ChristNet-Wahlaufruf: Wählen wir die Nächstenliebe!

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Wie wählen? Das fragen sich die Stimmberechtigten in diesen Tagen angesichts des Stimmcouverts, das noch nie so dick war. Markus Meury, ChristNet-Präsident, vermittelt Leitlinien und gibt konkrete Tipps.

Ein Gesetzeslehrer fragte Jesus, welches denn das höchste Gebot sei. Jesus antwortete: «Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand.» Dies sei das größte und erste Gebot. Das zweite aber sei ihm gleich: «Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.» An diesen zwei Geboten hänge das ganze Gesetz und die Propheten. (Matthäus 22.35-40)

Die Liebe zu Gott und zu unseren Nächsten soll die Richtschnur für all unser Handeln sein, also auch für unser politisches Handeln. Das Wohlergehen unserer Nächsten muss genauso wie unser eigenes Wohlergehen in unserem Blickfeld sein. Denn jeder Mensch ist von Gott geschaffen und geliebt, jede Person hat vor Gott den gleichen Wert. Aber nicht jeder Mensch hat die gleichen Fähigkeiten, nicht jeder kann sich gleich in unserer Welt durchsetzen und selbst für sein Wohlergehen sorgen.

Wer soll besonders unterstützt werden?

Wer braucht unsere Nächstenliebe besonders? Das Alte Testament fordert mit Nachdruck immer wieder zum Schutz der Witwen, Waisen, Armen, Elenden, Geringen, Ausländer etc. auf. Sie sind in Gottes Augen besonders schutzbedürftig. Oft hängt ihre Situation mit Machtlosigkeit oder Schuldknechtschaft zusammen. Die Propheten klagen das Volk Israel an, dass die Starken versuchten, die Rechte der Armen zu beugen, und fordern dazu auf, diesen zum Recht zu verhelfen. Sie sollen durch den Zehnten versorgt werden, die Schuldknechtschaft soll in regelmässigen Abständen aufgehoben werden.

Im Neuen Testament wendet sich Jesus ebenfalls speziell den Ausgegrenzten und Machtlosen zu. Er stellte dabei allerdings keine Forderungen an das politische System, da das zu dieser Zeit kaum möglich war.

Unsere Verantwortung für die Benachteiligten wahrnehmen

Hier und heute haben wir mit Wahlen und Abstimmungen die Möglichkeit, über die gesellschaftlichen Verhältnisse mitzubestimmen. Wir haben damit eine Mitverantwortung, der wir uns nicht entziehen können. Was wir als Stimmvolk entscheiden und welche Gesetze ein Parlament erlässt, hat konkrete Folgen für unsere Nächsten. Die Bibel weist uns an, bei unseren Entscheiden nicht nur das eigene Wohl, sondern auch dasjenige unserer Nächsten im Auge zu haben.

Wer sind aber heute diejenigen, die unsere Stimme am meisten benötigen? Wer sind die Machtlosen, die Verletzlichen, die Elenden, diejenigen, denen es am schlechtesten geht? Die Menschen in Armut, deren Zahl zunimmt? Die Kinder, die überdurchschnittlich von Armut betroffen sind, die in der Schule immer mehr Druck verspüren und die herumgeschoben werden? Die Migranten, die als Gefahr angesehen werden? Menschen mit Behinderung? Weniger Gebildete, die kaum mehr mitkommen? Oder ganz einfach die weniger Leistungsfähigen? Es ist unsere Aufgabe, diesen Benachteiligten zu fairen Lebenschancen zu verhelfen. Das kann durch Umverteilung, durch Empowerment, durch vereinfachten Zugang zum Recht etc. geschehen.

Um wen kümmert sich die Politik heute?

Die Politik kann Rahmenbedingungen herstellen, die entweder Benachteiligten helfen oder die ihnen noch mehr schaden. Wie sieht es heute aus, für wen wird heute Politik gemacht? Die Mehrheit der Parteien sagt, sie mache «Politik für den Mittelstand» – also nicht für diejenigen, die die Unterstützung am meisten brauchen. Die Stimme der wirklich Benachteiligten wird nicht gehört. Nur so ist es erklärbar,

  • warum die Parlamente in Kantonen und beim Bund jedes Jahr neue Steuersenkungen vorschlagen, die vor allem den Wohlhabenden zugutekommen und die bei den Wohnbeihilfen, Ergänzungsleistungen und Krankenkassensubventionen der Armen wieder eingespart werden.
  • warum die Rechte der Mieter gegen Mietzinserhöhungen ausgehöhlt und umgekehrt der Eigenmietwert abgeschafft werden soll.
  • warum das Bundesparlament kantonale Mindestlöhne zu einem grossen Teil verbieten will, was die ärmsten Schichten besonders trifft.
  • warum nun gar die Idee propagiert wird, Billigkrankenkassen einzurichten, wo die Armen hineingedrängt werden und eine schlechtere Gesundheitsversorgung erhalten.

Wie die richtige Auswahl treffen?

Politik muss denjenigen nützen, die es am meisten brauchen. Sie müssen unsere Aufmerksamkeit erhalten.

Dies bedingt aber, jedem Menschen den gleichen Wert vor Gott und damit die gleiche Aufmerksamkeit und Lebenschancen zuzugestehen. Heute wird aber nur allzu schnell gesagt, dass jeder für sich selbst sorgen soll. Mancherorts werden die Schwächeren in der Gesellschaft gar als Last angesehen oder entwertet. In den Kirchen hören wir manchmal, dass die Benachteiligten sich einfach an Gott wenden sollen und «der Staat» nicht die Aufgaben von Gott übernehmen soll. Gott fordert uns aber dazu auf, das Recht der Armen zu schützen und für sie zu sorgen.

Deshalb: Nehmen wir die Gelegenheit dieser eidgenössichen Wahlen wahr, vor allem diejenigen zu unterstützen, die unsere Unterstützung am meisten benötigen. Wie finden wir das heraus? Bei der unabhängigen Website www.smartvote.ch kann man auf einem Fragebogen die eigenen politischen Prioritäten angeben, worauf die Seite diejenigen Parteien sowie einzelne Kandidatinnen und Kandidaten anzeigt, die der angegebenen politischen Ausrichtung am nächsten sind. Es gibt also keine Ausreden mehr. Jetzt wählen!

Zum Weiterlesen: Unser Umgang mit den Schwachen

Foto von Kelly Sikkema auf Unsplash

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