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Christentum, Rassismus und Umweltschutz: diese drei grossen Themen klingen auf den ersten Blick, als hätten sie kaum etwas gemeinsam. Doch schaue ich mir zum Beispiel den Regierungsstil von Jair Bolsonaro an, wird der Zusammenhang sehr offensichtlich – und er macht mich als Christin hellhörig.

Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro ist eine sehr kontroverse Figur der internationalen politischen Landschaft. Einerseits lockert er die Gesetze zur Abholzung des Regenwaldes und diskriminiert die indigene Bevölkerung, andererseits proklamiert er seinen Glauben an Jesus Christus. Für evangelikale Christen ist er ein Vorbild, für Umweltschützende und Menschenrechtler ein wandelnder Albtraum. Für mich als Christin ist es schwierig nachzuvollziehen, wie ein Mensch an Gott glauben und gleichzeitig öffentlich rassistisch und umweltfeindlich auftreten kann. Doch ein Blick in die Vergangenheit verrät, dass Bolsonaro keine Ausnahme ist.

Die Geschichte beginnt 1492. Christoph Kolumbus suchte im Auftrag der spanischen Krone einen direkten Seeweg nach Indien und entdeckte dabei Amerika. Die Entdeckung der „neuen Welt“ weckte auch das Interesse des Papstes. Mit dem Ziel das Christentum zur Weltreligion zu machen, verfasste Papst Alexander VI. im Jahr 1493 die Bulle Inter Caetera, worin er den Christen die Einnahme aller Gebiete erlaubte, die nicht von einem christlichen Herrscher regiert wurden. Spanien verfolgte fortan das Ziel Latein- und Südamerika zu erobern, zu missionieren und in den spanischen Herrschaftsbereich zu integrieren. Machtpolitische Ziele vermischten sich mit dem Gedanken, dass das spanisch-christliche Weltbild das fortschrittlichste und allen anderen überlegen war. Die Weltbilder der indigenen Bevölkerung Süd- und Lateinamerikas waren jedoch animistisch geprägt. Dies befremdete die spanischen Eroberer und Missionare. Ihre ersten Berichte über die Einheimischen waren daher aus heutiger Sicht äusserst rassistisch. Die Beziehung der Eroberer und Missionare zur einheimischen Bevölkerung war von Anfang an ambivalent. Einerseits brauchten die Eroberer die Einheimischen auf Erkundungsreisen im Landesinnern und um Rohstoffe für den Handel zu finden. Andererseits behandelten sie die Einheimischen selbst dann nicht als gleichwertig, wenn sie zum Christentum konvertiert waren. Dieses Verhalten widersprach jedoch der Bulle Inter Caetera und den Ansichten einiger Missionare, welche sich für die gleichwertige Behandlung der Konvertiten einsetzten. Einer der sich vehement für die gleichen Rechte Indigener in Mexiko einsetzte, war Bartolomé de las Casas. Er gilt noch heute als einer der ersten Menschenrechtler. Für mich ist er ein grosser Lichtblick in diesem traurigen Abschnitt europäischer und amerikanischer Geschichte.

Die Auswirkungen des Kolonialismus sind heute noch global spürbar, denn Kolonialismus fand nicht nur auf den Kontinenten dieser Welt statt, sondern auch in den Köpfen der Menschen. Zwar wurde das christliche Weltbild in Europa und den USA durch ein naturalistisches abgelöst, doch im Kern blieb der Gedanke der „weissen Überlegenheit“ (white supremacy) hängen. Gerade im Umweltschutz war dieser Überlegenheitsgedanke lange Zeit stark verbreitet. Indigene wurden von ihrem Land vertrieben, um Nationalparks zu gründen. Traditionelles Wissen über Tiere und Pflanzen wurde gegenüber der westlichen Naturwissenschaft abgewertet. Einheimische Umweltschützende erhielten einen geringeren Lohn als ihre weissen Kollegen oder durften erst gar nicht an den Artenschutzprojekten im eigenen Land mitarbeiten. Einige dieser Missstände existieren leider noch heute. Als Antwort auf die „Black Lives Matter“- Bewegung gibt es innerhalb des Umweltschutzes Bestrebungen, diese Missstände ein für alle Mal zu beheben und die Umweltschutzprojekte der einheimischen Bevölkerung besser zu unterstützen.

Bis der Gedanke der „weissen Überlegenheit“ aus den Köpfen der Menschen verschwunden sein wird, wird wohl noch etliche Zeit verstreichen. Was wir als Christen heute bereits tun können, ist genau hinzuschauen, sobald eine Regierung wie jene von Jair Bolsonaro mit derselben fremdenfeindlichen Gesinnung auf die indigene Bevölkerung des eigenen Landes zugeht wie einst die europäischen Kolonialmächte. Der Präsident von Brasilien mag sich als Christ identifizieren, doch gibt es ihm noch lange nicht das Recht den Einheimischen unter dem Deckmantel des wirtschaftlichen Fortschritts ihr Land wegzunehmen und ihre Umweltschutzprojekte zu untergraben. Genauso wie der westliche Umweltschutz muss sich auch das Christentum der Frage stellen, wo sich in seinen Überzeugungen die Idee der „weissen Überlegenheit“ eingeschlichen hat. Denn nur so wird es uns als Christenheit in Zukunft gelingen, weniger Bolsonaros und mehr de las Casas‘ hervorzubringen.

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Brüder und Schwestern, die für soziale Gerechtigkeit empfänglich sind, erschien es Ihnen jemals einfacher, den abgewiesenen Asylbewerber zu lieben als den Quasi-Faschisten um die Ecke? Vielleicht fühlten Sie sich mit dem umweltfreundlichen Mann in Ihrem Gemeinschaftsgarten mehr verbunden als mit Ihrem Bruder in Christus, der durch Motorradfahrten verzweifelt war?

Soziale Ungleichheiten und Abschottung

Die anhaltende Bewegung der gelben Jacken ist ein weiterer Beweis dafür: Nicht alles läuft gut. Die heutige Welt hat ihren Anteil an Missverständnissen und Revolten, die zum Bau von Mauern zwischen verschiedenen Kategorien von Menschen führen.

Es besteht die große Gefahr, die Übel des Jahrhunderts zu einem persönlichen Problem zu machen. Angesichts der anhaltenden Anzeichen von Ungleichheit in unseren Ländern sollten wir einen Schritt zurücktreten und unsere direkteren Beziehungen betrachten. Lassen Sie uns das Ausmaß unseres Wunsches nach Gerechtigkeit messen, wo wir normalerweise nicht in „sozialer Gerechtigkeit“ denken.

Es ist verlockend, unsere Mitmenschen nach unseren eigenen Kriterien zu beurteilen. Doch bei der Verteidigung der Ursachen, die wir am meisten zu respektieren glauben, brauchen wir den Gott der Barmherzigkeit und der Gerechtigkeit immer noch genauso dringend, wie die Person, die mit uns nicht einverstanden ist.

Angesichts dieser Realität sollten wir uns mit einer relationalen Wahrheit des Evangeliums beschäftigen:

Eine erste Geste der Nächstenliebe: Nimm den Balken aus seinem Auge.

Durch die Arbeit mit Holz zeichnete der Zimmermann Jesus ein sehr gutes Bild: „Wie kannst du zu deinem Bruder sagen: ‚Bruder, lass mich den Splitter aus deinem Auge herausnehmen‘, wenn du den Balken in deinem eigenen Auge nicht sehen kannst? Heuchler, nimm zuerst den Balken aus deinem Auge, und dann wirst du sehen, wie du den Splitter aus dem Auge deines Bruders entfernen kannst. „(Lk 6:42)

Dies ist der erste Akt der Nächstenliebe, der durchgeführt werden muss: die eigenen Fehler erkennen zu können. Schöne Ideen und gute Werte zu haben, bringt uns nie von dem Streben nach Demut und Integrität ab1 .  Dann laden sie uns ein, den anderen ohne Arroganz herauszufordern, in einem für beide Seiten fruchtbaren Prozess.

Eine überwältigende Liebe

Dieser Aspekt ist revolutionär, vor allem in den kleinen Details unseres Lebens. Die in die Praxis umgesetzte Liebe umfasst nicht nur Tapferkeit und Mitgefühl, sondern auch jede Form von Ehrlichkeit gegenüber sich selbst.

Da wir in einem Klima der Polarisierung, des Übermaßes und der Extreme leben, sollten wir uns davor hüten, andere zu verachten, und stattdessen für ihr Wohl handeln, auch wenn sie kein Mitleid erregen. Jesus betont, dass unsere sozialen Verpflichtungen nur dann von Wert sind, wenn sie in verwandelten Herzen und Beziehungen verwurzelt sind.

1.  Inspiriert von Tom Holladays Buch „Beziehungen“: Das Modell Jesu, Ourania, 2010.

Bild: Steve Buissinne auf Pixabay

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Nach einem Artikel [2] ] in Le Monde online sind 3,2 Millionen Franzosen, d.h. mehr als 13% der erwerbstätigen Bevölkerung, einem hohen Burn-out-Risiko ausgesetzt. Diese Menschen gehen über ihre Grenzen hinaus und riskieren, in einen Zustand der totalen Erschöpfung zu geraten und manchmal für den Rest ihres Lebens gezeichnet zu sein. Andererseits schätzt Christian Bourion, ein Arbeitsökonom, dass 30% der Arbeitnehmer unter Bore-Out, d.h. völliger Demotivation und Krankheit durch Langeweile am Arbeitsplatz, leiden. Wenn wir zu diesem Mobbing, den Konflikten, der sexuellen Belästigung, dem Workaholismus, der Verunglimpfung, der Lohnungleichheit noch etwas hinzufügen, sieht die Arbeitswelt nicht mehr unbedingt wie ein Eldorado voller Möglichkeiten aus, sondern wie ein wirklich gefährlicher Dschungel. Christen werden natürlich nicht verschont.

