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Bund und Kantone sparen seit Jahren, Schulklassen werden vergrössert, Spitäler geschlossen und der öffentliche Verkehr abgebaut. Der Tenor lautet, „Wir haben halt nicht mehr“, obwohl die Schweiz immer reicher ist. Doch wegen den Steuersenkungen der letzten 20 Jahre fehlen Milliarden in den Kassen. Der Mangel an Steuereinnahmen ist keine Fatalität, sondern wird bewusst in Kauf genommen. Sind wir immer weniger bereit, Steuern zu zahlen? Als Rechtfertigungsideologien dienen Vorurteile gegen den „verschwenderischen Staat“ und „faule Sozialhilfebezüger“. Dies führt gar soweit, dass wir jeglichen Steuerabbau befürworten, „damit der Staat sparen muss“. Wenn dann nichts mehr anderes übrig bleibt als gar Bildung und Gesundheit abzubauen, dann wird dies als „schmerzhaftes, aber nötiges Opfer“ beklagt. Eigentlich eine absurde Situation. Der weitere Abbau ist deshalb vorprogrammiert. Was wir brauchen ist eine biblische Umkehr zum Teilen, wenn wir unsere Zukunft und Lebensqualität erhalten wollen.

Die Budgetkrisen

Seit Jahren schnüren Bund und Kantone ein Sparpaket nach dem anderen. „Wir haben halt nicht mehr“, lautet der Tenor. Defizite und Schulden beherrschen die Diskussion. In der öffentlichen Diskussion werden die steigenden Ausgaben und mangelndes Wirtschaftswachstum als Ursachen angesehen. Tatsächlich sind die Sozialausgaben gestiegen, weil ein grösserer Teil der Bevölkerung in Not geraten ist:

  • die AHV reicht noch heute nicht zum Leben, weswegen immer mehr alte Menschen die Ergänzungsleistungen der Kantone beanspruchen müssen 1
  • Immer mehr Menschen werden langfristig aus dem Arbeitsmarkt hinausgedrängt und landen in der Sozialhilfe. Heute sind rund eine halbe Million Menschen in der Arbeitslosenkasse, in der IV oder der Sozialhilfe 2 registriert. Dem stehen gut per September 2015 gut 11’000 gemeldete offene Stellen gegenüber.
  • Wegen steigenden Mieten auf Grund von Spekulation und Marktversagen sind mehr Menschen auf Wohnbeihilfen angewiesen.  3

Steigende Ausgaben haben also wenig mit Verschwendung, sondern mit grösseren Problemen zu tun. Einzelbeispiele für Verschwendung werden trotzdem gerne verallgemeinert. Tatsächlich ist die Ausländerquote in der Sozialhilfe besonders hoch. Statt deren schlechtere Bildung zu sehen geben werden schnell Vorurteile gegen die „faulen Ausländer“ wach. Doch wer hätte ihnen einen Job?

Im Übrigen ist die im Vergleich zu den anderen OECD-Ländern tiefe Schweizer Staatsquote ist auch nicht gestiegen 4.

Wirtschaftskrisen können auch nur teilweise angeführt werden, denn es muss immer damit gerechnet werden. Man weiss also, dass in gewissen Jahren mehr Mittel benötigt werden und sollte genügend vorsorgen.

Die Steuersenkungen

Der Hauptgrund für die Defizite liegt aber anderswo, ist aber leider mit einem Tabu belegt: Die Steuersenkungen der letzten 20 Jahre haben Bund und Kantone um Milliarden gebracht:

  • Alleine der Kanton Genf verliert auf Grund der Steuersenkungen seit 1998 heute pro Jahr rund eine Milliarde Franken an Einnahmen 5
  • Der Kanton Baselland verliert jährlich 180 Millionen Franken 6.
  • Auf Grund der Unternehmenssteuerreform II verlieren Bund und Kantone pro Jahr zwischen einer halben und einer ganzen Milliarde Franken pro Jahr 7, obwohl bei der Volksabstimmung nur von 60 Millionen Franken die Rede war.

Die Situation sieht in vielen Kantonen ähnlich aus. Dennoch glauben viele SchweizerInnen, die Steuern würden ständig steigen. Tatsächlich sind zur Teilkompensation der Einnahmenausfälle die Gebühren angehoben worden. Dies hat heute zur Folge, dass viele Menschen mit steigenden Gebühren konfrontiert sind und vor Allem diese sehen. Es handelt sich also um eine Umverteilung von unten nach oben: Nach einer Studie der eidgenössischen Steuerverwaltung vom 2004 haben die reichsten 20% der Bevölkerung zwischen 1991 und 2001 4300 Franken pro Jahr an Steuern gespart und die ärmsten 20 % 650 Franken mehr bezahlt. Die Tendenz ging seither unvermindert so weiter, sodass heute in der Schweiz insgesamt eine Flat Tax herrscht! 8 Trotzdem wird noch immer, bzw. von gut verdienenden Personen über die „hohe Steuerbelastung“ geklagt.  Dies obwohl nach den Einkommenssteigerungen und Steuersenkungen für diese Schichten nach Steuern viel mehr übrig bleibt als früher.

Sparopfer

Bei Abstimmungen um Steuersenkungen wird nie offengelegt, welche Opfer danach gebracht werden sollen. Meist wird auch nicht gleich sofort gespart, sondern erst wenn sich beim nächsten konjunkturellen Abschwung auch grössere Defizite ergeben. Doch die werden dann nicht mehr mit dem Steuerabbau in Verbindung gebracht.

Die Folgen des Abbaus sind aber gravierend:

  • Spitäler werden geschlossen 9 und Personal ausgedünnt (GE), der Stress nimmt zu. In der Folge wird die Betreuung der Patienten schlechter und auch die „Kunstfehler“. Wer kann weicht auf Zusatzversicherungen und Privatspitäler aus. Eine Zweiklassenmedizin ist die Folge.
  • Massiver Abbau bei der Schulbildung 10, was die berufliche Zukunft unserer Kinder und die wirtschaftliche Entwicklung in Frage stellt. Die grösseren Klassen überfordern die Lehrer, schwächere Schüler verlieren damit den Anschluss in der Schule und damit nachher auch in der Berufswelt. Dies erhöht nachweislich die Kriminalität. Wir bezahlen also langfristig so oder so… 11
  • Stütz- und Berufswahlklassen werden abgebaut (GE), wie auch die Berufsberatungsangebote (LU).
  • Wohnbauhilfe für Genossenschaften wird abgebaut, was die Wohnungsknappheit steigert und damit wiederum die Mieten steigert.
  • Abbau bei der Durchsetzung des Arbeitsgesetzes und der flankierenden Massnahmen zu den Bilateralen Verträgen (BL): Die Löhne sinken.
  • Der öffentliche Verkehr wird verteuert (SBB und Kantone) und somit ein Umsteigeeffekt aufs Auto provoziert. Dies torpediert die Bemühungen zum Bremsen der Klimaerwärmung.
  • Die Beiträge an eine naturnahe Landwirtschaft werden abgebaut und damit die industrielle Grosslandwirtschaft gefördert.
  • Entwicklungshilfebeiträge 12 und Friedensförderung werden gekürzt, und damit die Migration gefördert.
  • Steigende Krankenkassen-Kopfprämien sorgen dafür, dass der Bund höhere Beihilfen zahlen muss. Eigentlich wären heute auch mehr Menschen auf Prämienverbilligung angewiesen, aber viele Kantone haben in Sparprogrammen im 2014 im Gegenteil gar 124’000 Menschen keine Verbilligung mehr bezahlt… 13

Können wir nicht oder wollen wir nicht?

