff bei Bedarf oder in grosser Angst sehr weit ausgelegt wird: Der erste Weltkrieg wurde als Präventivkrieg angefangen, und auch der Irakkrieg wurde als notwendiger Präventivschlag gegen die irakischen Massenvernichtungswaffen, die sich als nicht existent herausstellten, bezeichnet.

Im Zusammenhang mit den zunehmenden Konflikten und den verheerenden Auswirkungen müssen wir Christen uns mehr denn je die Frage stellen, ob und wem wir Waffen verkaufen sollen oder nicht. Da wir wissen, was Waffen heute anrichten, und da wir wissen, wer die Käufer unserer Waffen sind, und da wir wissen, was allenfalls mit diesen Waffen passieren könnte, haben wir eine Mitverantwortung, denn wir können bewusst entscheiden, ob wir die Waffen verkaufen und liefern wollen oder nicht. Wir können nicht mehr sagen, die Verantwortung für die Verwendung der Waffen liege beim Käufer. Damit gewinnt die Initiative für ein Waffenverbot eine grosse Bedeutung.

Wir können auch nicht sagen, wenn wir die Waffen nicht liefern, dann tut es jemand anderes. Gott verlangt, dass wir für unser eigenes Handeln Verantwortung übernehmen.

4. Die Schweiz als Waffenverkäufer

Die Schweiz hat im Jahr 2008 für 722 Millionen Franken Waffen an das Ausland verkauft. Gemessen an der Einwohnerzahl unseres Landes ist die Schweiz damit nach Israel die grösste Rüstungsexporteur der Welt. Die Mehrheit der Verkäufe ging an europäische Staaten. Der grösste Kunde allerdings war Pakistan, mit einem Kaufvolumen von 100 Millionen Franken. In den letzten zehn Jahren hat die Schweiz Waffen an etwa 100 Staaten geliefert, darunter auch Libyen, Simbabwe und Sudan.

In der Schweiz gibt es vier grössere Rüstungsfabriken: Die Ruag in Thun, die vor Allem Munition exportiert, die Mowag in Kreuzlingen (Schützenpanzer), die Rheinmetall Air Defence (frührere Contraves; Luftabwehrkanonen), und die Pilatus-Flugzeugwerke, die unter anderem Trainingsflugzeuge herstellt.

Fragwürdige Abnehmer

Die Liste der ethisch fragwürdigen Abnehmer und Verwendungen ist lang. Als Beispiele dienen Folgende:

–         In den Siebziger Jahren war der korrupte Schah von Iran der Hauptkunde der Schweizer Waffenindustrie. Seine Waffen wurden aber auch später von den islamischen Revolutionären gebraucht und durch weitere Schweizer Waffen angereichert. Heute schützen Schweizer Luftabwehrkanonen die iranische Urananreicherungsanlage in Natanz.

–         Die Schweizer Rüstungsindustrie hat sowohl den Iran wie den Irak während des ersten Golfkrieges, der eine Million Tote forderte, regelmässig ausgerüstet.

–         Der chilenische Diktator Pinochet durfte die Mowag-Panzer in Lizenz bauen und beherrschte damit die eigene Bevölkerung.

–         Zwischen 1985 und 1990 war die Türkei der Hauptabnehmer. Die Waffen wurden für den Unterdrückungskrieg gegen die Kurden gebraucht.

–         In den Achtziger Jahren wurde Schweizer Munition und Teile für eine Giftgasfabrik an Gaddafis Libyen geliefert.

–         Berühmtheit erlangten auch die Einsätze von Pilatus PC 7 und PC 9. In der Theorie werden sie als Trainingsflugzeuge verkauft. Doch in Militärkreisen ist weltweit bekannt, dass die Pilatus-Flugzeuge gute Bomber (gegen Bevölkerungen ohne Flugabwehr) sind und als solche verwendet werden, und es darf davon ausgegangen werden, dass auch die Pilatus-Hersteller wie auch die Bundesbehörden, die Kriegsmaterialexporte bewilligen, dies wissen. Ein französischer Bombenhersteller wirbt in seinen Promotionsfilmen mit diesen Flugzeugen, und Pilatus selber warb in den 80er-Jahren mit vielfältigen Bombenbefestigungs-Möglichkeiten für die Flugzeuge. So wurden sie in zahlreichen Fällen zur Machterhaltung von Diktatoren gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt, zum Beispiel in Guatemala, in Chiapas, in Burma, und auch im Irak, wo Hussein 5000 Menschen durch einen Giftgasangriff mit Pilatusflugzeugen umbringen liess.

–         Und schliesslich war Botswana im Jahr 2004 der zweitgrösste Kunde der Schweiz. Im Jahr 2004 und 2005 kaufte das arme Land für 100 Millionen Franken Mowag-Panzer…

Gesetzliche Regelungen ausreichend?

Vertreter der Schweizer Rüstungsindustrie meinen, die heutigen gesetzlichen Regelungen stellen sicher, dass keine Waffen mehr in Krieg führende oder kriselnde Länder geliefert werden. Genügt dies?

–         Als Beweis für die These wird das Ausfuhrmoratorium nach Pakistan vom Jahr 2006 angeführt. Doch die Waffen wurden dann im Jahr 2008 geliefert, obwohl die Atommacht Pakistan nach übereinstimmenden Analysen von Fachleuten am Rand des politischen Zusammenbruchs steht, mit der Gefahr, dass islamische Extremisten die Macht übernehmen.

–         Im Jahr 2007 wurde eine Pilatus PC-9 als Trainingsflugzeug an den Tschad verkauft, obwohl der Staat gar keine anderen Militärflugzeuge besitzt, für die sie hätten trainieren können. Folglich setzte das Land das Flugzeug im Osten des Landes gegen Aufständische ein und bombardierte im Darfur ein Flüchtlingslager.

–         Die Abnehmer von Schweizer Waffen waren im Jahr 2008, neben den Europäischen Staaten, auch Pakistan, Saudi-Arabien, VAE, Jordanien, Oman, Kasachstan, Niger und Kamerun. Also alles Staaten mit diktatorischen Zügen und massiven Menschenrechtsverletzungen.

–         Schliesslich ist die Ruag der grösste europäische Munitionshersteller. Gleichzeitig ist die Ruag der neuntgrösste Lieferant an Schwarzafrika. Auf Grund der hohen Tötungsrate durch Kleinwaffen und der in Kapitel 1 und 2 genannten Kontrollmängel muss dieser Export als höchst problematisch bezeichnet werden.

Waffenexport widerspricht Entwicklungspolitik

Der Waffenexport der Schweiz läuft also zum Teil der schweizerischen Aussen- und Entwicklungspolitik zu wider. Diese nennt als Schwerpunkte die Förderung von Frieden und Menschenrechten. Wie wir sehen, werden auch heute noch zahlreiche Staaten beliefert, die die Menschenrechte mit Füssen treten. Durch die Lieferung von Kleinwaffen in afrikanische Staaten und von Pilatus-Flugzeugen an unterdrückende Staaten werden noch heute Friedensbemühungen hintertrieben. Nach dem Skandal im Tschad hat der Bundesrat Ende 2008 die Waffenausfuhrverordnung dahingehend ergänzt, dass neu auch bei Gefahr des Einsatzes gegen die eigene Bevölkerung zur Verweigerung einer Ausfuhrbewilligung führen. Die Pilatus-Werke versuchten Lobby gegen die Verschärfung zu machen, denn sie wollten nach China exportieren, obwohl Tibet heute in Gefahr ist.

Auch nach Inkrafttreten der neuen Verordnung gehen die problematischen Exporte weiter: Im Jahr 2009 wurden bereits zahlreiche Staaten beliefert, die im Afghanistankrieg involviert sind und dort die Schweizer Waffen verwenden. Auch Pakistan wird weiter beliefert, und vor Allem Saudi-Arabien, dessen Herrscher immer brutaler gegen die eigene Bevölkerung vorgehen. Problematisch ist zudem die Hochrüstung des Nahen Ostens, das zunehmend einem Pulverfass gleicht, und weiteren islamischen Staaten, die nicht vor Umstürzen gefeit sind.

5. Die Kriegsmaterial-Initiative

Inhalt

Inhaltlich will die Kriegsmaterial-Initiative die Ausfuhr von Kriegsmaterial verhindern. Was in der EU einheitlich Kriegsmaterial heisst, wird in der Schweizer Gesetzgebung in zwei Kategorien eingeteilt: Kriegsmaterial ist in der Schweiz nur Material, das ausschliesslich zu Kriegszwecken verwendet werden kann. Material hingegen, das auch zivil genutzt werden kann, wird «Besondere militärische Güter» genannt und deren Export wird von der Schweiz weniger streng gehandhabt. Darunter fallen auch die Pilatus-Flugzeuge, die damit problemloser exportiert werden können als analoge Flugzeuge in der EU. In der EU-Kriegsmaterialliste (Wassenaar-Vereinbarung) ist allerdings letztere Kategorie klar auch als Kriegsmaterial eingestuft.