Große Hoffnungen, dann Desillusionierung?

Und auch unsere Gesellschaft verlangt viel, stellt der Forscher Christian Bourion fest: „Heute wollen die Menschen, dass die Arbeit eine Quelle der Erfüllung ist. So erziehen wir unsere Kinder, wir geben ihnen eine lange Ausbildung. Aber wenn sie in den Arbeitsmarkt eintreten, ist es eine große Enttäuschung. Das Ergebnis ist noch mehr Leid. „Es gibt eine Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Die Realität sieht so aus: Gott schuf den Menschen und gab ihm die Verantwortung, sich um den Garten Eden zu kümmern. Doch sein Sturz, seine Revolte gegen Gott in Eden, hat die Bedingungen dieser Arbeit verändert.

Einem wohlwollenden Führer gehorchen

Wie können wir dann unseren Einsatz in der Arbeitswelt als Christen in der Nachfolge Christi leben? Hier sind einige Punkte, die mir wesentlich erscheinen.

Unser einzig wahrer Führer ist Christus! Und er sagt uns, dass seine Last leicht ist, weil er sie mit uns trägt. Er will uns wahrscheinlich nicht zum Burn-out oder Bore-Out führen. Wenn wir uns bei unserer Arbeit überfordert fühlen oder keinen Sinn mehr darin sehen, können wir mit unserem Leiter sprechen, um seine Unterstützung und Anweisungen zur Verbesserung der Situation zu erhalten.

Die Härte der Arbeit wird in der Bibel mit dem Einbruch der Sünde in die Welt assoziiert (1. Mose 3:17) Es ist zu erwarten, dass wir Schwierigkeiten haben werden, damit umzugehen.

Hoffnung für die Zukunft wecken

Aber selbst in diesen Schwierigkeiten kann unsere Arbeit eine schöne Frucht hervorbringen, die die Liebe Gottes im Dienst an der Welt bezeugt. Und wir können uns auch dafür einsetzen, dass Respekt und Würde und bessere Arbeitsbedingungen in diesem oft gnadenlosen Sektor besser gewährleistet sind.

Erinnern wir uns vor allem daran, dass eines Tages Christus kommen wird, um die Tränen, das Leiden und die Frustration, die mit der Arbeit verbunden sind, zu beseitigen!

 

1.    Die Welt online, https://www.lemonde.fr/economie/article/2014/01/22/plus-de-3-millions-de-francais-au-bord-du-burn-out_4352438_3234.html

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Wie kann der Glaube unser Finanzmanagement beeinflussen?
Samuel teilt seine Erfahrung. Sein Zeugnis.

Ich warte auf Gott…

Bevor ich als freiberuflicher Übersetzer arbeitete, war ich Angestellter. Aus wirtschaftlichen Gründen wurde ich nach fünf Jahren gefeuert. In den folgenden zwei Jahren hatte ich das Privileg, Arbeitslosengeld zu beziehen. Als ich am Ende meiner Rechte angelangt war, konnte ich mir nicht vorstellen, dass ich einen Solidaritätsjob annehmen würde, der mich dazu gebracht hätte, in einem völlig anderen Bereich zu arbeiten, ohne dass ich wirklich die Aussicht hatte, eines Tages zum Übersetzen zurückzukehren. Also beschloss ich, mich selbstständig zu machen.

Aber angesichts der Schwierigkeit, meine ersten Kunden zu gewinnen, quälten mich Sorgen, nächtlichen Grüblereien, Existenzängste – ja, ich hatte regelrecht Angst vor dem Sterben! Angesichts dieses Unfriedens entdeckte ich die Stelle in Sprüche 30,8: „Gib mir weder Armut noch Reichtum, sondern gib mir das Brot, das ich brauche. „Ich begann, zu Gott zu beten, dass er mir Vertrauen schenkt, dass er für meine Bedürfnisse sorgt (nicht mehr und nicht weniger). Im Laufe der Wochen verflogen meine Ängste allmählich. Gleichzeitig war die Gewinnung neuer Kunden von ersten Erfolgen gekrönt.

… und tue, was ich kann

Nach dieser Gründungsphase kam die Phase des Wohlstands: mein Auftragsbuch füllte sich, meine Finanzen waren ausgeglichen. Die Herausforderung bestand nun darin, immer getreu dem Sprichwort, nicht zu viel zu haben, damit ich mich nicht überarbeite und erschöpfe, sondern mit dem zufrieden zu sein, was ich zum Leben brauchte. Also betete ich zu Gott, er möge den Hahn etwas „abdrehen“. Auf diese Weise bin ich zu einer Neugewichtung gekommen, die bis heute immer wieder neu gefunden werden muss. Die Herausforderung bleibt also, auf Gott zu warten und gleichzeitig alles zu tun, um meine finanzielle Situation zu ändern.


Veröffentlicht in Christianity Today, Juli-August 2018, unter dem Titel „Weder zu viel noch zu wenig“ (S. 19).

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Was ist Wahrheit? 

Die Wahrheit ist bei Gott. Nicht bei uns Menschen. Der Teufel als Vater der Lüge ist jedoch dabei, Gott und das, wie er sich in der Welt offenbart, konsequent zu leugnen. Deshalb ist es unser Auftrag, über der Welt, wie Gott sie geschaffen hat, der Wirklichkeit, in der er sich geoffenbart hat, die  Wahrheit zu sprechen.

Jedoch sollten wir die Demut besitzen anzuerkennen, dass wir die Wahrheit immer nur als Stückwerk sehen können.  (1. Korinther 13).  Wenn wir von Wahrheit sprechen, darf sie nicht abstrakt oder abgehoben daherkommen. Sie soll zunächst uns persönlich verändern und in Taten für den anderen und für die Welt münden.

Unser Autor Michael Gonin hat sich dem, was in der Bibel als Wahrheit beschrieben wird, tiefer auseinandergesetzt:

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Reich Gottes: ein flüchtiger Zustand

Jemand hat einmal gesagt: «Jesus hat das Reich Gottes gepredigt. Gekommen ist die Kirche» Die Kirche ist nicht das Reich Gottes auf Erden. Im Zentrum der Verkündigung des Jesus von Nazareth stand die Nachricht, dass überall da, wo Menschen sich auf Gott ausrichten, andere Regeln gelten, eine neue Welt entsteht und wieder vergeht, die flüchtig ist, aber die betroffenen Menschen für immer prägt.

Die Bergpredigt ist die «Charta» des Reiches Gottes. Wo Menschen sich nach ihr ausrichten, ereignet sich Reich Gottes. Und verschwindet auch wieder: Es ist ein Zustand, keine Institution. Es ereignet sich da, wo Gott es will. Es lässt sich nicht festhalten.

Matthäus erzählt das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (Kap. 20,1–16), um einen Aspekt dieses Gottesreiches zu beleuchten. Wo Gott im Zentrum ist, besteht kein Zusammenhang mehr zwischen Lohn und Leistung.

Schweizer schaffen Neid ab

Der Idealist in mir, der Theologe, der Christ, der Träumer und der Realist sagt: Das Bedingungslose Grundeinkommen verwirklicht diese Idee. Jesus hatte sie als erster. Wir verzichten in Zukunft darauf, Menschen nach ihrer Leistungsfähigkeit zu beurteilen; sie danach zu beurteilen, ob sie volkswirtschaftlich etwas bringen oder nicht. Wir könnten sogar das schreckliche Wort «Invalidität» endlich, endlich abschaffen, das im Prinzip nur dem Menschen einen Wert zumisst, der funktionieren kann. Insofern ist der Flyer zu diesem Tag ganz gut gemacht: Wir schaffen ein Stück Himmel auf Erden – durchaus in einem evangelischen Sinn.

Darum bin ich dafür, dass wir es versuchen. Es braucht ein neues Verständnis von Ökonomie. Es braucht vor allem ein neues Selbstverständnis für uns Schweizerinnen und Schweizer. Das BGE funktioniert nur als gemeinschaftliches Projekt. Stellen Sie sich mal vor, wir Schweizer würden den Neid abschaffen!

Ob die Idee finanzierbar ist oder nicht, ob sie zu mehr Staat führt oder zu weniger – dazu ist viel gesagt und noch mehr behauptet worden. Niemand weiss es wirklich. Weniger Ämter, weniger Behörden – das wäre schon schön. Aber niemand weiss, wie es wirklich würde.

Chance verpasst

Meine Zweifel kommen aus einer ganz anderen Überlegung. Ich bin seit Jahren stark engagiert in der Integration von Jugendlichen. Im Jahr 2000 gründeten wir in Basel die Job Factory; 2013 in Neuchâtel das Unternehmen PerspectivePlus. Jugendliche sollen mit der Kraft des Marktes integriert werden. Wir wollen weg von Beschäftigung, hin zur Kundenorientierung. Bei unseren Integrationsanstrengungen ist zentral, dass die Jugendlichen verstehen, dass die Wirtschaft sie braucht. Dass sie etwas zu unserer Gesellschaft beitragen können. Dass sie etwas lernen sollen, um auf eigenen Beinen zu stehen.

