Die gerechteste Steuer – Argumente für die Erbschaftssteuerreform

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Die Kantone haben ihre Erbschaftssteuern für direkte Nachkommen reihum abgeschafft.

Dies geschah unter dem Druck des ungesunden Steuerwettbewerbs um die Reichsten. Trotz immer höherer Vermögen haben die Kantone immer weniger eingenommen. Waren es 1999 noch 1,5 Milliarden Franken, sank diese Zahl 2010 auf noch 974 Millionen.

Die letzten 20 Jahre waren geprägt von einem stetigen Steuerabbau.

Einkommenssteuern, Vermögenssteuern, Erbschaftssteuern, Dividendenbesteuerung, etc. Bereits im Jahr 2001 bezahlten die ärmsten 20 Prozent etwa 23 Prozent ihres Einkommens für Steuern und Abgaben, die reichsten 20 Prozent nur wenig mehr, etwa 24,5 Prozent. Da viele kantonale Steuersenkungen erst seither in Kraft getreten sind, ist davon auszugehen, dass die «Flat Tax» (gleicher Steuersatz für Arm und Reich) insgesamt heute schon Realität ist.

Diese Steuersenkungen haben zu einer Steuerkrise geführt.

In den letzten Jahren beschnitten praktisch alle Kantone die Grundversorgung wie Bildung, Spitäler, etc. Gerade die Bildung ist das eigentliche Lebenskapital für ärmere Menschen. Wenn sie nicht mehr gewährleistet ist, ist die Chancengleichheit für mehr und mehr Arme nicht mehr gewährleistet.

Die Schere zwischen Arm und Reich klafft immer stärker auseinander.

Grosse Vermögen, die von Generation zu Generation gehen, sind auch in der Schweiz einer der Hauptfaktoren für die Konzentration des Wohlstands: Zwischen 1980 und 2010 ist der Anteil der reichsten 0,1 Prozent der Bevölkerung am gesamten Volksvermögen von 14 Prozent auf 21,5 Prozent gestiegen1 . Die Schweiz hat denn (nach den USA) auch die höchste Vermögenskonzentration aller OECD-Länder2 . Die ärmsten 25 Prozent mussten zwischen 2003 und 2010 eine Einbusse beim realen Einkommen hinnehmen3 –trotz immer grösserem Arbeitsdruck und grösserer Produktivität.

Die biblische Forderung, Vermögen nicht anzuhäufen und Reichtum umzuverteilen, wird in unserer Gesellschaft heute nur sehr beschränkt befolgt.

Geld und Macht in den Händen weniger Reicher schaden der Demokratie. Denn nur die Reichsten können sich auf die Dauer ein teures Politikmarketing leisten (Parteien, Wahl- und Abstimmungskämpfe, Medien Think Tanks, Abhängigkeit der Körperschaften von ihren Steuern). So ist die Möglichkeit der weniger Wohlhabenden bedroht, sich eine Meinung zu bilden, diese kundzutun und auch Gehör zu finden. Durch die Möglichkeit, Einkommen und Vermögen fast unbeschränkt zu akkumulieren entstehen starke Abhängigkeiten (Konkurrenz unter den Kantonen um Steuern der Reichen) bis zu Ungleichheiten vor dem Gesetz.

Wir brauchen etwas wie ein biblisches Jubeljahr.4

So erhalten wieder alle die gleichen Chancen und Abhängigkeiten werden aufgehoben. Beim Jubeljahr wurde alle 50 Jahre Land, das aus Not verkauft wurde, wieder an die ursprünglichen Besitzfamilien zurückgegeben. Somit wurden Akkumulation verhindert, Abhängigkeiten gebrochen, und die Armen hatten wieder gleiche Lebenschancen. Heute besteht das Startkapital der armen Bevölkerung aus der Bildung. Deshalb ist es dringend nötig, dass die Kantone mehr finanzielle Mittel erhalten, damit die Chancengleichheit erhalten wird. Dazu leistet die Erbschaftssteuer einen Beitrag.

Unter den alten Menschen ist Armut verbreitet.

Dies wird oft übersehen, weil die Reichsten meist auch in dieser Alterskategorie sind und damit den Einkommens- und Vermögensdurchschnitt stark nach oben ziehen. Die AHV ist nicht existenzsichernd, trotz Verfassungsauftrag! In Zukunft droht sie wegen der Alterung der Bevölkerung gar noch abgebaut zu werden. Auf der anderen Seite wirken steigende AHV-Beiträge wie eine «Flat Tax» und belasten die unteren Einkommen stark. Die AHV setzt eigentlich den biblischen Solidaritätsgedanken um, indem die jüngeren Erwerbstätigen direkt mit den Rentnern solidarisch sind. Dazu sind aber neue Einnahmequellen wie die Erbschaftssteuer nötig.

Die Erbschaftssteuer ist die gerechteste Steuer.

Der Empfänger einer Erbschaft hat nichts dafür geleistet. Im Gegensatz dazu müssen heute Löhne aus harter Arbeit versteuert werden. Ungerecht! Die Erbschaftssteuer ermöglicht es, familiengebundene Vermögen wieder der Allgemeinheit zukommen zu lassen, und trägt so zu einer gerechteren Verteilung des Reichtums bei.

Ein hoher Freibetrag von 2 Millionen Franken auf der Erbmasse sorgt dafür, dass nur 2 bis 3 Prozent aller Erbschaften in unserem Land betroffen sind. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und Bauernbetriebe erhalten Ermässigungen, die ihnen das Überleben sichern.

 


1. Schweizerischer Gewerkschaftsbund: SGB-Verteilungsbericht 2015 – Eine Analyse der Lohn-, Einkommens- und Vermögensverteilung in der Schweiz. Dossier Nr. 107. 2015. verteilungsbericht.ch.

2. Credit Suisse: Global Wealth Report 2014. Zürich, 2014, Tabelle 1, S. 30. publications.credit-suisse.com/tasks/render/file/?fileID=60931FDE-A2D2-F568-B041B58C5EA591A4.

3. Vgl. «Verteilung des Wohlstands in der Schweiz.» Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats 10.4046 von Jacqueline Fehr vom 07.12.2010, August 2014.

4. Vgl. 3. Mose 25,8-31; mehr dazu: Lukas Amstutz, «Das Jubeljahr in Bibel und Theologie», in Die Schweiz, Gott und das Geld, ChristNet/StopArmut, 2013. christnet.ch/de/content/17-das-jubeljahr-bibel-und-theologie.

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