Daneben existiert sowohl in der Schweiz wie auch in der EU die Dual-Use-Kategorie (die in der Wassenaar-Vereinbarung mit einer detaillierten Materialliste geregelt ist), die zivile Güter beschreibt, die auch zu militärischen Zwecken genutzt werden können. Sie ist von der Initiative nicht betroffen.

Die Initiative verhindert also den Export von Kriegsmaterial in Krisenregionen oder an undemokratische Regierungen. Damit könnten, wenn Abnehmer keine gleich guten Waffen auf dem Markt finden, oder wenn sie für ihr Geld anderswo weniger erhalten, zahlreiche Menschenleben gerettet werden. Andererseits werden dadurch auch Lieferungen an demokratische und vertrauenswürdige Länder, die das Material tatsächlich nur zur Selbstverteidigung einsetzen würden, verhindert.

Argumente

Gegner der Initiative weisen auf mehrere mögliche negative Auswirkungen der Initiative hin:

–         Es wird behauptet, die Umsetzung der Initiative würde 10’000 Arbeitsplätze in der Schweiz vernichten. Die ausführliche Studie des BAK im Auftrag des Seco kommt allerdings zum Schluss, dass „nur“ gut 5000 Stellen verloren gehen würden. Tatsächlich ist die Schweizer Rüstungsindustrie in einzelnen Regionen konzentriert (Thun, Kreuzlingen, Stans und Zürich). Die Initiative sieht vor, dass der Bund den strukturschwächeren Regionen unter ihnen während 10 Jahren finanziell bei der wirtschaftlichen Umstellung unter die Arme greift. Dass Konversionen möglich sind, zeigt die SIG in Schaffhausen, die heute keine Waffen mehr herstellt, und die Ruag selber, die heute zur Hälfte bereits zivile Güter herstellt. Wenn angenommen wird, dass Waffenkäufer wegen eines Schweizer Ausfuhrverbotes ihre Käufe teilweise in einem anderen Land tätigen, so werden dort entsprechend zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen. Für die Menschen, die in der Schweiz ihren Arbeitsplatz verlieren würden, bedeutet dies eine Tragödie. Aber als Christen dürfen wir nicht die Schweizer, also unsere eigenen Arbeitsplätze höher gewichten als diejenigen von Menschen in einem anderen Land. Beide sind vor Gott gleich viel wert.

–         Es werden auch gesamtwirtschaftliche Einbussen ins Feld geführt. Selbst im für die Rüstungsindustrie starken Jahr 2008 entfielen allerdings nur 0,33% aller Exporte auf Rüstungsgüter. Volkswirtschaftlich ist die Rüstungsindustrie relativ unbedeutend.

–         Als weiterer Einwand wird gesagt, dass durch ein Waffenausfuhrverbot die Schweizer Rüstungsindustrie stark schrumpfen würde. Damit wäre die Weiterentwicklung der Schweizer Waffentechnologie verlangsamt und die Deckung des Ausrüstungsbedarfs der Schweizer Armee aus eigenen Industrien vermindert. Die militärische Unabhängigkeit der Schweiz sei damit nicht mehr gesichert. Allerdings wird bereits heute 70% des Schweizer Armeebedarfs im Ausland beschafft, und bei den Rohstoffen der Rüstungsindustrie sind es gar 100%.

–         Vor Allem aber sei der «Aufwuchs» der Armee, also das Konzept der Aufstockung in Zeiten von Sicherheitskrisen, nicht gesichert, denn eventuell könnten ausländische Lieferanten gerade dann auch in Engpässe kommen. Hierzu gilt es allerdings zu sagen, dass heutige Krisen kaum mehr national gelöst werden können. Ausser bei einem unmöglich anzunehmenden Angriff der EU auf die Schweiz würde die Schweiz immer in (wohl inoffizielle) Zusammenarbeiten eingebunden sein, und somit nicht zu kurz kommen. Zudem wäre sie verteidigungstechnisch ohnehin von der EU umgeben. Eine Schweiz, die sich unabhängig gegen alle umliegenden Staaten verteidigen könnte, ist heute mehr denn je eine gefährliche Illusion.

–         Durch eine Annahme der Initiative könnten auch Dual-Use-Güter zum Teil nicht mehr ausgeführt werden, denn es herrsche eine Unklarheit, welche Güter betroffen seien. Doch hier gilt die Wassenaar-Liste, die bereits in der EU erfolgreich angewendet wird, als genügend klare Richtlinie. Zudem ist es, auf Grund der bisherigen Erfahrungen, nicht anzunehmen, dass der Bundesrat sich bei Unklarheiten zu Ungunsten der Schweizer Industrie, bzw. für eine harte Linie entscheiden würde.

–         Schliesslich könne genau der Waffenexport ein Instrument der Sicherheitspolitik werden, indem «die Richtigen» gestärkt werden. Bisher ist aber keinerlei entsprechende Politik erkennbar, und eine solche ist deshalb auch für die Zukunft nicht anzunehmen.

6. Fazit: Gerechtigkeit statt Angst

Die Schweizer Waffenausfuhren haben in der Vergangenheit viel Leid mitverantwortet. Die letzten Entwicklungen lassen nicht auf grosse Verbesserungen schliessen. Es wird deshalb Zeit, damit aufzuhören, selbst wenn es uns Geld und Arbeitsplätze kostet.

Der Erhalt einer Rüstungsindustrie mit dem vorrangigen Ziel, Arbeitsplätze zu erhalten, ist aus ethischer Sicht nicht akzeptabel, selbst wenn damit für die Arbeitslosen Leiden verbunden ist. Ihnen muss beigestanden werden. Doch vor Gott sind Menschenleben wichtiger als monetäres Einkommen. Die Einbussen für die Schweizer Wirtschaft wären tragbar, die allfälligen Kosten für die Allgemeinheit ebenso. Lassen wir uns nicht vor der Angst um den eigenen Wohlstand, sondern von Gerechtigkeit leiten.

Ängste vor Verlust der Schweizer Abwehrfähigkeit bei Reduktion der Rüstungsindustrie sind meines Erachtens unbegründet, wenn man die heutige Sicherheitssituation in Europa ansieht: Ohne Multilateralismus geht nichts mehr. Gegner der Initiative scheinen noch in einer Reduit-Mentalität gefangen, mit der mystischen, von nationalistischen Motiven getragenen Idee, die Schweiz als Land mit besonderer Salbung könne sich gegen alle alleine verteidigen. Tatsächlich hat das Sorgenbarometer 2008 der Credit Suisse eine starke Zunahme des Nationalismus in der Schweiz festgestellt. Nationalismus entsteht in Zeiten von starken kulturellen Veränderungen und in Zeiten von Krisen, die Angst hervorrufen. Diese Angst bewirkt ein Suchen von Schutz im grösseren Verband und eine Mystifizierung des Verbands.

Deshalb werden die Initianten auch als Armeezerstörer gebrandmarkt. Tatsächlich ist es für die Sache etwas ungut, dass genau die Gruppe Schweiz ohne Armee eine Initiative für ein Waffenausfuhrverbot trägt. Allerdings müsste von mündigen Stimmbürgern erwartet werden, dass sie die Sache diskutieren und nicht den Überbringer der Sache.

 Medienmitteilung_Verbot_Export_Kriegsmaterial

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Wir, die unterzeichnenden Christen, können nicht dafür verantwortlich gemacht werden, dass

– Die Schweiz exportiert Kriegsmaterial in Länder, die sich in einem Konflikt befinden oder in Länder, in denen die Menschenrechte nicht respektiert werden;

– Männer und Frauen werden durch von der Schweiz exportiertes Kriegsmaterial getötet oder verwundet.

Christliche Grundwerte wie die Nächstenliebe und die Bewahrung des Lebens motivieren uns, uns für den Verzicht auf den Export von Kriegsmaterial einzusetzen.

Wir empfehlen deshalb, mit JA zur Initiative „Für ein Verbot von Kriegsmaterialexporten“ zu stimmen.

