Mammon im Kanton Bern

~ 6 min

Gerechtigkeit erhöht ein Volk; aber die Sünde ist der Leute Verderben.? Sprüche 14,34

 

Einleitung

Seit längerer Zeit gibt es mir zu denken, wie die Regierung des Kantons Bern mit Finanzen umgeht. Ich werde eine persönliche Erfahrung schildern, die ich mit der Steuerverwaltung machte, danach werde ich an einige Ereignisse aus der Finanz-Geschichte des Kt. Bern erinnern und schliesslich einige Folgerungen daraus ziehen.

Eine persönliche Erfahrung

Im Jahr 1993 hatte ich eine Auseinandersetzung mit der Berner Steuerverwaltung. Von 1962 bis 1989 war ich nämlich Pfarrer in der reformierten Landeskirche des Kantons Bern gewesen. Aus verschiedenen Gründen gab ich den Staatsdienst auf und nahm eine Stelle in einer privaten Institution an, in der junge Leute mit psychischen Problemen rehabilitiert werden. Mein neues Einkommen war bedeutend geringer als vorher. Trotz diesem Berufswechsel wurde von mir noch zwei Jahre lang ein Steuerbetrag verlangt, der meinem höheren Einkommen entsprach, das ich bis zu diesem Zeitpunkt verdient hatte. Das bedeutete, dass ich während zwei Jahren ca. 1/3 meines realen Einkommens als Steuern abliefern sollte. Meine Rekurse, bis vor Verwaltungs- und Bundesgericht, brachten nicht den erwünschten Erfolg, ebenso wenig der Vorstoss eines Grossrates zu unsern Gunsten. Wir mussten also im Prinzip den hohen Betrag zahlen, abgesehen davon, dass uns ein gewisser Steuer-Erlass gewährt wurde, d.h. dass die Ungerechtigkeit etwas gemildert wurde.

Diese Erfahrung war für uns deshalb sehr verletzend, weil wir dachten, dass wir etwas Gutes getan hätten, als wir uns entschlossen hatten, uns für Menschen mit schweren Lebens – Problemen voll einzusetzen. Leider wurde das von der Behörde nicht anerkannt, weil sie damals eindeutig diejenigen bevorzugte, die im Beruf ?aufsteigen?, und diejenigen vernachlässigte, die im Beruf ?absteigen?. Ich erlebte damals, was es heisst, ungerecht behandelt zu werden. Ich war nahe daran, die politischen Kräfte, die das zulassen, zu verfluchen. Am liebsten hätte ich eine Bombe ins Rathaus geworfen, oder mich ganz aus der politischen Verantwortung zurückgezogen.

Meine Familie wurde sogar politisch aktiv: mit Leserbriefen und einer Demonstration vor dem Rathaus in Bern. Ein Hofnarr rief die Grossräte, die das Steuergesetz revidierten, auf, dem Recht zum Durchbruch zu verhelfen. Dazu verteilten wir Flugblätter, in welchen zu lesen war:

Wissen Sie, wie viele Tränen vergossen wurden?

wie viel Verzweiflung die Herzen zerrissen hat?

wie viele Verfluchungen ausgestossen wurden von denen, welche durch die Steuerverwaltung bitteres Unrecht erlitten haben?

Auch eine Steuerrechnung

Herr Y erzielt 1989 ein Brutto-Einkommen von Fr. 80’000.–. Dafür zahlt er an Staats-, Gemeinde- und Kirchensteuern Fr. 12’808.–, dazu Bundessteuern von Fr. 1’380.–, macht total Fr. 14’188.–. Er wechselt seinen Beruf aus bestimmten Gründen und verdient noch die Hälfte von seinem bisherigen Lohn, d.h. für 1990: Fr. 40’000.–. Seine Steuerschuld lautet aber immer noch auf Fr. 14’188.–, dh er muss noch zwei Jahre lang ein Drittel seines Verdienstes an die Verwaltung abliefern. Woher soll er diese Summe nehmen?

Ein Berner namens Eugen Bauer

fiel von der Bärengrabenmauer
direkt vor einen grossen, schweren
und als brutal bekannten Bären.

Die Leute schrieen ringsumher
und riefen nach der Feuerwehr.
Die Feuerwehr, nach kurzer Zeit,
erschien und senkte hilfsbereit
die lange Leiter an zwei Ketten,
um den Gefallenen zu retten.

Doch siehe: Bauer war intakt,
der Bär dagegen splitternackt
(indem sein Fell mit Haut und Haar
ganz einfach abgezogen war)
und suchte sich in Angst und Schrecken
vor Eugen Bauer zu verstecken!

Da wussten plötzlich allesamt:
Herr Bauer war vom Steueramt.[1]

So wählte ich den Weg der Besinnung. Es wurde mir langsam klar, weshalb die Berner Regierung in den letzten 20 Jahren mehrfach durch verlustreiches Versagen durchgeschüttelt wurde. Die Verwünschungen der kleinen Leute, die ungerecht behandelt werden, fällt zurück auf die Politiker, die sich über die Nöte der Schwächeren hinwegsetzen. So lange die Regierenden im gleichen, verhängnisvollen Sinn weiter machen, wie bisher, so lange werden sie in neue Finanzskandale hineintaumeln.

Aus der Geschichte des Kantons Bern.

Seit dem 16. Jahrhundert gibt es eine verhängnisvolle Linie im Finanzgebaren der Berner Regierungen. Sie geht auf Fehlverhalten zurück, d.h. ungerechte Entscheide, durch die Menschen zutiefst benachteiligt wurden.

