Was spricht aus christlicher Sicht für ein JA zur Pflegeinitiative?

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Als Gesellschaft vertrauen wir den etwa 90’000 Pflegefachpersonen (davon fast 90% Frauen) und den insgesamt etwa 200’000 Menschen, die in der Schweiz in der Pflege arbeiten, einen Auftrag an: Sie sollen sich um kranke, verletzliche, verunfallte, neugeborene und sterbende Mitmenschen (und oftmals auch um deren Angehörigen und Umfeld) kümmern, sie betreuen und für sie da sein. Es geht nicht darum, diese ihre Patient:innen instand zu halten, zu reparieren, um sie möglichst bald und möglichst ganz in den Wirtschaftskreislauf von Produktion und Konsum zu integrieren, sondern um ein Gebot der jedem Menschen inne wohnenden und ihm zukommenden Würde. Deshalb kollidieren Rücksichten auf Rentabilität und Profit frontal mit dem beruflichen Selbstverständnis und mit dem Ethikkodex der Pflegenden. Im edelsten Sinn steht für sie der Mensch in seiner Ganzheit und Ganzheitlichkeit im Mittelpunkt.

Der Pflegenotstand kostet Menschenleben

Aktuell versetzen wir die Pflegenden in ein Dilemma, das dazu führt, das viele – sehr viele – ihren Beruf vorzeitig verlassen, erschöpft, frustriert, resigniert. Denn: wir enthalten ihnen die Mittel vor, ihren Auftrag korrekt und wie sie es gelernt haben zu erfüllen. Aufgrund des ständigen und künstlich erzeugten Spardrucks auf die Betriebe der Gesundheitsversorgung (Spitäler, Kliniken, Heime, Spitexorganisationen) fehlen diesen die Mittel, genügend Pflegepersonal anzustellen und ihm anständige Arbeitsbedingungen anzubieten. Das ist im eigentlichen Wortsinn kriminell, denn: es ist wissenschaftlich hinlänglich erwiesen (und abgesehen davon intuitiv naheliegend), dass ein Mangel an gut ausgebildetem Pflegepersonal vermeidbare Todesfälle (mehrere hundert pro Jahr – ein Flugzeugabsturz auf Raten), vermeidbare Komplikationen und damit an sich unnötige und kostspielige Spitaleinweisungen und Behandlungen verursacht. Wie bringt es doch die US-Amerikanische Pflegejournalistin Suzanne Gordon auf den Punkt: «Nurses save lives and save money». Unser Gesundheitswesen untersteht nicht mehr dem Gebot der Barmherzigkeit, der dem Begriff des «Service public» zugrunde liegt, sondern ist dem Mammon hörig: gespart wird bei denen, die die eigentliche Arbeit leisten (die Kosten der Pflege betragen keine 15% der Gesamtkosten des Gesundheitswesens), und mit vollen Händen dort ausgegeben, wo wiederum viel Geld verdient werden kann.

Damit macht sich unsere Gesellschaft – machen wir uns alle – den pflegebedürftigen und den sie pflegenden Menschen gegenüber schuldig.

Nicht nur ausbilden, sondern menschenwürdige Pflege ermöglichen

Jahrelange Bemühungen seitens des Berufsverbandes der Pflege und seiner Verbündeten haben das Parlament nicht dazu bringen können, wirksame Massnahmen gegen den Pflegenotstand zu ergreifen. Das Pflegepersonal legt seine einzige und letzte Hoffnung in die 2017 innert Rekordzeit zustande gekommene Volksinitiative „Für eine starke Pflege“. Im Gegensatz zum indirekten (taktischen) Gegenvorschlag des Parlaments, der sich stur mit einer Ausbildungsoffensive begnügt, packt die Initiative das Problem an der Wurzel: Ja, wir müssen unbedingt mehr als die aktuell 43% des benötigten Pflegefachpersonals ausbilden. Aber es bringt nichts, Abermillionen in die Ausbildung zu pumpen, wenn nicht gleichzeitig die Arbeitsbedingungen verbessert werden, weil sonst die für teures Geld neu Ausgebildeten den Beruf weiterhin in Scharen nach nur wenigen Jahren verlassen. Oder, wie es Nationalrätin Flavia Wasserfallen in der Arena ausdrückte, es ist, wie wenn man versuchen würde, einen Fahrradreifen aufzupumpen, ohne das Loch zu flicken.

https://www.pflegeinitiative.ch

Photo by Mulyadi on Unsplash

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