Mit der Steuerangst kriegt man jeden rum…

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Das Resultat der Abstimmung zur Gesundheitsinitiative vom 18. Mai 2003 ist geradezu ein Musterbeispiel, wie die Wirtschaft und die Vermögenden das Stimmvolk dazu bringen können, gegen die eigenen Interessen zu stimmen (und wiederholt das Phänomen der Abstimmung über die Kapitalgewinnsteuer im Herbst 2001). Vor halbem Jahr gaben noch etwa zwei Drittel der StimmbürgerInnen in Umfragen an, für die Gesundheitsinitiative stimmen zu wollen. An der Urne waren’s dann plötzlich noch 27%. Was ist passiert?

Alle Berechnungen haben klar gezeigt, dass die grosse Mehrheit der Bevölkerung nach Annahme der Initiative weniger für die Gesundheit bezahlen müsste, auch bei Einbezug der zusätzlichen Mehrwertsteuer. Mit Millionenkampagnen haben die Gegner aber seit Monaten den Stimmbürgern erfolgreich eingeimpft, sie müssten schlussendlich mehr bezahlen, ohne dies belegen zu können. Vor allem wurde behauptet, der Mittelstand würde massiv mehr belastet, was eigentlich absoluter Nonsens ist, wie alle Berechnungen (die auch die Mehrwertsteuer einschlossen) zeigten. Gerade Mittelstandsfamilien hätten am Meisten profitiert, denn sie erhalten heute keine Prämienvergünstigungen. Aber es stellten sich zwei Phänomene ein:

– Nach soziologischen Untersuchungen zählen sich auch Haushalte mit bis zu 300’000 Franken Jahreseinkommen zum Mittelstand, obwohl sie längst zu den „oberen 10 %“ gehören. Diese meinen dann sich selber, wenn sie verkünden, der Mittelstand müsse mehr bezahlen. Der durchschnittliche Haushalt verdient aber heute zwischen 80 und 90’000 Franken pro Jahr.

– Die Steuerangst: von der SVP in den letzten Jahren geschürt, hat die Steuerphobie massiv zugenommen. Wenn Gegner einer Initiative das Argument Steuererhöhung ins Spiel bringt, dann haben sie gewonnen… Dahinter verbirgt sich die Angst vor Verlust des eigenen Gutes.

Gehen wir falsch, wenn wir folgende Fazite aus der Abstimmung ziehen?

– Wer lauter schreit, der wird gehört. Gehirnwäsche funktioniert auch hierzulande…

– Die Wirtschaft und die Wohlhabenden beherrschen die Demokratie. Sie haben immer ein Mehrfaches der Mittel zur Verfügung, um ihre Standpunkte in der Öffentlichkeit darzustellen, als ihre Gegner. Seit den neunziger Jahren hat die Wirtschaft praktisch keine Abstimmung mehr verloren. Sind wir Schweizer Wirtschaftshörig?

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