Die Unterzeichner

·        Elisabeth Augustburger, Landrätin EVP, Liestal

·        Gerhard Bärtschi, Leiter Internationale Beziehungen, mission 21, Zürich

·        Claudia Bodenmann, Studentin Theologie-Diakonie und StopArmut-Aktivistin, Bern

·        Nancy Bolleter, alt Kantonsrätin EVP, Seuzach

·        Deborah Bühlmann, Doktorandin mlaw, Bern

·        Thomas Dummermuth, Vizepräsident EVP Kt. FR, Freiburg

·        Hans Eidenbenz, Dr.med., Mitglied Grosser Landrat EVP, Davos

·        Sara Fritz, Landrätin EVP, Birsfelden

·        Debora Gasser, Studentin International Management, Wabern

·        Martin Geiser, Dr., Chemiker, Gelterkinden

·        Simon Georg, Geschäftsführer blessed GmbH, Bern

·        Sylvie Hauser-Borel, Dr. theol., Marly FR

·        Michael Hefti, Lehrer, Frauenfeld

·        Benedikt Hitz, Studierendenberater Uni Bern und Physiker, Oberdiessbach

·        Stefan Hochstrasser, Theologiestudent, Burgdorf

·        Matthias Hochstrasser, Musiker und Praktikant StopArmut 2015, Lyss

·        Samuel Kullmann, Politologiestudent, Bern

·        Joël Lavanchy, Arzt, Bern

·        Andreas Lehner, Betriebsökonom, Bern

·        Patrik Locher, Chemiestudent, Köniz

·        Christa Reusser Lehner, Kunst- und Ausdruckstherapeutin, Bern

·        Dominic Roser, Ethiker, Zürich

·        Rahel Röthlisberger, Ärztin, Wynigen

·        Susanne Rüfenacht, Mitglied Generalrat EVP, Murten

·        Hans Rüttimann, ehem. Generalsekretär des Internationalen Bundes des Blauen Kreuzes, Rickenbach ZH

·        Damaris Ryter, Biologiestudentin, Bern

·        Hanspeter Schmutz, Publizist und Leiter des Instituts INSIST, Oberdiessbach

·        Regula Streckeisen, Dr. med., Kantonsrätin EVP, Romanshorn

·        Marianne Streiff-Feller, Grossrätin und Gemeinderätin EVP, Köniz

·        Heiner Studer, Vizeammann, alt Nationalrat EVP, Wettingen

·        Lilian Studer, Grossrätin EVP, Wettingen

·        Matthias Stürmer, Kampagnenleitung StopArmut 2015 und Mitglied Vineyard Bern

·        Margrit Wälti, ehem. EVP-Gemeinderatspräsidentin von Winterthur, Henggart ZH

·        Jakob Wampfler, Autor und Referent, Jegenstorf

·        Thomas Wieland, Elektro- und Umweltingenieur, Mitautor Stoparmut-Kurs

·        Mirja Zimmermann-Oswald, Gemeinderätin EVP, Worb

·        Lukas Zimmermann, Gemeinderat EVP, Worb

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Besonders in der Schweiz ist die Finanzkrise auch eine Glaubenskrise: Wer ist an erster Stelle, Gott oder Mammon?

 

Bild: Der reiche Narr (Rembrandt)

Noch kurz vor der grossen Krise glaubten der Bundesrat und die den Banken nahestehenden Kreise, dass die Krise an der Schweiz vorbeiziehen werde. Und nach dem Sorgenbarometer der Credit Suisse vom September 2008 hatten die Banken (nach Polizei und Bundesgericht) von allen Institutionen das dritthöchste Vertrauen der Bevölkerung. In wohl keinem anderen Land der Welt haben die Banken eine derartige Macht wie in der Schweiz. So ist es auch zu erklären, dass wie sonst kaum in der westlichen Welt die UBS in einer Nacht-und Nebelaktion ohne parlamentarische Diskussion und ohne jegliche Bedingungen mit über 60 Milliarden Franken gestützt wurde. Unsere Regierung hat sich nicht einmal am Kapital der Bank beteiligt, um Einfluss auf die Geschäftsweise nehmen zu können, sondern einfach „den Abfall entsorgt“.

Dies ist ein verheerendes Signal an die Banken: Spekuliert nur weiter, wir helfen euch, wenn’s nicht klappt. Die bisherige Geschäftsweise wird damit bestätigt. Volkswirtschaftlich und moralisch ist dies allerdings zerstörerisch. Hinzu kommt, dass der Sitz der für die Rettung gegründete Gesellschaft in das Steuerparadies der Cayman-Inseln gelegt wurde. Auch dies ein moralisches Signal.

Dabei war die UBS mit 60 Milliarden Franken Abschreibern eine der meistbetroffenen Banken der Welt und einer der grössten Spekulanten im hochriskanten Subprime-Markt. Bereits seit 2005 wusste man, dass die Immobilienblase in den USA platzen würde. Doch in der Jagd nach noch mehr Rendite haben alle Investoren und Banken die Augen zugekniffen und gehofft, sie kämen ungeschoren davon oder könnten rechtzeitig aussteigen. Es war wie beim Roulette, wo bei jeder Runde von Neuem alles aufs Spiel gesetzt wird. Der Glaube an Mammon war grösser als die Wahrheit. Mit dem Aufkauf von Ramschpapieren hat der Bundesrat diesen Glauben fortgesetzt: Der Glaube, dass der Kurs dieser heute wertlosen Aktien schon irgendwann wieder steigen werde, und wir damit nichts verlieren würden.

Die UBS selber wehrt sich heute trotz allem gegen ein Gesetz zur Verstärkung der Eigenkapitaldecke, obwohl dies ihr Problem war. Sie hat nichts gelernt und will weiterhin einen Hochrisikokurs fahren. Noch im Dezember meinte der heutige neue UBS-CEO Oswald Grübel, die Krise habe nichts mit zu hohem Risiko oder falschen Anreizen durch Boni zu tun.

Die Finanzkrise ist also auch eine Glaubenskrise: Wollen wir weiter an die Vermehrung des Reichtums glauben oder wollen wir andere Ziele verfolgen? Ein grosser Teil der geschaffenen Werte war ja auch nur virtuell. Urplötzlich waren weltweit Billionen von Franken verschwunden. Dies erinnert mich stark an Matthäus 6.19: „Ihr sollt Euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie Motten und der Rost fressen und wo die Diebe einbrechen und stehlen.“ Und es soll uns auch nicht gehen wie dem reichen Kornbauern, der immer grössere Scheunen baute, und dem über Nacht die Seele gefordert wurde (Lukas 12.16-21).

Markus Meury, Kolumne in Magazin insist, Nr. 3, April 2009. www.insist.ch.


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Bescheidenheit, Barmherzigkeit, Gottvertrauen: 3 Werte für eine veränderte Gesellschaft

Samstag, 26. April 2008, 13.45 Uhr

Evangelisches Gemeinschaftswerk (EGW), Nägeligasse 9, Bern

Mit:

> Wolfgang Simson, Autor und Theologe

> Eric Divernois, Existenz-Coach, Umweltgruppe ChristNet

> Und andere

Eintritt frei, Kollekte

Inhalt

Gesellschaft und Politik sind heute geprägt von Unsicherheit und Angst: Börsen- und Banken-Crash, Terrorismus, Missbauchsangst im Sozial- und Ausländerwesen usw. Doch Angst lässt unsere Liebe zum Nächsten erkalten.

Lukas 12,22-36 fordert uns da heraus: ?Fürchte dich nicht, du kleine Herde!? ermutigt uns Jesus im Blick auf unsere Grundbedürfnisse: ?Euer Vater weiss, dass ihr dessen bedürft.? (V. 32.30)

Erst aus Gottesvertrauen werden wir fähig, durch einfaches Leben und Grosszügigkeit den Schwächsten beizustehen und so einen fundamentalen Wandel herbeizuführen: persönlich, gesellschaftlich und politisch.

In Kurzreferaten wollen wir die Chancen und Schwierigkeiten dieser Werte und ihrer Umsetzung beleuchtet werden. In der anschliessenden Podiums-Publikums-Diskussion gehen wir dann folgenden Fragen nach:

> Wie sinnvoll sind diese Werte für unsere Gesellschaft?

> Wie können wir sie fördern und umsetzen?

> Wo wird schon etwas getan?

Den TeilnehmerInnen wird empfohlen, als Vorbereitung Lukas 12,22-36 zu lesen und zu meditieren.

Programm

13.45     Empfang, Einleitung

14.00     Gottvertrauen: Gemeinsam gegen Angst! (Wolfgang Simson)

14.30     Bescheidenheit: Genug zum Leben. (Eric Divernois)

15.00     Barmherzigkeit: Genug zum Teilen.

15.30     Pause

16.00     Podiums-Publikums-Diskussion

16.45     Gebet in Gruppen

17.00     Schluss

Um 12.30 gemeinsames Mittagessen im Restaurant ?Hotel Bern?, Zeughausgasse (bitte bis 24.4. bei uns anmelden).

