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Putin führt seinen Krieg mit Unterstützung der russisch-orthodoxen Kirche. Rechtsevangelikale Christen in den USA sehen ihr Land als das neue gelobte Land. Und in der Schweiz wehren wir uns gegen alles, das unsere Souveränität in Frage stellt. Das Reich Gottes aber hat einen ganz anderen Horizont. Höchste Zeit also, umzudenken.

Jesus Christus ist nach biblischem Zeugnis der Sohn des dreieinen Gottes. Er ist Initiator und Zielpunkt von dem, was wir heute das Christentum nennen. Die inhaltliche Grundlage dazu hat er mit seinem Evangelium vom angebrochenen Reich Gottes 1 formuliert. Das ist eine gute Botschaft für die ganze Welt – und dies seit 2000 Jahren. Wenn wir deshalb unsere Hand auf die Bibel legen: Wieviel Nationalismus hat in diesem Evangelium Platz?

Putin: frommer Christ oder machtbewusster Despot?

Anlässlich des kürzlichen orthodoxen Osterfestes wagte sich der russische Präsident Putin wieder einmal nach draussen, zumindest unter das Dach der Kirche. Er nahm am orthodoxen Gottesdienst unter der Leitung des russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill teil. Wie es sich gehört, schlug er ein Kreuz über seiner Brust. Er bekannte sich damit zum Sohn Gottes, der an Karfreitag an einem Kreuz für alle menschlichen Sünden gestorben ist. Auch für die Sünden des frommen Christen Wladimir Wladimirowitsch Putin. So weit so gut – und nötig.

Theodorus II., Oberhirte der Orthodoxen in Afrika, versichert: «Putin war ein gläubiger Christ, das weiss ich aus engster Erfahrung.» Die Verwandlung zum frömmelnden Gewaltherrscher schreibt er seinem ausufernden Machtrausch zu: «Zunächst glaubte er, ein neuer Zar zu sein.» Seine Alleinherrschaft habe ihn unterdessen vollends verblendet. Der Orientalist Heinz Gstrein erklärt diese Verwandlung2 unter anderem mit einer unheilvollen Veränderung der Geisteshaltung, die auch schon beim bekannten Schriftsteller Alexander Solschenizyn aufgetreten sei. In kommunistischen Straflagern vom Atheisten zum orthodoxen Christen geläutert, sei Solschenizyn in der Zeit Putins zum «pseudoreligiösen russischen Nationalisten» geworden, der, wie heute Putin, Russland vom «angeblich verderblichen westlichen Einfluss» erlösen wollte. Solscheniyzin wurde laut Gstrein zum Propheten jener Entwicklung in Osteuropa, «nach der die Befreiung von der kommunistischen Diktatur nicht in der liberalen Demokratie, sondern im Nationalismus … endet».

 

Ethnischer Nationalismus – ein Irrweg

Den Auslöser dieses Denkens sieht der Russlandexperte Martti J Kari in der Belagerung von Konstantinopel durch das Volk der Rus im Jahr 8603 . In der Folge seien in Osteuropa die Traditionen des byzantinischen Reiches übernommen und als Missionsauftrag der Russen an allen slawischen Völkern verstanden worden: die orthodoxe Religionslehre, der Konservativismus und das ungebrochene Verhältnis zu einer Autorität, die niemals in Frage gestellt werden darf, weil sie gottgegeben ist. In den folgenden Wirren der russischen Geschichte, in denen das Zarentum immer wieder vor dem Zusammenbruch stand, hat sich laut Martti J Kari die Gewissheit verdichtet, «dass ein starker Zar besser ist als ein schwacher Führer». Das habe sich auch nach dem Ende der Sowjetunion gezeigt, als der schwache Führer Boris Jelzin durch den starken «Zaren» Putin ersetzt wurde.

Was im Blick auf das biblische Evangelium zu denken gibt, ist die Tatsache, dass dieser autoritäre Nationalismus genährt wird von einer Kirche, die sich als russisch-orthodox bezeichnet. Sie verbindet ihren Auftrag damit mit einem ethnisch definierten Nationalismus und fühlt sich überall zuständig, wo Russen leben. Es war deshalb nicht erstaunlich, dass sich die orthodoxe Kirche in der Ukraine nach der russischen Annexion der Krim vom Moskauer Zentrum absetzte. 2019 erhielt sie vom ökumenischen (weltweiten) Patriarchen Bartholomaios von Konstantinopel die nationale Unabhängigkeit. Was vom Moskauer Patriarchen Kyrill postwendend als Spaltung kritisiert wurde. Offensichtlich führt der ethnische Nationalismus in eine Sackgasse.

 

Die Reformation führt zurück zu den Wurzeln

Nun, es sei nicht verschwiegen, dass sich autoritäre Züge schon nach der konstantinischen Wende im Jahr 313 in der Kirche ausgebreitet hatten. Das Denken in den Kategorien eines Heiligen Römischen Reiches (deutscher Nation) des Mittelalters und der frühen Neuzeit wurde aber dank der Reformationsbewegung von Martin Luther und seinen Nachfolgern nachhaltig in Frage gestellt. Die Proklamation eines biblischen Verständnisses des allgemeinen Priestertums aller Gläubigen führte, verbunden mit dem Zugang zur Lektüre der Bibel für alle, zu einer Bildungsoffensive und zu einem Denken, das die spätere Aufklärung begünstigte. Die radikale Umsetzung dieses mehr individualistischen Ansatzes des Glaubens durch die Täufer wurde zwar als staatsgefährdend zurückgewiesen. Auch die politische Anwendung des Gleichheitsgedankens durch die Bauern, die ihre Unterjochung durch die Oberschicht abschütteln wollten, fand bei den Reformatoren wenig Gnade. Die Gegenbewegung zum autoritären Staat war aber nicht mehr aufzuhalten.