Viele von ihnen würden nicht verstehen, weshalb sie sich anstrengen sollen, weshalb sie sich während einer Ausbildungszeit einschränken sollen, wenn sie einfach so Fr. 2500.- erhalten. Es wäre ihnen nicht beizubringen, weil sie nicht in der Lage sind, sich gedanklich in die Zukunft zu versetzen. Sie würden wohl erst zwanzig Jahre später realisieren, dass sie etwas verpasst haben. Und dann wäre es zu spät.

Ein Commitment für uns Schweizer

Aber es kann funktionieren. Warum ich das weiss? Ich lebe schon mit einem Grundeinkommen. Seit über 30 Jahren. 1977 gründeten ein paar Freunde eine Communität. Eine Lebensgemeinschaft, die sich «Don Camillo» nennt. Wir leben in der Tradition der Klöster. Wir tun dies in Berlin, Basel, Bern und Neuchâtel. Wir sind an allen Orten anerkannter Teil der evangelischen Kirche und arbeiten eng mit ihr zusammen.

Wir beten die Stundengebete – wie im Kloster. Wir teilen unsere Einkünfte und verteilen sie neu – nach Bedürfnissen. Das ermöglicht uns, Projekte anzufangen, die zu gross sind. Dass wir das Geld teilen, ist eine Folge des geteilten Lebens und des geteilten Glaubens. Wir leben von eigenen Einkünften, aber viele Freunde unterstützen unsere Projekte – auch sie teilen. Es ist gar nicht so kompliziert. Ich habe mit meinen Kolleginnen und Kollegen die Frage diskutiert, ob das Grundeinkommen, dass jede und jeder bei uns hat, bedingungslos ist. Wir sind unsicher. Alle, die bei uns mitmachen, arbeiten gerne und viel.

Ich glaube, dass das BGE funktionieren kann. Aber es bräuchte eine starke Basis. Ein gemeinsames Commitment. Ob wir als Schweizer das haben oder noch haben, ist für mich die zentrale Frage.

Nebensachen

Zum Schluss eine Beobachtung aus dem Gleichnis von Jesus, die nichts mit Lohn und Leistung zu tun hat.

Der Weinbergbesitzer ist nicht nur grosszügig. Er ist auch ein furchtbar schlechter Planer. Er verbringt ja den ganzen Tag damit, immer neue Arbeiter anzuheuern. Was ich dazu sagen soll, weiss ich ehrlich gesagt nicht. Meine Vermutung ist, dass Fragen um Geld und Lohn, um Zuviel und Zuwenig gar nicht so wichtig sind. Könnte es sein, dass wir uns ständig mit Nebensachen beschäftigen?

 

Referat und Zeichnungen von Heiner Schubert am ChristNetForum «Bedingungsloses Grundeinkommen – der Himmel auf Erden», 21. Mai, in Zürich.

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Zeugnis von Roger Zürcher, in der internationalen Zusammenarbeit tätiger Agraringenieur, Text aus seinem Blog Titunaye.

Eine erstaunliche Geschichte

Ich hatte das unerwartete Privileg, im November 2014 an einem Ausbildungskurs für konservierende Landwirtschaft in Simbabwe teilzunehmen, einem Land, das ich noch nie zuvor besucht hatte und in dem ich niemanden kannte. Die Reise war in vielerlei Hinsicht erstaunlich. Ich möchte für einen Moment abschweifen: Ich habe die Aufregungen, die es im Königreich Gottes, dem „Königreich von oben nach unten“, gibt, immer geliebt.

Das Training wurde von Foundations for Farming (früher „Farming God’s Way“ genannt) organisiert. Diese Struktur wurde von einem simbabwischen Landwirt, Brian Oldreive, englischer Herkunft, gegründet, der einen sehr untypischen und „überwältigenden“ Hintergrund hat. Er war ein großer Produzent von Tabak (auf mehreren tausend Hektar), den er konventionell (d.h. mit den gebräuchlichsten Techniken, mit Pflügen und Chemikalien) anbaute. Eines Tages beschloss er, ein Jünger Jesu Christi zu werden. In einer schlaflosen Nacht wurde ihm klar, dass seine Arbeit für sein neues Leben nicht mehr angemessen war. Er wollte nicht länger Tabak produzieren, ein Produkt, das die Menschen versklavt. Also beschloss er, Mais anzubauen.

Dem Land treu sein

Leider hatte er keine Erfahrung mit dieser Kultur, und die Ernten waren schlecht. So sehr, dass er die Banken bitten musste, ihm mehr Geld zu leihen. Die Banken stimmten unter der Voraussetzung zu, dass er zum Tabakanbau zurückkehrte, zu der Ernte, in der er ihrer Meinung nach gut war. Er weigerte sich und verlor am Ende alles: seine Farm und sein Land. Dann suchte er in Harare nach Arbeit und fand schließlich eine Farm, die er mieten konnte, aber das Land befand sich in einem katastrophalen Zustand, völlig erodiert. Er versuchte immer noch, unter diesen Bedingungen Mais zu produzieren, aber die Erträge waren gering und er produzierte mit Verlust. Die Situation war wieder kritisch. In seiner Verzweiflung wandte er sich an Gott und bat ihn, ihn zu lehren, wie man Landwirtschaft betreibt. Seltsame Bitte für einen Bauern von Generation zu Generation.

Der Wald respektiert den Boden

Gott sagte ihm dann (oder inspirierte die Idee), in den Wald zu gehen. Als er in der Wüste betete, hatte er das Gefühl, dass Gott ihm sagte, er solle beobachten, was er sah. Er dachte über die Funktionsweise des Waldes nach, eines natürlichen oder „göttlichen“ Ökosystems. Daraufhin erschienen ihm zwei Prinzipien, die er als „Prinzipien der Achtung des Bodens“ bezeichnen würde:

Nicht pflügen: Bäume wachsen ohne zu pflügen, die Erde muss nicht gewendet werden, damit Samen wachsen können.
Dauerhafte Bodenbedeckung: Der Boden ist dauerhaft mit abgestorbenen Blättern und Pflanzenmaterial bedeckt, das austrocknet oder sich zersetzt.

Brian versuchte dann, diese Prinzipien auf seinen Gebieten anzuwenden. Das Direktsaatprinzip existiert in der Landwirtschaft seit den 1930er Jahren unter dem Namen „konservierende Landwirtschaft“ (ein Ansatz, der heute von der FAO gefördert wird1 ). Aber die von Brian entwickelte Methode geht weiter als das, was allgemein unter diesem Begriff verstanden wird.

Grundsätze zum Teilen

Er begann mit einem einzigen Hektar und ging dann, ermutigt durch die Ergebnisse, zu zwei Hektar Mais über, der ohne Pflug und mit Mulch (Pflanzenstreu) angebaut wurde. Die Ergebnisse waren so gut, dass es ihm gelang, einen Gewinn zu erzielen, der die Verluste auf dem Rest des Betriebs ausglich. Dann dehnte er seine Methode auf das gesamte Gut aus, kaufte sogar Land von den Nachbarn und bebaute schliesslich 3’500 Hektaren ohne zu pflügen.

Da sagte Gott zu ihm: „Ich habe euch das nicht gezeigt, damit ihr reich werdet, sondern damit ihr es mit allen teilen könnt, insbesondere mit den Armen“. Also begann Brian, Kurse für Bauern zu organisieren und Demonstrationsfelder anzulegen. Die Ergebnisse waren ausgezeichnet: Die Erträge lagen bei über 10 Tonnen pro Hektar, während die Bauern oft zehnmal weniger ernten – aber sie hielten nicht lange, als die Mitarbeiter der Organisation das Gebiet verließen. Was war das Problem?

Lernen, Profit zu machen

Das Team von Foundations for Farming erkannte, dass den Bauern nicht das technische Wissen fehlte, sondern das Wissen, dieses Wissen in ein profitables Geschäft umzusetzen. Also bat Brian Gott, ihm zu sagen, wie er aus dieser Situation herauskommen könne, und die Antwort lautete: „Lernen Sie, wie Sie Profit machen können“. Die Antwort lautete: „Lernen Sie, wie man Gewinn macht“, und um das zu tun, müssen einige Prinzipien respektiert werden:

  • pünktlich: Dinge pünktlich erledigen, nicht zu spät; dies ist besonders wichtig beim Säen und Jäten.
  • beim Standard: Einhaltung von Qualitätsstandards; beispielsweise muss sich die Pflanze richtig entwickeln können.
  • ohne Verschwendung: Die Praxis der Buschfeuer zum Beispiel ist eine unglaubliche Verschwendung von Ressourcen, die sich in Rauch auflösen, ganz zu schweigen von der Zerstörung der Bodenstruktur.
  • mit Freude: Freude hilft, Begeisterung auszulösen; sie kommt auch aus einer dankbaren Haltung und erlaubt uns, in Gemeinschaft mit dem Schöpfer zu bleiben.

Oberflächlich betrachtet sind diese Prinzipien recht einfach, aber sie sind ebenso revolutionär wie die Prinzipien des Respekts für den Boden.

Natur imitieren, Schöpfung respektieren

Ich war erstaunt zu sehen, wie begeistert die Teilnehmer aus den verschiedenen afrikanischen Ländern, die an der Schulung teilnahmen, von der Methode „Farming God’s Way“ waren. Mehrere von ihnen sagten sogar aus, dass sie eines Tages von ihren Positionen in ihren Organisationen zurücktreten werden, um sich der Landwirtschaft zu widmen! Das mag ihren derzeitigen Arbeitgeber nicht glücklich machen, aber was für eine Wende! In einem Kontext, in dem unbestimmte Arbeitsplätze selten sind, ist es wirklich überraschend, diese Rede zu hören! Tatsächlich habe ich selbst meine eigene Vorstellung davon, wie man ein Stück Land bebauen kann…

Ich bin erstaunt über die Weisheit oder den Weg Gottes. Die Nachahmung der Natur war schon immer eine treibende Kraft für Innovationen. In diesem Beispiel in Simbabwe verstand es ein „einfacher“ Bauer, von Gott geführt, durch diese Methode, dem Land treu zu sein und misshandelte Böden wiederherzustellen.