Wir meinen, wir hätten kein Geld mehr zur Förderung der uns eigentlich wichtigen anliegen. Doch die Schweiz ist eines der reichsten Länder der Welt. Was würde nun ein Afrikaner sagen, wenn wir ihm erklären, wir hätten kein Geld mehr für Spitäler und Schulen? Eine verkehrte Welt. Angesichts der Steuersenkungen ist es also klar nicht ein „nicht können“, sondern ein „nicht wollen“!

Steuererhöhungen bzw. eigentlich eine teilweise Rücknahme der Steuersenkungen müssen wieder zum Thema werden. Sonst droht weiterhin ständiger Abbau der gemeinschaftlichen Leistungen. Wollen wir das?

Vorurteile und Ängste führen zur Ideologie des Sparens

Leider herrscht das Vorurteil, Staatsangestellte verdienten sowieso zu viel und leisten zu wenig, da könne man noch viel sparen. Doch eigentlich sollten wir doch dafür sorgen, dass Familien mit einem Lohn leben können, und dass der Stress nicht zu noch mehr Burnouts führt 14. Demokratisch können und sollten wir festlegen, welche Arbeitsbedingungen wir als gerecht und gesund ansehen und diese so festsetzen, damit sie zum Standard für die ganze Arbeitswelt werden. Eine Verschlechterung dieser Arbeitsbedingungen führt langfristig auch zu einer Verschlechterung der Bedingungen in der Privatwirtschaft, da diese in der Konkurrenz um Arbeitnehmer nicht mehr genauso gute Bedingungen anbieten muss.

Der Spardruck bei Sozialversicherungen beruht zum Teil auch auf Vorurteilen gegen IV- und Sozialhilfebezüger. Es wird ihnen nachgesagt, dass sie bei genügenden Renten gar kein Anreiz zum Arbeiten hätten. Wenn man sieht, wie viele Betroffene darunter leiden und wie klein die Chance auf eine Stelle ist (bei 11’000 freien Stellen auf 500’000 betroffenen Menschen), so sind solche Vorurteile unangebracht.

Manchmal werden Staatsausgaben, deren Sinn dem Einzelnen nicht bekannt ist, einfach „Verschwendung“ genannt. Ein gutes Beispiel dafür ist die Suchtprävention, dessen Nutzen klar nachgewiesen ist 15, was aber nicht auf den ersten Blick ersichtlich ist. Der Glaube an Verschwendung führt zur absurden Situation, dass Zeitungen gar davon sprechen, dass man dem Staat noch mehr Mittel wegnehmen sollte, damit er endlich spart. Denn jeder Steuerzahler hat aber Bereiche identifiziert, die seiner Ansicht nach nicht nötig wären. Also ist da „noch Luft“ zum Sparen. Jeder kämpft also gegen die Bedürfnisse der Nächsten. Schlussendlich muss überall gespart werden, auch und mehr und mehr in essentiellen Bereichen. Denn „Fett“ gibt es keines mehr.

Solche Rechtfertigungen werden gerne geglaubt, damit wir nicht mehr Steuern zahlen müssen. Steuern zahlen ist derart unpopulär, dass der Nationalrat im Rahmen des Sparpaketes gar beschlossen hat, auf eine Aufstockung der Steuerinspektoren gegen die Steuerhinterziehung und damit auf mehr Steuereinnahmen zu verzichten. Es ist also nicht Schicksal, dass die Kassen leer sind, sondern es ist auch gewollt.

Die Ideologie des Sparens und die Vorurteile sind derart tief in uns drin, dass selbst Leute, die wenig verdienen und keine Steuern zahlen sich dafür einsetzen, dass radikal gespart wird. Oft merken sie dann gar nicht, dass ihre eigenen Wohn- und Krankenkassenbeihilfen gekürzt werden… Vielleicht haben wir auch Angst vor „dem Staat“, der in unsere immer grösseren Handlungsmöglichkeiten eingreifen könnte und den wir deshalb klein halten wollen.

Umkehr – Biblisches Teilen ist gefragt

Eine Steuerwende ist nötig, wenn wir eine gerechte Gesellschaft und Lebensqualität erhalten wollen. Denn die Budgetprobleme sind nicht eine Fatalität, sondern mit unserem Unwillen zum Teilen bewusst in Kauf genommen. Es wäre für alle besser, Rechtfertigungsideologien wie die  „Verschwendung des Staates“ zu entlarven und wieder mehr zu teilen. Denn die Schweiz wird reicher und reicher. Die Mittel, um Lebensqualität und Zukunft für alle zu schaffen, wären da. Geben wir sie uns! Warum sollten wir Bereiche, die uns wichtig sind, nicht mehr fördern können? Fragen wir uns deshalb zuallererst, welche Gesellschaft wir wollen.

Im Grunde ist die Steuerkrise auch eine Gemeinschaftskrise:

  • Unsere vermeintlich immer grösseren Handlungsmöglichkeiten (weltweite Vernetzung, Wissen durch Internet, bessere Bildung, etc.) verleiten uns dazu, zu glauben, dass wir die Nächsten nicht mehr brauchen. Deshalb stellen wir schlussendlich auch die gemeinsamen Institutionen in Frage.
  • Wir wollen mehr für uns behalten als für die Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen
  • Wir kennen vielleicht kaum mehr persönlich bedürftige Leute und haben deshalb auch weniger Verständnis für ihre Bedürfnisse.

Eine Teilrücknahme der Steuersenkungen ist deshalb nötig und für alle zu verkraften. Früher ging’s ja auch! Eine Angst ist freilich, dass bei einer Steuererhöhung die Reichen wegziehen bzw. dann weniger Reiche zu uns kommen würden. Aber: wollen wir wirklich noch mehr Reiche auf Kosten anderer Kantone oder Länder anziehen? Zweitens bräuchte es hier eine Neuauflage der Steuergerechtigkeitsinitiative, die dafür sorgen würde, dass in allen Kantonen der höchste Steuersatz nicht unter einen bestimmten Prozentsatz sinken darf, um ein „race to the bottom“ zu verhindern. Leider wurde diese Initiative vor einigen Jahren vom Volk abgelehnt, obwohl es in Umfragen vorher klar dafür war. In der Abstimmungskampagne wurde dem Volk aber Angst eingejagt, dass alle mehr Steuern zahlen müssten, wenn die Initiative angenommen würde. Um eine Neuauflage kommen wir heute nicht mehr herum.


1. Siehe watson

2. Siehe BSV und SECO

3. Siehe Statistik Basel

4. Siehe Wikipedia Staatsquote

5. Siehe Cartel syndical Genève

6. Siehe Baselland.ch

7. Siehe 20 Minuten

8. Siehe „Verteilung des Wohlstands in der Schweiz„, Studie Ecoplan vom 29.2.2004 im Auftrag der eidgenössichen Steuerverwaltung

9. Siehe swissinfo -> Was heisst: womöglich gefährlich längerer Weg ins nächste Spital und Isolation der Patienten, die weniger Besuch erhalten (Jesus in Matthäus 25.36: Ich war krank, und ihr habt mich besucht).

10. Siehe 20 Minuten

11. Siehe Risiken burgerlicher Politik

12. Siehe watson

13. Siehe Thurgauerzeitung und NZZ

14. Gerade Sozialarbeiter, Krankenpfleger, Lehrer und Polizisten und haben heute die höchsten Burnout-Quoten

15. Siehe BAG

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Die Kantone haben ihre Erbschaftssteuern für direkte Nachkommen reihum abgeschafft.

Dies geschah unter dem Druck des ungesunden Steuerwettbewerbs um die Reichsten. Trotz immer höherer Vermögen haben die Kantone immer weniger eingenommen. Waren es 1999 noch 1,5 Milliarden Franken, sank diese Zahl 2010 auf noch 974 Millionen.