 

Die politische Fortsetzung in der Aufklärung

Die Aufklärung war ein nächster Schritt dazu. Sie gipfelte in einer ersten Erklärung der Menschenrechte im Vorfeld der französischen Revolution. Auch hier reagierten die Kirchen vorerst mit grosser Zurückhaltung. Neben bibel- und kirchenkritischen Vertretern waren bei der Aufklärung aber von Anfang an auch christliche Denker mit dabei. Während die kirchenfernen Aufklärer die Menschenrechte mit dem Naturrecht nur unscharf begründen konnten, hatten die christlichen Aufklärer starke Argumente. Der Autor Kurt Beutler bringt dies so auf den Punkt: «Wenn es denn wirklich so ist, dass Gott alle Menschen in seinem Bild erschuf und Jesus am Kreuz nicht nur die oberen Zehntausend, sondern sogar den Mörder erlöste, der am anderen Kreuz hing, dann sind alle Menschen gleichwertig4

Der englische Arzt und Christ John Locke (1632 bis 1704) gehörte zu den ersten Denkern, welche die Aufklärung und die Menschenrechte mit einem biblischen Weltbild verbanden. Die ersten drei Menschenrechte sprechen das Recht auf Leben, Besitz und die Meinungsfreiheit an. Sie wurden laut Kurt Beutler5  bereits im 11. Jahrhundert von der katholischen Kirche anlässlich der gregorianischen Reform in Anlehnung an das römische Recht für alle Menschen proklamiert. Daran habe John Locke im 17. Jahrhundert angeknüpft. «Allerdings zog er viel radikalere Konsequenzen als seine katholischen Vorgänger. Er erklärte alle Regierungen für illegal, welche die allgemeinen Menschenrechte nicht durchsetzten. Ja, er ging noch weiter: Die Regierungen aller Länder hätten keine andere Aufgabe, als dafür zu sorgen, dass alle Bürger zu ihrem Recht kämen. Ansonsten sei es Pflicht der Bürger, diese Regierungen zu stürzen und durch andere zu ersetzen.» John Locke und seine Anhänger wiesen angesichts der Sündhaftigkeit aller Menschen darauf hin, dass man letztlich keinem Menschen bedingungslos trauen könne. Jeder müsse deshalb kontrolliert und seine Macht zeitlich beschränkt werden. Sie plädierten deshalb für die Demokratie und die Gewaltentrennung zum Schutz der Menschenrechte.

 

Die USA gehen voran

Zu den ersten Weltregionen, in denen diese Gedanken im Rahmen einer Nation Frucht trugen, gehörten die Vereinigten Staaten von Nordamerika. Unter den frühen Einwanderern bildeten laut Kurt Beutler die Anhänger von John Locke in einigen Staaten eine Mehrheit, etwa die Baptisten in Rhode Island und die Quäker in Pennsylvania, «so dass dort von jenen Freikirchenleuten die weltweit ersten wirklichen Demokratien gegründet wurden»6.

Die US-Christen übten aufgrund ihres biblisch fundierten Glaubens in diesem freien politischen Umfeld einen starken Einfluss aus. Manche sahen in den USA das neue Volk Israel, das der Welt das Heil bringen sollte. Dieses Selbstverständnis ist theologisch zwar nicht haltbar: Das Volk Israel und die mit ihm verknüpfte Verheissung gibt es nur einmal. Trotzdem wirkt dieses Denken unter rechtsevangelikalen Christen bis heute nach. Dass sich diese Kreise dann dazu hinreissen liessen, ihren Heilsbringer in Donald Trump zu sehen, zeigt, wie gefährlich Erwartungen sind, die nicht am Wirken des einen Messias – Jesus Christus – gemessen werden.

Zum Glück trat der übertriebene Nationalismus nach der Devise «America First» gegen Ende des zweiten Weltkrieges in den Hintergrund. Der damalige Internationalismus führte dazu, dass sich die USA mit andern Staaten zusammen nicht zu schade waren, ihre demokratischen Grundwerte militärisch gegen diktatorische Ansprüche durchzusetzen. Eine mittelfristige Frucht dieses Einsatzes waren nach dem gewonnenen zweiten Weltkrieg die NATO und die Europäische Union.

 

Verfassungsrechtlicher Nationalismus

Neben England und Frankreich entwickelten sich auch die übrigen westlichen europäischen Staaten im Laufe des 19. Jahrhunderts zu verfassungsrechtlich begründeten Nationalstaaten. Die Staatsgewalt ging nun nicht mehr von einer Elite aus. Sie war an eine Verfassung gebunden und durch die Gewaltentrennung begrenzt. In der Verfassung waren der organisatorische Staatsaufbau, die territoriale Gliederung des Staates und das Verhältnis zu anderen Staaten geregelt. Sie konnte nur in einem besonders geregelten demokratischen Verfahren, verbunden mit hohen politischen Hürden, geändert werden.