Lektüre

Weitere Informationen finden Sie unter http://www.foundationsforfarming.org.

Es gibt andere Methoden, die ebenfalls die Natur imitieren, wie z.B. die Permakultur: http://www.permaculture.ch/la-permaculture/.

1. Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen.

 

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Input an der Feier zum Chouf-nüt-Tag 2012 in der Heiliggeistkirche in Bern.

Zachäus begegnet Jesus, Lk 19,1-10 NGÜ

Was für eine Transformation! Gehen wir doch dem ein bisschen auf die Spur, wie dieser Zachäus verwandelt wird. Zachäus lebt in der Grenzstadt Jericho. Er ist oberster Zolleinnehmer. Die Gesellschaft blickt verächtlich auf ihn als auf einen, der mit unlauteren Machenschaften Geld scheffelt, der einen riesigen Lohn einsackt auf Kosten anderer. Das Horten für sich selbst ist sein Geschäft. Zusätzlich treibt er als Chef des Zolls Händel mit Heiden, was frommen Juden ein Dorn im Auge ist. Als Handlanger der römischen Besatzungsmacht ist er in seiner Gesellschaft geächtet.

Seine Position könnte ihn selbstgenügsam und verschlossen machen, reich und satt. Aber nein, es ist ganz anders. Als er davon hört, dass Jesus durch die Stadt zieht, von dem er schon einiges gehört hat, ist er neugierig. Seine Neugier lässt ihn einen Weg pfaden durch die Menge und sich einen Platz suchen auf dem Maulbeerfeigenbaum. Dort klettert er hinauf, in der Hoffnung, dass er dort eine privilegierte Sicht auf das Geschehen hat, im Sinne von: Sehen, aber nicht gesehen werden.

Jesus zieht zielstrebig durch Jericho weiter, sein Ziel Jerusalem fest im Blick. Doch unerwarteterweise lässt er sich aufhalten. Er steuert geradewegs auf Zachäus zu, er scheint ihn und seine Sehnsucht genau zu kennen und spricht ihn mit seinem Namen an: „Zachäus, komm schnell herunter! Ich muss heute in deinem Haus zu Gast sein.“

Eigentlich ist das ja ziemlich frech von Jesus, sich einfach so selber einzuladen. Geht es ihm denn darum, etwas zu bekommen, ein feines Essen serviert zu kriegen? Zachäus freut sich auf jeden Fall und steigt schnell auf das Angebot ein. „Was? Genau zu mir will der kommen, wo mich doch alle wegen meinem Beruf und Lebensstil als Sünder verachten?!“

Eine freche Selbsteinladung

Bleiben wir noch einen Moment bei der Selbsteinladung von Jesus. Er macht einfach direkt einen Schritt auf Zachäus zu, er gibt ihm zu erkennen, dass er für ihn wichtig ist und in sein Leben eintreten will, mit ihm Gemeinschaft haben will. Zachäus empfindet das nicht als Eindringen in seine Privatsphäre, sondern als Angebot, auf das er gern einsteigt.

Die Situation erinnert mich an etwas, was ich einmal selbst erlebt habe: In meiner Wohnung musste unerwarteterweise das ganze Badezimmer herausgerissen und erneuert werden. Also sass ich ohne Dusche, ja zum Teil sogar ohne WC und Hahnenwasser da! Und was blieb mir da anderes übrig als bei meinen Nachbarinnen anzuklopfen. „Grüezi, dürfte ich vielleicht bei Ihnen duschen kommen?“ Ich musste einfach ganz unverfroren auf meine Nachbarinnen zugehen und mich bei ihnen zum Duschen einladen. Ich musste meine Bedürftigkeit und Abhängigkeit eingestehen und auf ihre Unkompliziertheit und Grosszügigkeit hoffen. Diese etwas peinliche Selbsteinladung war eine gute Gelegenheit, Beziehung zu schaffen. Es ergab sich immer eine gute Gelegenheit zum Gespräch – die unangenehme Situation schaffte eine Brücke zu meinen Nachbarn.

Eine solche freche Selbsteinladung kann wirklich Begegnung schaffen, kann Wandel von Beziehungen bewirken, ähnlich wie bei Jesus und Zachäus.

Was für ein Wandel!

Und was für einen Wandel das bei Zachäus bewirkt hat! Dass Jesus bei ihm einkehrt, „bei ihm bleiben muss“ wie es im griechischen Originaltext heisst, haut ihn völlig von den Socken. Er, der gesellschaftlich Geächtete, der Gefangene seines luxuriösen Lebensstils, begegnet in Jesus Gott, dem „Freund des Lebens“. Gott, vor dem die ganze Welt wie ein Stäubchen auf der Waage, wie ein Tautropfen ist (Weish 11,22), wendet sich in Jesus diesem Zachäus zu. Aus der Masse heraus ruft ihn Jesus beim Namen, nimmt ihn persönlich ernst, in seiner ganzen komplizierten Lebenssituation. Und das führt zu einem radikalen Wendepunkt in seinem Leben.

Zachäus, dessen Beruf es ist, mit Zahlen zu hantieren und durch schlaue Tricks ein paar Prozent mehr für sich selbst herauszuschlagen, wird plötzlich mit der überströmenden Quelle des Lebens konfrontiert. Und das löst wasserfallartig einen Strom der Grosszügigkeit bei ihm aus:

„Die Hälfte meines Besitzes will ich den Armen geben, und wenn ich von jemand etwas erpresst habe, gebe ich ihm das Vierfache zurück.“

Zachäus, der sonst jedes mögliche Prozent für sich einheimsen wollte, sieht sich plötzlich mit etwas anderem als der Logik der Zahlen konfrontiert, weil er vor Gott persönlich zählt.

Er will nicht nur, wie es das mosaische Gesetz fordert, den Betrag zurückzahlen, um den er andere betrogen hat, sondern das Vierfache (400%!). Er will nicht nur den vom jüdischen Religionsgesetz verlangten Zehnten (10%) seines Einkommens den Armen geben, sondern viel mehr, ganz aus eigenem Antrieb. – Wir in der heutigen Schweiz sind ja noch nicht einmal bei 0,7 % angekommen.

Zachäus schenkt vierfach zurück, er versprüht etwas von Gottes Gerechtigkeit in alle vier Himmelsrichtungen. Er ist befreit worden von der Logik des Hortens, weil er dem begegnet ist, der die Fülle des Lebens für alle bereithält. Er muss nicht immer noch mehr für sich selber anhäufen. Er hat erfahren: Das Beste im Leben ist gratis: Begegnung, Wertschätzung, Zuwendung. Zachäus erlebt eine regelrechte Explosion der Grosszügigkeit, weil er dem Freund des Lebens begegnet ist, der in seiner Gnade – lateinisch gratia – grenzenlos schenkt.

Sohn Abrahams

Darum ist es wohl kein Zufall, dass Jesus Zachäus einen „Sohn Abrahams“ nennt. In erster Linie bedeutet das, dass er aus dem alttestamentlichen Bundesvolk nicht ausgeschlossen ist, weil Jesus ihm einen Weg zur Umkehr ermöglicht. Wenn ich „Abraham“ höre, klingen bei mir aber auch die Geschichten aus der Genesis an, die Abraham als einen ausserordentlich grosszügigen Gastgeber schildern. Ihr kennt sicher die berühmte russische Ikone von Rubljew, auf der die drei geheimnisvollen Männer abgebildet sind, die Abraham bei sich beherbergt. In ihnen ist er Gott begegnet – Christen haben später darin eine Vorahnung der Begegnung mit dem einen Gott in drei Personen gesehen. Durch seine Grosszügigkeit und Gastfreundschaft hat Abraham Gott Raum gegeben, ist er dem Freund des Lebens begegnet. Und zwar so intim, dass die heilige Schrift beider Testamente und sogar auch der Koran ihn selbst „Freund Gottes“ nennt (Jak 2,23; Jes 41,8; Sure 4,125). Auch Abraham ist durch die Grosszügigkeit seines Glaubens der Logik der Zahlen entwichen:

Gott sprach zu ihm: „Sieh doch zum Himmel hinauf, und zähl die Sterne, wenn du sie zählen kannst. Und er sprach zu ihm: So zahlreich werden deine Nachkommen sein“ (Gen 15,5). Ein hoffnungsloses Unterfangen, Nachkommen zu zählen, die ihm so zahlreich wie der Sand am Meer und die Sterne am Himmel verheissen sind. Obwohl er materiell reich war, musste Abraham vor Gott seine Ohnmacht anerkennen. Trotz seines Alters und seiner Unfruchtbarkeit hat Abraham Gottes Verheissung Glauben geschenkt, und ist so zum Segen und Lebensspender für viele geworden.

Freund des Lebens

Die Begegnung mit dem Freund des Lebens, dem Zachäus und Abraham bei sich Gastfreundschaft gewährten, hat bei beiden eine regelrechte Explosion der Grosszügigkeit, ein Feuerwerk des Gebens ausgelöst.

Sie beide haben etwas gelebt von dem, was der libanesische Dichter Khalil Gibran in folgende Worte gekleidet hat:

„Sie geben, wie im Tal dort drüben die Myrte ihren Duft verströmt.
Durch ihre Hände spricht Gott,
und aus ihren Augen lächelt Er auf die Erde.“


Janique Behmann ist Pastoralassistentin der katholischen Kirche in Ittigen (BE).