Für Rückfragen

Samuel Ninck | 022 733 50 83 | samuel.ninck@christnet.ch

Anreise

5 Minuten zu Fuss vom Hauptbahnhof Bern:

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Bern/Basel, 23.9.07 „Knapp 100 TeilnehmerInnen nahmen am Samstag in Bern an der ChristNetKonferenz „Die Schweiz “ bekannt für ihre Barmherzigkeit?“ teil. Im aktuellen konfrontativen und hasserfüllten Wahlkampf ist ChristNet überzeugt, dass die Schweizer Politik nicht nur inhaltlich, sondern auch im Stil mehr Barmherzigkeit braucht.

Der Auftrag der Schweiz: Grosszügig teilen

Am Morgen sprach Hanspeter Nüesch, Hauptleiter Campus für Christus, über den Segen des Teilens. Die Schweiz sei materiell sehr reich. Der Lohn eines kubanischen Pastors sei z.B. etwa hundertmal kleiner als in der Schweiz. So könnten Beträge, die bei uns bescheiden aussehen, anderswo riesigen Segen bedeuten. Wenn wir Schweizer unseren Reichtum in Zukunft viel grosszügiger mit den Bedürftigen der Welt teilen, dann, so vermute er, sei eine geistliche Erneuerung in unserem Land nicht mehr fern.

Berufen zur Barmherzigkeit

Scott MacLeod, Musiker und Leiter der Innenstadtarbeit ProVision in Tennessee (USA), erzählte, wie das Gleichnis von den Schafen und Böcken in Matthäus 25 seinen Dienst revolutioniert hat. Praktische Nächstenliebe („Ich war hungrig, und ihr habt mir zu Essen gegeben?“) werde da als die Heilsbedingung dargestellt, was ihn und sein Team dazu gebracht habe, den Ärmsten in ihrer Stadt konkret zu helfen.

Anschliessend berichtete er von seiner Vision für die Schweiz, die in „Der Löwe des Lichts“  veröffentlicht wurde. Er macht darin zwei Strömungen in der Schweizer Geschichte aus: Einerseits die Tradition der Söldner, die bereit waren, für Geld Ideologien unbesehen zu verteidigen, was bis heute zu einer Überbewertung von Dingen geführt hat (Materialismus). Andererseits die Tradition der Barmherzigkeit, die mit der Aufnahme der Hugenotten im 16. Jahrhundert begann und die Schaffung der Genfer Konvention zum Schutz der Zivilbevölkerung, sowie die Gründung des Roten Kreuzes umfasst. „Ihr werdet weltweit für eure Barmherzigkeit bekannt sein“, lautet seine ermutigende Schlussfolgerung.

Barmherzigkeit: Wo steht die Schweiz? Und was können wir tun?

In politischen Mini-Referaten und Workshops wurden verschiedene Bereiche der Schweizer Politik nach Barmherzigkeit untersucht und konkrete Schritte zu mehr Barmherzigkeit gesucht.

1. Die 7 Thesen von ChristNet zum Geld in der Schweiz

Eine Lageanalyse fördert eine Angstkultur, Desolidarisierung, geringe Bereitschaft zum Teilen, das Klammern an unrechte Güter und die Dominanz von Mammon zu Tage. Als Alternativen bieten sich an: Gottvertrauen, eine Politik der Barmherzigkeit und eine neue biblische Barmherzigkeit. Die sieben Thesen mit Erläuterungen können bei ChristNet bestellt werden.

2. Werteopfern auf dem Altar der Wirtschaft

Françoise Hänggi, Geografin, zeigte anhand der neuen Bildungsstrategie des Kantons Bern auf, wie auch in der Schweiz das Wirtschaftsdenken Überhand bekommt. So heisse es in deren Vision, das wichtigste Ziel sei die Förderung der Wirtschaftskompetenz. Damit werde die soziale Kompetenz und Werte wie Konfliktfähigkeit, Versöhnungsbereitschaft und Gewaltfreiheit wirtschaftlichem Leistungsdenken geopfert.

3. Das Bankgeheimnis bremst die Barmherzigkeit

Markus Meury, Soziologe, wies darauf hin, dass auf Schweizer Konten Steuerfluchtgelder von 2,5 Billionen Franken liegen. Da Steuerhinterziehung in der Schweiz nicht strafbar sei, werde den leidtragenden Staaten hierfür keine Rechtshilfe geboten. Seit zwei Jahren arbeitet ChristNet in einer Gruppe von Christen mit, die geistliche und politische Schritte zur Abschaffung dieser Ungerechtigkeit suchen.

4. Barmherzigkeit und Entwicklungshilfe

Béatrice Steiner, Entwicklungsfachfrau, wies darauf hin, dass der Anteil der schweizerischen Entwicklungshilfe am Volkseinkommen mit 0,39% immer noch weit unter den von der UNO empfohlenen 0,7% liegt. Ausserdem steht der Entwicklungshilfe ein Auftragsvolumen für Schweizer Unternehmen gegenüber, dank dem mehr als derselbe Betrag zurück in die Schweiz fliesst.

5. Steuerkonkurrenz

Thomas Tichy, Politologe, räumte ein, dass die Steuerkonkurrenz zwischen Ländern und Kantonen sich positiv auf eine effiziente Finanzpolitik auswirken kann. Doch dient sie in erster Linie Grossunternehmen und Grossvermögen, die mit Pauschalsteuerpaketen bevorzugt behandelt werden. Gleichzeitig führt sie oft zu einem extremen Sparkurs des Staates, bei dem Hilfsangebote für die Schwächsten, sowie die Bildung zuerst leiden.

6. Petition „Genug zum Teilen“

Samuel Ninck, Koordinator von ChristNet, stellte die Petition von ChristNet und ihre Beweggründe vor: Der Bundesrat definiert als erstes Legislaturziel 2003-2007 das Wirtschaftswachstum und die Wohlstandsmehrung. Doch nimmt das Reichtumsgefälle in der Schweiz und weltweit stetig zu. Darum ruft ChristNet den Bundesrat auf, das Teilen ins Zentrum seiner Politik zu stellen. (http://www.christnet.ch/Home.aspx?docid=521&lang=de)

7. Einfacher Lebensstil und Genügsamkeit

Tom Wieland lebt am Stadtrand von Bern in einer mongolischen Jurte. In seinem Workshop ermutigte er die Teilnehmer, wie Jesus die Einfachheit zu suchen. Dies sei ein starkes Zeichen für nicht-materielle Werte in einer konsumorientierten Gesellschaft und stelle in unserer Wegwerfkultur erst noch ein Plus für unsere Umwelt dar.

8. Konsumismus, Fair Trade und Chouf-nüt-Tag

Matthias Stürmer, Betriebswirt und Informatiker, und Samuel Ninck, Koordinator ChristNet, zeigten im Workshop, wie sich unser Konsumverhalten auf unsere Nächsten (z.B. Näherin in der 3. Welt) und auf die Schöpfung auswirken kann. Barmherzigkeit bedeutet hier, sich über diese Zusammenhänge zu informieren und anzufangen, Fair-Trade- und Öko-Label-Produkte zu kaufen. Der Chouf-nüt-Tag am letzten Samstag des Novembers bietet die Gelegenheit, genau darüber nachzudenken.

„Eine Zusammenfassung der ChristNet-Arbeit“

Die Stimmung an der Konferenz war äusserst positiv. Eine Teilnehmerin strich den praxisnahen Bezug der Referate und Workshops heraus: „Der Glaube wurde so wirklich konkret.“

Für ChristNet stellt diese Konferenz eine Zusammenfassung der seit der Gründung vor sieben Jahre erbrachten Arbeiten dar. Von Anfang an liess sich ChristNet von der Förderung der Nächstenliebe in Gesellschaft und Politik leiten: „Nächstenliebe: fundiert, engagiert“, lautet denn auch der Slogan.

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Genf, 29.09.06 ? Am Wochenende hat das Schweizer Stimmvolk die neuen Ausländer- und Asylgesetze mit einer Zweidrittelsmehrheit angenommen. Auf die Frage, was wichtiger sei: dass ja niemand von uns profitiert oder dass ja niemand Verfolgtes abgewiesen wird, hat die Schweizer Bevölkerung eine allzu klare Antwort gegeben. Das lässt auf einen bedenklichen Zustand der Schweizer Gesellschaft schliessen.