Die letzten 20 Jahre waren geprägt von einem stetigen Steuerabbau.

Einkommenssteuern, Vermögenssteuern, Erbschaftssteuern, Dividendenbesteuerung, etc. Bereits im Jahr 2001 bezahlten die ärmsten 20 Prozent etwa 23 Prozent ihres Einkommens für Steuern und Abgaben, die reichsten 20 Prozent nur wenig mehr, etwa 24,5 Prozent. Da viele kantonale Steuersenkungen erst seither in Kraft getreten sind, ist davon auszugehen, dass die «Flat Tax» (gleicher Steuersatz für Arm und Reich) insgesamt heute schon Realität ist.

Diese Steuersenkungen haben zu einer Steuerkrise geführt.

In den letzten Jahren beschnitten praktisch alle Kantone die Grundversorgung wie Bildung, Spitäler, etc. Gerade die Bildung ist das eigentliche Lebenskapital für ärmere Menschen. Wenn sie nicht mehr gewährleistet ist, ist die Chancengleichheit für mehr und mehr Arme nicht mehr gewährleistet.

Die Schere zwischen Arm und Reich klafft immer stärker auseinander.

Grosse Vermögen, die von Generation zu Generation gehen, sind auch in der Schweiz einer der Hauptfaktoren für die Konzentration des Wohlstands: Zwischen 1980 und 2010 ist der Anteil der reichsten 0,1 Prozent der Bevölkerung am gesamten Volksvermögen von 14 Prozent auf 21,5 Prozent gestiegen1 . Die Schweiz hat denn (nach den USA) auch die höchste Vermögenskonzentration aller OECD-Länder2 . Die ärmsten 25 Prozent mussten zwischen 2003 und 2010 eine Einbusse beim realen Einkommen hinnehmen3 –trotz immer grösserem Arbeitsdruck und grösserer Produktivität.

Die biblische Forderung, Vermögen nicht anzuhäufen und Reichtum umzuverteilen, wird in unserer Gesellschaft heute nur sehr beschränkt befolgt.

Geld und Macht in den Händen weniger Reicher schaden der Demokratie. Denn nur die Reichsten können sich auf die Dauer ein teures Politikmarketing leisten (Parteien, Wahl- und Abstimmungskämpfe, Medien Think Tanks, Abhängigkeit der Körperschaften von ihren Steuern). So ist die Möglichkeit der weniger Wohlhabenden bedroht, sich eine Meinung zu bilden, diese kundzutun und auch Gehör zu finden. Durch die Möglichkeit, Einkommen und Vermögen fast unbeschränkt zu akkumulieren entstehen starke Abhängigkeiten (Konkurrenz unter den Kantonen um Steuern der Reichen) bis zu Ungleichheiten vor dem Gesetz.

Wir brauchen etwas wie ein biblisches Jubeljahr.4

So erhalten wieder alle die gleichen Chancen und Abhängigkeiten werden aufgehoben. Beim Jubeljahr wurde alle 50 Jahre Land, das aus Not verkauft wurde, wieder an die ursprünglichen Besitzfamilien zurückgegeben. Somit wurden Akkumulation verhindert, Abhängigkeiten gebrochen, und die Armen hatten wieder gleiche Lebenschancen. Heute besteht das Startkapital der armen Bevölkerung aus der Bildung. Deshalb ist es dringend nötig, dass die Kantone mehr finanzielle Mittel erhalten, damit die Chancengleichheit erhalten wird. Dazu leistet die Erbschaftssteuer einen Beitrag.

Unter den alten Menschen ist Armut verbreitet.

Dies wird oft übersehen, weil die Reichsten meist auch in dieser Alterskategorie sind und damit den Einkommens- und Vermögensdurchschnitt stark nach oben ziehen. Die AHV ist nicht existenzsichernd, trotz Verfassungsauftrag! In Zukunft droht sie wegen der Alterung der Bevölkerung gar noch abgebaut zu werden. Auf der anderen Seite wirken steigende AHV-Beiträge wie eine «Flat Tax» und belasten die unteren Einkommen stark. Die AHV setzt eigentlich den biblischen Solidaritätsgedanken um, indem die jüngeren Erwerbstätigen direkt mit den Rentnern solidarisch sind. Dazu sind aber neue Einnahmequellen wie die Erbschaftssteuer nötig.

Die Erbschaftssteuer ist die gerechteste Steuer.

Der Empfänger einer Erbschaft hat nichts dafür geleistet. Im Gegensatz dazu müssen heute Löhne aus harter Arbeit versteuert werden. Ungerecht! Die Erbschaftssteuer ermöglicht es, familiengebundene Vermögen wieder der Allgemeinheit zukommen zu lassen, und trägt so zu einer gerechteren Verteilung des Reichtums bei.

Ein hoher Freibetrag von 2 Millionen Franken auf der Erbmasse sorgt dafür, dass nur 2 bis 3 Prozent aller Erbschaften in unserem Land betroffen sind. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und Bauernbetriebe erhalten Ermässigungen, die ihnen das Überleben sichern.

 


1. Schweizerischer Gewerkschaftsbund: SGB-Verteilungsbericht 2015 – Eine Analyse der Lohn-, Einkommens- und Vermögensverteilung in der Schweiz. Dossier Nr. 107. 2015. verteilungsbericht.ch.

2. Credit Suisse: Global Wealth Report 2014. Zürich, 2014, Tabelle 1, S. 30. publications.credit-suisse.com/tasks/render/file/?fileID=60931FDE-A2D2-F568-B041B58C5EA591A4.

3. Vgl. «Verteilung des Wohlstands in der Schweiz.» Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats 10.4046 von Jacqueline Fehr vom 07.12.2010, August 2014.

4. Vgl. 3. Mose 25,8-31; mehr dazu: Lukas Amstutz, «Das Jubeljahr in Bibel und Theologie», in Die Schweiz, Gott und das Geld, ChristNet/StopArmut, 2013. christnet.ch/de/content/17-das-jubeljahr-bibel-und-theologie.

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Staat und Steuern in der Bibel

Der moderne Staat des 21. Jahrhunderts und die Staatsformen, von denen die Bibel berichtet, sind nur schwer zu vergleichen. Der technische Fortschritt und die Mobilität von heute machen eine kollektive Organisation möglich, an die damals – vor allem in der Zeit zwischen 1000 vor Christus und der Eroberung Palästinas durch das Römische Reich im Jahre 63 vor Christus – nicht zu denken war. Entscheidender als der Staat waren Sippe und Familie.

Gesetze und kollektive Organisation gab es indes schon zu biblischer Zeit. Im Alten Testament wird anerkannt, dass gewisse Aufgaben kollektiv gelöst werden sollen. Dazu zählen neben der religiösen Organisation auch die Gesetzgebung, der Strassenbau oder die Sicherheit. Ebenso gehört ein gewisser Grad an Umverteilung in den Kanon der alttestamentarischen Gesetzlichkeit. Davon lesen wir ab dem Buch Mose, noch mehr in den Büchern Könige.

Im Neuen Testament bejaht Jesus den Staat als notwendige Realität, verzichtet aber auf die Präzisierungen hinsichtlich der Staatsform.

Herausforderung Armut

Einen breiten Raum nimmt in der Bibel das Thema der Solidarität ein. Zentral ist der Begriff der Armen. Zwar gibt es Stellen, an denen Armut mit Selbstverschulden in Verbindung gebracht wird. Sie sind allerdings rar und befinden sich nur im Buch der Sprüche und in der Aussage im Neuen Testament, dass, wer nicht arbeiten wolle, auch nicht essen soll. Ansonsten wird Armut als gesellschaftliches Übel beschrieben, das mit sozialer Benachteiligung oder Unterdrückung einhergeht.