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Fremde und Ausländer in der Bibel und in der Schweizer Politik

Fremde und Ausländer in der Bibel

Hat die mehr als 2000 Jahre alte Bibel noch etwas zur heutigen Migrationspolitik beizutragen? Sicher gibt es im Bereich der Migration etliche komplexe Fragen, die nicht anhand der Bibel beantwortet werden können. Aber was sie an Grundsätzlichem zur Einstellung und zum Menschenbild in Bezug auf «Fremde» und «Ausländer» zu sagen, ist es auch heute einen genauen Blick wert. Im ersten Teil dieses Textes werden die biblischen Aussagen grob zusammengefasst, im zweiten Teil die Positionen der grösseren Schweizer Parteien dargestellt, und im dritten Teil werden diese bewertet.

AT: «Ihr seid Fremde gewesen…»

Zunächst etwas zum Begriff: Der hebräische Begriff ger bezeichnete freie, dauernd in Israel wohnende «Ausländer» bzw. Angehörige anderer Völker, die in gewissen Bereichen von den Israeliten abhängig waren. Die meisten Gesetze der fünf Bücher Mose verwenden diesen Begriff. Der Begriff nakhri umfasste Fremde im allgemeinen Sinn, die sich nur zeitweilig beim Volk Israel aufhielten, vor allem aus wirtschaftlichen Gründen. Sie brauchten offenbar, im Gegensatz zur ersten Gruppe, kaum Schutz durch das Gesetz.1 Die Fülle der Gesetzesbestimmungen, die sich mit den gerim, den Ausländern befassen, versuche ich ganz grob zusammenzufassen:

1.      Für die Fremden galt das gleiche Gesetz wie für die Israeliten: Sie hatten weitgehend dieselben Rechte und Pflichten2, sie konnten und sollten ebenso den Sabbat halten3, und auch im kultischen Bereich waren sie beinahe gleichberechtigt.4 Die Israeliten waren verpflichtet, Ausländer, die verarmt waren, ebenso zu unterstützen wie ihre Landsleute.5 Es ist überraschend, wie oft sie erwähnt werden, während sie z.B. in mesopotamischen Gesetzessammlungen kein Thema sind. 6

2.      Zusammen mit den Witwen und Waisen zählten die Ausländer offensichtlich zu den wirtschaftlich und sozial Schwachen in Israel. Sie brauchten den Schutz des Gesetzes vor Ausbeutung und Übervorteilung.7

3.      In wirtschaftlicher Hinsicht wird mehrmals die Nachlese erwähnt. Die Bauern waren dazu angehalten, ihre Felder, Weinberge und Olivenhaine nicht zu gründlich abzuernten, damit noch etwas für die Witwen, Waisen und Fremden übrigblieb und sie sich auf diese Weise selber versorgen konnten.8 Im 5. Buch Mose wird zusätzlich erwähnt, dass der Zehnte für Versorgung der Leviten sowie der Armen (Witwen, Waisen und Fremden) verwendet werden sollte.9

4.      Begründet werden diese Gebote einerseits mit der knappen Aussage «Ich bin der Herr, Euer Gott», oft aber – vor allem im Zusammenhang mit dem Verbot, die Ausländer auszubeuten und zu übervorteilen – auch mit dem Hinweis, «denn ihr seid selbst Fremde in Ägypten gewesen»10. Das  Volk sollte also seinen «Migrationshintergrund» nicht etwa verdrängen. Dieser war im Gegenteil ein Teil seiner Identität: «Das Land darf nicht endgültig verkauft werden; denn das Land gehört mir und ihr seid nur Fremde und Halbbürger bei mir.»11 Dadurch sollten sie Verständnis für die Lage der Ausländer entwickeln und sich so zur Solidarität anregen lassen.  Bereits die Stammväter Abraham, Isaak und Jakob, aber auch Mose wussten, was es bedeutete, in der Fremde bei einem anderen Volk zu leben.12

Erst in der Richter- und Königszeit wird Israel von einem Volk von Migranten zu einem Volk von Eroberern. David staunt, in welchem Mass Gott ihm fremde Völker untertan gemacht hat.13 Salomo benutzt die Ausländer als willkommene Arbeitskräfte in seinen gigantischen Bauprojekten.14

In den prophetischen Büchern wird Fremdenangst zunächst sehr real und begründet dargestellt. Für den Fall, dass das Volk Israel sich nicht an den Bund mit Gott hält, wird angedroht, dass Fremde zu Akteuren in Gottes Gericht werden, dass sie über sie herrschen, sich den Ertrag ihrer Äcker sichern und ihre Wertsachen rauben,15 und bekanntlich traf dies auch tatsächlich ein. Auf der anderen Seite ist unbarmherziges, unmoralisches Handeln der Israeliten an ihren Ausländern einer der Gründe, warum Gott ihnen das Gericht ankündigt.16

Nun kann ja bei uns Schweizern nicht unbedingt ein Migrationshintergrund vorausgesetzt werden – eine der Begründungen für einen barmherzigen Umgang der Israeliten mit ihren Ausländern. Gibt es dennoch Anhaltspunkte, dass diese Bestimmungen auch uns angehen? Hier ist eine Betrachtung des Neuen Testaments aufschlussreich. Zunächst bietet sich der Hebräerbrief an, der ja zahlreiche Motive aus dem Alten Testament aufnimmt.

NT: «Fremde und Gäste in der Welt»

Der Stammvater Abraham wird hier zum Vorbild des Glaubens. Der Glaube erlaubte ihm, «als Fremder im verheissenen Land wie in einem fremden Land» in Zelten zu leben, «denn er erwartete die Stadt mit den festen Grundmauern, die Gott selbst geplant und gebaut hatte.»17 Das Selbstverständnis der Patriarchen und des Volkes Israel als Ausländer wird hier also auch auf die Nachfolger Jesu übertragen. Das Bild der Migranten oder Pilger, die auf dem Weg in die wahre Heimat sind, wird in den nächsten Versen weiter entfaltet.18 Auch Paulus sieht sich selber als einer, der in der Fremde lebt.19

Ebenso wendet sich der Verfasser des ersten Petrusbriefes «an die Auserwählten, die als Fremde in Pontus, Galatien, Kappadozien, der Provinz Asien und Bithynien in der Zerstreuung leben.»20. Er ermahnt sie, solange sie in der Fremde sind, ein Leben in Gottesfurcht zu führen. Sie sind aus ihrer «sinnlosen, von den Vätern ererbten Lebensweise (…) mit dem kostbaren Blut Christi, des Lammes ohne Fehl und Makel» freigekauft. Man erhält den Eindruck, dass hier das Bekenntnis zu Jesus und die daraus folgende neue Ethik die Christen zu «„Fremden und Gästen in dieser Welt»21macht, die eigentlich zu einer neuen Welt gehören.

Und Jesus selbst? Er spricht nicht viel von den Ausländern, aber wo er das tut, ist er ziemlich provokativ. Um das Gebot der Nächstenliebe zu illustrieren, erzählt Jesus das Gleichnis vom barmherzigen Samariter und stellt damit dem Gesetzeslehrer einen verachteten Ausländer vom Volk der Samaritaner als Vorbild vor die Nase: «Dann geh und handle genauso»22. Jesus dreht hier das Gebot der Nächstenliebe aus 3Mo 19,33-34 um, wo es heisst: «Der Fremde, der sich bei euch aufhält, soll wie ein Einheimischer gelten, und du sollst ihn lieben wie dich selbst.» Noch weiter geht Jesus in Matthäus 25. Im Gleichnis der Schafe und Böcke  identifiziert er sich vollständig mit den Schwächsten und Verachtetsten unter den Menschen. Er ist der Nackte, Kranke, Gefangene, der Fremde und Obdachlose, dem die «Schafe» Gutes getan haben. «Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan! » Und die «Böcke» haben ihn in Gestalt dieser Verachteten haben ignoriert.23

Die Bibel fordert uns also im Bereich Migrationspolitik und Migrationsethik ganz schön heraus, und das Neue Testament zeigt, dass auch dies ein Aspekt unserer Identität ist: Uns als Fremde und Gäste hier zu begreifen, die auf dem Weg in eine bessere, ewige Heimat sind. Ein solches Selbstverständnis scheint mir die Voraussetzung für den Umgang mit Migranten bei uns. Es wird uns helfen, sie als unsere Nächsten und quasi als Schicksalsgenossen zu sehen und ihnen barmherzig zu begegnen.

Positionen der Schweizer Parteien in der Migrationspolitik

Wie sehen die Schweizer Parteien im Blick auf die Wahlen 2011 die Migrationspolitik? Die aktuellen Parteiprogramme zeigen vieles, das zu erwarten war, aber teils auch Überraschendes.

SVP24. gegen «Schlendrian»

In ihrem Positionspapier anerkennt die SVP: «Die Schweizerinnen und Schweizer leben mit einem vergleichsweise äusserst hohen Ausländeranteil überaus friedlich zusammen. Und umgekehrt hält sich der Grossteil der Ausländer problemlos an unsere Rechtsordnung.»