Unter dem Argument, Missbräuche müssten wirkungsvoll bekämpft werden, wird in Kauf genommen, dass künftig verfolgte Menschen, die über keine Identitätspapiere verfügen (mehr als 40% der Weltbevölkerung), in der Schweiz keine Aufnahme mehr finden. Ausserdem erhalten nun mehrere Tausend abgewiesene Asylbewerber keine Sozialhilfe mehr und werden möglicherweise auf der Strasse enden.

Auch viele Christen haben in Unkenntnis der Realität und unter dem Eindruck oft diffuser Ängste für diese diskriminierenden und unmenschlichen Gesetze gestimmt. Hier besteht weiterhin grosser Aufklärungsbedarf.

Eine christliche Antwort auf diese Verhärtung könnte darin bestehen, den Ausländern und Flüchtlingen ganz praktisch Gottes Liebe zu erweisen: Die Flüchtlingspfarrämter in jeder grösseren Stadt, christliche Ausländerorganisationen wie die Heilsarmee und MEOS, sowie säkulare Organisationen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Solidarité sans frontières) sind immer auf freiwillige Mitarbeiter angewiesen. Ausserdem können Gemeinden Ausländergottesdienste durchführen, den Kontakt zum örtlichen Asylbewerberheim suchen und gemeinsame Anlässe organisieren.

Sind wir Schweizer Christinnen und Christen bereit, heute in den vom Stimmvolk geöffneten Riss zu treten, um uns in Gebet, Wort und Tat für die Migrantinnen und Migranten in unserem Land einzusetzen? So kann deren Aufenthalt in der Schweiz zu einem echten Segen für sie und für unser Land werden.

 

ChristNet hat sich im Abstimmungskampf mit einem Internetdossier, dem Verteilblatt ChristNetInput und RegioForen in verschiedenen Schweizer Städten gegen die beiden Gesetze eingesetzt.

ChristNet ist ein Forum von ChristInnen, das sich mit sozialen, wirtschaftlichen, ökologischen, kulturellen und entwicklungspolitischen Fragen auseinandersetzt und sich für ihre praktische Umsetzung einsetzt.

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Nächstenliebe heisst essentiell Solidarität. Dies gilt ganz besonders im Bereich der Gesundheit. Wie wichtig ist es uns, dass unsere Nächsten Zugang zur Gesundheitsversorgung haben? Und wie wichtig ist es uns, dass die Armen ganauso Zugang haben wie die Reichen? Wie wichtig ist uns in diesem Sinne die Gerechtigkeit? Wo setzen wir die Grenze, welche Behandlung gesundheitlich notwendig oder sinnvoll ist? Hier geht es um Lebenschancen und Zugang zur Gesellschaft: gewisse Behandlungen sind zwar nicht überlebensnotwendig, aber können massiv behindern.

Solidarität im Gesundheitswesen heisst vor allem Solidarität der Gesunden mit den Kranken und Solidarität der Reichen mit den Armen. Beides ist heute gefährdet: Diejenigen, denen die nicht teilen wollen, behaupten immer mehr, Kranke gehen zu oft zum Arzt und die Armen sind selber schuld, dass sie arm sind. In der Gesundheitspolitik zeigt sich, dass die Angriffe von Rechts auf den Sozialstaat sich nicht einfach gegen einzelne Profiteure des Sozialstaates richtet, sondern essentiell mehr am eigenen Portemonnaie als am Wohlergehen des Nächsten interessiert sind. Wer wird denn schon freiwillig krank?

Gründe für die Kostensteigerungen

Das Krankenversicherungsgesetz von Ruth Dreifuss wollte zweierlei erreichen: einerseits die Solidarität zwischen Gesunden und Kranken stärken, andererseits die Kostenexplosion im Gesundheitswesen stoppen. Das erste Postulat ist heute erfüllt, das Zweite hingegen nicht. Was sind die Gründe dafür?

– Der medizinische Fortschritt lässt sich nicht aufhalten. Immer bessere (aber damit meist auch teurere) Behandlungen werden entwickelt, immer mehr Krankheiten lassen sich heute (besser) heilen.

– In den letzten Jahren sind die Medikamentenpreise massiv gestiegen. Die schweizerischen Pharmakonzerne haben im Nationalrat erfolgreich durchgesetzt, dass Wiederimporte aus dem Ausland (wo die schweizerischen Medikamente viel billiger sind) verboten bleiben…

– Zu viel Konkurrenz: Durch die Konkurrenz zwischen den Spitälern will jedes Spital (private und öffentliche) immer die neuesten millionenteuren Apparate anschaffen. Dadurch sind sie auch gezwungen, diese zu amortisieren, indem unnötige Untersuchungen damit durchgeführt werden.

– Die Alterung der Bevölkerung führt dazu, dass immer mehr Menschen pflegebedürftig sind. Dafür können sie wohl nichts dafür…

Desolidarisierung als Lösung?

Der neue Innen- und damit Gesundheitsminister Couchepin hat bereits angekündigt, wie er das Gesundheitswesen günstiger machen will.

– „Risikogerechte“ Prämien für Menschen über 50 Jahren. Die Alten sollen mehr Krankenkassenprämien bezahlen, weil sie auch mehr Kosten „verursachen“. Der Gedanke der Solidarität der Gesunden mit den Kranken als Grundsatz des Gesundheitswesens scheint ihm überhaupt nicht bekannt zu sein. Die Alten können schlicht nichts dafür, dass sie mehr Gesundheitskosten verursachen, also dürfen sie auch nicht dafür bestraft werden. Couchepin geht offenbar von Statistiken aus, die „zeigen“, dass die Alten im Durchschnitt eher vermögend sind. Aber dass das Vermögen sehr einseitig verteilt ist und auch heute noch der durchschnittliche Alte (also der Median) ärmer als der Durchschnittsbürger ist, das will er nicht sehen…

– Couchepin plant auch einen Abbau der Grundversicherung. Was er genau plant, das ist noch nicht bekannt, aber es ist zu befürchten, dass viele Behandlungen, die heute von der (solidarischen) Grundversicherung abgedeckt werden, in Zukunft nur noch über eine teure Zusatzversicherung zu haben sind. Solidarität ade…

– Dagegen will er „den Wettbewerb stärken“. Dass dies kostentreibend und nicht kostensenkend ist, sehen wir am Beispiel der Spitäler. Und gerade die USA, wo der Wettbewerb diesbezüglich „spielt“, sollte uns genügend Warnung sein: Ärzte machen auf Weltformat-Plakaten Werbung, um Kunden anzulocken (Ich sah in den USA tatsächlich Plakate mit Slogans wie „Haben Sie heute Kopfweh, fühlen Sie sich nicht gut? Dann kommen sie doch zu Dr. XY“). Das Resultat: nach OECD-Berechnung verschlingt in den USA das Gesundheitswesen 14% des Bruttosozialproduktes, in der Schweiz ca. 10 %, im Schnitt der EU ca. 9,5 %. Und dennoch hat in den USA die Hälfte der Bevölkerung keine Krankenkasse, weil sie es sich nicht leisten können, und die Kindersterblichkeit (laut der UNO das Hauptindiz für die Verbreitung der Gesundheitsversorgung) ist um über 50% höher als in der Schweiz, in Deutschland oder in Frankreich (0,8% gegenüber 0,5%) Wollen wir dieses System wirklich?

Couchepin scheint seiner neoliberalen Ideologie zu erliegen: „Wettbewerb macht alles gut“, und „Jeder kann selber, wenn er will“. Stellen wir uns klar diesen Desolidarisierungstendezen entgegen. Das Thema wird in den nächsten Monaten (aber vor allem nach den Wahlen im Herbst) brennend werden!


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Es ist neuerdings Mode geworden, Leute die pflichtgemäss Steuern zahlen als Trottel zu belächeln. Steuerflucht und Steuerhinterziehung gelten heutzutage als Kavaliersdelikt, wenn nicht sogar als Menschenrecht1 .

Traurig ist, dass sogar Christen in diesen Chorus miteinstimmen. So hörte ich letzthin das Bankgeheimnis mit der Begründung verteidigt, dass die andern Länder u.a. selbst an der Steuerhinterziehung ihrer Bürger schuld seien – schliesslich müssten sie ja nicht so hohe Steuern verlangen! (Bemerkung: Das Bankgeheimnis in der Schweiz ermöglicht den Bürgern eines anderen Lands Steuerhinterziehung, indem diesem Land bei Verdacht auf Steuerhinterziehung keine Amts- und Rechtshilfe geleistet werden kann). Ist es nicht anmassend und unfair, an den Steuerhinterziehern anderer Länder zu verdienen, wenn diese Länder ihre Steuersätze demokratisch bestimmt haben?