Diese Nationalstaaten waren nicht mehr ethnisch, sondern rechtlich und territorial begründet. Das gilt nicht zuletzt auch für die Schweiz. Unser Bundesstaat entstand bekanntlich im Zusammenhang mit der Neuordnung Europas am Wienerkongress von 1815 und fand nach einigem Hin und Her mit der Verfassung von 1848 die heutige Form. Die ehemaligen eidgenössischen Untertanengebiete und die deutschsprachigen Kernlande wurden nicht etwa unter die angrenzenden Länder verteilt, es entstand vielmehr eine neue multiethnische Nation mit gleichberechtigten Kantonen, die vorsichtshalber mit dem europäischen Neutralitätssiegel ruhiggestellt wurde.

Mit verschiedenen Verfassungsreformen holte der Bundesstaat immer mehr Gesellschaftsgruppen an Bord des Nationalstaates: 1874 mit der Einführung des fakultativen Referendums zumindest einen Teil der katholischen Bevölkerung, nach dem 1. Weltkrieg mit den Nationalratswahlen im Proporzsystem die Bauern und die (späteren) Sozialdemokraten. So entstand eine direkte Demokratie mit einem ausgebauten Föderalismus, kombiniert mit dem Subsidiaritätsprinzip bis hinunter in die einzelnen Gemeinden7 . Unter den Bedingungen einer weltweiten Pandemie wurde das Schweizer System kürzlich einer harten Bewährungsprobe ausgesetzt, der wir mit einem blauen Auge – zumindest vorläufig – entkommen sind.

Weniger nachahmungswürdig sind unsere krummen wirtschaftlichen Geschäfte unter dem Deckmantel der «Neutralität» und der Verschwiegenheit. Ebenso schräg ist das hartnäckige Leugnen unserer internationalen Verflechtung in einer globalisierten Welt. Heute gibt es nach aussen keine souveränen Nationen mehr, sondern nur noch Staaten, die mehr oder weniger voneinander abhängig sind.

 

Das Reich Gottes ist international

Jesus hat mit seiner Botschaft die Grenzen des jüdischen Staates zumindest im Ansatz überwunden. Seine Jünger verbreiteten diese Botschaft und ihre Werte in der ganzen antiken Welt. Im Laufe der Kirchengeschichte wurden – trotz Fehlentwicklungen wie dem Kolonialismus – immer mehr ethnische und nationale Grenzen überwunden, so dass man heute sagen darf und muss: Christen denken und handeln international. Sie passen damit hervorragend in unsere globalisierte Welt.

Trotzdem macht es Sinn, dass sie sich auch um ihre Nation, ihre Region und ihren Wohnort kümmern. Sie haben auf allen politischen Ebenen Werte und Strategien einzubringen, die den Zielen des Reiches Gottes und seines Gründers entsprechen. Verfassungsrechtlich organisierte Demokratien mit einer konsequenten Gewaltentrennung sind heute auf dem Rückzug. Getrieben von Macht und Geld kommen auch mitten im «christlichen» Europa immer mehr autoritäre (meist) Männer ans Ruder; kollektivistische Regierungsformen à la China und Russland bzw. am Stammesdenken orientierte afrikanische Staaten, die das Individuum verachten, sind im Aufwind.

Höchste Zeit also, dass wir, erfrischt vom Lebenshauch des Heiligen Geistes, wieder ganz neu unser Umfeld, unser Land und die globalisierte Welt mit den Werten und der Botschaft des Evangeliums prägen. Und das ganz ohne nationalistische Scheuklappen. Unsere Väter und Mütter im Glauben haben uns vorgemacht, was das heissen könnte.

 

1. Markus 1,15

2. Internetportal Livenet, Newsletter vom 12.4.22

3. Das Magazin Nr. 14 vom 9.4.22, Autor: Mikael Krogerus

4. Internetportal Livenet, Newsletter vom 25.4.22

5. Internetportal Livenet, Newsletter vom 1.4.22

6. Internetportal Livenet, Newsletter vom 1.4.22

7. Es besagt, dass die Ebene der Regulierungskompetenz immer so niedrig wie möglich und so hoch wie nötig angesiedelt werden soll.


Artikel ursprünglich erschienen am 02. Mai 2022 auf https://www.insist-consulting.ch/forum-integriertes-christsein/22-5-1-wieviel-nationalismus-ertraegt-das-evangelium.html

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(Aus dem französischen übersetzt)

Der Präsident des einflussreichsten demokratischen Landes der Welt, der die Ergebnisse der Wahlen, die zu seiner Nicht-Wiederwahl führten, nicht anerkennt, der schwere Betrugs- und Korruptionsvorwürfe gegen das demokratische System erhebt, in demselben Land, in dem sein Parlament von Demonstranten gestürmt wurde, als die Abgeordneten den fraglichen Wahlgang für verfassungsgemäß erklärten. Der Verlauf der Ereignisse in den letzten Monaten auf der anderen Seite des Atlantiks hat eine ebenso außergewöhnliche Dimension angenommen wie die Pandemie, die sich seit Anfang 2020 ausbreitet.