Das Alte und das Neue Testament sind voller Aufrufe, die Armen zu schützen – physisch und rechtlich – und mit ihnen zu teilen. Beispielsweise lesen wir in 5. Mose 15,7-11, wir sollten «dem Armen die Hand grosszügig öffnen». Und in Sprüche 21,13 heisst es: «Wer Ohren verstopft vor dem Hilfeschrei der Geringen, der wird einst rufen und keine Antwort erhalten.» Jesus erklärt den Jüngern auch, nach welchem Massstab sie einst gerichtet werden: «Ich war hungrig, und ihr habt mir zu Essen gegeben» (Mat. 25,45).

Steuerliche Eingriffe des Staates

Die Bibel empfiehlt zur Linderung und Bekämpfung von Armut das persönliche Engagement in Form von Almosen. Darüber hinaus kennt sie aber auch Formen gesetzlich geregelter Umverteilung:

  • Alle drei Jahre diente der Zehnte nicht nur der Bezahlung der Leviten, sondern auch der Armutslinderung (5. Mose 14,28-29).
  • Die Nachlese nach der Ernte war den Armen vorbehalten (3. Mose 19,10).
  • Alle sieben Jahre blieb ein Feld unbestellt. Die Frucht gehörte den Armen (2. Mose 23,11).
  • Alle sieben Jahre wurden die Schulden erlassen, «damit kein Armer unter Euch sei» (5. Mose 14,4).
  • Von den Angehörigen des eigenen Volkes durften keine Zinsen verlangt werden (z.B. 2. Mose 22,24).
  • Jubeljahr: Die Bibel fordert dazu auf, alle 50 Jahre Land, das in Not verkauft werden musste, an die ursprünglichen Besitzer zurück zu geben. Dank diesem so genannten Hall oder Jubeljahr sollte die gleichmässige Landverteilung – bei der Eroberung Kanaans hatte ursprünglich jede Familie ein Stück Land erhalten – aufrecht erhalten bleiben. Landlosigkeit war in der Subsistenzwirtschaft im letzten Jahrtausend vor Christus der erste Schritt in die Armut. Die periodischen «Landreformen» des Jubeljahrs diente dazu, Betroffenen einen Neustart zu ermöglichen und struktureller Ungerechtigkeit vorzubeugen (3. Mose 25,8-31).

Nächstenliebe und Solidarität

Im Neuen Testament ist die zentrale Botschaft jene der Nächstenliebe. Praktische Hinweise, wie sie im Umgang mit Benachteiligten gemeint ist, finden wir in der Bergpredigt, im Gleichnis vom barmherzigen Samariter oder auch in der Erklärung Jesu, nach welchem Massstab die Jünger einst gerichtet werden (Matt. 25,31ff.).

Wenn Jesus die tätige Nächstenliebe des Individuums auch stärker gewichtet, bedeutet dies nicht, dass er kollektive Solidarität ablehnt. Nirgends kritisiert er staatliche Regelungen, die zum Schutz von Armen eingeführt wurden. Solidarität behält auch im Neuen Testament seine umfassende – persönliche und kollektive – Bedeutung.

Impulse für eine biblisch inspirierte Steuerpolitik

Eine Steuerpolitik, die auf biblischen Solidaritäts- und Gerechtigkeitsprinzipien basiert, kann sich an folgenden Leitlinien orientieren:

  • Gemeinschaftliche Herausforderungen: Es gibt menschliche Bedürfnisse, die am besten gemeinsam – teils nationalstaatlich, teils supranational – sichergestellt werden. Dazu gehören der Zugang zu Grundbedürfnissen wie Gesundheit, Sicherheit und Bildung oder das Bedürfnis der Bewahrung der Schöpfung und der menschlichen Lebensgrundlage. Eine ausschliessliche Erfüllung dieser Bedürfnisse über den Markt und privates Engagement des (egoistischen) homo oeconomicus ist illusorisch. Sie können diese nicht oder nicht zur grösstmöglichen Befriedigung aller befriedigen. Um die Aufgaben gemeinsam anzugehen, ist die Erhebung von Steuern nötig.
  • Höhe und Form der Steuern: Wie hoch die Steuern sein sollen, kann aus biblischer Perspektive nicht allgemeingültig gesagt werden. Die Höhe hängt vom Kontext und den Bedürfnissen ab. Grundsätzlich gilt: So wenig wie nötig, so viel wie möglich. Darum sind auch progressive Steuern angezeigt. Obwohl die Bibel lineare Steuern kennt (der Zehnte), sind auch Hinweise auf progressive Steuern vorhanden: In Markus 12,42-43 zählt für Jesus zum Beispiel die Spende der Witwe mehr als die Gaben der Reichen, die nur von ihrem Überfluss geben.
  • Reduktion der Schere zwischen Arm und Reich: Dies ist durch eine hohe Erbschaftssteuer und die Umverteilung von Einkommen möglich. Wenn die Chancengleichheit gestärkt wird und eine hohe Erbschaftssteuer erhoben wird, sind Umverteilungsmassnahmen nur noch beschränkt nötig. Dabei gilt zu bedenken, dass die Einkommensunterschiede zu biblischen Zeiten viel weniger gross waren als heute!
  • Neujustierung der Arbeitsethik: Oft ist die Sorge zu hören, zu hohe Steuern sorgten dafür, dass sich Arbeit nicht mehr lohne und Investitionen und Innovationskraft abgewürgt würden. Wenn aber nur gearbeitet wird, um viel zu verdienen, stellt sich die Frage nach der Arbeitsmotivation und –ethik. Ist es nicht gerade für Wohlhabende äusserst verdienstvoll, einen grossen Teil ihres Lohnes der Allgemeinheit zu geben statt es nur für sich selbst zu brauchen? Dies auch weil heute die Verbindung zwischen Einkommen und Leistung höchst zufällig geworden ist: Wirtschaftsführer erhalten bis zu 500 Mal mehr Lohn als eine Kassiererin in der Migros – ein massloses Verhältnis. Hier braucht es eine neue Optik: Nicht wie viel wir abgeben müssen ist entscheidend, sondern wie viel wir wirklich zum Leben brauchen.

Fazit: Kritisches Vertrauen zu Staat und Steuern

Vieles spricht vom biblischen Gesichtspunkt der Gerechtigkeit und Solidarität dafür, dem Staat die Steuern grosszügig zu überlassen. Vieles spricht auch dafür, dem Staat als Instrument der Umverteilung zwischen Arm und Reich zu trauen. Gleichwohl ist dies kein Plädoyer dafür, ihm in seiner Finanz- und Ausgabepolitik unkritisch gegenüber zu stehen. Der Staat ist stets gefordert, das ihm entgegengebrachte Vertrauen durch verantwortungsvolles Handeln zu rechtfertigen. Diese Sicht teilt auch die Bibel: «Ein König gibt durch das Recht dem Land Bestand, aber wer nur Abgaben erhebt, zerstört es.» (Sprüche 29,4)

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Genf, 20. April 2015 – Für die christliche Denkfabrik ChristNet sind Steuern auf Erbschaften gerecht, solidarisch – und biblisch begründet: Bereits das Alte Testament verlangt von Vermögenden, ihren Grundbesitz mit Bedürftigen zu teilen. Mit einer Umfrage will ChristNet die gerechteste Steuer eruieren und einen Kontrapunkt zum vorherrschenden Steuerabbau-Diskurs setzen.