Von 1528 bis gegen 1700 wurden in Bern zahlreiche Täufer, die nicht von ihrer Überzeugung ablassen wollten, enteignet, des Landes verwiesen oder gar hingerichtet. Der Ertrag aus den Täufergütern wurde teilweise in einem Fonds angelegt, z.T. der Staatskasse zugeführt, und ein Teil wurde zum Bau oder zur Renovation von Kirchen verwendet. Es ist bekannt, dass führende Berner Geschlechter günstig in den Besitz von ehemaligen Täufergütern im Emmental kamen.

Im Jahr 1653 brach im Kanton Bern der Bauernkrieg aus. Er ging auf eine Finanzmanipulation der damaligen Berner Regierung zurück. Sie wertete den Berner Batzen, d.h. das Geld des kleinen Mannes vom Land, um ½ ab, gegen ihr Versprechen, das sie vorher abgegeben hatte, so etwas werde nie geschehen. Da bei den Burgern der Stadt die bevorstehende Abwertung ruchbar wurde, konnten sie rechtzeitig auf Gold und Silbermünzen, sowie auf Liegenschaften ausweichen. Die Landbevölkerung sah sich betrogen. Im Volk begann es zu brodeln. So kam es zum Bauernkrieg, der von den führenden Leuten mit brutaler Gewalt unterdrückt wurde. Abmachungen zwischen der Regierung und den Bauernführern wurden von den Regierungsvertretern gebrochen. Die Berner Regierung zerschlug das Bauernheer mit einer Söldnertruppe. Der Bauer Niklaus Leuenberger von Rüderswil, der als Anführer der Aufständischen einen versöhnlichen Kurs zu steuern versuchte, wurde zur Abschreckung gevierteilt. Ueli Galli, ein Bauer aus Eggiwil, der im Hintergrund die Fäden zog, wurde auf dem Berner Galgenfeld an den Galgen gehängt.

Im Jahr 1984 hat Rudolf Hafner, Revisor in der kantonalen Finanzkontrolle, das Finanzgebaren der Berner Regierung enthüllt und ein politisches Erdbeben ausgelöst. Durch eine BUK (Besondere Untersuchungskommission) wurde das Verhalten der Regierungsmitglieder untersucht. Das Ergebnis: zwei Regierungsräte (Finanzdirektor Werner Martignoni SVP und Polizeidirektor Hans Krähenbühl FDP) traten nicht mehr zur Wahl an.

In den 90er Jahren herrschte eine Phase des wirtschaftlichen Wunderglaubens, so verfügte zum Beispiel Werner K. Rey eine ?todsichere? Anlagestrategie. Er spekulierte ?erfolgreich? mit Immobilien. Er war eine Zeitlang unter anderem Eigentümer der Schuhfabrik Bally und der Wochenzeitung ?Weltwoche?. Die Banken rissen sich darum, ihm günstige Kredite und Hypotheken anzubieten, so auch die, damals noch staatliche, Bernische Kantonalbank BEKB. Als die Seifenblase um Werner K. Rey und anderen ?Financiers? platzte, stand die BEKB vor einem Scherbenhaufen. Um ein ?Grounding? der Bank mit Staatsgarantie zu verhindern, wurden Auffanggesellschaften gegründet, und der Kanton musste Geld nachschiessen. Den Kanton hat dieses Spekulantentum insgesamt ca. 3 Milliarden Franken Steuergeld gekostet.

In der Lehrer-Pensionskasse des Kt. Bern klaffte im Frühjahr 2005 ein Milliardenloch ? vor allem deshalb, weil die Kasse vor 6 Jahren riskante Geschöäfte getätigt hatte. Der Grosse Rat hat im November 2004 gegen den Willen des Regierungsrates eine Parlamentarische Untersuchungskommission eingesetzt. Im August 2005 hat sie ihren Bericht zum Debakel der Bernischen Lehrerversicherungskasse vorgelegt. Die Regierungsräte Mario Annoni, Werner Luginbühl und Hans Lauri, d.h. 3 der 7 Regierungsratsmitglieder, waren schon 1999 im Detail über das desolate Management der Pensionskasse der Lehrerschaft im Bild.

Schlussfolgerungen

Wann wird unsere Regierung sich auf die Grundwerte des Regierens besinnen? In der Bibel lesen wir: ?Wenn ein Regierender die Armen gerecht behandelt, dann steht seine Regierung fest und sicher? (Spr.29,14) und: ?Regierende hassen das Unrecht, denn Gerechtigkeit festigt eine Regierung? (Spr.16,12). Wann wird sie einsehen, dass sie eigentlich vom Geld gelenkt wird? Wann wird sie sich ausdrücklich von der Herrschaft Mammons distanzieren? (?Niemand kann gleichzeitig zwei Herren dienen. Wer dem einen richtig dienen will, wird sich um die Wünsche des andern nicht kümmern können. Genauso wenig könnt ihr zur selben Zeit für Gott und das Geld (= Mammon) leben?, Matth.6,24). Wann werden die Regierenden sich dafür entscheiden, Gott zu dienen ? und sich von Ihm zeigen zu lassen, was Gerechtigkeit ist?

Erst wenn sie zugeben, dass sie auf einen falschen Grund gebaut haben, wenn sie sich auf die Grundwerte unseres Gottes besinnen, und sich von Ihm den Weg weisen lassen, was zu tun ist, werden sie das Gemeinwesen auf einen festen Grund bringen. Der Segen wird ihnen gewiss sein.

Am 5. November 2005 wird ChristNet eine Konferenz durchführen, die diese Probleme aufnimmt. Ihr Thema heisst: ?Geld oder Leben! Die Schweiz ? eine Geisel des Mammon?? Dazu laden wir alle politisch interessierten Schweizer herzlich ein.

Werner Ninck, Bern, Juli 2005

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