Diese Situation betrifft auch Christen, die sich in großer Zahl in diesem politischen Universum engagieren, vor allem evangelikale Leiter, die für Donald Trump sind, aber auch solche aus historischen Kirchen, die für Joe Biden eintreten. Viele von ihnen folgten in ihrer Unterstützung des ehemaligen Präsidenten dem, was seit Jahren als Verschwörungstheorien bezeichnet wird.

Welche Zeichen sind hier zu setzen?

Der Verfasser der Stellungnahme Chappatte 1 hat im November 2020 einen Blickwinkel für die Annäherung an dieses Ziel durch den Begriff der gemeinsamen Basis für das Funktionieren der Gesellschaft aufgezeigt. Wir kennen mehrere von ihnen auf allen Ebenen des Zusammenlebens, bis jetzt allgemein anerkannt von allen Menschen und von Menschen bis vor kurzem gemeinsam entwickelt. Sie reichen von der Sprache über Höflichkeit, Grundgesetze wie Flugverbot, Inzestverbot, Demokratie, Verkehrsregeln bis hin zum rechtsverbindlichen Poststempel. Unabhängig von politischen Tendenzen wird die gleiche Sprache beibehalten und sogar Wert darauf gelegt, dass ihre Regeln in der schriftlichen und mündlichen Kommunikation in den Medien eingehalten werden. Niemand wird vorgeben, die Konjugation nach seinem Geschmack zu ändern, zu vereinfachen und behaupten, dass dies sein Recht ist. Unabhängig von den soziologischen Merkmalen der Bewohner akzeptiert die Bevölkerung das Regelwerk des Straßenverkehrs als solches, man wird nicht sagen: „Ich beachte an der Kreuzung den Linksvorrang vor dem Rechtsvorrang, weil ich mich so entschieden habe“. Höflichkeit, daran findet niemand etwas auszusetzen. Wenn es um Politik geht, ist es in den westlichen Demokratien anerkannt, dass Wahlen frei sind und ordnungsgemäß ablaufen, abgesehen von menschlichen Unvollkommenheiten oder vereinzelten Problemen, wie es sie überall gibt. Die bekannten Ergebnisse werden kommentiert und der Gewinner wird beglückwünscht, aber es gibt keine Diskussion über die Ordnungsmäßigkeit der Durchführung der Wahl. Zugegeben, in diesem System gibt es Interessengruppen und deren Einfluss auf die politischen Instanzen, so wie die Justiz immer eine Regimejustiz ist (die den Gesetzen und damit der Mentalität der Mehrheit folgt und oft mit Richtern politischer Couleur besetzt ist, die den Machtverhältnissen im Lande folgen) und ich in den letzten zwei Jahren sogar zweimal gehört habe, dass sie in einem Rechtsstaat dem Klientelismus unterliegen könnte. Der Vollständigkeit halber sind noch weitere Nachteile zu nennen, die einen Mentalitätswandel widerspiegeln: im Vertrauensverhältnis im Geschäftsleben zum Beispiel: Alles muss schriftlich festgehalten werden, wir vertrauen manchmal nicht mehr, wenn jemand sagt, er habe einen Brief per Einschreiben geschickt.

Warum sollte man sich die Zeit nehmen, diese Prinzipien auch mit ihren Einschränkungen festzulegen? Schließlich haben uns die Ereignisse, die wir vor allem seit diesem Herbst in den Vereinigten Staaten erlebt haben, eindeutig von diesen Standards entfernt. Wir erkennen überhaupt kein demokratisches Wahlsystem mehr an. Und dies war ein Maßstab, vor allem angesichts der Briefwahlen, die unter dem Vorwurf stehen, Millionen von Stimmen produziert zu haben. Wir stellen die Justiz in Frage, die die Kläger demontiert, indem sie von der Manipulation von Stimmen durch China oder Venezuela spricht.

Die Entwicklung dieses Phänomens der Denunziation um jeden Preis zeigt eine extreme Entwicklung innerhalb der liberalen Demokratien, die aus der Aufklärung hervorgegangen sind. Das Recht auf freie Meinungsäußerung nimmt immer mehr zu, vor allem in sozialen Netzwerken. Die Menschen maßen sich das Recht an, verschiedene und radikale Meinungen und Informationen zu verbreiten, die, wenn sie sich als falsch erweisen, diffamierend, beleidigend und respektlos sind. Auch bei diesem Phänomen besteht die Gefahr, dass man die Informationen so ernst nimmt, wie man sie gerne glauben möchte.

Wie finde ich mich hier zurecht?

Neben den Gemeinsamkeiten gibt es noch einen weiteren Ansatz, der sich in diesem Informationsuniversum entwickelt: Es geht darum, im Gegensatz zu den Zeugenaussagen, Dokumenten, Bildern, die in den Medien produziert werden in Betracht zu ziehen, welche wir nicht selbst verifizieren können, was wir auf unserer eigenen Ebene als objektiv oder konform oder nicht konform mit einer Realität bewerten können, die wir kennen oder die wir aus unserer Situation als Beobachter nachweisen können.

