Die Bibel als Wegweiser zur gesellschaftlichen Erneuerung

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Sind wir nicht immer wieder besorgt über den Zustand unserer Gesellschaft? Grundwerte wie Ehrlichkeit und Verantwortungsbewusstsein sind am schwinden. Unsere TV-Geräte spuken Gewalt, Banalitäten und Obszönitäten aus. Wir leben in einer Welt voller Missstände.

In der Bergpredigt sagte Jesus, dass seine Nachfolger etwas gegen die Missstände tun können und sollen.

Er tat dies unter Zuhilfnahme des Bildes vom Salz und vom Licht. ?Ihr seid das Salz der Erde…ihr seid das Licht der Welt?, sagte er zu seinen Jüngern (Mt 5,13-16). Mit Salz wurden Lebensmittel haltbar gemacht. Salz hat bewahrende Kraft. Jesus übertrug diese einfache Tatsache auf unser Leben. Er wollte, dass seine Nachfolger für die Welt wie Salz sind; sie sollten durch ihr Leben bewahrenden Einfluss auf ihre Umwelt haben. Das Bildwort vom Licht liegt ähnlich. Als es noch keine Elektrizität gab, zündete die Hausfrau beim Eindunkeln eine Öllampe an. Sie stellte sie in der Mitte des Raumes auf einen erhöhten Platz, damit die Flamme ihr Licht im ganzen Raum ausbreiten konnte. Jesus wollte, dass seine Nachfolger solche Lichter in der Dunkelheit sind. Dunkelheit steht hier für Gottferne und Orientierungslosigkeit. Christi Nachfolger sollen Licht ins Dunkel ihrer Umgebung bringen und Orientierung geben.

Wie können Christen Salz und Licht sein und zur Erneuerung der Gesellschaft beitragen?

Die Bibel vermittelt uns praktische Leitlinien und gibt uns hilfreiche Beispiele. Sie hilft uns, unsere Gesellschaft kritisch zu durchleuchten und gibt Antworten von Gott her. Die Bibel entstand in ähnlichen Situationen wie der unsrigen. Viele biblische Texte wurden als Antwort auf gesellschaftliche Missstände gegeben. Die Menschen, an die Gottes Wort damals erging, waren genau besorgt um den Zustand ihrer Gesellschaft, in der sie lebten, wie wir heute. Auch sie fragten sich, was sie angesichts der Missstände tun sollten.

Etwas vom wichtigsten das wir tun können ? ja tun müssen ? ist eine kritische Haltung zu entwickeln.

Der Apostel Paulus ruft in Römer 12,1-2 dazu auf, eine gesellschaftskritische Haltung zu entwickeln. Er richtet an seine Leser die Aufforderung, die Denkvorgaben ihrer Kultur nicht unkritisch zu übernehmen. Der Apostel lässt damit erkennen, dass er wie Jesus in einer prophetischen Tradition stand, welche den Status quo nicht einfach unkritisch übernahm, sondern ihn der Kritik der Offenbarung Gottes unterwarf. Dabei muss sogleich gesagt werden, dass es nicht um ein ?Neinsagertum? geht, sondern um eine kritische Weltzugewandtheit.

Die besten Beispiele für eine kritische und zugleich konstruktive Haltung geben die alttestamentlichen Propheten. Sie liebten ihr Volk mit einer leidenschaftlichen Liebe, gleichzeitig waren sie seine schärfsten Kritiker.

Ein Beispiel für die Haltung der Propheten findet sich in Jesaja 2,6-8. Jesaja kritisierte seine Zeitgenossen dafür, dass sie das Land mit Zauberern und Wahrsagern überzogen hatten (Jes 2,6). Im gleichen Atemzug kritisierte er den ungezügelten Materialismus. ?Dein Land ist voll von Silber und Gold und unzähligen Schätzen? (Jes 2,7). Schliesslich wandte er sich auch gegen den Götzendienst. Er klagte darüber, dass das Land voller Götzen ist und jeder sein eigenes Werk anbetet (Jes 2,8).

Die Propheten des alten Israel begründeten eine Gesellschaftskritik, die sich an der Offenbarung Gottes orientiert. Sie waren keine Idealisten im engeren Sinn des Wortes, sondern wussten sich vom Geist Gottes getrieben. Sie entschuldigten sich nicht dafür, für Gott als den einzig Wahren und seine Forderungen an den einzelnen und die jüdische Gesellschaft einzutreten. Das bemerkenswerte an ihrer Gesellschaftskritik ist ihre Ausgewogenheit. Es gab keinen Propheten, der sich auf die moralischen Verfehlungen sozusagen spezialisierte und dadurch die anderen Missstände ausblendete. Jesaja unterwarf sein Volk einer umfassenden Kritik. Spiritismus und Materialismus wurden ebenso wie der Götzendienst angeklagt.