Allerdings beklagt die Partei, im EJPD habe der Schlendrian im Asylbereich unter den Nachfolgerinnen von Christoph Blocker wieder zugenommen. Der Vollzug von Ausschaffungen sei ungenügend und die Asylverfahren dauerten zu lange, vor allem wegen diverser Wiedererwägungs- und Rekursmöglichkeiten. Ein weiteres Hindernis für ein «zweckmässiges Asylwesen» bilden für die Partei «die Profiteure wie Sozialarbeiter, Hilfswerkler und Asyljuristen. Sie entwickeln kaum Elan, um das Problem effizienter anzupacken, sondern sind vielmehr selber Teil des Problems. Überdies unterlaufen Gerichtsinstanzen gezielt die gesetzlichen Vorschriften und sogar den Volkswillen.»

Die SVP verlangt daher, dass nur noch erstinstanzliche Verfahren mit Rekursmöglichkeit durchzuführen seien, und dass das verschärfte Asylgesetz auch in den Kantonen konsequent anzuwenden sei. Weiter fordert die SVP: «Sogenannte Härtefallkommissionen in einzelnen Kantonen stiften nichts als Verwirrung und sind abzuschaffen.» Auch möchte sie Gerichtsurteile bekämpfen, «die das vom Souverän akzeptierte Asylgesetz unterlaufen.» Was sie damit konkret meint, bleibt unklar.

Weiter soll die Personenfreizügigkeit neu verhandelt und Kontingente wieder eingeführt werden, da die Masseneinwanderung in die Schweiz eine zunehmende Belastung darstelle. Die Ausschaffungsinitiative sei «ohne Wenn und Aber» durchzusetzen. Die Einbürgerung solle etwas kosten, an Bedingungen wie die Beherrschung der Landessprachen geknüpft und nur auf Probe erteilt werden.

SP25. für gleiche Rechte und Chancen

Die SP stellt ein Diskussionspapier zum Themenkreis «Heimat und Migration» ins Internet. Sie möchte längerfristig die Deutungshoheit über diese Themen erlangen. Heimat ist gemäss den Autoren etwas, das wir gemeinsam schaffen und das man nicht an die Politiker delegieren kann. Selbstverständlich hätten sich Zugewanderte an die hier gültigen Regeln zu halten, sie sollten aber auch die gleichen demokratischen und sozialen Rechte und Chancen wie Schweizer erhalten. Die Partei verknüpft diesen Themenbereich geschickt mit anderen sozialdemokratischen Forderungen, so etwa nach Löhnen, die zum Leben reichen. Denn wer 16 Stunden am Tag arbeiten müsse, habe keine Energie mehr für einen Sprachkurs. Die Autoren anerkennen, dass das Zusammenleben verschiedener Kulturen zu Reibungen führe, letztlich steige aber die gegenseitige Akzeptanz. Klar sei auch: «Die Schweiz kann nicht allen Armen dieser Welt einen Platz und ein Auskommen bieten. Umso dringlicher müssen wir eine Wirtschafts- und Entwicklungspolitik verfolgen, die arme Länder unterstützt statt sie auszubeuten und die die Demokratie fördert statt mit Diktatoren zu geschäften.» Ausländer sind gemäss der SP überdurchschnittlich kriminell. Dies sei aber keine Frage der Hautfarbe, sondern vielmehr des Platzes eines Menschen in der Gesellschaft und der Perspektiven, die sich ihm eröffnen. Sie fordert durchmischte Quartiere, Schulen mit Tagesstrukturen und Unterstützung beim Sprachenlernen für alle Kinder, Mindestlöhne, mehr Jugendrichter und allenfalls mehr Polizei. Bei der Personenfreizügigkeit brauche es flankierende Massnahmen. Ebenso müsse für bezahlbaren Wohnraum gekämpft werden. Die Partei setzt sich ausserdem für sozialen und materiellen Ausgleich ein, dies sei nötig, damit alle ein freies und selbstbestimmtes Leben führen könnten.

FDP26. «Hart, aber fair»

Die FDP hat zu verschiedenen Themen Faktenblätter zusammengestellt, so auch zur Ausländer- und Asylpolitik. Hier gilt für die Partei der Grundsatz „Hart, aber fair.“ Migrationspolitik im Sinne der FDP «sagt ja zur Einwanderung durch die Personenfreizügigkeit und beschränkt im Gegenzug die Einwanderung aus Drittstaaten.» Noch immer kämen aber zu viele Menschen aus Drittstaaten zu uns, vor allem über den Familiennachzug. Deshalb fordert die FDP härtere Regeln für den Familiennachzug. Als Teil der Integrationspolitik fordert die FDP die konsequente Durchsetzung der schweizerischen Rechtsordnung: «Mit unserem Rechtssystem und unseren Gesetzen darf nicht gespielt werden. Sämtliche Verstösse sind rasch und hart zu bestrafen. Wer hier leben will, ist willkommen, sofern unsere Kultur und Werte respektiert werden. Wer sich nicht daran hält, muss die Konsequenzen tragen.» Konkret heisst das für die FDP rasche und konsequente Bestrafung, Ausschaffung schwer krimineller Ausländer, Imam-Ausbildung in der Schweiz und Überwachung extremistischer Organisationen.

Die Personenfreizügigkeit ist für die FDP ein Erfolgsmodell mit einigen problematischen Begleiterscheinungen. Um diese zu beheben, schlägt sie eine Reihe von Massnahmen vor.

In der Asylpolitik fordert sie Konsequenz, um unechte Flüchtlinge abzuschrecken. Anerkannte Flüchtlinge sollen die Niederlassungsbewilligung unter den gleichen Voraussetzungen erhalten wie andere Ausländer aus Nicht-EU-Staaten, die nicht über den Asylbereich eingewandert sind. Die Asylverfahren seien so weit wie möglich zu verkürzen.

Unter dem Titel «Integration fordern und fördern» schlägt die FDP schweizweit einheitliche Mindeststandards und Resultatkontrolle vor. Integrationsvereinbarungen sollen die Ausländer in die Pflicht nehmen: Wer sich nicht integriert, soll sanktioniert werden. Nur wirklich integrierte Personen sollen eingebürgert werden. Dies werde durch strenge Einbürgerungskriterien und deren konsequente Prüfung erreicht. Die strengen Gesetze dazu seien vorhanden. Wer aber einmal den Schweizer Pass erhält, soll als Schweizer gelten.

CVP27. für eine «kontrollierte Zuwanderung»

Die CVP stellt an den Anfang ihres „Grundlagenpapiers Migration“ eine Bestandesaufnahme: Die Einwanderung habe der Schweiz dringend benötigte Arbeitskräfte und Wirtschaftswachstum verschafft. Trotz hohem Ausländeranteil sei das Lohnniveau hoch und die Arbeitslosigkeit tief. Dennoch bringe Migration auch Probleme wie Ausländerkriminalität, mangelhafte Integration oder eine relativ gesehen hohe Arbeitslosigkeit der Ausländer, religiöse und kulturelle Differenzen, die zu einer «Islam-Debatte» geführt haben, sowie Mängel bei der Einbürgerung und in der Asylpolitik.

Die CVP setzt sich «für eine kontrollierte, gesteuerte Zuwanderung ein.» Die CVP fordert deshalb weitere gezielte Massnahmen, Verhandlungen und Teilrevisionen von Gesetzen. Sie lehnt «unrealistische, nicht durchführbare Forderungen und Massnahmen ab, die zu Fremdenfeindlichkeit

führen oder dem Zusammenleben der ausländischen und der Schweizer Bevölkerung abträglich sind», ebenso Forderungen nach einem Alleingang der Schweiz in der Migrationspolitik. Konkrete Massnahmen, die die Partei vorschlägt, sind Gesetze gegen Zwangsheiraten und organisierte Ehen, sowie der Nachweis genügender Mittel beim Familiennachzug. Bei nicht oder schwer integrierbaren Personen soll wenn möglich «ein (finanzieller) Anreiz zur Ausreise» geschaffen werden.

Die Verlängerungen von Aufenthaltsbewilligungen für EU-Bürger sind genau zu prüfen, die Bezüge von Arbeitslosenentschädigungen einzuschränken. Die CVP ist weiter für die Verknüpfung der Niederlassungsbewilligung mit einem Sprachtest, Integrationsvereinbarungen und Zulassungsregeln für Lehrpersonen, weiter für Beschränkungen und Bedingungen bei der Einbürgerung.

In der Asylpolitik soll das Nothilferegime konsequent angewendet, die Verfahren verkürzt und Wegweisungen schnell vollzogen werden. Zur besseren Integration in den Arbeitsmarkt schlägt die CVP Beschäftigungsprogramme vor sowie die Verpflichtung der RAVs, anerkannte Flüchtlinge gleich wie Schweizer oder andere Ausländer zu vermitteln. Gegen Missbrauch und Kriminalität sollen vermehrte Kontrollen, Aufstockung der Polizeibehörden und die konsequente Ausschaffung in schweren Fällen helfen. In der Migrationsaussenpolitik schliesslich soll die Schweiz enger mit der EU und, mittels Migrationspartnerschaften, mit Herkunftsstaaten zusammenarbeiten und die Hilfe für Vertriebene in der Herkunftsregion verstärken.

Grüne Partei28. für eine «menschliche Politik»

Die Grünen stehen für eine «offene, menschliche Migrationspolitik» ein. Sie fordern ein Integrationsgesetz, das auf Chancengleichheit und den Respekt kultureller Vielfalt abzielt; ein liberaleres Ausländergesetz, das keinen Unterschied zwischen EU- und Nicht-EU-BürgerInnen macht, und Arbeitsbewilligungen für alle Personen, die in der Schweiz korrekt arbeiten, auch Sans-Papiers.