Auch ein christlicher Nationalrat äusserte sich vor kurzem auf schockierende Weise. Er wurde gefragt, was er an der Schweiz besonders schützenswert finde. Als Antwort pries er das Schweizer Steuersystem, das den Bürger nicht einfach zum Steuernzahlen zwinge, sondern ihm erlaube soviel zu zahlen, wie er gerne möchte2 . Gänzlich verantwortungslos ist es, wenn sogar Bundesräte und andere Führungspersönlichkeiten ins selbe Horn blasen und Steuern als etwas darstellen, das man nur zahlt, wenn es einem gerade entspricht. So sagte z.B. Kaspar Villiger: „Wenn der Preis für die Dienstleistungen eines Staates fair ist, dann sind die Leute willig, Steuern zu bezahlen“. Und wenn der Staat mal nicht exakt nach meinem Fairness-Verständnis handelt – bin ich dann gerechtfertigt, meine Steuern zu verweigern? Mit allen Mitteln versuchen bürgerliche Politiker heute, es einfacher zu machen, den Steuern auszuweichen. Zu diesen Mitteln gehören:

  • Das Anheizen des Steuerwettbewerbs (zwischen Gemeinden, Kantonen und Nationen).
  • Das Gewähren von Steuererleichterungen, um Multimillionäre und Firmen anzuziehen. Dies ist oft eine sehr intransparente Angelegenheit3.  und verletzt elementare Grundsätze der Gleichheit vor dem Gesetz4 .
  • Die Weigerung, stossende Steuerschlupflöcher zu stopfen.
  • Das Bankgeheimnis: Es stellt eine besondere Ungerechtigkeit dar, weil wir damit den Bürgern anderer Länder die Steuerhinterziehung ermöglichen.

Was steckt für eine Einstellung hinter diesem Herumhacken auf einer minimal anständigen Steuermoral? Zuerst einmal ist das, dass es allen – Armen wie Wohlhabenden – schwer fällt, Steuern zu zahlen. Das ist verständlich und darf nicht kritisiert werden. Aber es spielt auch noch ganz anderes mit. Da ist zuerst einmal ein krampfhaftes Streben nach Geld – eine Sucht, die keine Lockerheit und Grosszügigkeit kennt.

Eine grundsätzliche Ursache für die gegenwärtige Steuerverachtung ist, dass die Bürger sich nicht mehr als Teil einer Gemeinschaft empfinden: Sie spüren nicht mehr, dass sie zu ihrem Land gehören und dass ihr Reichtum ohne das Zusammenspiel vieler Menschen nicht zustande gekommen wäre und dass sie enorm von den Dienstleistungen des Staates profitieren. Hier kommt das ganze Staatsverständnis hinein, das sich verändert hat. Also müssen wir einmal ganz von vorne anfangen…

Steuern – gemeinsame Lösungen ermöglichen

  • Wir sind nicht einfach unabhängige Individuen, sondern alle Anderen sind unsere Nächsten, auf die wir Rücksicht nehmen müssen, die genau die gleichen Rechte haben und vor Gott gleich viel wert sind. Alle unsere Handlungen haben Auswirkungen auf die Nächsten.
  • Deshalb braucht es Gesetze und Regeln, um das Zusammenleben zu regeln.
  • Damit wir zusammenleben können, müssen wir vieles Grundsätzliche gemeinsam festlegen: wieviel sollen wir gemeinsam machen, wieviel jeder einzeln, welches Wirtschaftssystem sollen wir haben, etc. So braucht es eine gemeinsame Organisation, wo jeder Einzelne gleich viel zu sagen hat: der Staat. Der Staat, das ist also nicht ein böses fernes Gebilde, sondern dazu gehören wir alle!
  • Da wir diese Regeln gemeinsam festgelegt haben, gelten sie auch für alle gleich, und wir dürfen uns nicht einfach zu unserem Vorteil hinausschleichen. Den Stärksten wäre dies vielleicht recht, aber die christliche Nächstenliebe weist uns an, auch die Rechte der Schwächsten zu respektieren.
  • Zur gemeinsamen Organisation gehört auch eine gemeinsame Finanzierung des Beschlossenen, und eine Regel, wer wieviel beitragen soll. Da Reichtum nur zu einem kleinen Teil auf Leistung beruht, ist es normal, dass Reiche mehr beitragen müssen als Arme, und dass eine Steuerprogression die vom Markt extrem ungleich vorgenommene Verteilung wieder ein klein wenig abmildert.
  • Insofern müssen Steuersätze so gestaltet sein, dass jeder beiträgt, was er beitragen kann, und gleichzeitig auch einen Teil der Frucht seiner Anstrengungen behalten kann. Das muss gut austariert sein. Es ist jedoch absurd, wenn sich jemand beklagt, dass er nur 60 von seinen 100 Millionen Franken Einkommen pro Jahr behalten kann. Das hat nichts mehr mit Leistung zu tun und er kann deshalb auch nicht von „Ungerechtigkeit“ reden.
  • Es kann also niemand reklamieren, er müsse für Andere arbeiten: denn er profitiert genauso von den gemeinsamen Leistungen und er profitiert von einem gemeinsam festgelegten System, das es ihm erst möglich macht, so viel zu verdienen. Also muss er auch für durch das System verursachte Schäden aufkommen und andere unterstützen, die vom System benachteiligt werden oder die vom heutigen Wirtschaftssystem schlicht rausgeworfen werden, weil sie nicht genügend leistungsfähig sind.
  • Wenn jemand sagt, es lohne sich bei höheren Steuern nicht mehr zu arbeiten, dann muss die Arbeitsmoral doch in Zweifel gezogen werden… Arbeiten wir nur noch um noch reicher zu werden?
  • Gewisse meinen, Umverteilung sei unbiblisch. Ganz klar falsch: siehe dazu den Text „Biblische Steuerpolitik“ auf der Website von ChristNet. Andere sagen, die Steuerprogression sei unbiblisch, in der Bibel habe es nur die Flat Tax gegeben. Auch das ist falsch. Erstens: die Flat Tax der Bibel muss im Zusammenhang mit anderen Umverteilungen gesehen werden. Alle sieben Jahre wurden die Schulden erlassen und alle 50 Jahre gab es das Halljahr, wo aller Grundbesitz (also das Haupt-Kapital aller) wieder an den ursprünglichen Besitzer zurückging. Akkumulation von Ungleichheiten wie heute war also nicht möglich. Heute wird die (minimale) Erbschaftssteuer im Gegenteil aber abgeschafft. So kann nicht gleichzeitig eine „christliche“ Flat Tax eingeführt werden… Zweitens: in der biblischen Zeit waren die möglichen Einkommensunterschiede zwischen den mehrheitlich als Bauern oder Handwerker tätigen Menschen viel kleiner. Deshalb war eine ausgleichende Progression gar nicht nötig. Es steht uns also frei, dies heute anders zu machen, wenn die Umstände dies erfordern, um dem ursprünglichen biblischen Sinn genüge zu tun.
  • Und schliesslich gibt es auch noch solche, die finden, dass es heute der Situation gleiche, als die Propheten darüber geklagt haben, dass die Machthaber die Untertanen mit hohen Steuern drückten. Darauf können wir nur antworten, dass der Vergleich schlicht grotesk ist: damals ging es um Menschen in Existenznot, heute kommt diese Klage vor Allem von Menschen mit Haus, Auto und Fernreise-Ferien…

Als Christen wollen wir denjenigen, die das Steuerzahlen lächerlich machen, eine andere Einstellung gegenüberstellen. Wir freuen uns, zur Schweiz zu gehören und sind bereit, unsern Teil beizutragen – sprich: wir sind bereit Steuern zu zahlen. Wir wissen, dass der Staat eine notwendige Institution ist. Der Staat – das sind wir! Nicht zuletzt hat uns Jesus gelehrt, dass Steuernzahlen eine Selbstverständlichkeit ist. Als die Pharisäer ihn danach fragten, verlangte er eine Münze, zeigte auf den darauf abgebildeten Kaiser und meinte: „Gebt des Kaisers, was des Kaisers ist!“ (Matth. 22,21)

In letzter Zeit ist besonders der Steuerwettbewerb zum Königsweg geworden, den Steuern auszuweichen. Deshalb noch einige Worte dazu.