Wir wissen nachweislich, dass Trump illegale oder auf jeden Fall antidemokratische Dinge getan hat: einen hohen Beamten eines umstrittenen Bundesstaates bitten, die Bescheinigung über die Gültigkeit der von J. Biden gewonnenen Wahl nicht auszustellen, Pence bitten, die Bescheinigungen über die Gültigkeit der Wahl im Kongress (allein) abzulehnen, den Staatssekretär von Georgia um 11.000 Stimmen bitten und erklären, ohne irgendeinen Beweis zu erbringen, dass die Wahlen in diesem von den Republikanern regierten Staat manipuliert wurden. Andererseits gibt es keine von uns überprüfbaren Elemente, die einen Betrug oder illegale Handlungen belegen, und zwar nicht von Seiten der Demokraten, sondern von Seiten der Staaten, in denen die Wahl knapp ausfiel, wobei das Parlament, der Gouverneur, die Justiz und sogar, wenn nötig, die republikanische Partei der betreffenden Staaten das Urteil für Biden bestätigt haben. In der Tat hat Donald Trump die Staaten angegriffen, in denen der Abstand zugunsten von Joe Biden gering war, und nicht die von den Demokraten regierten Staaten, so dass es nach gesundem Menschenverstand verständlich ist, dass er auf die Staaten abzielte, in denen er durch seine wiederholten Worte und Handlungen eine Umkehrung des Wahlergebnisses in Betracht ziehen könnte.

Gleichzeitig die Demokratie, das Justizsystem der umstrittenen Staaten und das Bundessystem – mit 9 Richtern davon 6 Konservativen, 3 davon von D.Trump ernannt – in Frage zu stellen, zusätzlich zu den gewählten Beamten und Richtern, die in denselben Staaten oft Republikaner sind, und das obwohl der New Yorker bis zum 20. Januar Präsident der Vereinigten Staaten blieb, mit der Verwaltung, der Mehrheit des Senats und wichtigen Medien wie Fox News, die hinter ihm standen, ist viel verlangt.
Seit 5 Jahren von evangelikalen christlichen Leitern zu hören, die Donald Trumps Haltung damit verteidigen, dass er ein Geschäftsmann und kein Politiker ist und dass wir nicht Mutter Teresa wählen können, ist ein unzureichendes Argument.

Nehmen wir als neues Beispiel die Ereignisse, deren Aufnahmen in Endlosschleife als schmerzhafte Episode in der Geschichte der Vereinigten Staaten, wie 20 Jahre zuvor am 11. September, um die Welt gingen: der Ausbruch der Demonstranten vor dem Kapitol am 6. Januar 2021.

Seit Monaten wiederholt Donald Trump, dass er die Wahlen weitgehend gewonnen hat und die Demokraten ihm deshalb den Sieg durch Betrug gestohlen haben („I won by a landslide“ – Ich habe erdrutschartig gewonnen – „#Stop the steal“ – Stoppt den Diebstahl – „fraudulent and rigged elections“), wobei alle lancierten Verfahren ausnahmslos abgewiesen werden. Das ist der Kontext.

Gehen wir nun zurück zu Donald Trumps Botschaften an diesem Tag.

Am 6. Januar rief er vor der vor dem Weißen Haus versammelten Menge dazu auf, zum Kapitol zu marschieren, nachdem er gesagt hatte, dass er von Mike Pence erwarte, dass er sich entschieden gegen die Abstimmung zur Validierung der staatlichen Urkunden für die Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen stellen werde (es wäre bereits verfassungswidrig gewesen, wenn der Kongress die angefochtenen Stimmen nicht für gültig erklärt hätte, da alle Verfahren abgeschlossen waren; was er von Mike Pence erwartete, war ein Akt, der ohne Übertreibung als Staatsstreich bezeichnet werden kann 2 ). Dann, als die Menge in das Kapitol einbrach, twitterte er, dass Mike Pence „nicht den Mut hatte, das zu tun, was er tun musste, um unser Land und unsere Verfassung zu schützen“ 3 Wir wissen, dass sein Leben in diesen Momenten von den Demonstranten in Worten ausgedrückt bedroht wurde. Dann twittert er an Leute auf dem Capitol Hill, um sie zu ermutigen, „die Capitol-Polizei und die Strafverfolgungsbehörden zu schützen“. Sie sind wirklich auf unserer Seite. Bleiben Sie ruhig“ (er zeigt sich also auf ihrer Seite, indem er sie nicht auffordert, das Gelände zu verlassen, er spricht über die Polizei, als ob sie ihre Verbündeten wären). Dann veröffentlicht er einen Tweet, in dem er darum bittet, Ordnung und Ruhe zu respektieren. Später, in einer Videobotschaft, die im Weißen Haus gefilmt wurde, sagt er der Menge: „Ich liebe euch, jetzt könnt ihr in Frieden nach Hause gehen“. Dies ist kein Zeugnis oder Kommentar zu dem, was Donald Trump am Rande dieses unglückseligen Tages gesagt oder getan hat, sondern seine Aktion, die er freiwillig selbst öffentlich gemacht hat. Wir sahen, hörten und lasen es live neben der Aktion seiner Unterstützer auf dem Capitol Hill.