Die Erbschaftssteuer, die am 14. Juni zur Abstimmung kommt, ist ein Appell an die Solidargemeinschaft Schweiz. Sie will neue Einnahmen für die AHV, das wichtigste Sozialwerk des Landes generieren, sowie die Kantone unterstützen, die das Bildungs- und Gesundheitswesen finanzieren. Beide Anliegen stehen heute unter Druck. Eine sichere AHV und eine gute Bildungs- und Gesundheitsversorgung sind aber gerade für weniger begüterte Menschen essenziell.

Bibel: Arme gesetzlich begünstigen

Bereits die Bibel appelliert an Vermögende, ihren Reichtum mit den Armen zu teilen: Ein Gesetzestext im dritten Buch Mose verfügt alle fünfzig Jahre ein so genanntes Jubel- oder Halljahr (3. Mose 25,8-31). Land, das aus Not verkauft worden war, musste demnach wieder an die ursprünglichen Besitzfamilien zurückgegeben werden. Damit erhielten Arme wieder gleiche Spiesse im Überlebenskampf. Heute besteht das Startkapital bedürftiger Bevölkerungsgruppen aus guter Bildung und Gesundheit. Die AHV ihrerseits soll die Existenzgrundlage im Alter sicherstellen – ein Verfassungsauftrag, den sie bisher nicht erfüllt.

Wie zu biblischen Zeiten sollen auch heute Vermögende eine besondere Verantwortung für das Gemeinwohl übernehmen. Vielfach zeigen sich Reiche bereits solidarisch, sie gründen Stiftungen oder Hilfswerke. Leider herrscht hierzulande aber je länger je mehr ein Rückzug ins Private vor. Der Staat, das ursprünglich umfassendste Solidarwerk, wird zunehmend beargwöhnt und so seiner besonderen Fähigkeit beraubt, Armut zu bekämpfen.

Gefährlicher Trend Steuerabbau

So sind Steuerwettbewerb und Steuerabbau die grossen Trends in der Schweizer Finanzpolitik, die den immer grösseren Vermögensunterschieden keinen Einhalt gebietet. Dies ist nicht nur eine Gefahr für den sozialen Frieden, sondern auch für die Demokratie: Denn wo sich Geld in den Händen weniger konzentriert, ballt sich auch die politische Macht. Und wo die Medien von Big Business gelenkt werden, ist die freie Meinungsbildung gefährdet.

Die Erbschaftssteuerreform schafft einen Ausgleich zwischen Reichen, die ohne eigene Leistung zu einem Vermögen gelangen, und weniger Begüterten – wie dies schon die Bibel vorsieht. Deshalb empfiehlt ChristNet die Initiative eindringlich zur Annahme.

Umfrage: Welches ist die gerechteste Steuer?

ChristNet hat eine Umfrage zur gerechtesten Steuer lanciert. Hier können alle Interessierten 1 bis 5 Punkte an verschiedene Steuerformen wie Einkommenssteuer, Vermögenssteuer, Verbrauchssteuern oder eben die Erbschaftssteuer verteilen.

Im Zwischenergebnis nach 31 eingesendeten Antworten liegt die Vermögenssteuer mit insgesamt 139 Punkten in Führung. Die Erbschaftssteuer folgt erst auf dem 5. Platz, hält aber mit 129 Punkten Kontakt zur Spitze. Als unbeliebteste Steuern gelten bisher die Mehrwertsteuer (98) und die Gebühren für Leistungen der Behörden (90), beides nicht-degressive Steuerformen, die Arme und Reiche ungleich belasten.

ChristNet hofft für den weiteren Verlauf der Umfrage auf eine Aufholjagd der Erbschaftssteuer, die sie aus den dargelegten Gründen für die fairste aller Steuern hält. Zugleich soll mit der «ultimativ-positiven Umfrage» ein grundsätzlicher Kontrapunkt zum vorherrschenden Steuerabbau-Diskurs gesetzt werden.

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«Wir zahlen immer mehr Steuern!»

Eine Studie der Eidgenössischen Steuerverwaltung von 2004 zeigt: Zwischen 1990 und 2001 wurden die reichsten 20 Prozent der Haushalte im Durchschnitt um 4300 Franken pro Jahr entlastet, die ärmsten 20 Prozent bezahlen 650 Franken mehr… Dies hängt damit zusammen, dass die Steuern zwar insgesamt sanken, die AHV-/IV-Beiträge und die leistungsabhängigen Abgaben aber gleich blieben oder anstiegen. Daraus ergibt sich faktisch eine «Flat Tax», d.h. eine Besteuerung ohne Progression.

«Die Erbschaftssteuer schröpft uns alle!»

Die Erbschaftssteuerreform betrifft nur 2 bis 3 Prozent aller Erbschaften in unserem Land. Nur diese entspringen einem Nettovermögen (nach Abzug aller Schulden wie Hypotheken oder Darlehen) von mehr als 2 Millionen Franken. Dafür sorgt der Freibetrag in der Initiative, der also etwa 97 Prozent aller Erbschaften von der Steuer befreit.

«Wir sollen nicht immer mehr die Reichen schröpfen!»

Das Gegenteil ist der Fall: Die weniger wohlhabenden Schichten werden immer stärker zur Kasse gebeten. Gleichzeitig haben hohe Einkommen in den letzten Jahren immer mehr zugenommen. Auch mit progressiven Steuern steht ihnen immer mehr zur Verfügung. Die Belastung der Reichen wird also auch mit progressiven Steuern nicht höher.

«Die Erbschaftssteuer ist eine Neidsteuer und widerspricht dem zehnten Gebot!»

Durch die immer grössere Vermögenskonzentration entstehen grosse Probleme. Genau deshalb wird im Alten Testament das Jubeljahr empfohlen, in welchem der Bodenbesitz alle 50 Jahre neu zugunsten der Landlosen verteilt werden soll. Die Erbschaftssteuer ist eine moderne Antwort darauf.

«Die Reichen zahlen ja schon die Mehrheit des Steueraufkommens!»

Dies besagt mehr über die immer grössere Kluft bei der Einkommensverteilung als über eine ungerechte Steuerbelastung.

«Die Reichen wandern ab, wenn wir die Erbschaftssteuer einführen!»

Die Reichen haben auch mit der Erbschaftssteuer noch genügend Vorteile in der Schweiz. Überdies ist die Erbschaftssteuer im Ausland oft höher.

«Aber der Reichtum ist doch ein Segen von Gott!»

Im Alten Testament erscheint Reichtum oft (aber nicht immer) als Segen Gottes. Dabei gilt zu bedenken, dass Gott segnet, damit wir den Segen weitergeben (s. Abraham; 1. Mos. 12,2). Dann hat ja Gott trotz allem das Jubeljahr eingeführt (s.o.). Ausserdem spricht Gott an vielen Bibelstellen von Umverteilung.

«Gott will doch, dass das Geld in der Familie bleibt!»

Jesus hat nicht die Sippe zur Grundlage seines Engagements gemacht und sich vielmehr von den Ansprüchen seiner Familie distanziert. Die Anhäufung der grossen Familienvermögen schafft erst die genannten Probleme und rechtfertigt bei Weitem eine Umverteilung, wie sie die AHV-Erbschaftssteuerreform will.

«Der Wert der Familie geht vor!»

Wenn wir Familien fördern wollen, müssen wir dafür sorgen, dass Familie möglich ist. Das heisst auch armen Familien helfen. Die Kantone brauchen dazu genügend Mittel! Heute bauen sie entsprechende Hilfsleistungen eher ab, so etwa Krankenkassen-Vergünstigungen etc.! Deshalb ist die Erbschaftssteuer nötig.

