Die Finanzkrise ist eine Glaubenskrise
Besonders in der Schweiz ist die Finanzkrise auch eine Glaubenskrise: Wer ist an erster Stelle, Gott oder Mammon?
Bild: Der reiche Narr (Rembrandt)
Noch kurz vor der grossen Krise glaubten der Bundesrat und die den Banken nahestehenden Kreise, dass die Krise an der Schweiz vorbeiziehen werde. Und nach dem Sorgenbarometer der Credit Suisse vom September 2008 hatten die Banken (nach Polizei und Bundesgericht) von allen Institutionen das dritthöchste Vertrauen der Bevölkerung. In wohl keinem anderen Land der Welt haben die Banken eine derartige Macht wie in der Schweiz. So ist es auch zu erklären, dass wie sonst kaum in der westlichen Welt die UBS in einer Nacht-und Nebelaktion ohne parlamentarische Diskussion und ohne jegliche Bedingungen mit über 60 Milliarden Franken gestützt wurde. Unsere Regierung hat sich nicht einmal am Kapital der Bank beteiligt, um Einfluss auf die Geschäftsweise nehmen zu können, sondern einfach „den Abfall entsorgt“.
Dies ist ein verheerendes Signal an die Banken: Spekuliert nur weiter, wir helfen euch, wenn’s nicht klappt. Die bisherige Geschäftsweise wird damit bestätigt. Volkswirtschaftlich und moralisch ist dies allerdings zerstörerisch. Hinzu kommt, dass der Sitz der für die Rettung gegründete Gesellschaft in das Steuerparadies der Cayman-Inseln gelegt wurde. Auch dies ein moralisches Signal.
Dabei war die UBS mit 60 Milliarden Franken Abschreibern eine der meistbetroffenen Banken der Welt und einer der grössten Spekulanten im hochriskanten Subprime-Markt. Bereits seit 2005 wusste man, dass die Immobilienblase in den USA platzen würde. Doch in der Jagd nach noch mehr Rendite haben alle Investoren und Banken die Augen zugekniffen und gehofft, sie kämen ungeschoren davon oder könnten rechtzeitig aussteigen. Es war wie beim Roulette, wo bei jeder Runde von Neuem alles aufs Spiel gesetzt wird. Der Glaube an Mammon war grösser als die Wahrheit. Mit dem Aufkauf von Ramschpapieren hat der Bundesrat diesen Glauben fortgesetzt: Der Glaube, dass der Kurs dieser heute wertlosen Aktien schon irgendwann wieder steigen werde, und wir damit nichts verlieren würden.
Die UBS selber wehrt sich heute trotz allem gegen ein Gesetz zur Verstärkung der Eigenkapitaldecke, obwohl dies ihr Problem war. Sie hat nichts gelernt und will weiterhin einen Hochrisikokurs fahren. Noch im Dezember meinte der heutige neue UBS-CEO Oswald Grübel, die Krise habe nichts mit zu hohem Risiko oder falschen Anreizen durch Boni zu tun.
Die Finanzkrise ist also auch eine Glaubenskrise: Wollen wir weiter an die Vermehrung des Reichtums glauben oder wollen wir andere Ziele verfolgen? Ein grosser Teil der geschaffenen Werte war ja auch nur virtuell. Urplötzlich waren weltweit Billionen von Franken verschwunden. Dies erinnert mich stark an Matthäus 6.19: „Ihr sollt Euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie Motten und der Rost fressen und wo die Diebe einbrechen und stehlen.“ Und es soll uns auch nicht gehen wie dem reichen Kornbauern, der immer grössere Scheunen baute, und dem über Nacht die Seele gefordert wurde (Lukas 12.16-21).
Markus Meury, Kolumne in Magazin insist, Nr. 3, April 2009. www.insist.ch.
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