Weiter sind sie für eine erleichterte Einbürgerung von Ausländern der zweiten Generation sowie eine quasi automatische Einbürgerung für solche der dritten Generation. Die Partei wünscht sich eine effiziente, gerechte Asylpolitik; evtl. auch Flüchtlingskontingente, wie sie vom UNHCR angefragt werden. Schliesslich möchte die Partei, dass der Bund Non-Profit-Organisationen und Vereine im Migrationsbereich unterstützt.

EVP: für die Bekämpfung der Armut vor Ort

Die EVP hat Mitte September eine Resolution „10 Thesen zur Migrationspolitik“ verabschiedet.29 Darin empfiehlt sie, bei der Personenfreizügigkeit den bestehenden Spielraum zu nutzen, um die negativen Auswirkungen in den Griff zu bekommen. Wie auch andere Parteien und wie die Departementsvorsteherin fordert die EVP raschere Asylverfahren und mehr Ressourcen für den Vollzug von Wegweisungen. Migrationszusammenarbeit und Entwicklungszusammenarbeit sollen gekoppelt und die Rückkehrhilfe soll ausgebaut werden. Die Partei möchte keine generelle Amnestie für Sans Papiers, jedoch soll in bestimmten Fällen eine Aufenthaltsbewilligung erteilt werden, insbesondere wenn Kinder und Jugendliche in Ausbildung betroffen sind. Verfolgte Christen sollen Asyl erhalten. Und wie früher sollen ab und zu Kontingente ausserhalb der Asylverfahren aufgenommen werden. Integration bedeute fordern und fördern, eine Niederlassungsbewilligung soll nur gegen einen Integrationsnachweis erteilt werden, der Staat bietet im Gegenzug Kurse und andere Unterstützung an. Der zweiten und dritten Generation ist die Einbürgerung zu erleichtern. Die Ausschaffungsinitiative sei wirkungslos, weil die meisten Straftaten von Ausländern ohne Aufenthaltserlaubnis begangen würden. Wer im Herkunftsland Perspektiven habe, nehme das Wagnis Migration nicht auf sich, deshalb soll die Schweiz ihre Entwicklungszusammenarbeit auf 0,7% des BIP aufstocken.

EDU30. für freiwillige Integration

Die EDU bekennt sich zu einer humanitären Schweiz, die Personen in Not Hilfe gewährt. Sie wendet sich gegen die Regularisierung von Sans-Papiers. Überhaupt sollen illegale Einwanderer und solche ohne echte Asylgründe konsequent ausgeschafft werden. Zur Integration vertritt die EDU folgenden Standpunkt: «Integration heisst aus Sicht der EDU nicht, seine Wurzeln oder seine Identität zu verleugnen oder abzulegen, sondern lediglich bewusst und willentlich die Lebensweise und Spielregeln des Gastlandes zu akzeptieren und zu respektieren, sowie sich aktiv eigenverantwortlich um die sprachliche Verständigung in der Sprache des Gastlandes zu bemühen.» Integration könne nicht von oben verordnet, sondern müsse freiwillig angestrebt werden, wobei das Gastland geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen hat. Im Gastland soll, im Rahmen von Verfassung und Gesetz, Glaubens- und Religionsfreiheit gelten.

Ein zunehmendes Problem in der Begegnung mit anderen Kulturen sei eine ungenügende eigene Identität der Schweizer. «Deshalb ist aus Sicht der EDU ein klares Bekenntnis zum christlichen Fundament und zum aktiven, glaubwürdigen Leben des christlichen Glaubens an den Gott der Bibel durch unser Volk und unsere Gesellschaft die einzig wirksame Antwort auf die zunehmende Islamisierung Europas und der Schweiz.» Sie setzt sich daher für die Stärkung der eigenen Identität ein, als «Voraussetzung für die Fähigkeit, Fremde zu integrieren; fehlende Identität bewirkt Unsicherheit und Furcht vor dem Fremden.» Sie fordert Sprach- und Integrationskurse für Einwanderer, die aktive Unterstützung der Integration von Secondos in Schule und Berufsleben, und fakultative Integrationsvereinbarungen.

Bewertung

SVP: erwartungsgemäss hart

Die SVP vertritt erwartungsgemäss die härteste Haltung gegenüber Asylsuchenden und Ausländern; sie möchte ihnen auch keine Unterstützung im komplizierten schweizerischen Asylverfahren zugestehen. Insgesamt überwiegen in ihrer Haltung Skepsis und Misstrauen gegenüber den Ausländern; damit trifft sie wohl die Stimmung eines wesentlichen Teils der Bevölkerung bei dieser Thematik. An dieser Stelle seien ein paar Bemerkungen zum Stil der SVP erlaubt: Die Stärke der Partei sind kernige Aussagen und Polemik, doch oft geht dies zu Lasten der Genauigkeit. So stellt sie zahlreiche Behauptungen auf, ohne diese zu belegen. Nur zwei Beispiele: «Überdies unterlaufen Gerichtsinstanzen gezielt die gesetzlichen Vorschriften und sogar den Volkswillen»“31 und „«Umfragen zeigen: Viele Millionen Menschen möchten gerne in die Schweiz einwandern.»“32 Beides sind gewagte Behauptungen, die nicht belegt werden. Wer hat diese Umfrage gemacht und Millionen Einwanderungswillige befragt? Wenn es um statistische Zahlen geht, gelten Eingebürgerte bei der SVP höchstens als halbe Schweizer, so ebenfalls auf Seite 53, wo es um den Ausländeranteil in der Schweiz geht: „«Ohne die Masseneinbürgerungen der letzten Jahre wären es sogar 34,3 Prozent.»“ Da wird zumindest an der Wahrheit geritzt.

SP: nahe an der Bibel

Die SP anerkennt, dass es im Asyl- und Ausländerbereich gewisse Probleme gibt, etwa mit der Kriminalität. Sie sieht die Ursachen dafür aber nicht in der Herkunft, sondern bei den geringeren Mitteln und Chancen dieser Personen, bzw. in strukturellen Problemen. Die Migrantinnen und Migranten betrachtet sie nicht unbedingt als separate Gruppe, sondern einfach als (oft schwächeren) Teil der Gesellschaft, und in dieser von den Sozialdemokraten angestrebten Gesellschaft sollen möglichst alle die gleichen Rechte und Chancen erhalten. Die SP positioniert sich damit nahe an der biblischen Haltung.

CVP: abgeschwächte SVP-Kopie

Die Positionen der CVP und der FDP unterscheiden sich von denen der SVP vor allem in Bezug auf die Personenfreizügigkeit, welche die Ersteren positiv beurteilen und nicht antasten wollen.

Ansonsten wirkt aber das Papier der CVP doch wie eine abgeschwächte und weniger klare Kopie des SVP-Programms, auch wenn es ein paar wenige Vorschläge zugunsten der Migranten enthält. Immerhin sieht die CVP auch verstärkte Hilfe in den Herkunftsregionen vor, was bei der SVP und der FDP nicht im Programm ist.

FDP: kaum mit Bibel in Einklang

Die FDP ihrerseits beurteilt Immigranten hauptsächlich nach deren wirtschaftlichem Nutzen für die Schweiz und will deshalb die Einwanderung aus Drittstaaten stark einschränken. Dies ist aufgrund ihres Mottos «Aus Liebe zur Schweiz» nachvollziehbar, lässt sich aber kaum mit einem biblischen Menschen- und Fremdenbild in Einklang bringen. Die Positionen der FDP in der Migrationspolitik waren nach deren Bekanntgabe auch innerhalb der Partei umstritten. So äusserte sich der Waadtländer Nationalrat Claude Ruey dazu, das Konzept sei «ethisch verwerflich.» Es lasse sich so zusammenfassen: «Der Ausländer ist eine Belästigung – ausser er nützt uns wirtschaftlich. Deshalb muss alles unternommen werden, damit er ja nicht in die Schweiz kommt.»33

Grüne: barmherzige Migrationspolitik

Die Grünen haben in der Migrationspolitik neben der SP die liberalsten Positionen aller grossen Parteien. Wie die SP sehen sie vorab Flüchtlinge und Sans-Papiers vorab als sozial schwache Gruppe, die Hilfe und Unterstützung benötigen, sowie eher als mögliche Bereicherung denn als Problem für die Schweiz. Mit anderen Worten, sie vertreten ebenfalls das, was man eine barmherzige Migrationspolitik nennen kann.

EVP: nimmt Spannungsfelder wahr

Die Positionen der EVP gleichen zum Teil jenen der CVP und der FDP, etwa bei den Asylverfahren, der Personenfreizügigkeit und der Integration. In anderen Punkten ist sie deutlich sozialer: Sie sieht das Problem der Sans-Papiers differenziert, wobei ihre diesbezüglichen Vorschläge wohl schwer umsetzbar sind. Wie die Grünen stellt die EVP Flüchtlingskontingente zur Diskussion, und als einzige Partei stellt sie die Erhöhung der Entwicklungshilfe in den Zusammenhang der Migrationsthematik. Auch benennt sie richtigerweise das Spannungsfeld zwischen der Migrationspolitik, die sich vorab um Zuzüger im Rahmen der Personenfreizügigkeit und Flüchtlinge gemäss Asylgesetz kümmert, und der Realität, dass viele Immigranten aus Nicht-EU-Staaten bei uns Arbeit und Perspektiven suchen. Hier müsste man weiterdenken, denn für dieses Spannungsfeld hat, soviel ich weiss, noch keine politische Partei eine Lösung, ebenso wenig wie die Exekutive (z.B. Bundesamt für Migration).