«Eine Erbschaft hilft, die Existenz der Kinder zu sichern!»

Wegen der Alterung wird ab 2020 nur noch ein Drittel der Erbschaften an Kinder unter 50 Jahren ausgeschüttet werden. Ausserdem geht es bei der Initiative um Erbschaften mit sehr hohen Beträgen. Wer mehr als 2 Millionen vererben kann, dessen Kinder brauchen kaum um ihre Existenz zu fürchten.

«Erbschaften werden doch bereits als Einkommen und Vermögen versteuert!»

Das Doppelbesteuerungs-Argument zieht nicht. Geld, das im Umlauf ist, wird immer mehrmals versteuert: Zuerst der Lohn; dann die Einkäufe (Mehrwertsteuer); der Ladenbesitzer seinen Gewinn und seinen Lohn usw.

Zudem stammen vor allem grosse Vermögen keinesfalls nur aus Einkommen, sondern zum grossen Teil auch aus früheren Erbschaften, Wertzuwachs von Immobilien, steuerfreien Kapitalgewinnen und steuerfreien Spekulationen.

Erbschaften fallen an, ohne dass dafür etwas geleistet werden muss. Deshalb ist es nur gerecht, sie zu besteuern.

Überdies sind die Vermögenssteuern in der Regel minimal!

«Die Erbschaftssteuer bedroht KMUs und Bauernbetriebe und zerstört viele Arbeitsplätze!»

Im Initiativtext heisst es klar: «Gehören Unternehmen oder Landwirtschaftsbetriebe zum Nachlass oder zur Schenkung und werden sie von den Erben, Erbinnen oder Beschenkten mindestens zehn Jahre weitergeführt, so gelten für die Besteuerung besondere Ermässigungen, damit ihr Weiterbestand nicht gefährdet wird und die Arbeitsplätze erhalten bleiben.»

Die bürgerliche Mehrheit wird im Falle einer Annahme der Initiative dafür sorgen, dass Familienunternehmen nicht zu hoch belastet werden (z.B. mit 5 % statt 20 %) und einem hohen Freibetrag (z.B. CHF 50 Mio.). Zudem ist es in der Wirtschaftswissenschaft unbestritten, dass mehr Umverteilung mehr Arbeitsplätze schafft. Wenn Arme mehr Geld erhalten, geben sie es nämlich für das Nötigste wieder aus, anstatt zu sparen wie dies die Reichen tun…

«Der Staat soll nicht noch mehr einnehmen!»

Wer ist denn der Staat? Wir selber!

Dazu kommt: Fett gibt es keines mehr abzuschneiden. Bereits heute wird bei Essentiellem gekürzt, bei Gesundheit und Bildung.

«Jeder kann doch selber fürs Alter sparen!»

Leider trifft dies nicht zu. Mit einem Lohn von 3000 Franken pro Monat gibt es kaum Sparmöglichkeiten!

«Die Alten sind heute doch reicher als früher!»

Im Durchschnitt schon, aber nur, weil die Zahl der superreichen Senioren zugenommen hat. Heute liegen gigantische Vermögen bei einzelnen Familien.

«Die Kantone werden entmachtet!»

Der Steuerwettbewerb unter den Kantonen hat zu einem Steuersenkungs-Rennen geführt, zum Schaden aller. Bei einem gemeinsamen Vorgehen mit der Erbschaftssteuer gewinnen alle!

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ChristNet ruft zur Annahme der Volksinitiative «Abschaffung der Pauschalbesteuerung» am 30. November 2014 auf. Dies in der logischen Folge unseres Buches «Die Schweiz, Gott und das Geld» (2013).

Gerechtigkeit bringt Segen für alle

Am 30. November stimmen wir über die Abschaffung der Pauschalbesteuerung ab. Umfragen zur Folge wäre die Initiative sechs Wochen vor der Abstimmung angenommen worden. Doch nun hat eine Gegenkampagne eingesetzt, die uns Angst machen will: Gegner behaupten, bei einer Annahme würden alle Pauschalbesteuerten wegziehen. Dass dies unwahr ist, zeigt das Beispiel des Kantons Zürich: Nach der Abschaffung dieser steuerlichen Ungleichbehandlung im Jahr 2009 zog nur die Hälfte der betroffenen Personen weg, und dank den Mehreinnahmen von den verbliebenen Personen resultierte nicht einmal ein Verlust1 .

Lässt sich die Schweizer Bevölkerung ein weiteres Mal Angst vor Steuererhöhungen einjagen und damit in die Irre führen? Die Gegenkampagne jedenfalls ist geschickt aufgebaut, denn sie versucht, mit den Begriffen «Mittelstand» und «KMU» uns alle zu Betroffenen zu machen. Und in vergangenen Abstimmungen konnte die Stimmung durch finanzkräftige Kampagnen, die uns Angst vor Arbeitsplatzverlust und Steuern machten, immer noch umgekehrt werden2 . Warum aber lassen wir uns derart beeinflussen? Haben wir so sehr Angst, Mangel zu leiden, dass wir uns dieser Logik des Mammon unterwerfen?

«Wir-Syndrom» oder Gemeinwohl?

Tatsächlich dominiert in der aktuellen Kampagne eine Art «Wir-Syndrom». Die Richtschnur unseres Handelns ist, ob wir als Schweiz finanziell gewinnen oder verlieren. Wir unterwerfen uns damit der Logik des Mammon: «Liebes Geld, bitte, bleib bei uns!» So sind wir sogar bereit, die Gleichheit vor dem (Steuer-) Recht zu beugen.Nun will aber der internationale Steuerwettbewerb, dass andere Länder und ihre Einwohner, die genauso unsere Nächsten sind, verlieren, was wir dabei gewinnen. Diese Menschen brauchen nämlich genauso Steuereinnahmen und Arbeitsplätze wie wir. Vor Gott sind sie gleich viel wert wie wir.

Genauer gesehen ist diese Jagd auf Reiche ja nicht einmal ein Null-, sondern ein Negativsummenspiel: Wenn ein grosser Teil der Pauschalbesteuerten bei uns viel weniger zahlt als in ihren Herkunftsländern, dann verlieren die Bevölkerungen insgesamt grosse Summen an Steuereinnahmen. Bereits heute werden mangels Steuereinnahmen Spitäler geschlossen, der umweltschonende öffentliche Verkehr eingeschränkt und Schulklassen vergrössert. Mit dem aktuellen System verlieren also alle. Das «Wir-Syndrom» und die Unterwerfung unter Mammon schaden der Bevölkerung mehr als sie nützen.

Gott weiss, was es braucht, damit es uns allen gut geht. Es ist deshalb kein Wunder, dass die Bibel uns auffordert, nicht nur an unser eigenes, sondern auch ans Wohl des Nächsten zu denken.3  Damit ist auch das Gesamtwohl gemeint, und dieses geht weiter als bis zur Landesgrenze. Doch die Angst vor Mangel und vor der internationalen Konkurrenz treibt auch viele Christen zu Ansichten wie: «Wir müssen auch für uns schauen, sonst sind wir bald die Letzten.»

Die Schweiz treibende Kraft

Ja, es gibt Konkurrenten um Steuereinnahmen. Aber die Schweiz kann nicht behaupten, sie schaue zu wenig für sich. Im Gegenteil: Sie war in den letzten 20 Jahren eine der Haupttriebkräfte im weltweiten Steuerdumping, beispielsweise mit den Steuerrabatten für Konzerne, mit Holdingsteuern, dem Bankgeheimnis und auch den Pauschalsteuern. Damit wurde anderen Ländern und deren Bevölkerung Hunderte Konzernsitze und Tausende Pauschalbesteuerte abgeworben. Angst führt uns also zu einer massiv verzerrten Wahrnehmung der Realität. Statt für uns zu schauen sind gerade wir Christen aufgefordert, zuallererst zu fragen, was Gott von uns will.