Steuerwettbewerb in der Schweiz

In den vergangenen Monaten wird immer wieder bekannt, dass Wirtschaftsführer in einen „steuergünstigeren Kanton oder Gemeinde“ umziehen. Steuern sollten dort bezahlt werden, wo der „Lebensmittelpunkt“ liegt. Dies ist beim neuen Wohnort kaum der Fall. Es handelt sich also eigentlich um Betrug. Dies ist umso verwerflicher, als die betreffenden Menschen genau wissen, dass sie nicht sagen können, ihre 20 Millionen pro Jahr seien alles Eigenleistung und somit sei es ungerecht, wenn „zu viel“ Steuern verlangt würden…

Sie spielen damit die Kantone und Gemeinden gegeneinander aus, die gezwungen werden, vor Allem die Steuersätze der Reichen zu senken und Erbschaftssteuern etc. abzuschaffen, um nicht viel Geld zu verlieren. Die Reichen werden damit übermässig politisch bestimmend, es gilt nicht mehr „eine Stimme pro Person“.

Gleichzeitig werden dabei die Ungleichheiten zwischen den Kantonen immer grösser, denn durch Zuzüge reicher gewordene Kantone können die Steuersätze weiter senken und locken damit weitere Reiche an. Dasselbe in die andere Richtung passiert mit den ärmeren Kantonen. Diese können nicht ohne Härte gegenüber den Bedürftigen die Steuern senken. Damit geraten die Kantone in einen Teufelskreis: Die Reicheren werden automatisch reicher – die Ärmeren automatisch ärmer. Die Steuerunterschiede haben ursprünglich aber vor Allem mit ungleichen Bedingungen zu tun:

  • Bergkantone haben höhere Ausgaben (weite Wege etc.) und kleinere Einkommen (weit weg von wirtschaftlichen Zentren, niedrigere Standortattraktivität)
  • Städtische Zentren haben höhrere Ausgaben wegen vermehrter Konzentration von sozialen Problemen und weniger Einnahmen wegen „schlechterer“ Bevölkerungsstruktur (viele Arme, Alte, Ausländer, Studierende, etc.). Familien ziehen weg wegen des Verkehrs, der Krankenkassenprämien und der Lebensqualität. Gleichzeitig haben Städte weitere Zentrumsleistungen zu erbringen für eine ganze Region, vor Allem im Bereich Kultur, Infrastruktur und Verkehr.
  • Am Besten haben es zentrumsnahe Kantone mit guter Wohnlage: so ist es nicht verwunderlich, dass Baselland, Zug, Schwyz und Nidwalden viele zuziehende Pendler mit vollem Portemonnaie verzeichnen konnten und heute steuergünstig sind. Die Mär, dass es diesen Kantonen vor Allem wegen „guter Amtsführung“ gut gehe, wird leider trotz allem noch gerne verbreitet…

Manche nutzen den Steuerwettbewerb mit gutem Gewissen aus. Sie sagen sich „Wettbewerb ist doch auf dem Markt ein gutes Prinzip, das Effizienz schafft. Wenn Wettbewerb zwischen Firmen gut ist, dann ist er das doch sicher auch zwischen Kantonen und Staaten“. Diese Leute missachten die simple ökonomische Tatsache, dass der Wettbewerb (der Markt) oft versagt. Und genau dort, wo man mit dem Wettbewerb nicht weiterkommt, braucht es den Staat (Justiz, Umwelt, Infrastrukturprojekte, …). Wenn nun das Wettbewerbsprinzip auch auf den Staat angewandt wird, der ja genau dazu da ist die Mängel des Wettbewerbs zu beheben, so beisst sich die Katze in den Schwanz. Der Staat ist das Ergängzungsstück zum Wettbewerb. Wir dürfen nicht auch ihn noch dem Wettbewerb opfern.

Was heisst das für den Einzelnen? Will ich wegen tieferer Steuern in den Nachbarkanton umziehen oder gar den „offiziellen Wohnsitz“ nach Zug verlegen? Wir schlagen vor, aus Solidarität zu bleiben, wo man ist, auch wenn es etwas kostet, und nicht zu dieser elenden Spirale beizutragen. Es braucht heute Leute, die gegen den Strom schwimmen.


1. z.B. Phil Gramm, stellvertrender Vorsitzender der UBS Warburg: „Schweizer Bankiers sind grosse Wohltäter der Menschheit (…). Sie haben nicht nur das Vermögen der Menschen geschützt, sondern auch ihre Freiheit. Die Möglichkeit der Menschen, ihr Geld zu verschieben, um es zu schützen (…), ist eine der Grundfreiheiten der Menschen auf diesem Planeten.“ (siehe „Wegleitung zur Steuerhinterziehung“, erhältlich bei www.evb.ch). (Bemerkung dazu: Der republikanische Senator Phil Gramm stellt sich mit diesen Aussagen deutlich gegen die Bibel. Im Gesetz, das Mose gegeben wird, wird das Eigentumsrecht nämlich alles andere als absolut geschützt).

2. Auf die Frage „Was ist das Besondere unseres Schweizer Staates, das Sie erhalten wollen?“: „Wir haben eine Heimat, die zu erhalten sich lohnt. Wir haben hier immer noch weltweit einmalige Regelungen. Dies zeigt sich auch im Steuerrecht: In der Schweiz traut der Staat dem Bürger zu, dass er in seiner Steuererklärung selbst angibt, was er verdient und an Vermögen hat. Aufgrund dieser Daten wird er nachträglich besteuert, gemäss Steuersätzen, die er auch selbst beschliesst. Kurz: Der Staat lässt dem Bürger das Einkommen, und dieser sagt: Soviel will ich an Steuern zahlen. In anderen Ländern nimmt der Staat dem Bürger von seinem Einkommen weg, was er meint brauchen zu müssen, und die Steuersätze werden nicht direktdemokratisch vom Volk bestimmt.“ (siehe http://www.jesus.ch/index.php/D/article/151-

Schweiz/26051-30_Jahre_-_und_kein_bisschen_heiser:_Die_EDU_ersehnt_eine_bessere_Demokratie/)

3.  Im Kanton Bern sorgte im Herbst 2005 für einiges Aufsehen, dass selbst die Kantonsparlamentarier Mühe hatten, in Erfahrung zu bringen, welche Firmen unterstützt werden. Als sie dann an die Liste herankamen, staunten selbst bürgerliche Politiker über die grosse Zahl an gewährten Steuererleichterungen (siehe „Der Bund“ vom 8.9.2005).

4. Siehe dazu auf www.christnet.ch den Text „Pauschalbesteuerung superreicher Ausländer“ und den entsprechenden Brief an ausgewählte NationalrätInnen.

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ChristNet stellt sieben sich logisch folgende Thesen zur Problematik des Geldes in der Schweiz auf. Analyse der heutigen gesellschaftlichen Strömungen, Folgen daraus und Alternativen zu einer nicht mehr vom Geld beherrschten Schweiz!

 

These 1: Sowohl Christen wie Nichtchristen lassen sich mehr und mehr von der Angstkultur anstecken

Wir stellen vor allem in der westlichen Welt einen Wandel hin zu einer Angst- und Misstrauenskultur fest: Angst vor dem Verlust der eigenen Güter und der materiellen Sicherheit, sowie Angst vor dem unbekannten Nächsten. Wachsender Wohlstand hat die Angst vor dem Verlust unserer Güter verstärkt. Das wirtschaftliche Wettbewerbsdenken nimmt Überhand in den privaten Bereichen und sorgt dafür, dass der Nächste mehr und mehr als Konkurrent gesehen wird. Und der zunehmende Individualismus hat uns aus sozialen Zusammenhängen herausgerissen, wo wir früher Geborgenheit erfahren konnten. Die Angst um das eigene Wohl haben die Sorge um das Wohl des Nächsten gedämpft. Wir bringen dies mit der Aussage Jesu zusammen, die Liebe werde bei vielen erkalten (Mat. 24,12). Gerade in der Schweiz sind wir stark von der Angstkultur geprägt, wie wir an der besonders hohen Anzahl Versicherungsabschlüsse pro Einwohner sehen.

These 2: Desolidarisierung: Wir haben ein Problem mit dem Teilen, weil wir Angst um das eigene Wohl haben und weil wir mit immer höhere Folgekosten aus unserer Art des Wirtschaftens konfrontiert sind.

Aus Angst um das eigene Wohl und aus dem Misstrauen gegenüber dem Nächsten erwächst eine Desolidarisierung. „Freiheit“ steht als Konzept hoch im Kurs, da wir nach Freiheit vor aller Art Verpflichtung gegenüber dem Nächsten suchen.

Wir sind nicht bereit, die wachsenden Schäden aus unserer Art des Wirtschaftens zu bezahlen: Obwohl für schwächere Menschen keine Arbeitsplätze mehr angeboten werden, und sie zu Sozialfällen werden, haben wir die Tendenz, ihnen die alleinige Schuld für ihre Situation zuzuschreiben oder wir nennen sie „Profiteure des Sozialsystems“. Wir schenken deshalb den Theorien, die besagen, dass „jeder selber alles erreichen kann, wenn er sich nur anstrengt“, gerne Glauben. Christen sind gegen diese kulturellen Strömungen nicht immun, weshalb das Wohlstandsevangelium und der Compassionate Conservativism uns attraktiv erscheinen.