Es ist offensichtlich, dass seine Interventionen in den darauffolgenden Tagen, in denen er die Gewalt verurteilte, angesichts der überall festgestellten Schwere der Ereignisse wie eine Aufholjagd klangen. Wir wissen, dass sechs Menschen getötet wurden und dass einige der Parlamentarier um ihr Leben fürchteten. Das Ereignis fand weltweit Widerhall und führte zu einer Vielzahl von Reaktionen von Regierungen bis hin zum Bundesrat.
Um das Beispiel einer geplotteten neokonservativen Rede zu diesem Thema in einem Video4 zu nehmen, sagte ein französischer Redner über die Sicherheitsvorkehrungen für die Amtseinführung von Joe Biden, dass sie in der Größenordnung einer Bananenrepublik bzw. einer Diktatur liegen, wie wir sie in Zentraleuropa erlebt haben. Diese außergewöhnlichen Maßnahmen sind jedoch genau das Ergebnis der Besetzung des Capitol Hill durch Demonstranten, um die eigentliche parlamentarische Arbeit der Validierung der Wahlergebnisse nach einem langen Prozess zu konterkarieren, an dem gewählte Vertreter und Magistrate aller Seiten beteiligt waren. Der ehemalige republikanische Präsident George Bush selbst bezeichnete diesen Angriff als Bananenrepublik, und so wurde der neue demokratische Akt der Vereidigung des gewählten Präsidenten geschützt. Auf der einen Seite steht eine objektive Bewertung von Trumps Verhalten und der Maßnahmen für den 20. Januar, der ein Diskurs gegenübersteht, der nicht die von allen beobachteten Fakten widerspiegelt. Im gleichen Video bezeichnet er das erste Verfahren zur Amtsenthebung von D. Trump als stalinistisch. Alle Fachleute definieren in gleicher Weise, was ein stalinistischer Prozess ist (Prozess nach Folter und damit öffentlichen Geständnissen der Angeklagten für Verbrechen, die nicht zur Beseitigung von Persönlichkeiten begangen wurden), also wissen wir, dass das Verfahren, das vom Kongress abgewickelt wurde, von dessen Kammern – mehrheitlich republikanisch – Trump freigesprochen wurde, offensichtlich kein stalinistischer Prozess ist. Die Glaubwürdigkeit dieses neokonservativen Redners bei der Anprangerung der Betrüger ist entsprechend untergraben.

Diese Aspekte, die in den letzten 2 Monaten des Lebens von Donald Trump aufgeworfen wurden, führen uns natürlich dazu, unsere Fragen in eine Richtung zu lenken, die andere Themen betreffen, wie z.B. die russische Einmischung in die vorangegangene Wahl von 2016 (als sein Sieg von den Demokraten nicht angefochten wurde), seine Verantwortung in den Elementen, die zu einem ersten Amtsenthebungsverfahren führten, sowie seine Neigung zu falschen Aussagen in der Öffentlichkeit seit Beginn seiner Kampagne im Jahr 2016.
Trumps politische Bilanz ist jedoch in vielerlei Hinsicht nicht schlecht. Das Niveau der wirtschaftlichen Entwicklung war vor der Pandemie sehr hoch und die Indikatoren begannen im letzten Sommer wieder zu steigen. Er hatte den Mut, China, dem Iran und anderen schwierigen Ländern die Stirn zu bieten, er stellte den Frieden zwischen Israel und mehreren arabischen Ländern wieder her. Vor allem aber agierte er wie R. Reagan oder G. Bush jr. als Korrektiv der Gegenkultur der 1960er Jahre. Dazu gehörten all diese positiven fortschrittlichen Aspekte wie die Abschaffung der Dominanz der Afroamerikaner, der Frauen, der Menschen aus bescheidenen Verhältnissen, der Länder des Südens gegenüber denen des Nordens, der Kampf gegen Kriege, die den Einfluss der USA auf den Rest der Welt vergrößern sollten oder der Schutz der Umwelt. Auf seine schädliche Weise hat Donald Trump für die Begrenzung der Praxis der Abtreibung oder die Suche nach einer Umkehrung des Trends in der Zunahme der LGBT-Rechte gearbeitet. Wir müssen die Verschiebungen innerhalb der Gegenkultur berücksichtigen, die dazu neigt, sich in liberalen Kreisen aufzudrängen, ihre radikalen Ideen und ihr ideales egalitäres Projekt: z.B. zu behaupten, dass man die totale Transformation, die für die afroamerikanische Bedingung gefordert wird, nicht verstehen kann, wenn man nicht selbst schwarz ist, dass man sich nicht mehr gegen die Idee wehren kann, dass Berufe kein Geschlecht haben und deshalb nicht mehr sagen kann, dass es normal ist, dass ein Kranführer ein Mann ist, die Tatsache, Christ zu sein, heutzutage an den Rand zu drängen, anstatt offen für die neuen Spiritualitäten zu sein, die in unserer Gesellschaft üblich sind (selbst zu behaupten, ein liberaler Christ zu sein, reicht oft nicht mehr aus, um dazuzugehören).

Die Absicht dieses Artikels war es, den Weg für eine möglichst objektive, nicht wertende Meinung zu ebnen, die den Christen zu einer Sichtweise ohne Leidenschaft, Hass oder Urteil einlädt; unter Wahrung von Rücksicht und Respekt für die betreffenden Akteure. Es war für den Autor wie das Entschärfen einer Bombe…


1. https://www.24heures.ch/chappatte-les-annees-trump-netaient-pas-un-accident-647994051664

2. https://www.usnews.com/news/politics/articles/2021-01-13/transcript-of-trumps-speech-at-rally-before-us-capitol-riot

3. Tweet und Post fb D.Trump 6. Januar 20:28 Schweizer Zeit

Mike Pence hatte nicht den Mut, das zu tun, was er hätte tun sollen, um unser Land und unsere Verfassung zu schützen, indem er den Staaten eine Chance gab, die Ergebnisse zu bestätigen, indem er die Tatsachen richtig feststellte und nicht die betrügerischen oder ungenauen Tatsachen, nach denen sie gefragt wurden oder die zuvor bestätigt wurden. Die Vereinigten Staaten verlangen nach der Wahrheit!