So heisst es in Micha 6,8 etwa: «Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert: Was anders als Recht tun, Liebe üben und demütig wandeln mit deinem Gott?» Gott verspricht uns Segen, wenn wir auf seine Weisungen hören. Und wenn wir gerecht handeln, werden auch unsere «Handels»-Partner gesegnet. Heute leben wir im Überfluss, aber in vielem sind wir kein Segen für unsere nächsten Länder. Es ist Zeit, dies zu ändern. Unsere Angst vor Mangel ist unbegründet, weil Gott uns ja verspricht, dass er für uns sorgen wird. Dabei ist es durchaus möglich, dass wir materiell etwas weniger haben, wenn wir gerecht handeln. Aber der Segen Gottes hat noch ganz andere Dimensionen als die materielle. Zudem hat doch die Schweiz bereits heute Überfluss. Etwas weniger tut‘s auch.

Nicht Neid, sondern Gemeinwohl

Bei der Initiative zur Pauschalsteuer geht es uns also nicht um Neid, sondern um das Allgemeinwohl, das über die Schweiz hinausgeht. Und es geht um biblische Gerechtigkeit: Wir sollen alle Menschen gleich behandeln, ob sie reich oder arm sind4 . Das heisst, dass vor dem Recht alle Menschen gleich sein sollen. Zugleich wollen wir uns aber auch hüten, gegen «die bösen Reichen» zu wettern. Würden wir wirklich anders handeln, wenn wir in derselben Situation wären und die geltenden Regeln dies legitimieren? Es liegt an uns allen, am 30. November für Regeln zu stimmen, die gerecht und für alle segensbringend sind.

Literatur

Zum Thema: Markus Meury, «3.2 Pauschalbesteuerung: Dem Reichtum zu Diensten» in Die Schweiz, Gott und das Geld, ChristNet/StopArmut, 2013.

 


1. www.nzz.ch/aktuell/zuerich/uebersicht/abschaffung-der-pauschalsteuer-in-zuerich-ohne-einnahmenverlust-1.15824993

2. Mindestlohninitiative, 1:12-Initiative, Steuergerechtigkeitsinitiative usw.

3. Z.B. in Philipper 2,3-4: «Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen, sondern in Demut achte einer den andern höher als sich selbst, und ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was dem andern dient.»

4. Jakobus 2,3: «Wenn ihr nun dem mit der vornehmen Kleidung besondere Aufmerksamkeit schenkt und zu ihm sagt: ‹Hier ist ein bequemer Platz für dich!›, während ihr zu dem Armen sagt: ‹Bleib du dort drüben stehen oder setz dich hier bei meinem Fussschemel auf den Boden!› – messt ihr da nicht in euren eigenen Reihen mit zweierlei Mass?»

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Armut, Erbschaft und Umverteilung

Samstag, 23. Juni 2012, 13.30 Uhr

Kirche «Evangelisches Gemeinschaftswerk»

Nägeligasse 9, Bern

Mit:

Lukas Amstutz, Dozent, Theologisches Seminar Bienenberg

Peter Schäppi, Vater der «AHV-Erbschaftssteuer-Initiative»

Und andere Akteure

Ein Jubeljahr für die Schweiz?

Die Schweiz ist reich, und doch sind fast 1 Million Menschen arm. Nur in Singapur und Namibia sind die Vermögen ungleicher verteilt als hierzulande.

Als ChristInnen können wir solchen Fakten gegenüber nicht gleichgültig sein. Die Bibel fordert uns heraus, uns gegen das Arm-Reich-Gefälle und für Gerechtigkeit stark zu machen.

Ein Mittel, das Gott den Israeliten dafür in die Hand gab, war das Jubeljahr: Alle 50 Jahre sollten Grund und Boden an die ursprünglichen Besitzer zurückfallen und so vermieden werden, dass sich der Wohlstand in einzelnen Familien anhäufen konnte.

Die «AHV-Erbschaftssteuer-Initiative» scheint dieses Anliegen des Jubeljahrs aufzunehmen: Grosse Erbschaften über 2 Millionen sollen zugunsten der AHV besteuert werden.

Programm

·         13.30: Einleitung

·         13.45: Das Jubeljahr in Bibel und Theologie. Lukas Amstutz

·         14.15: Braucht die Schweiz ein Jubeljahr? Braucht sie eine Erbschaftssteuer?

·         14.45: Pause

·         15.15: AHV-Erbschafts-Initiative: Was sie will und was sie kann. Peter Schäppi

·         15.45: Power-Input «Erfahrungen beim Unterschriftensammeln».

·         16.00: Gemeinsam auf die Strasse zum Unterschriftensammeln (fakultativ)

Tagesrahmen

·         10.30: GV des Trägervereins ChristNet mit Gebet und Diskussionen.

·         12.15: Gemeinsames Mittagessen im Restaurant «Hotel Bern» (bitte anmelden).

Kontakt

ChristNet, 022 731 71 83, info@christnet.ch

Anreise

Zu Fuss sind es etwa 5 Minuten vom Hauptbahnhof Bern zum Evangelischen Gemeinschaftswerk

Partner

EVP, www.evppev.ch


Photo by Piret Ilver on Unsplash

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Am 16. August 2011 wurde von einem überparteilichen Komitee die «AHV-Erbschaftssteuer-Initiative» lanciert. ChristNet unterstützt sie aktiv, weil sie einen konkreten Beitrag zum biblischen Auftrag leistet, soziale Gerechtigkeit herzustellen und das Arm-Reich-Gefälle zu überwinden.

Umverteilung: ein biblisches Prinzip

Eines der Grundanliegen der Bibel ist die Überwindung des Arm-Reich-Gefälles, wobei sie besonders die Reichen in die Pflicht nimmt. So lesen wir, dass wir «dem Armen die Hand grosszügig öffnen» sollen (5. Mose 15,7-11). Die Sprüche warnen gar: «Wer Ohren verstopft vor dem Hilfeschrei der Geringen, der wird einst rufen und keine Antwort erhalten.» (21,13)

Im Neuen Testament identifiziert sich Jesus im Gleichnis des Weltgerichts ganz mit den Armen: «Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.» (Matthäus 25,31-46) Und Paulus doppelt noch nach: «Den Reichen in dieser Welt gebiete,… dass sie Gutes tun, reich werden an guten Werken, gerne geben…» (1. Timotheus 6,17-18).

Zur Überwindung des Arm-Reich-Gefälles wird in der Bibel grundsätzlich individuelle Solidarität und Almosengeben gefördert, gerade das Alte Testament sieht aber auch gesetzlich geregelte Umverteilung vor.

Das Halljahr

Ein Beispiel dafür ist das Halljahr: Gemäss jüdischem Gesetz wurde Land, das aus Not verkauft worden war, alle 50 Jahre an die ursprünglichen Besitzer zurückgegeben (3. Mose 25,8-31). Bei der Eroberung Kanaans hatte ursprünglich jede Familie ein Stück Land erhalten. Diese gleichmässige Landverteilung sollte dank der periodischen «Landreform» des Halljahres aufrecht er-halten bleiben.

Somit war das Halljahr eine Grundlage, um der strukturellen Ungerechtigkeit vorzubeugen und allen ein Auskommen zu ermöglichen. Landverlust bedeutete nämlich in der landwirtschaftlich geprägten Gesellschaft Israels den Verlust der wirtschaftlichen Lebensgrundlage.