These 3: Weil wir nicht teilen können, sind wir zum Wachstum verdammt

Die Schweiz ist eines der reichsten Länder der Welt, es ist eigentlich genug für alle da, wir haben alles, was wir brauchen. Trotzdem streben wir hartnäckig stärkeres Wachstum des BIP, also des Reichtums an (und opfern zahlreiche christliche Werte dafür), obwohl die Bibel sagt, wir sollen uns keine Reichtümer anhäufen (Jakobus 5). Dies gilt nicht nur für das persönliche Leben, sondern auch für ganze Nationen, denn wir sehen in der Folge, wohin das führt.

Wofür also Wachstum? Wir sagen, es brauche es Wachstum, um genügend Arbeitsplätze zu schaffen. Haben wir uns ein System geschaffen, wo nur dann jeder Arbeit hat, wenn das BIP wächst? Sind wir ansonsten unfähig, jedem Menschen eine sinnvolle Arbeit zu verschaffen? Wir sagen auch, es brauche Wachstum, um unsere Altersvorsorge zu finanzieren. Aber könnten wir dies mit einem verbesserten Teilen nicht auch anders organisieren? Drittens, sagt der Bundesrat, brauche es Wachstum, damit es weniger Verteilkämpfe gäbe. Sind wir nur fähig, vom Überfluss zu verteilen? Bringen wir es nicht fertig, dass jeder vom Erschaffenen genug für seine Anstrengungen erhält? Diese Probleme wären unseres Erachtens mit Gemeinsinn und einen Sinn fürs Teilen anders lösbar. Da wir hierzu noch nicht bereit sind, ist auch die Schweiz „zum Wachstum verdammt“. Zudem glauben wir auch im persönlichen Leben immer noch daran, dass mehr Reichtum glücklicher macht.

Immer-mehr-Konsum ist wirtschaftspolitisch deshalb sehr willkommen und wird gefördert. Der Konsumismus wird zum ideologischen Zwang für die Gesellschaft, obwohl wir eigentlich schon alles haben. Wie kann die Volkswirtschaft trotz gesellschaftlichem Überfluss noch wachsen? Der Suche nach Wachstumsmöglichkeiten werden zwangsläufig auch Werte und Ideale geopfert.

These 4: Wir klammern uns selbst an unrechte Güter

Die Schweiz war nur unter massivem Druck des Auslandes dazu bereit, die nachrichtenlosen Vermögen von Juden zurückzugeben. Heute klammern wir uns an das Bankgeheimnis, auch wenn wir wissen, dass der grösste Teil der ca. 2,5 Billionen Franken Vermögen aus dem Ausland auf Schweizer Konten den Steuern hinterzogen wurden. Wir behelfen uns immer noch mit Rechtfertigungen und Ablehung unserer Verantwortung, obwohl das Bankgeheimnis 1934 gerade zum Anziehen von Steuerfluchtgeldern gesetzlich verankert wurde.

Hierzu fällt uns Micha 6.9-11 auf: „Höret Ihr Stämme und ihr Ratsleute! Noch immer bleibt unrecht Gut in des gottlosen Haus und das verfluchte falsche Mass. Oder sollte ich unrechte Waage und falsche Gewichte im Beutel billigen?“

These 5: „Mammon“ hat Macht in der Schweiz und beherrscht unser Denken und unsere Politik

 

„Niemand kann gleichzeitig zwei Herren dienen. Wer dem einen richtig dienen will, wird sich um die Wünsche des andern nicht kümmern können. Genauso wenig könnt ihr zur selben Zeit für Gott und das Geld leben.“ (Matth.6,24) Uns scheint, dass das Wirtschaftlichkeitsdenken und die Sorge um unsere Güter zu stark gewichtet werden gegenüber Gott und der Nächstentenliebe. Unsere Werte werden deshalb mehr und mehr vom „Mammon“ bestimmt. Hierfür scheint die Schweiz auch zahlreiche christliche Werte wie Familien, Sonntag, Barmherzigkeit gegenüber den Schwachen, Gerechtigkeit und Moral zu opfern. Wir müssen uns tatsächlich entscheiden. Kehren wir als ganzes Land um, reinigen wir unsere Leben, unsere Politik, unsere Wirtschaft und unsere Banken. „Denn eine Wurzel allen Übels ist die Geldliebe“, (1. Timotheus 6.10), und es scheint, als ob wir die Folgen davon heute zu spüren bekommen. Hingegen verspricht uns Gott, für uns zu sorgen, wenn wir in Gerechtigkeit wandeln und ihn anbeten (und nicht den Mammon). Wir brauchen also keine Angst vor Verlust von Reichtum oder Arbeitsplätzen zu haben, wenn wir die nötigen Schritte gehen und uns vor ungerechtem Mammon trennen. Gottes Vorsorge und Friede wird uns tragen.

These 6: De Alternative: Vertrauen in Gott und eine Politik der Barmherzigkeit mit den Schwächsten

Jesus hat uns neben der Errettung durch den Glauben radikale Nächstenliebe gepredigt und uns angewiesen, in unserem ganzen Handeln das Wohl des Nächsten (und damit das Allgemeinwohl) ins Zentrum zu stellen. Wir wollen diese Nächstenliebe, diese Agape, wieder neu erwecken, d.h. dazu aufrufen und beitragen, dass die Welt von der Liebe Jesu geprägt wird. Dadurch soll Gott in unserer Gesellschaft sichtbar werden. Dies beginnt mit der Christenheit, die neu für das Wohl des Nächsten sensibilisiert wird und dadurch ein kraftvoller Multiplikator von Gottes Liebe wird. Oft wird vergessen, dass die Nächstenliebe nicht nur den persönlichen Bereich prägen soll, sondern dass wir genauso auf der gesellschaftlichen und politischen Ebene Nächstenliebe üben müssen. Insbesondere die schwächsten Glieder der Gesellschaft scheinen uns heute gefährdet, da sie keine Macht und kaum eine Lobby haben. Doch schon Jesus predigt uns den Schutz der Schwächsten, indem er sich ganz mit ihnen identifiziert: „Denn ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben; […] ich war fremd, und ihr habt mich beherbergt; […] ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen.“ (Matt. 25,35-36)

Hierzu brauchen wir aber die Pflege eines Gottvertrauens, das in unserem eigenen Leben anfängt, dass Er uns versorgen wird, wenn wir gerecht handeln.

These 7: Wir brauchen eine neue biblische Barmherzigkeit

Das Thema Solidarität nimmt in der Bibel einen breiten Raum ein. Zentral ist der Begriff der Armen, der einerseits für die materielle Armut und Unterdrückung (auch „Elende, Geringe“, etc.) gebraucht wird, aber auch für geistlich Arme, das heisst Demütige. Die Stellen, wo Armut mit Selbstverschulden in Verbindung gebracht wird, sind rar. Sie finden sich nur im Buch der Sprüche und in der Aussage im Neuen Testament, wer nicht arbeiten WOLLE, auch nicht essen solle. Ansonsten wird Armut als gesellschaftliches Übel, oft in Verbindung mit sozialer Benachteiligung beschrieben. Natürlich kann man deshalb noch nicht behaupten, die Armen seien heute generell unschuldig an ihrer Situation, aber wir müssen bereit sein, genauer hinzuschauen. Deshalb ist das Alte wie das Neue Testament voll von Aufrufen, die Armen zu schützen (physisch und rechtlich), mit ihnen zu teilen und Gerechtigkeit herzustellen. Wir sollten auch nicht im Glauben hängen bleiben, dass wir unseren Wohlstand ja selber erschaffen hätten und wir deshalb nichts zu teilen bräuchten. Denn erstens ist unsere Leistungsfähigkeit auch Gottes Gnade, und alles was wir haben, kommt von Gott. So sind wir gehalten, nach seinem Willen mit dem Erhaltenen umzugehen. Zweitens hat jeder Mensch unterschiedliche Gaben, die auch unterschiedlich in Lohn umsetzbar sind. Deshalb sollten wir allen Menschen ein würdiges Leben ermöglichen. Gewisse Umverteilung ist deshalb bereits im alten Testament vorgesehen. Der Nächste, das ist spätestens heute auch der Arme in anderen Teilen der Welt. Wir sind gehalten, uns auch ihnen zu widmen.

Wir sind überzeugt, dass die Schweiz geistlich gesehen Gott und seinem Segen den Rücken kehrt, wenn sie ihren Wohlstand nicht mit den Armen teilt.