Die Bibel ist ein sehr praktischer Wegweiser zu einer konstruktiven Gesellschaftskritik. Wer sie ernst nimmt, kann den Status quo nicht ungefragt übernehmen.

Eine kritische Haltung allein reicht aber nicht aus.

Christen müssen das, was die Bibel sagt, auch tun. In der Bibel werden gläubige Menschen beständig aufgefordert, Gutes zu tun (z.B. Mt 5,16; 2Tim 3,17; Eph 2,8-10). Es ist nun aber von grundlegender Wichtigkeit, die Gnade nicht mit dem Tun bzw. den Werken zu verwechseln. Versöhnung mit Gott ist reine Gnade. Sie geschieht auf der Grundlage des für uns erlittenen Todes Jesu Christi. Sie ist zugänglich durch Glauben und Annahme Christi als Herrn, nicht durch das Tun. Im Neuen Testament zeigt sich folgendes Bild: Wenn es um die Annahme bei Gott geht, heisst es: ?Aus Gnade seid ihr durch den Glauben gerettet? (Eph 2,8). Wenn es darum geht, was Gott aus dem Leben derer machen will, die sein Heil empfangen haben, heisst es: ?Seine Geschöpfe sind wir, in Jesus Christus dazu geschaffen, in unserem Leben die guten Werke zu tun, die Gott für uns im voraus bereitet hat? (Eph 2,10).

Der Glaube an Jesus Christus, den Sohn Gottes, setzt Menschen frei, das tun zu können, was sie tun sollen. Christliche Freiheit ist kein Freipass, sondern die Freiheit aus der Sklaverei der zerstörerischen Selbstbezogenheit, um Gottes Willen tun zu können. Der Glaube drängt zur Tat; in der Liebe zu Gott und zum Nächsten erweist er seine Lebendigkeit. Gott macht uns für die Ursachen der gesellschaftlichen Missstände nicht verantwortlich, denn die meisten sind nicht die direkte Folge unserer Taten. Wir sind gefangen in einem grösseren Zusammenhang sündiger Strukturen. Doch wir laden Schuld auf uns, wenn wir das Fortbestehen der Missstände hinnehmen und nichts dagegen tun.

Doch was können wir konkret tun?

Ich möchte ein paar Gedanken skizzieren: Das wichtigste ist, dass wir beginnen – auch wenn es der berühmte Tropfen auf den heissen Stein ist! Am besten beginnen wir mit der Liebe. Liebe, Liebe, Liebe! Man muss kein Experte sein um zu lieben. Die Liebe ist durch den Heiligen Geist in unsere Herzen ausgegossen (Röm 5,5).

Wir haben auch eine politische Verantwortung. Salz und Licht sein heisst in unserer Zeit, auch am politischen Prozess teilzunehmen. Nichts tun heisst, die Dinge zu akzeptieren wie sie sind. Deshalb können wir Wahlen und Abstimmungen nicht ?den anderen? überlassen. Wenn sich unser Demokratieverständnis darauf beschränkt, zwischen 25 Zahnpastamarken im Supermarkt zu unterscheiden, müssen wir uns fragen, ob wir begriffen haben, wozu Jesus uns berufen hat.

Wir müssen auch kritisch uns selbst gegenüber sein und unseren Lebensstil hinterfragen. Sofern wir uns als überzeugte Christen verstehen ? spricht beispielsweise unser Konsumverhalten für unseren Glauben? Schwimmen wir mit oder sind wir eine Alternative? Wenn wir weniger unkritisch konsumieren würden, würde das die Marktordung verändern. Den Marktstrategen und Werbefachleuten würden graue Haare wachsen, denn sie fürchten nichts so sehr, als dass die Leute aufhören, sich von ihren hirnverbrannten Werbefeldzügen beeinflussen zu lassen. Stellen wir uns vor: Bei der Werbung schalten die Menschen einfach ab! Sollen die mit ihren Banalitäten doch wuchern ? uns kann es einerlei sein! Das würde etwas in Bewegung setzen. Die Frage ist: Wer macht den Anfang?


Photo by Jannis Edelmann on Unsplash

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