Soziale Ungerechtigkeit

Die biblische Forderung, Vermögen nicht anzuhäufen und Reichtum umzuverteilen, wird in unserer Gesellschaft heute nur sehr beschränkt befolgt: Grosse Vermögen, die von Generation zu Generation gehen, sind auch in der Schweiz einer der Hauptfaktoren für die Konzentration des Wohlstands in immer weniger Händen.

Daraus ergeben sich bleibende Armut 1 und soziale Probleme, sowie ein immer grösseres Gefälle zwischen Arm und Reich. So ist denn die Vermögensverteilung in der Schweiz so ungleich wie in kaum einem anderen Land. 2

AHV und Erbschaftssteuer

Es hat sich gezeigt, dass die AHV mit ihrem «Umlageverfahren», bei dem kein Kapital angehäuft, sondern die Einnahmen sofort für Renten ausgegeben werden, stark zur Bekämpfung der sozialen Ungerechtigkeit beiträgt. Sie setzt auch den Solidaritätsgedanken um, indem die jüngeren Erwerbstätigen direkt mit den Rentnern solidarisch sind. 3 Es scheint also dem biblischen Gedanken zu entsprechen, wenn die AHV gestärkt wird.

Zugleich kann die Besteuerung sehr grosser Erbschaften (ab 2 Millionen Franken) einen Beitrag zur Umsetzung des Halljahr-Gedankens darstellen. Sie ermöglicht es, dass familiengebundene Vermögen wieder der Allgemeinheit zufliessen, und trägt so zu einer gerechteren Verteilung des Reichtums bei.

Somit bietet die AHV-Erbschafts-Initiative eine Gelegenheit, dem biblischen Ruf zu folgen, den Armen die Hand zu öffnen und den Reichen zu gebieten, dass sie grosszügig sind. Packen wir sie!


1. Gemäss Caritas sind fast 1 Million Menschen in der Schweiz arm.

2. Nur in Singapur und Namibia sind die Vermögen ungleicher verteilt als in der Schweiz (Global Wealth Databook. Credit Suisse, Zürich, 2010).

3. Im Gegensatz zur 2. und 3. Säule, bei der jeder für sich ein Alterskapital anhäuft.

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Auch in der Schweiz geht die Schere zwischen Arm und Reich auf, weil u. a. das Halljahr nicht eingehalten wird. Eine Folge davon ist, dass die gesellschaftliche und politische Macht des reichsten Prozents der Bevölkerung grösser wird. Am unteren Ende kommen die Ärmsten nicht vom Fleck: Wegen Steuersenkungen – z. B. die Abschaffung der Erbschaftssteuer in den meisten Kantonen – wird bei der Bildung gespart, dem einzigen Kapital, das die Armen noch haben könnten.

Armut unter alten Menschen

Deshalb ist es dringend nötig, dass die Kantone und auch die AHV mehr Geld erhalten. Denn auch unter den alten Menschen ist der Anteil an Armen hoch. Dies wird oft übersehen, weil die Reichsten meist auch in dieser Alterskategorie sind und damit den Einkommens- und Vermögensdurchschnitt stark nach oben ziehen. Die AHV müsste laut Verfassung den Lebensunterhalt decken. Dies ist aber bei Weitem nicht gewährleistet.

Eine eidgenössische Erbschaftssteuer ist deshalb die beste Lösung. Sie erfüllt ein Stück weit das Halljahr, dessen Nichtbeachtung, wie oben aufgezeigt, schwer wiegende Konsequenzen hat. Sie belastet weder die einfachen Angestellten, noch die Mittelklasse, sondern die sehr grossen Vermögen. Mit der Erbschaftssteuer wird auch nicht die Leistungsbereitschaft geschmälert, denn die Vermögen, die besteuert werden, fallen den Empfängern ja ohne Eigenleistung zu.

Abwanderung zu befürchten?

Es wird vorgebracht, dass Menschen mit grossem Vermögen wegen der Erbschaftssteuer ins Ausland ziehen könnten. Dies mag vereinzelt eintreffen, aber der finanzielle und soziale Gewinn der Steuer wird auf jeden Fall viel grösser sein als Verluste durch Abwanderung. Auch mögliche Schlupflöcher und juristische Tricks mit dem Wohnsitz sollten uns nicht entmutigen: Mit Ausführungsgesetzen haben wir es in der Hand, hier einen Riegel zu schieben

Überdies lindern wir mit der Einführung dieser Steuer den Druck auf die anderen Länder, ihre Erbschaftssteuern im internationalen «Steuerwettbewerb» zu senken oder gar abzuschaffen. Wenn wir nicht nur an uns selbst denken, dann zählt auch das.

Und wir Christen haben dank dieser Initiative die Gelegenheit, als Zeugen aufzutreten und uns konkret für Gerechtigkeit einzusetzen, diesem eminent biblischen Auftrag.

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Werner Ninck, Seelsorger und Theologe, ist aktiv bei ChristNet. Seit der Lancierung der Erbschaftsinitiative am 16. August 2011 hat er bereits 200 Unterschriften gesammelt. Interview.

Werner, was ist deine Motivation, dich so engagiert für die Erbschaftsinitiative einzusetzen?

Ich bin Delegierter von ChristNet in der Koordinationskonferenz für die Vorbereitung der Initiative. So konnte ich mich in den Inhalt vertiefen, und ich habe miterlebt, wie umsichtig die Verantwortlichen der EVP vorgegangen sind.

Zudem bin ich überzeugt, dass durch diese Initiative die Botschaft Jesu für die Armen einen sehr guten politischen und gesellschaftlichen Ausdruck bekommt. Es ist ja ein biblisches Prinzip, dass die Reichen mit den Armen teilen sollen, wie Jesus dies z. B. im Gleichnis vom reichen Mann und dem armen Lazarus veranschaulicht (Lukas 16,19-31). Darum finde ich es sehr gut, dass die AHV Hauptempfängerin der Steuererträge sein soll.

Welche Rolle spielt dein Glaube bei diesem Engagement?

Ich glaube, dass Jesus den Sieg über die Mächte der Welt errungen hat, vor allem auch über Mammon. Darum will ich als Zeuge dafür einstehen – hier im Engagement für die Initiative.

Die Erbschaftssteuer ist unter Beschuss geraten, auch unter Christen: Ist es denn nicht normal, wenn das Geld in der Familie bleibt? Die Patriarchen der Bibel waren ja auch schwerreich und vererbten ihren Reichtum weiter…

Ja, da nehme ich klar eine andere Position ein. Ich selber verstehe Jesus so, dass er nicht die Sippe zur Grundlage seines Engagements macht. Vielmehr distanziert er sich öfters von den Ansprüchen seiner Familie. Mit Jesus ist eine neue Interpretation von Reichtum entstanden: «Reich sein in Gott.»

Jetzt ganz praktisch: An welchen Orten sammelst du am liebsten Unterschriften?

In meiner Gemeinde; dort bin ich geschützt und kann vielen Gemeindegliedern begegnen. Auf dem Bahnhofplatz Bern; dort kommen viele Leute vorbei. Aber auch vor dem Einkaufszentrum um die Ecke; dort kann ich verschiedene Bekannte einladen.

Welche Tipps gibst du Menschen, die Unterschriften sammeln möchten?

Mache dich über die Inhalte anhand des Argumentariums kundig (s. www.christnet.ch). Lass dir zeigen, welche Menschen du in deiner Verwandtschaft, Nachbarschaft und deinem Bekanntenkreis kontaktieren könntest. Tu dich allenfalls mit Anderen zusammen. Mache dir klar, dass es ein Kampf ist, in dem du einiges an Widerständen und Angriffen wirst ertragen müssen.