Mike Pence hatte nicht den Mut, das zu tun, was getan werden sollte, um unser Land und unsere Verfassung zu schützen, indem er den Staaten eine Chance gab, einen korrigierten Satz von Fakten zu bescheinigen, und nicht die betrügerischen oder ungenauen, die sie zuvor zu bescheinigen aufgefordert wurden. USA verlangt die Wahrheit!

4. https://www.youtube.com/watch?v=Otywa1T6QBg

Photo by Max Letek on Unsplash


Anhang: Tweets von Donald J. Trump am 6. Januar, Schweizer und US-Ostküstenzeit. Originalsprache und freie Übersetzung.

16 :48 /10 :48 (über die Ergebnisse der Senatswahlen in Georgien. D. Verloren hat ein republikanischer Kandidat, der in der zweiten Runde von einem Demokraten besiegt wurde)

These scoundrels are only toying with the David Perdue (a great guy) vote. Just didn’t want to announce quite yet. They’ve got as many ballots as are necessary. Rigged Election!

(Diese Schurken spielen nur mit der Stimme von David Perdue (ein toller Kerl). Ich wollte es nur noch nicht ankündigen. Sie haben so viele Stimmzettel, wie nötig sind. Gefälschte Wahl!).


20 :28/14 :28

Mike Pence didn’t have the courage to do what should have been done to protect our Country and our Constitution, giving States a chance to certify a corrected set of facts, not the fraudulent or inaccurate ones which they were asked to previously certify. USA demands the truth!

(Mike Pence hatte nicht den Mut, das zu tun, was getan werden sollte, um unser Land und unsere Verfassung zu schützen, indem er den Staaten eine Chance gab, einen korrigierten Satz von Fakten zu bescheinigen, und nicht die betrügerischen oder ungenauen, die sie zuvor zu bescheinigen aufgefordert wurden. USA verlangt die Wahrheit!).


6. Januar 20:40 / 14:40

Please support our Capitol Police and Law Enforcement. They are truly on the side of our Country. Stay peaceful!

(Bitte unterstützen Sie unsere Capitol Police und Law Enforcement. Sie sind wirklich auf der Seite unseres Landes. Bleiben Sie friedlich!)


6. Januar, 21:14 Uhr / 15:14 Uhr

I am asking for eveone at the U.S. Capitol to remain peaceful. No violence! Remember, WE are the Party of Law & Order – respect the Law and our great men and women in Blue. Thank you!

(Ich bitte darum, dass alle im Capitol friedlich bleiben. Keine Gewalt! Denken Sie daran, WIR sind die Partei von Recht & Ordnung – respektieren Sie das Gesetz und unsere großen Männer und Frauen in Uniform. Danke!)

 

gegen 12:00 Uhr / gegen 18:00 Uhr

These are the things and events that happen when a sacred landslide election victory is so unceremoniously & viciously stripped away from great patriots who have been badly & unfairly treated for so long. Go home with love & peace. Remember this day forever.

(Das sind die Ereignisse, was passiert, wenn ein großer erdrutschartiger Wahlsieg so kurzerhand & bösartig von großen Patrioten weggenommen wird, die so lange schlecht & unfair behandelt wurden. Kommen Sie mit Liebe und Frieden nach Hause. Erinnern Sie sich für immer an diesen Tag).

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80% der weißen Evangelikalen stimmten bei den US-Wahlen im November 2016 für Donald Trump. Wie lässt sich das erklären?

Eine systematische Abstimmung

Heute stimmt die große Mehrheit der Evangelikalen, dieser Randgruppe des amerikanischen Protestantismus, bei den Präsidentschaftswahlen systematisch für den republikanischen Kandidaten. Wir müssen auf die Präsidentschaft von Jimmy Carter (1977-1981) zurückgehen, um den Ursprung dieses Phänomens zu verstehen: Als Demokrat, Southern Baptist (Southern Baptist Convention, konservativ die größte protestantische Konfession in den USA) führte er 1976 seine Kampagne mit vielen Zitaten aus der Bibel und der Bestätigung, dass er wiedergeboren wurde. Er selbst ist Sonntagsschullehrer, eine Tätigkeit, die er nie aufgegeben hat. Im November 1976 wurde er mit starker Unterstützung von evangelischen Protestanten, insbesondere aus dem Süden, gewählt. Die Zeitschrift Newsweek erklärte das laufende Jahr zum Jahr der Evangelikalen, die sich zuvor jahrzehntelang aus der Politik herausgehalten hatten. Für diese Bevölkerung wird sich Jimmy Carter jedoch als zu nah an der Bewegung der 1960er Jahre erweisen.