EDU: hart aber interessant

Die EDU vertritt in der Asylpolitik eine harte Position. Bezüglich der Integration bringt sie jedoch einen interessanten, differenzierten Ansatz ins Spiel (siehe oben). Bedenkenswert ist auch die Aussage, dass eine mangelnde Identität von uns Schweizern eines der Probleme sei und dass die Stärkung der eigenen Identität eine Voraussetzung für die erfolgreiche Integration von Menschen aus anderen Kulturen sei. Es wäre spannend, dieses Thema weiter zu verfolgen: Ist es realistisch, eine Rückkehr unserer post-christlichen Gesellschaft zum Fundament des christlichen Glaubens zu erwarten, wie das die EDU tut? Falls nein, worauf sonst können die Schweizerinnen und Schweizer ihre Identität heute realistischerweise abstützen?

Fazit: Christen sollen sich für Barmherzigkeit engagieren

Von «weltlichen» Parteien kann natürlich nicht unbedingt erwartet werden, dass sie in der Migrationspolitik oder in anderen Bereichen biblische Werte vertreten. Die biblischen Texte über Fremde, Ausländer und unsere eigene Identität provozieren zunächst uns Christen und fordern uns heraus: Sind wir bereit, unsere Schweizer Herkunft nicht als Errungenschaft zu sehen, die es gegen gierige Ausländer zu verteidigen gilt, sondern als geschenkten Segen? Und überdies als ein Provisorium? Warum haben viele Christen Angst vor allem vor muslimischen Immigranten? Hat das mit der von der EDU erwähnten fehlenden Identität zu tun? Sind wir in der Lage, gerade gegenüber Ausländern aus dem Asylbereich, unsere Vorurteile zu korrigieren und sie in einem ähnlich positiven Licht zu sehen, wie die Bibel und vor allem Gott selber es tut?34

Und schliesslich wäre es wichtig, dass sich Christen in diesem Bereich politisch engagieren, denn wir sind noch ein gutes Stück von einer menschenwürdigen Migrationspolitik entfernt. So verbirgt sich hinter dem kalten, sauberen Ausdruck «besserer» oder «rascherer Vollzug von Wegweisungen», den mehrere Parteien verwenden, der stossende Umstand, dass Menschen nur wegen ihres nicht-legalen Aufenthaltsstatus für bis zu 24 Monate inhaftiert und teilweise ohne ihre Familien in ihr Herkunftsland ausgeschafft werden.35

Gibt es eine einfache Lösung für jene, die nicht bleiben dürfen, aber aus ihrer Sicht nicht zurückkehren können? Wahrscheinlich nicht, biblisch gesehen liegt aber die Lösung sicher nicht in einer weiteren Gesetzesverschärfung, wie sie die rechtsbürgerlichen Parteien anregen.

Martin Züllig, 11. Oktober 2011

 

 


2.   2Mo 12,49; 4Mo 9,14; 4Mo 15,29-31

3.   2Mo 20,10

4.   3Mo 17; 3Mo 18,26

5.   3Mo 25,35

7.   2Mo 22,20; 2Mo 23,9; 5Mo 23,16, 5Mo 24,19 und weitere Stellen

8.  3Mo 19,10; 3Mo 23,22; 5Mo 24,19-20.

9.  5Mo 26,12-13

10.  2Mo 23,9; 3Mo 19,33-34; 5Mo 10,19; 5Mo 24,18

11.  3Mo 25,23

12.  1Mo 26,3; 1Mo 35,27; 1Mo 47,9; 2Mo 2,22

13.  2Sam 22,44-46

14.  2Chr 2,16-17

15.  Jes 1,7; Jer 5,19; Jer 8,10, Jer 32,29; Hes 7,20-21 usw.

16.  Jer 7,5-7; Mal 3,5

17. Hebr 11,9-10

18.   Hebr 11,13-16; s. auch Hebr 13,14.

19.  2Kor 5,6-8

20.   1Petr. 1,1. Der im Griechischen gebrauchte Begriff diáspora wird heute mancherorts auch für im Ausland lebende            ethnische Gemeinschaften verwendet, z.B. „die tamilische Diaspora in der Schweiz“. Vgl. z. B. die „Diaspora-Studien“         des Bundesamtes für Migration.

21. 1Petr 2,11

22.  Lk 10,25-37

23. Mt 25,31-46

24.  http://www.svp.ch/g3.cms/s_page/83750/s_name/parteiprogramm  (10.09.2011). Alle Inhalte und Zitate in diesem       Abschnitt stammen aus diesem Programm. Gleiches gilt für die anderen Parteien und die folgenden Abschnitte.

31.  Parteiprogramm der SVP 2011-2015, S.49

32.   Ebda., S.55

33.  Der Sonntag, 30. Januar 2011, S.6

34. 5Mo 10,18

35.  Der  sehenswerte Dokumentarfilm «Vol spécial» von Fernand Melgar zeigt das Schicksal einiger solcher Häftlinge.

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Gedanken zum Chouf-nüt-Tag 2011 an der Liturgie für «einfaches Leben» in der Heiliggeistkirche in Bern.

«Denn mein Volk tut eine zwiefache Sünde: Mich, die lebendige Quelle, verlassen sie und machen sich Zisternen, die doch rissig sind und kein Wasser geben.» Jeremia 2,13

Wir sind keine Selbstversorger

Einfach nur propagieren, «nichts mehr zu kaufen», ist keine Lösung, schliesslich sind wir keine Selbstversorger mehr.

Wir protestieren also heute nicht gegen den Konsum an und für sich, nein wir fordern einen vernünftigen Konsum. Einen Konsum, bei dem Produzent, Zwischenhändler und Konsument profitieren, ohne dass Mitmenschen und Umwelt geschädigt werden.

Einen Konsum, der es ermöglicht, dass Produzenten unter menschenwürdigen Umständen und zu einem gerechten Lohn produzieren können, dass Zwischenhändler eine angemessene Marge verdienen und dass Konsumenten ein qualitativ hochstehendes Produkt erhalten, das sie wirklich benötigen – und diene dieses Produkt auch «nur» zur Freude.

Darüber müssen wir uns eigentlich nicht mehr weiter unterhalten, danach müssen wir nur noch leben. Und hier beginnen natürlich die Herausforderungen erst richtig.

Da gibt es einerseits die ganz praktischen Probleme: Wie kann ich überhaupt gerecht leben? Wo erhalte ich überhaupt gerechte Ware? Und wer garantiert mir, dass damit tatsächlich Produzent, Zwischenhändler, Umwelt und ich als Konsument langfristig profitieren?

Probleme unseres Herzens

Andererseits – und das ist noch viel gravierender – sind da die Probleme unseres Herzens: Wir haben immer wieder grosse Angst, selbst zu kurz zu kommen: «Ich würde ja schon helfen, aber ich muss zuerst mal für mich und meine Familie sorgen.» «Ich habe ja jetzt schon viel Geld, aber was ist, wenn ich mal pensioniert bin, gibt es dann AHV und Pensionskasse überhaupt noch?» «Wenn die Chinesen erst mal einen gerechten Lohn erhalten, werden die wohl auch alle Auto fahren wollen…»

Wir verbringen unser Leben damit, uns abzusichern, damit wir und unsere Lieben sicher genug haben. Wenn dann noch Zeit und Energie übrig bleibt, können wir uns eventuell immer noch um die «Armen» und einen gerechten und vernünftigen Konsum kümmern.

Der Vorratstank

Diese Art zu leben lässt sich gut mit einem Bild illustrieren: Wir leben unser Leben aus einem Vorratstank. Und in diesem Tank versuchen wir zu speichern, was wir meinen, für unser Leben zu brauchen: Geld, Liebe, Zeit und weitere Dinge.

Dabei verkommt unser Leben zu einem Vorratsmanagement: Brauche ich einen noch grösseren Tank, schliesslich hat mein Nachbar auch einen neuen gekauft? Wie kann ich meinen Tank besser voll halten? Brauche ich eine Tankrevision? Sollte ich nicht den Tankinhalt versichern lassen? Sollte ich meinen Tank nicht noch mit Konservierungsmittel versehen, damit der Inhalt länger frisch bleibt?

Und genau in dieses Vorratsmanagement hinein bietet sich Jesus Christus mit einem scharfen Kontrastprogramm als Alternative an: Er selbst vergleicht sich immer wieder mit einer sprudelnden Quelle, eine nicht versiegende Quelle «lebendigen Wassers».

Das ist eine absolut revolutionäre Sichtweise. Eine sprudelnde Quelle braucht keinen Tank, keine Konservierung und kein Vorratsmanagement.

Die lebendige Quelle

Eine Geschichte frei nacherzählt nach Johannes 4,7-14: Es kommt eine Frau zu ihrem Tank, um daraus Wasser zu holen. Jesus bittet sie: «Gib mir etwas zu trinken!» Doch die Frau ist verwirrt. Jesus antwortet ihr: «Wenn du wüsstest, was Gott dir geben will und wer dich hier um Wasser bittet, würdest du mich um das Wasser bitten, das du wirklich zum Leben brauchst. Und ich würde es dir geben.» Aber die Frau ist noch skeptisch. Jesus erwidert: «Wer dieses Wasser trinkt, wird bald wieder durstig sein. Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, der wird nie wieder Durst bekommen. Dieses Wasser wird in ihm zu einer auch in Ewigkeit nicht versiegenden Quelle.»

Wenn wir also gerecht leben und vernünftig konsumieren wollen, müssen wir in erster Linie die Quelle finden und uns ihr – oder besser: Ihm – zuwenden. Wenn wir aus der Quelle leben, dann brauchen wir keine Vorratshaltung zu betreiben und müssen keine Angst haben, zu kurz zu kommen. Wir können aus der Fülle leben und grosszügig weitergeben.