Die Gegenkultur der sechziger Jahre

Diese Jahre sind auch als die Jahre der Gegenkultur bekannt. Die Durchbrüche bei den Bürgerrechten für Afroamerikaner, der Protest des Vietnamkrieges, die Beatnik-Bewegungen und die damit verbundene Musikkultur (wie z.B. Woodstock, die auch den Drogenkonsum einschloss), die Emanzipation der Frau, die sexuelle Revolution, all diese Elemente sollten trotz der positiven Aspekte, die von allen als Kampf der Nachkommen der Sklaven für ihre volle Integration in die Gesellschaft anerkannt wurden, wird bei den konservativen Randgruppen der Bevölkerung, zu denen die Mehrheit der Evangelikalen gehörte, Besorgnis auslösen. Billy Graham, ein Bezugspunkt in dieser christlichen Familie, auch wenn er selbst nicht wirklich konservativ ist und Martin Luther King unterstützt hat, wird hinter dem Aktivismus der Bürgerrechtsbewegung die Gefahr einer Destabilisierung der amerikanischen Gesellschaft sehen. Wir können auch vom Kontext der Opposition gegen den Kommunismus in der Gesellschaft im Allgemeinen sprechen, solange diese Bewegungen gegen den Wandel nach links tendieren.

Was die Sexualethik betrifft, so löste die Bewegung der 1960er Jahre eine fortschreitende Trivialisierung der Sexualität außerhalb der Ehe, Abtreibung, Ehebruch, Scheidung, Pornographie, Prostitution, Homosexualität und Transsexualität aus.

Nicht die gleichen Prioritäten

Jimmy Carter wird diesen Bewegungen im Bereich der Familie ziemlich nahe stehen, indem er den Feminismus, die Neudefinition der Rollen in der Ehe, die moralische Laxheit im sexuellen Bereich, einschließlich Homosexualität und Abtreibung, gegen die er sich nicht genug nach dem Geschmack der Konservativen einsetzt, unterstützt.

Auf der anderen Seite setzt er sich voll und ganz für die Bürgerrechte und den Kampf für soziale Gerechtigkeit ein. Dies steht im Gegensatz zu der Mehrheit der weißen Evangelikalen, die in diesem Teil der Bewegung eher durch die Macht der Verhältnisse als durch tiefe Überzeugung folgen. Die weißen Baptisten-Eliten sind im Gegensatz zu ihrer Basis für Veränderungen. Carter hingegen versucht, ein gewaltsames Ende der Segregation in privaten weißen (oft evangelikalen) Schulen des Südens herbeizuführen, die sich nicht ändern wollen.

Die christliche Rechte

Bereits 1979 bildete sich die christlich rechte Bewegung, deren Ziel es unter anderem war, den republikanischen Kandidaten, allen voran Ronald Reagan, systematisch evangelische Unterstützung zu geben. Ihr Ziel: der Entwicklung der Gesellschaft und der Christen, die ihr nur folgen, entgegenzuwirken. Diese Bewegung erscheint parallel zu der konservativen Bewegung in der katholischen Kirche unter der Führung von Johannes Paul II., die eine Reaktion auf die Befreiungstheologie und die liberalen Positionen der römischen Kirche in den USA ist.

Die Säkularisierungsbewegung, die in den Vereinigten Staaten beginnt, geht in die andere Richtung, um die evangelischen Kirchen zu energetisieren, welche in eine starke Bewegung zur Verteidigung der bestätigten traditionellen Identität ihres Landes eintreten werden. In den 1970er und 1980er Jahren werden ihre Mitgliederzahlen erstmals die der gemäßigten Kirchen übertreffen. Letztere begleiteten in der Tat weitgehend die Bewegung zur Relativierung des christlichen Glaubens in der Gesellschaft. Offenbar neigen Humanismus, die Betonung von Werten und das Nachdenken über die Veränderung der Gesellschaft dazu, den Glauben zu schwächen, wenn sie nicht von einem aktiven geistlichen Leben begleitet werden.

Der Erfolg der Republikaner

Politisch führte die christlich rechte Bewegung zu einem durchschlagenden Sieg der Republikaner bei den Wahlen von 1980 (Ronald Reagan), der bei den nächsten beiden Wahlen (Reagan und Bush Sr.) bestätigt wurde.

Danach werden die beiden Siege des Demokraten Bill Clinton, der von vielen Konservativen als ein Mann der sechziger Jahre angesehen wird, durch eine Kurbeltreaktion zum Sieg von George W. Bush führen, der im Jahr 2000 an die Macht kam. Im Jahr 2004 stimmten 75% der Evangelikalen (weiß) und 56% der Katholiken für Bush Jr. Diese Werte sind mehr oder weniger die gleichen, die Donald Trump zur Präsidentschaft gebracht haben.

Der Erfolg von Trump ist unter anderem auf eine populistische Kampagne zurückzuführen, die die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich zieht und der die Medien viel Zeit für die Berichterstattung widmen, was sich in Einschaltquoten und Gewinnen niederschlägt. Die Wahl von Donald Trump war auch auf diese massive Unterstützung der weißen Evangelikalen und ihrer Motivationen zurückzuführen.

Bibliographie

D W. Hudson, Vorrückende christliche Soldaten, Threshold Ed. 2008 (katholisch)
S. Fath, Bibelaktivisten in den Vereinigten Staaten, Evangelikale und Fundamentalisten des Südens, sonst Grenze, 2004 (evangelikal)
T. Mitri, Im Namen der Bibel, im Namen Amerikas, Arbeit und Fide, 2004 (Ökumenischer Rat der Kirchen)